Fed könnte Zinsschritte aussetzen
Von Michael Wallace, Global Market Stratege bei Action Economics
12. August 2004 Die Anhebung um einen Viertelprozentpunkt entsprach den Erwartungen an der Wall Street, wo der Zinsschritt Optimismus ausgelöst hat. Sollte irgendjemand im geheimen auf eine Sensation gehofft haben, so wurde er vom Offenmarktausschuß der Fed, der für die Zinsentscheidungen verantwortlich ist, enttäuscht.
Der Offenmarktausschuß beschloß auf seiner Sitzung am 10. August einstimmig, die Fed Funds Rate - d.h. den Tagesgeldsatz, den die Banken untereinander verwenden - um einen Viertelprozentpunkt auf 1,5 Prozent anzuheben. Die Zentralbank entsprach mit den beiden aufeinanderfolgenden Zinsschritten im Juni und August den Markterwartungen und setzte den beginnenden Zinsanhebungszyklus zumindest über den Sommer hinweg fort. Dabei wies die Fed zwar auf die Verlangsamung der Konjunktur hin, signalisierte jedoch, daß sie an ihrem Kurs einer moderaten Straffung der Geldpolitik festhalten wolle.
Action Economics geht davon aus, daß die Auffassung der Zentralbank, die Erholung sei weiterhin intakt, korrekt ist. Aufgrund der Unwägbarkeiten des Wahlkampfes, der Aktienkursschwäche und der Möglichkeit von Terroranschlägen besteht jedoch ein beträchtliches Risiko, daß die Fed ihren Straffungskurs im Herbst aussetzt. Daher bleiben wir in unserem Basisszenario dabei, daß die Fed das Zinsniveau weiterhin in Schritten von je einem Viertelprozentpunkt auf 2,25 Prozent zum Jahresende anheben wird, sofern sich nicht hinreichende Gründe dafür finden lassen, die Rückkehr zu einem neutralen Zinsniveau zu verschieben.
Gegenwärtige Wirtschaftsschwäche vorübergehend
Die Chancen und Risiken für ein Erreichen eines tragbaren Wachstums bei stabilen Preisen wurde weiterhin als „weitgehend ausgeglichen“ bezeichnet. Die Fed hielt darüberhinaus an ihrer Auffassung fest, daß die akkommodierende Geldpolitik angesichts der voraussichtlich weiterhin relativ geringen zugrundeliegenden Inflation in moderatem Tempo gestrafft werden könne. Die Fed dürfte also den monetären Stimulus weiter allmählich verringern und die Zinsen stetig anheben. Allerdings ist es durchaus möglich, daß sie diesen Prozeß gegebenenfalls verlangsamt oder beschleunigt.
Die Formulierungen des nach der Sitzung des Offenmarktausschusses veröffentlichten Kommentars entsprachen dem Standardrepertoire der Fed, die Aussagen zur Konjunktur wurden jedoch vor dem Hintergrund der zuletzt schwachen Wirtschaftsdaten genauer gefaßt. Nachdem die Fed sich im Juni noch optimistisch im Hinblick auf die Produktion und den Arbeitsmarkt gezeigt hatte, gestand sie jetzt ein, daß sich das Produktionswachstum verringert und sich das Tempo der Verbesserung am Arbeitsmarkt verlangsamt habe. Nach der Abschwächung des BIP-Wachstums auf drei Prozent im zweiten Quartal und der enttäuschenden Beschäftigungszahlen (ohne Agrarsektor) im Juni und Juli blieb ihr auch nicht viel anderes übrig.
Der zweite Übeltäter wurde ebenfalls zur Kenntnis genommen. Nachdem die Fed zuvor vage darauf verwiesen hatte, daß „temporäre Faktoren“ einen Inflationsschub ausgelöst hatten, bestätigte sie jetzt, daß die Konjunkturschwäche der letzten Monate in großem Umfang auf den deutlichen Energiepreisanstieg zurückzuführen sei. Die Fed brachte jedoch Unvereinbares zusammen und zeigte sich trotz dieser Belastung der Wirtschaft für die kommenden Monate optimistisch: Es scheine dennoch eine stärkere Erholung der Konjunktur bevorzustehen.
Inflationsrisiko weiterhin moderat - Verschiebung von Zinserhöhungen möglich
Die Fed hat zwar zugegeben, daß der Energiepreisanstieg die Konjunktur belastet, will den daraus resultierenden Inflationsrisiken jedoch nicht allzu viel Raum einräumen. Sie hält stur an ihrer Auffassung fest, daß die Inflation zwar „relativ hoch“ sei - eine Wiederholung ihrer Aussagen vom Juni -, jedoch zum Teil auf temporäre Faktoren zurückzuführen sei. Die Fed scheint eine relativ hohe Inflationsrate zu akzeptieren, da sowohl die Verbraucherpreise als auch der Deflator des privaten Konsums zuletzt nur moderat zulegten. Insofern besteht Spielraum, die Zinsanhebungen im September oder November auszusetzen, wenn die Daten weiterhin unerwartet schwach ausfallen.
Auf der Grundlage des Oktober-Kontrakts für Fed Funds Futures haben die Finanzmärkte eine Zinsanhebung um einen Viertelprozentpunkt im September mit einer Wahrscheinlichkeit von 72 Prozent eingepreist; nach der Bekanntgabe der Arbeitsmarktdaten für Juli hatte diese Wahrscheinlichkeit noch bei 50 Prozent gelegen. Das geringere Vertrauen der Märkte in den geldpolitischen Kurs der Fed gibt der Zentralbank mehr Spielraum, um ihren „moderaten“ Straffungskurs gegebenenfalls an die vor der nächsten Sitzung des Offenmarktausschusses am 21. September anstehenden Wirtschaftsdaten anzupassen.
Von Michael Wallace, Global Market Stratege bei Action Economics
12. August 2004 Die Anhebung um einen Viertelprozentpunkt entsprach den Erwartungen an der Wall Street, wo der Zinsschritt Optimismus ausgelöst hat. Sollte irgendjemand im geheimen auf eine Sensation gehofft haben, so wurde er vom Offenmarktausschuß der Fed, der für die Zinsentscheidungen verantwortlich ist, enttäuscht.
Der Offenmarktausschuß beschloß auf seiner Sitzung am 10. August einstimmig, die Fed Funds Rate - d.h. den Tagesgeldsatz, den die Banken untereinander verwenden - um einen Viertelprozentpunkt auf 1,5 Prozent anzuheben. Die Zentralbank entsprach mit den beiden aufeinanderfolgenden Zinsschritten im Juni und August den Markterwartungen und setzte den beginnenden Zinsanhebungszyklus zumindest über den Sommer hinweg fort. Dabei wies die Fed zwar auf die Verlangsamung der Konjunktur hin, signalisierte jedoch, daß sie an ihrem Kurs einer moderaten Straffung der Geldpolitik festhalten wolle.
Action Economics geht davon aus, daß die Auffassung der Zentralbank, die Erholung sei weiterhin intakt, korrekt ist. Aufgrund der Unwägbarkeiten des Wahlkampfes, der Aktienkursschwäche und der Möglichkeit von Terroranschlägen besteht jedoch ein beträchtliches Risiko, daß die Fed ihren Straffungskurs im Herbst aussetzt. Daher bleiben wir in unserem Basisszenario dabei, daß die Fed das Zinsniveau weiterhin in Schritten von je einem Viertelprozentpunkt auf 2,25 Prozent zum Jahresende anheben wird, sofern sich nicht hinreichende Gründe dafür finden lassen, die Rückkehr zu einem neutralen Zinsniveau zu verschieben.
Gegenwärtige Wirtschaftsschwäche vorübergehend
Die Chancen und Risiken für ein Erreichen eines tragbaren Wachstums bei stabilen Preisen wurde weiterhin als „weitgehend ausgeglichen“ bezeichnet. Die Fed hielt darüberhinaus an ihrer Auffassung fest, daß die akkommodierende Geldpolitik angesichts der voraussichtlich weiterhin relativ geringen zugrundeliegenden Inflation in moderatem Tempo gestrafft werden könne. Die Fed dürfte also den monetären Stimulus weiter allmählich verringern und die Zinsen stetig anheben. Allerdings ist es durchaus möglich, daß sie diesen Prozeß gegebenenfalls verlangsamt oder beschleunigt.
Die Formulierungen des nach der Sitzung des Offenmarktausschusses veröffentlichten Kommentars entsprachen dem Standardrepertoire der Fed, die Aussagen zur Konjunktur wurden jedoch vor dem Hintergrund der zuletzt schwachen Wirtschaftsdaten genauer gefaßt. Nachdem die Fed sich im Juni noch optimistisch im Hinblick auf die Produktion und den Arbeitsmarkt gezeigt hatte, gestand sie jetzt ein, daß sich das Produktionswachstum verringert und sich das Tempo der Verbesserung am Arbeitsmarkt verlangsamt habe. Nach der Abschwächung des BIP-Wachstums auf drei Prozent im zweiten Quartal und der enttäuschenden Beschäftigungszahlen (ohne Agrarsektor) im Juni und Juli blieb ihr auch nicht viel anderes übrig.
Der zweite Übeltäter wurde ebenfalls zur Kenntnis genommen. Nachdem die Fed zuvor vage darauf verwiesen hatte, daß „temporäre Faktoren“ einen Inflationsschub ausgelöst hatten, bestätigte sie jetzt, daß die Konjunkturschwäche der letzten Monate in großem Umfang auf den deutlichen Energiepreisanstieg zurückzuführen sei. Die Fed brachte jedoch Unvereinbares zusammen und zeigte sich trotz dieser Belastung der Wirtschaft für die kommenden Monate optimistisch: Es scheine dennoch eine stärkere Erholung der Konjunktur bevorzustehen.
Inflationsrisiko weiterhin moderat - Verschiebung von Zinserhöhungen möglich
Die Fed hat zwar zugegeben, daß der Energiepreisanstieg die Konjunktur belastet, will den daraus resultierenden Inflationsrisiken jedoch nicht allzu viel Raum einräumen. Sie hält stur an ihrer Auffassung fest, daß die Inflation zwar „relativ hoch“ sei - eine Wiederholung ihrer Aussagen vom Juni -, jedoch zum Teil auf temporäre Faktoren zurückzuführen sei. Die Fed scheint eine relativ hohe Inflationsrate zu akzeptieren, da sowohl die Verbraucherpreise als auch der Deflator des privaten Konsums zuletzt nur moderat zulegten. Insofern besteht Spielraum, die Zinsanhebungen im September oder November auszusetzen, wenn die Daten weiterhin unerwartet schwach ausfallen.
Auf der Grundlage des Oktober-Kontrakts für Fed Funds Futures haben die Finanzmärkte eine Zinsanhebung um einen Viertelprozentpunkt im September mit einer Wahrscheinlichkeit von 72 Prozent eingepreist; nach der Bekanntgabe der Arbeitsmarktdaten für Juli hatte diese Wahrscheinlichkeit noch bei 50 Prozent gelegen. Das geringere Vertrauen der Märkte in den geldpolitischen Kurs der Fed gibt der Zentralbank mehr Spielraum, um ihren „moderaten“ Straffungskurs gegebenenfalls an die vor der nächsten Sitzung des Offenmarktausschusses am 21. September anstehenden Wirtschaftsdaten anzupassen.