Jeden Tag 24 Stunden online: Gerätehersteller und Programmierer arbeiten daran, die Menschen mit dem allgegenwärtigen Evernet zu verbinden
Internet ist out. Es droht das Evernet, das überall und jederzeit präsent ist, und dem sich keiner entziehen kann.
Menschen, die sich gern für eine Zeit lang zurückziehen, stehen schwere Zeiten bevor. Es droht ihnen das Evernet, das Internet, das überall und jederzeit präsent ist, und dem sich keiner entziehen kann. Auf das "Always on"-Sein arbeiten Hardware-Hersteller und Software-Programmierer hin. Jeder wird stets erreichbar sein. Die Firma Cordant hat sich diese "presence awareness" zum Ziel gesetzt: Der Nutzer ist immer zu greifen, über das Handy ohnehin, aber auch über den Organizer im Auto oder die Trainingsmaschine im Fitnesscenter.
Weltweit wird die Anzahl der Handys von derzeit 400 Millionen auf eine Milliarde in 2003 steigen - 85 Prozent davon eignen sich dann zum Websurfen. Das universelle Netzwerk knüpft sich weiter: Alle 100 Tage verdoppelt sich der Datenverkehr im Netz. Die Gartner Group erwartet, dass im Jahr 2010 etwa 40 Prozent aller Erwachsenen und 75 Prozent aller Teenager der Industriestaaten ein Always-on-Gerät besitzen.
Das muss kein Nachteil sein: Eine GfK-Umfrage hat ergeben, dass sich drei Viertel der Handybesitzer beruhigt fühlen, ständig erreichbar zu sein. Nur 14 Prozent sind davon gestresst. Wer immer mit Familienmitgliedern und Freunden "verbal kraulen" kann, wie es der Wissenschaftler Norbert Bolz nennt, wähnt sich in Sicherheit. Andere empfinden es eher als totale Kontrolle.
Schon jetzt gibt es kaum ein Entrinnen. Rufumleitungen schaffen neue Verbindungen, Anrufbeantworter und Mailboxen speichern jeden Versuch einer Kontaktaufnahme. Auch das Telefongespräch mit einer anderen Person bietet keinen Schutz: Deutlich vernehmbar klopft der neue Anrufer an, um gehört zu werden. Besonders diffizil ist, dass die Nummer des Anrufers auf dem Display erscheint. Wer trotzdem versucht, das Handy nach den ersten Klingeltönen möglichst schnell abzuschalten, riskiert den Verlust des Jobs, des Partners oder eines guten Freundes.
Beim Instant Messaging (IM) ist immer sichtbar, welcher der Freunde auf der "Buddy List" gerade online ist oder wer seine Tastatur seit fünf Minuten nicht mehr benutzt hat. Das wird künftig auch für den E-Mail-Verkehr, Chats und Online-Games der Fall sein.
Die Zukunft bietet weitere Entwicklungen hin zum Evernet:
- Die Computer werden immer kleiner und können trotzdem alles leisten, in Form eines Multifunktionsgeräts, einer Armbanduhr mit SMS-Anzeige, einer Spezial-Brille, die den Inhalt einer einkommenden E-Mail auf die Innenseite der Gläser projiziert, einer in die Kleidung eingenähten Mailbox oder als "Invisible" - als PC, der zwar da ist, und mit dem man auch verbunden ist, den man aber nicht sieht.
- Die Software zum Beispiel von Iteru.net übernimmt die Kontaktaufnahme. Wer eine bestimmte Person erreichen möchte, gibt den Namen und die Art der Benachrichtigung an. In naher Zukunft können solche Dinge virtuelle Agenten erledigen die sich den Weg zum gewünschten Gesprächspartner von allein suchen und auch ankommende Gesprächswünsche verwalten. Letztlich besteht die Gefahr, nicht mehr selbst entscheiden zu können, wann man mit wem vernetzt wird und was eigentlich ganz genau mit den (persönlichen) Daten geschieht. Zumal sich automatisch Netzwerke aufbauen, ohne dass der Nutzer dies initiieren müsste.
- Ein entscheidender Durchbruch für das Evernet steht noch bevor: Die Firma Live Devices hat ein 8-Bit-Betriebssystem (Linux und Windows CE benötigen 16- oder 32-Bit-Chips) entwickelt, das sämtliche Wireless-Standards bedient und wegen der kostengünstigen Produktion in alle Mobilgeräte implantiert werden kann.
- Die Ortung durch GPS und andere Systeme wird weiter optimiert. So lässt sich jederzeit feststellen, wo sich eine bestimmte Person aufhält. Programme von Dynamicsoft melden bereits, wenn sich ein Bekannter in der Nähe aufhält.
- Die Mobilfunkunternehmen Motorola, Nokia und Ericsson bringen noch in diesem Jahr eine Software auf den Markt, die permanent anzeigen kann, ob die gewünschte Person erreichbar ist oder telefoniert. Ähnliches ist für Festnetzanschlüsse geplant.
Kein Problem also, erreichbar zu sein. Die 6.1-Plattform zum Beispiel will eine Software anbieten, die dem Anrufer signalisiert, wie und wann der Adressat kontaktiert werden möchte. Der Internet Alert Call Manager IACM 4000 zeigt mit LCDs und Pieptönen auch während des Websurfens eingehende Anrufe an. Wer sie annimmt, kann nach dem Gespräch direkt zur aktuellen Internetseite zurückkehren.
Kann man der ständigen Erreichbarkeit noch entkommen? Der neue TeleZapper kann immerhin Direktmarketing-Anbieter abwimmeln, indem er dem automatischen Wählcomputer ein "Falsch verbunden"-Signal schickt. Der Executive Silencer kann immerhin das Klingeln von Mobilfunkgeräten im Umkreis von 20 Metern durch Radiowellen abschalten. Yahoo und MSN fragen den Nutzer immerhin, ob eine andere Person seine E-Mail-Adresse für das Instant Messaging verwenden darf. Doch wer wollte - bei einem engen Freund oder wichtigen Geschäftspartner - da nicht zustimmen?
Die Forscher der Defence Advanced Research Projects Agency arbeiten am Smart Dust, digitalem Staub in der Atmosphäre, der digitale Funktionen wie Kameras oder Speicherfunktionen erfüllt. Es wird also keine Ausreden mehr geben, technisch nicht mehr erreichbar zu sein. Das Ausklinken wäre eine bewusste Entscheidung, zum Beispiel mit einem "Disconnecter", der den Nutzer per Daumendruck von allen Funkverbindungen trennt.
Eine wirkliche Alternative, das "höfliche Abblocken", will Dynamicsoft anbieten: Die Software zeigt unerwünschten Anrufern an, es liege eine Übertragungsstörung vor oder der Nutzer sei im Gespräch - auch wenn dies nicht den Tatsachen entspricht.
Quelle: www.welt.de
Internet ist out. Es droht das Evernet, das überall und jederzeit präsent ist, und dem sich keiner entziehen kann.
Menschen, die sich gern für eine Zeit lang zurückziehen, stehen schwere Zeiten bevor. Es droht ihnen das Evernet, das Internet, das überall und jederzeit präsent ist, und dem sich keiner entziehen kann. Auf das "Always on"-Sein arbeiten Hardware-Hersteller und Software-Programmierer hin. Jeder wird stets erreichbar sein. Die Firma Cordant hat sich diese "presence awareness" zum Ziel gesetzt: Der Nutzer ist immer zu greifen, über das Handy ohnehin, aber auch über den Organizer im Auto oder die Trainingsmaschine im Fitnesscenter.
Weltweit wird die Anzahl der Handys von derzeit 400 Millionen auf eine Milliarde in 2003 steigen - 85 Prozent davon eignen sich dann zum Websurfen. Das universelle Netzwerk knüpft sich weiter: Alle 100 Tage verdoppelt sich der Datenverkehr im Netz. Die Gartner Group erwartet, dass im Jahr 2010 etwa 40 Prozent aller Erwachsenen und 75 Prozent aller Teenager der Industriestaaten ein Always-on-Gerät besitzen.
Das muss kein Nachteil sein: Eine GfK-Umfrage hat ergeben, dass sich drei Viertel der Handybesitzer beruhigt fühlen, ständig erreichbar zu sein. Nur 14 Prozent sind davon gestresst. Wer immer mit Familienmitgliedern und Freunden "verbal kraulen" kann, wie es der Wissenschaftler Norbert Bolz nennt, wähnt sich in Sicherheit. Andere empfinden es eher als totale Kontrolle.
Schon jetzt gibt es kaum ein Entrinnen. Rufumleitungen schaffen neue Verbindungen, Anrufbeantworter und Mailboxen speichern jeden Versuch einer Kontaktaufnahme. Auch das Telefongespräch mit einer anderen Person bietet keinen Schutz: Deutlich vernehmbar klopft der neue Anrufer an, um gehört zu werden. Besonders diffizil ist, dass die Nummer des Anrufers auf dem Display erscheint. Wer trotzdem versucht, das Handy nach den ersten Klingeltönen möglichst schnell abzuschalten, riskiert den Verlust des Jobs, des Partners oder eines guten Freundes.
Beim Instant Messaging (IM) ist immer sichtbar, welcher der Freunde auf der "Buddy List" gerade online ist oder wer seine Tastatur seit fünf Minuten nicht mehr benutzt hat. Das wird künftig auch für den E-Mail-Verkehr, Chats und Online-Games der Fall sein.
Die Zukunft bietet weitere Entwicklungen hin zum Evernet:
- Die Computer werden immer kleiner und können trotzdem alles leisten, in Form eines Multifunktionsgeräts, einer Armbanduhr mit SMS-Anzeige, einer Spezial-Brille, die den Inhalt einer einkommenden E-Mail auf die Innenseite der Gläser projiziert, einer in die Kleidung eingenähten Mailbox oder als "Invisible" - als PC, der zwar da ist, und mit dem man auch verbunden ist, den man aber nicht sieht.
- Die Software zum Beispiel von Iteru.net übernimmt die Kontaktaufnahme. Wer eine bestimmte Person erreichen möchte, gibt den Namen und die Art der Benachrichtigung an. In naher Zukunft können solche Dinge virtuelle Agenten erledigen die sich den Weg zum gewünschten Gesprächspartner von allein suchen und auch ankommende Gesprächswünsche verwalten. Letztlich besteht die Gefahr, nicht mehr selbst entscheiden zu können, wann man mit wem vernetzt wird und was eigentlich ganz genau mit den (persönlichen) Daten geschieht. Zumal sich automatisch Netzwerke aufbauen, ohne dass der Nutzer dies initiieren müsste.
- Ein entscheidender Durchbruch für das Evernet steht noch bevor: Die Firma Live Devices hat ein 8-Bit-Betriebssystem (Linux und Windows CE benötigen 16- oder 32-Bit-Chips) entwickelt, das sämtliche Wireless-Standards bedient und wegen der kostengünstigen Produktion in alle Mobilgeräte implantiert werden kann.
- Die Ortung durch GPS und andere Systeme wird weiter optimiert. So lässt sich jederzeit feststellen, wo sich eine bestimmte Person aufhält. Programme von Dynamicsoft melden bereits, wenn sich ein Bekannter in der Nähe aufhält.
- Die Mobilfunkunternehmen Motorola, Nokia und Ericsson bringen noch in diesem Jahr eine Software auf den Markt, die permanent anzeigen kann, ob die gewünschte Person erreichbar ist oder telefoniert. Ähnliches ist für Festnetzanschlüsse geplant.
Kein Problem also, erreichbar zu sein. Die 6.1-Plattform zum Beispiel will eine Software anbieten, die dem Anrufer signalisiert, wie und wann der Adressat kontaktiert werden möchte. Der Internet Alert Call Manager IACM 4000 zeigt mit LCDs und Pieptönen auch während des Websurfens eingehende Anrufe an. Wer sie annimmt, kann nach dem Gespräch direkt zur aktuellen Internetseite zurückkehren.
Kann man der ständigen Erreichbarkeit noch entkommen? Der neue TeleZapper kann immerhin Direktmarketing-Anbieter abwimmeln, indem er dem automatischen Wählcomputer ein "Falsch verbunden"-Signal schickt. Der Executive Silencer kann immerhin das Klingeln von Mobilfunkgeräten im Umkreis von 20 Metern durch Radiowellen abschalten. Yahoo und MSN fragen den Nutzer immerhin, ob eine andere Person seine E-Mail-Adresse für das Instant Messaging verwenden darf. Doch wer wollte - bei einem engen Freund oder wichtigen Geschäftspartner - da nicht zustimmen?
Die Forscher der Defence Advanced Research Projects Agency arbeiten am Smart Dust, digitalem Staub in der Atmosphäre, der digitale Funktionen wie Kameras oder Speicherfunktionen erfüllt. Es wird also keine Ausreden mehr geben, technisch nicht mehr erreichbar zu sein. Das Ausklinken wäre eine bewusste Entscheidung, zum Beispiel mit einem "Disconnecter", der den Nutzer per Daumendruck von allen Funkverbindungen trennt.
Eine wirkliche Alternative, das "höfliche Abblocken", will Dynamicsoft anbieten: Die Software zeigt unerwünschten Anrufern an, es liege eine Übertragungsstörung vor oder der Nutzer sei im Gespräch - auch wenn dies nicht den Tatsachen entspricht.
Quelle: www.welt.de