"TITANIC" VERSCHAUKELT FDP
"Gib endlich Friedmann!"
Ein Kreisvositzender der FDP-Thüringen ist am Wochenende einer entlarvenden Aktion der Satirezeitschrift "Titanic" aufgesessen. Den als Jungliberalen getarnten Redakteuren schüttelte der FPD-Mann vor antisemitschen Plakten lächelnd die Hände.
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Shakehands vor Kameras: FDP-Kreis-Chef mit Titanic-Redakteuren
Eisenach - Jetzt sieht sich der FDP-Kreisvorsitzende durch die Aktion des Satiremagazins in ein falsches Licht gerückt. "Titanic"-Chefredakteur Martin Sonneborn und sieben Kollegen hatten sich am Donnerstag in Eisenach als Junge Liberale ausgegeben und mit antisemitischen Plakaten für die FDP geworben.
Die "Titanic"-Mitarbeiter hatten am Donnerstag als angebliche Jungliberale vor einem als "Guidomobil" getarnten Wohnmobil einen FDP-Stand aufgebaut und den Passanten unter anderem Eierlikör ("18 plus x Prozent") kredenzt.
Die rund um das "Guidomobil" aufgebauten Plakate hatten es allerdings in sich. "Deutsche wehrt Euch! Wählt FDP!", war auf einem zu lesen. Auf einem anderen war der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, mit einen rotem Kreuz (Aufschrift: "Gib endlich Friedman!") über dem Mund abgebildet, die unverhohlen antisemitische Parole lautete: "FDP - Judenfrei und Spaß dabei!". Ein drittes Plakat zeigt den ehemaligen Porno-Darsteller und derzeitigen Bundestags-Kandidaten Peter Bond in eindeutiger Stellung mit einer nackten Cornelia Pieper und warb mit dem Slogan: "FDP - Die (liberale) SpaSSpartei!"
In Eisenach besuchte der FDP-Kreis-Vorsitzende Klaus Schneider den Stand und erklärte den "Titanic"-Redakteuren, dass Möllemanns Einsatz der FDP in Thüringen Stimmen bringe, und ließ sich vor der Kulisse beim Händeschütteln fotografieren. Schneider kommentierte dieses Plakat nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" mit den Worten: "Das ist Verpackung, das gehört dazu."
Die Frankfurter Satire-Guerilla setzte aber noch eins drauf: Sie befragten vorbeikommende Passanten, ob sie der Forderung zustimmen würden, Friedmann zurück in die Heimat zu schicken. Die Auswertung der Fragebögen ergab, dass rund 50 Prozent der Befragten dafür sind. Auf den Fragebögen seien Begründungen zu lesen gewesen wie "Die haben doch jetzt einen Staat da unten", oder "Zurück in die Türkei!". Selbst diejenigen, die sich gegen eine Ausweisung Friedmans aussprachen, lieferten nicht eben beruhigende Begründungen: Wenn der Mann sich nun mal eingelebt habe, solle er eben da bleiben.
Als FDP-Kreis-Chef Schneider später Anrufe erhielt und die Zeitung las, muss er die dramatischen Folgen wohl erkannt haben, denn er distanzierte sich sofort von der Aktion. Der dpa sagte er jetzt, er habe die Plakate, vor allem das mit Friedman, in der Hektik nicht richtig wahrgenommen. "Ich bin den Burschen auf den Leim gegangen und überrumpelt worden", sagte Schneider. Er wolle, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Unterstützung erhielt er vom FDP-Landeschef. Andreas Kniepert sagte, Schneider sei bewusst geleimt worden. Auch die Jungen Liberalen Thüringens wollen die Sache nicht auf sich sitzen lassen und Anzeige gegen die "Titanic" erstatten, wie ihr Sprecher Andreas Ludwig ankündigte.
"Titanic"-Chefredakteur Sonneborn verwahrt sich gegen die Anzeige. Er betrachte das Ganze eher als innerparteiliche Auseinandersetzung, sagte er gegenüber SPIEGEL ONLINE. Schließlich sei er selbst seit fünf Jahren Mitglied der Liberalen. Eine Anzeige sei also die falsche Antwort. Er schlug vor, den Streit vor einem internen Parteigericht zu schlichten.