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Anders als Einbußen mit anderen Wertpapieren können Verluste am Aktienmarkt ab 2009 nur mit Kursgewinnen anderer Aktien verrechnet werden, nicht aber mit Zinsen oder Dividendenerträgen. |
FRANKFURT. Der Gesetzgeber kassiert auch gleichzeitig das Halbeinkünfteverfahren für Dividenden und Kursgewinne, streicht die Abzugsmöglichkeiten für Kosten der Aktienanlage und limitiert die Möglichkeit der Verlustanrechnung.
Anders als Einbußen mit anderen Wertpapieren können Verluste am Aktienmarkt künftig lediglich mit Kursgewinnen anderer Aktien verrechnet werden, nicht aber mit Zinsen oder Dividendenerträgen. Das ist zwar auch heute schon so, bis kurz vor Verabschiedung der Steuerreform sah der Gesetzentwurf allerdings vor, dass Aktienverluste künftig steuersparend mit allen anderen Kapitalerträgen verrechenbar sein sollten. Doch die Aussicht auf deutlich geringe Steuereinnahmen ließ die Finanzpolitiker diesen Passus wieder kippen.
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Die Aktienstrategen der Hypo-Vereinsbank (HVB) sehen hierin „eine deutliche Verschlechterung“ für Aktionäre, die „die Bereitschaft, Aktienkursrisiken einzugehen, senken dürfte“. Auch Franz-Josef Leven vom Deutschen Aktieninstitut (DAI) fürchtet, dass die Nachfrage der Deutschen nach Aktien, die sich zuletzt stabilisiert hat, leiden wird: „Das Chance-Risiko-Verhältnis von Aktien wird sich im Vergleich zu anderen Anlagearten auf jeden Fall verschlechtern“, sagt Leven.
Das gilt vor allem im Vergleich mit Renten und anderen Zinspapieren. Während Anleger bisher Zinserträge aus Anleihen voll mit dem individuellen Steuersatz versteuern müssen, sind Kursgewinne aus Aktien steuerfrei, wenn die Papiere länger als ein Jahr gehalten werden. Und auch bei vorzeitigem Verkauf wird im sogenannten Halbeinkünfteverfahren nur die Hälfte der Erträge herangezogen, um eine Doppelbesteuerung auf Unternehmensebene und beim Anleger zu vermeiden. Aus dem gleichen Grund müssen Investoren bisher Dividendenerträge nur zur Hälfte versteuern.
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Infografik: Aktien weniger gefragt
<!--/nodist-->Dass Aktien und Renten jetzt steuerlich gleichgestellt werden, dürfte sich in den Erträgen niederschlagen: „Die Nettorenditen des Risikopapiers Aktie und der relativ sicheren Anlage Rente werden in Deutschland auf beeindruckende Weise konvergieren“, orakeln die Volkswirte der Helaba in einer Studie. Eine weitere Abwendung von Kleinanlegern vom Aktiensparen erscheint ihnen programmiert.
<!--nodist-->Lesen Sie weiter auf Seite 2: Nur ein indirekter Vorteil entgegen
<!--/nodist-->Andererseits könnte bis zur Einführung der Steuer – ein positives Börsenklima vorausgesetzt – eine Art Schlussrally am Aktienmarkt einsetzen. Für Papiere, die bis zum 31. Dezember 2008 gekauft werden, gilt nämlich die alte Steuergesetzgebung. Kursgewinne sind demnach nach Ablauf von einem Jahr steuerfrei, nur das Halbeinkünfteverfahren für Dividenden entfällt auch hier ab 2009.
Nach Meinung von Michael Huber, Finanzexperte beim VZ Vermögenszentrum in München, haben Aktien jedoch einen wichtigen Nachteil gegenüber Aktienfonds, den es in dieser Übergangszeit zu berücksichtigen gelte: „Die Abgeltungsteuer wird für den Anleger, der jetzt kauft, relevant, sobald er ein Wertpapier verkauft und das Geld neu anlegen muss“, sagt Huber. Bei einer einzelnen Aktie kann könne es viele Gründe geben, warum ein Anleger plötzlich verkaufen muss, bei Fonds seien die Risiken besser gestreut. „Daher ist die Chance, dass man die Papiere noch vor 2009 kaufen und dann über einen längeren Zeitraum liegen lassen kann, deutlich größer.“
Den vielen Nachteilen für Aktionäre durch die Steuerreform steht aus Sicht von Experten nur ein indirekter Vorteil entgegen. Da parallel zur schärferen Steuerpflicht für Anleger deutsche Firmen per Unternehmensteuerreform entlastet werden, dürften sich positive Effekte für den Aktienmarkt ergeben. Nach Schätzungen der HVB wird die Entlastung der Firmengewinne ab 2008 „die Fähigkeit der Unternehmen zur Dividendenkontinuität erhöhen“. Hierdurch könnten die Ausschüttungen insgesamt steigen.
Ob das ausreichen wird, um die negativen Folgen zu kompensieren, ist jedoch fraglich. Andererseits sind die Bruttorenditen von Aktien historisch gesehen immer noch höher als die aller anderen Anlageklassen. Damit bleibt die Aktie nach Meinung von DAI-Direktor Leven trotz ihres verschlechterten Chance-Risiko-Profils eine attraktive Anlageform. Dem stimmt Vermögensverwalter Huber zu: „Anleger sollen ihre Depots nicht allein aus steuerlichen Gründen umschichten. Die Aktie wird durch die Abgeltungsteuer klar benachteiligt – das heißt aber nicht, dass sie in den kommenden Jahren nicht trotzdem die höchsten Renditen erzielen wird.“