Zusammenfassung der Berkshire Hathaway Hauptversammlung 2010
Es kamen in etwa 40.000 Besucher nach Omaha, was einen neuen Rekord darstellt. Insgesamt haben circa 2000 Personen eine Frage angemeldet, allerdings konnte nur ein Bruchteil davon in der Halle tatsächlich diskutiert werden.
Vorab berichtete Warren Buffett kurz über die Zahlen. Nach einem Verlust von -3,2 Mrd. USD in Q1/09 hat das Investment-Portfolio im ersten Quartal 2010 einen Gewinn von 1,4 Mrd. USD erwirtschaftet. Insgesamt hat der Konzern daher mit 3,6 Mrd. USD ein sehr ordentliches Quartalsergebnis erzielt. Das Unternehmen sei nach der Krise wieder auf Kurs.
Folgende interessante Themen wurden angesprochen:
(1) Goldman Sachs
Warren Buffett hatte 1991 als Director mit dem Skandal bei Salomon zu kämpfen. Damals gestand er seinen Mitarbeitern bei der Anhörung im US Kongress den Verlust von Geld zu, allerdings nie den Verlust eines guten Rufes. Daher wurde nun eine harte Aussage von Buffett erwartet. Allerdings stellte Warren Buffett klar, dass es in der Presse lediglich Anschuldigungen gäbe und nichts bewiesen sei. Gleichwohl sei bereits durch die Presse ein hoher Schaden entstanden.
Berkshire versichere auch Anleihen, was im Falle des Abacus Konstrukts von Goldman geschehen sei. Welche Prämien für welches Risiko bezahlt werden muss jede Partei selbst wissen, unabhängig von den Interessen der Gegenseite. Für Berkshire sei Goldman Sachs ein sehr gutes Geschäft: Jede Sekunde bezahlt Goldman 15 USD an Berkshire.
(2) Regulierung von Derivaten
Auf die Frage nach einer stärkeren Regulierung von Derivaten verwies Buffett auf positive Eigenschaften der Produkte bei Hedging-Absichten, allerdings sollten Spekulationen mit Derivaten scharf kontrolliert werden. Das Wall Street Casino dürfe nicht weiter erlaubt werden.
Charlie Munger sieht die Komplexität der Produkte insgesamt als kontraproduktiv an und würde einen neuen, härteren Glass-Steagall Act begrüßen. Damals wurden Geschäftsbanken von Investmentbanken getrennt.
Ein starker Eingriff des Staates hätte für Berkshire nur geringe Konsequenzen, weil man insgesamt nur 250 Kontrakte halte.
(3) Weltweite Staatsrisiken
Auf die Frage von Norman Rentrop (der Initiator unserer Omaha-Reise, der es in jedem Jahr zu einem Mikrophonplatz schafft) nach den aktuellen Staatsrisiken in Europa (insbesondere Griechenland) verwies Warren Buffett darauf, dass er selbst kaum aktiven Währungswetten eingehe. Der Berkshire Konzern hätte nicht nur Asset-, sondern auch Liability-Positionen in Fremdwährungen, und er wüsste kaum die aktuellen Nettopositionen.
Entscheidend für die Staatsrisiken sei, ob der Staat sich in eigener Währung verschulden könne. Die USA könnten die Notenpresse anwerfen, was Griechenland verwehrt ist. Weil die USA Dollar drucken können, ist er im Vergleich zu anderen Währungen gegen den Dollar eher negativ eingestellt.
(4) Entwicklung der USA in der nächsten Dekade
Warren Buffett ist sehr positiv für die wirtschaftliche Zukunft der USA eingestellt. Der wirtschaftliche Fortschritt werde wie schon seit über 200 Jahren weiter stattfinden. Er sieht Aktien auf Sicht von 10 Jahren als absolut überlegene Anlageklasse an, auch wenn er in der Krise auch zu Anleihen gegriffen hat (insbesondere die 15% Anleihe für Harley Davidson).
Die größte Gefahr für die USA sehe er in nuklearen oder biochemischen Anschlägen, nicht jedoch in der Wirtschaft.
(5) Geringe Investitionsquote in Indien und China
Berkshire hat bislang eine geringe Investitionsquote in Indien und China, weil man dort sehr schwer Beteiligungen über 24,9% halten könne. Gleichwohl plane er im nächsten März eine Reise nach Indien, um Unternehmen zu kaufen. Das Investment bei BYD in China sei auch durch eine neue Unternehmenskultur ermöglicht worden, die insbesondere von David Sokol geprägt wurde (Eigene Anmerkung: David Sokol wird als Nachfolger von Warren Buffett als CEO gehandelt, auch wenn alle Fragen hierzu wieder zurückgewiesen wurden).
(6) Risiko von Inflation
Warren Buffett rechnet mit einer viel höheren Inflation als in der Vergangenheit. Er rät zu Substanzwert-Investitionen (“Money can be inflated away whereas talent can’t be inflated away“). Charlie Munger sagte mit Blick auf seine 86 Jahre, dass er optimistisch sein könne, weil andere die Inflation ausbaden müssten.
(7) Vorstandsvergütungen für die einzelnen Tochtergesellschaften
Warren Buffett achtet auf faire Verträge, die sich immer an den jeweiligen Anforderungen für das Geschäft orientieren. Auf gar keinen Fall werde ein Compensation Consultant beschäftigt. Die wichtigste Leistung eines Managers sei es, den Burggraben (Economic Moat) zu den Wettbewerben zu vergrößern – weit wichtiger als kurzfristig gute Zahlen.
(8) Verbot von Short Selling
Warren Buffett hält nichts von dem Verbot von Leerverkäufen. Welche Transaktion auch immer ausgeführt wird, sei dann unbedenklich, wenn jeder die Konsequenzen selbst trägt.
(9) Synergien zwischen den Konzerngesellschaften
Es gäbe keine zentrale Vorgabe, dass Konzerngesellschaften miteinander Geschäfte machen müssten. Dies würde den Managern selbst überlassen. Es freut Warren Buffett aber natürlich, dass in Dairy Queen Restaurants Coca Cola serviert würde.
(10) Eigenschaften eines guten Mitarbeiters
Auf die Frage, welche Eigenschaften ein guter Student mitbringen müsse, um im Berkshire Konzern einzusteigen, verwies Buffett auf die völlige Personalverantwortung seiner Manager. Er selbst sei sehr unerfahren in Sachen Personalführung, schließlich habe er in der Holding nur 21 Mitarbeiter – die Konzerngesellschaften beschäftigen insgesamt allerdings über 260.000 Mitarbeiter.
(11) Wettbewerbsvorteile von Berkshire Hathaway
Berkshire Hathaway könne als Rückversicherung viel größere Risiken als Mitbewerber tragen. Weil man pro Schaden nur ca. 3-4% der Schadensumme zeichne, könnten leicht Naturkatastrophen von 250 Mrd. USD verkraftet werden – und Berkshire hätte noch ein positives Jahresergebnis. Der Sturm Katrina hatte 80 Mrd. USD Schaden verursacht, was bisher der größte Schaden überhaupt in der Branche war. Weil viele Konzerne ihre Erlösströme glätten wollen, könne Berkshire hier sehr viele Versicherungen verkaufen. Große Schäden sind überhaupt kein Problem und sehr gerne gesehen, wenn die Prämien hierfür richtig kalkuliert sind.
(12) Ausschüttungen von Dividenden
Berkshire Hathaway schüttet keine Dividenden aus, weil man bislang das Geld intern besser investieren konnte als dies andere Personen extern könnten – dadurch ist der Marktwert immer stärker gestiegen. Gleichwohl wird die Thesaurierung von Kapital immer intern kritisch hinterfragt.
(13) Ausblick für Zeitungen
Im letzten Jahr hatte Buffett seine negative Prognose für Zeitungen kundgetan. Weil inzwischen neue Technologien wie das iPad von Apple die Distribution der Nachrichten erleichtern, wurde seine neue Ansicht gefragt. Auch wenn dadurch Druckkosten gespart werden könnten, gehe die Reichweite der einzelnen Nachrichten zurück – dies bedeutet geringere Werbeeinnahmen, was die Branche weiter schrumpfen ließe.
(14) Zukunft der Vermögensverwaltung
Weil es immer schwieriger werde – insbesondere bei einem großen Vermögen –, hohe Renditen zu erwirtschaften, wurde Buffett gefragt, ob man nicht lieber Unternehmen aufbauen solle als Geld zu verwalten. Buffett sieht den Vorteil bei Money Management, dass die Einstiegsbarrieren gering und die Skalierbarkeit hoch seien. Gleichwohl sei das Asset Gathering in dieser Branche inzwischen wichtiger als das Asset Management.
(15) Municipal Bonds
Berkshire Hathaway habe aktuell circa 40 Milliarden USD Volumen bei Municipal Bonds versichert. Im Gegensatz zur Konkurrenz habe Berkshire bei geringen Prämien keine Geschäfte gemacht und das Volumen nicht gesteigert. Derartige Risiken seien stark korreliert, weswegen man hier sehr genau kalkulieren müsse.
(16) Allgemeine Einschätzung des Aktienmarkts
Warren Buffett lässt sich grundsätzlich nicht zu Aktienprognosen verleiten. In den letzten 40 Jahren habe er höchstens 5 Mal eine Einschätzung abgegeben, zuletzt im Oktober 2008 mit einer stark positiven Meinung für Aktien. Buffett sieht Aktien als absolut beste Anlagealternative bei einem 10-Jahreshorizont.
An den Aktienmärkten seien 90% der Zeit irrelevant für Anlageentscheidungen. Es gelte, die relevanten 10% konsequent zu nutzen. Hierzu helfe ein Gemüt, das sich von der Mehrheitsmeinung leiten lässt.
(17) Rating-Agenturen
Warren Buffett hat seine Beteiligung an Moody’s noch nicht völlig abgebaut, obwohl er mit deren Verhalten während der Finanzkrise nicht zufrieden war. Rating-Agenturen haben aus seiner Sicht grundsätzlich ein ideales Geschäftsmodell, weil sie nur einen geringen Kapitaleinsatz erfordern.
Übrigens seien Geschäftsmodelle mit einem negativen Kapitaleinsatz, die eine starke Pricing Power haben, aus seiner Sicht ideal. Dies seien dienstleistungsorientierte Modelle, bei denen die Kunden vorab Geld bezahlen – genauso wie bei Versicherungsunternehmen.
(18) Aktuelle Bewertung des Portfolios von Berkshire
Der aktuelle Aktienkurs spiegelt den Wert von Berkshire wider. Die Aktie sei fair bewertet. Es könne eine mäßige, dafür langfristig wahrscheinliche Überrendite gegenüber dem S&P 500 Index erwartet werden.
Bei Berkshire sei man sehr stolz auf sehr loyale Aktionäre. Dies gelänge nur, weil man immer ehrlich kommuniziere und Erwartungen korrekt steuere.
(19) Aktuelles Zinsniveau
Das aktuelle Zinsniveau wird aus Sicht von Warren Buffett nicht lange anhalten. Wenn Staaten lange Defizite erwirtschaften, könnten sie das Zinsniveau nicht dauerhaft niedrig halten.
(20) Mehrwert von Berkshire als Holding
Warren Buffett möchte Berkshire als sicheren Hafen für Unternehmer sehen, die Ihr Lebenswerk in gute Hände geben wollen. Noch nie wurde ein Unternehmen operativ verändert, was bei einem Verkauf an Konkurrenten oder Private Equity Firmen regelmäßig der Fall wäre.
(21) Eigenschaften eines guten Investors
Ein guter Investor müsse sich aus Sicht von Warren Buffett auf Branchen/Segmente konzentrieren. Er könne nicht immer alles wissen. Zudem helfe eine pragmatische Einstellung mehr als ein ständiges, vermeintliches Optimiere