Frankfurt/Washington (awp 36/vwd) - Die Geldpolitik sowohl der Europäischen Zentralbank (EZB) als auch der Federal Reserve und der Bank of England (BoE) ist in einem hohen Masse vorhersehbar. Dies ist das Ergebnis einer am Freitag veröffentlichten Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) für den Zeitraum Januar 1999 bis Mai 2002. Gleichzeitig kommt Kevin Ross, der Autor der Studie, zu dem Ergebnis, dass die drei Notenbanken eine Zinspolitik der kleinen Schritte bevorzugen. Am besten konnten die Marktteilnehmer laut Ross Entscheidungen der Fed antizipieren, etwas weniger erfolgreich waren sie bei der Prognose von Zinsbeschlüssen von BoE und EZB. Der Studie zufolge tagte der Rat der EZB im Untersuchungszeitraum 77 mal - ab November 2001 monatlich, davor zweiwöchentlich -, 65 mal wurden dabei die Leitzinsen bestätigt, in zwölf Fällen gab es Zinsänderungen (fünf Erhöhungen beziehungsweise zwei Senkungen um 25 Basispunkte, zwei Erhöhungen beziehungsweise drei Senkungen um 50 Basispunkte). Bei der Fed gab es in dem Zeitraum 30 Sitzungen des Offenmarktausschusses FOMC, in 13 Fällen blieb die Fed Funds Rate unverändert, 17 mal gab es Änderungen (fünf Erhöhungen beziehungsweise drei Senkungen um 25 Basispunkte, eine Erhöhung beziehungsweise acht Senkungen um 50 Basispunkte). Der Geldpolitische Ausschuss der BoE tagte in dem Zeitraum - bei monatlichen Sitzungen - 42 mal, insgesamt gab es dabei in 27 Fällen keine Änderungen des Reposatzes, in 15 Fällen wurde dieser Leitzins verändert (vier Erhöhungen beziehungsweise neun Senkungen um 25 Basispunkte, keine Erhöhung beziehungsweise zwei Senkungen um 50 Basispunkte). Hinsichtlich der Vorhersehbarkeit der Zinsentscheidungen kommt die Untersuchung von Ross zu dem Ergebnis, dass geldpolitische Beschlüsse der Fed am besten vorhergesehen werden. Als Grundlage für die Prognosen im Rahmen seines Modells dienten dabei die Entwicklungen an den entsprechenden Terminmärkten. So prognostizierten die Marktteilnehmer Zinsentscheidungen der Fed in 80 Prozent aller Fälle korrekt. Bei der BoE stellte sich der entsprechende Wert auf 71,4 Prozent, bei der EZB auf 78,5 Prozent. Problematischer erweist es sich jedoch, wenn allein auf Politikänderungen abgestellt wird. Das von Ross zu Grunde gelegte Modell kommt hier zu dem Ergebnis, dass tatsächliche Leitzinsänderungen und von den Terminmärkten im Vorfeld ausgehende Signale für die Erwartung einer solchen Änderung allein für die Politik der Fed in sehr hohem Masse übereinstimmen. So hat die US-Notenbank etwa die Marktteilnehmer nie mit unveränderten Zinsen überrascht, wenn eine Zinsänderung erwartet worden war. Hingegen hat die EZB die Akteure durchaus öfters mit Zinsänderungen überrascht, wenn eigentlich keine erwartet worden waren, so beispielsweise im Mai 2001. Ross verteidigt allerdings die hier zum Ausdruck kommende schlechtere Vorhersehbarkeit der EZB-Politik. Er verweist darauf, dass die EZB eine noch relativ junge Institution ist.