FTD-Aktienumfrage: Favoritenwechsel im Europe Stoxx 50
Von Ina Bauer, Frankfurt
Aktienstrategen setzen nicht nur auf Technologie- und Telekomtitel,
sondern auch auf Substanzwerte wie Siemens und DaimlerChrysler
sowie defensive Titel wie Allianz und Eon. Dies ist das Ergebnis der
monatlichen FTD-Aktienumfrage, an der sich im Juli 17 europäische
Banken beteiligt haben.
Die europäischen Aktienstrategen haben ihre Kurserwartungen für die
nächsten drei Monate nach unten geschraubt. In der monatlichen
Aktienumfrage der Financial Times Deutschland gingen sie davon aus, dass
der Dax 30 bis Mitte Oktober im Schnitt um 4,6 Prozent zulegt und der Europe
Stoxx 50 um 2,1 Prozent steigt. In der Juni-Umfrage hatten sie noch ein Plus
von rund neun beziehungsweise sieben Prozent vorausgesagt. An der
Umfrage beteiligten sich im Juli Experten von 17 europäischen Banken.
Seit der Erhebung im Juni fiel der Dax um drei
Prozent, der Europe Stoxx 50 gab um 0,8 Prozent
nach. Die erhöhte Vorsicht der Strategen ist auch vor
dem Hintergrund zu sehen, dass sich die
konjunkturellen Aussichten bisher nicht verbessert
haben und Unternehmen weiterhin mit
Gewinnwarnungen überraschen.
Telekom- und Technologiewerte schneiden aktuell bei
den Kaufempfehlungen im Europe-Stoxx am besten
ab. Im Gegensatz zur Juni-Runde stand diesmal keiner
dieser Branchenwerte auf der Verkaufsliste für
europäische Titel. Im Dax schätzen die Experten die Aussichten für den
deutschen Bauelemente-Hersteller Epcos negativ ein. Das Unternehmen hatte
am Freitag zum dritten Mal seine Ergebniserwartungen nach unten korrigiert.
Der spanische Telekomkonzern Telefónica, der bei mehreren FTD-Umfragen
in Folge geführt hatte, wurde von dem britischen Konkurrenten Vodafone
verdrängt und auf den achten Platz verwiesen. Bisher hatten die Anlage-Profis
auf Telefónica gesetzt, da das Unternehmen gut in den Zukunftsmärkten in
Lateinamerika positioniert ist. Vor dem Hintergrund einer drohenden
Finanzkrise in den Schwellenländern der Region raten mittlerweile aber
weniger Strategen bei Telefónica zum Kauf.
Große Fluktuation
Im Vergleich zur Juni-Runde gab es die größte
Fluktuation bei den Kaufempfehlungen für den Europe
Stoxx 50. Als "Veteran" ist nur noch der finnische
Telekomausrüster Nokia unter den fünf Werten zu
finden - mittlerweile aufgestiegen auf Platz zwei von
Platz vier. Der britische Telekomkonzern Vodafone
führt die Kaufliste der europäischen Aktien an. In den
vergangenen Monaten litt der Vodafone-Kurs nicht nur
unter der Technologie-Phobie der Anleger, sondern
auch unter dem "Stock Overhang", der durch die
Akquisition von Mannesmann entstanden war. Bei einem Stock Overhang
kommt es zu Aktienrückflüssen nach Firmenzukäufen, die ganz oder teilweise
mit Aktien bezahlt worden sind. Da Vodafone weiterhin als gut positioniert gilt
und im Branchenvergleich wenig Schulden hat, ist die Kaufempfehlung der
Strategen vor allem mit der niedrigen Unternehmensbewertung zu erklären.
DaimlerChrysler unterbewertet
Der deutsch-amerikanische Autokonzern DaimlerChrysler zählt ebenfalls zu
den "Top-Picks" der Strategen. Hier gilt das gleiche Bewertungsargument wie
bei Vodafone. Derzeit gibt die Marktkapitalisierung nur die ehemalige
Daimler-Benz-Sparte wieder, Chrysler taucht im Börsenwert gar nicht auf.
Die für nächste Woche erwarteten Quartalszahlen sind ein weiterer Grund für
das gute Abschneiden des Autoherstellers. Die Restrukturierung bei Chrysler
soll angeblich besser laufen als erwartet. Somit dürfte das Unternehmen am
Freitag mit einem geringeren Verlust der Chrysler-Sparte aufwarten.
Auf der Verkaufsliste der europäischen Aktien steht der Energiekonzern BP
Amoco ganz oben. Angesichts des schwächeren Ölpreises ist dieses Ergebnis
keine Überraschung. Der Aktienkurs des britischen Unternehmens orientiert
sich stark an den Preisentwicklungen auf dem Rohölmarkt.
Als einer von zwei Banktiteln taucht HSBC Holdings in den Empfehlungslisten
der Strategen auf. Allerdings raten sie bei dem Wert zum Verkauf. In die
Kursentwicklung wird derzeit eine Art Risikoabschlag eingerechnet. Analysten
gehen davon aus, dass HSBC die Position in den USA stärken will und bald an
der Wall Street auf teure Einkaufstour geht.
Bei den Dax-Empfehlungen hat der Technologiekonzern Siemens einen fast
schon kometenhaften Aufstieg hingelegt. Seit der Juni-Umfrage hat es der
Wert von Platz 22 auf Platz vier geschafft. Auch hier greift wieder das
Bewertungsargument. Das Unternehmen kostet an der Börse nur noch rund
drei Fünftel seines Umsatzes und verfügt zudem über beträchtliche Reserven.
Die Gefahr eines weiteren Kursverfalls wird als relativ gering eingeschätzt.
Allianz hat die Nase vorn
Bei dem Versicherer Allianz, der bei den Dax-Kaufempfehlungen den ersten
Platz belegt, erwarten die Strategen, dass die Renten- und Steuerreform den
Kurs beflügelt. Derzeit ist die Aktie bei einem Kurs von 321 Euro billiger als
im Sommer 1998, als noch keiner von diesen beiden Reformen sprach.
Die Softwarefirma SAP hat ihren ersten Platz der Juni-Umfrage an Allianz
verloren. Am Donnerstag wird das Unternehmen Halbjahres- und
Quartalszahlen vorlegen. Da der Kurs vor der Veröffentlichung nicht
eingebrochen, sondern sogar gestiegen ist, wird das Unternehmen
voraussichtlich die Erwartungen für das zweite Quartal erfüllen. Allerdings
wird der Ausblick für das dritte Quartal über die künftige Kursentwicklung
entscheiden.
© 2001 Financial Times Deutschland , © Illustration: FTD, Quelle: Bloomberg, eigene
Erhebung
Von Ina Bauer, Frankfurt
Aktienstrategen setzen nicht nur auf Technologie- und Telekomtitel,
sondern auch auf Substanzwerte wie Siemens und DaimlerChrysler
sowie defensive Titel wie Allianz und Eon. Dies ist das Ergebnis der
monatlichen FTD-Aktienumfrage, an der sich im Juli 17 europäische
Banken beteiligt haben.
Die europäischen Aktienstrategen haben ihre Kurserwartungen für die
nächsten drei Monate nach unten geschraubt. In der monatlichen
Aktienumfrage der Financial Times Deutschland gingen sie davon aus, dass
der Dax 30 bis Mitte Oktober im Schnitt um 4,6 Prozent zulegt und der Europe
Stoxx 50 um 2,1 Prozent steigt. In der Juni-Umfrage hatten sie noch ein Plus
von rund neun beziehungsweise sieben Prozent vorausgesagt. An der
Umfrage beteiligten sich im Juli Experten von 17 europäischen Banken.
Seit der Erhebung im Juni fiel der Dax um drei
Prozent, der Europe Stoxx 50 gab um 0,8 Prozent
nach. Die erhöhte Vorsicht der Strategen ist auch vor
dem Hintergrund zu sehen, dass sich die
konjunkturellen Aussichten bisher nicht verbessert
haben und Unternehmen weiterhin mit
Gewinnwarnungen überraschen.
Telekom- und Technologiewerte schneiden aktuell bei
den Kaufempfehlungen im Europe-Stoxx am besten
ab. Im Gegensatz zur Juni-Runde stand diesmal keiner
dieser Branchenwerte auf der Verkaufsliste für
europäische Titel. Im Dax schätzen die Experten die Aussichten für den
deutschen Bauelemente-Hersteller Epcos negativ ein. Das Unternehmen hatte
am Freitag zum dritten Mal seine Ergebniserwartungen nach unten korrigiert.
Der spanische Telekomkonzern Telefónica, der bei mehreren FTD-Umfragen
in Folge geführt hatte, wurde von dem britischen Konkurrenten Vodafone
verdrängt und auf den achten Platz verwiesen. Bisher hatten die Anlage-Profis
auf Telefónica gesetzt, da das Unternehmen gut in den Zukunftsmärkten in
Lateinamerika positioniert ist. Vor dem Hintergrund einer drohenden
Finanzkrise in den Schwellenländern der Region raten mittlerweile aber
weniger Strategen bei Telefónica zum Kauf.
Große Fluktuation
Im Vergleich zur Juni-Runde gab es die größte
Fluktuation bei den Kaufempfehlungen für den Europe
Stoxx 50. Als "Veteran" ist nur noch der finnische
Telekomausrüster Nokia unter den fünf Werten zu
finden - mittlerweile aufgestiegen auf Platz zwei von
Platz vier. Der britische Telekomkonzern Vodafone
führt die Kaufliste der europäischen Aktien an. In den
vergangenen Monaten litt der Vodafone-Kurs nicht nur
unter der Technologie-Phobie der Anleger, sondern
auch unter dem "Stock Overhang", der durch die
Akquisition von Mannesmann entstanden war. Bei einem Stock Overhang
kommt es zu Aktienrückflüssen nach Firmenzukäufen, die ganz oder teilweise
mit Aktien bezahlt worden sind. Da Vodafone weiterhin als gut positioniert gilt
und im Branchenvergleich wenig Schulden hat, ist die Kaufempfehlung der
Strategen vor allem mit der niedrigen Unternehmensbewertung zu erklären.
DaimlerChrysler unterbewertet
Der deutsch-amerikanische Autokonzern DaimlerChrysler zählt ebenfalls zu
den "Top-Picks" der Strategen. Hier gilt das gleiche Bewertungsargument wie
bei Vodafone. Derzeit gibt die Marktkapitalisierung nur die ehemalige
Daimler-Benz-Sparte wieder, Chrysler taucht im Börsenwert gar nicht auf.
Die für nächste Woche erwarteten Quartalszahlen sind ein weiterer Grund für
das gute Abschneiden des Autoherstellers. Die Restrukturierung bei Chrysler
soll angeblich besser laufen als erwartet. Somit dürfte das Unternehmen am
Freitag mit einem geringeren Verlust der Chrysler-Sparte aufwarten.
Auf der Verkaufsliste der europäischen Aktien steht der Energiekonzern BP
Amoco ganz oben. Angesichts des schwächeren Ölpreises ist dieses Ergebnis
keine Überraschung. Der Aktienkurs des britischen Unternehmens orientiert
sich stark an den Preisentwicklungen auf dem Rohölmarkt.
Als einer von zwei Banktiteln taucht HSBC Holdings in den Empfehlungslisten
der Strategen auf. Allerdings raten sie bei dem Wert zum Verkauf. In die
Kursentwicklung wird derzeit eine Art Risikoabschlag eingerechnet. Analysten
gehen davon aus, dass HSBC die Position in den USA stärken will und bald an
der Wall Street auf teure Einkaufstour geht.
Bei den Dax-Empfehlungen hat der Technologiekonzern Siemens einen fast
schon kometenhaften Aufstieg hingelegt. Seit der Juni-Umfrage hat es der
Wert von Platz 22 auf Platz vier geschafft. Auch hier greift wieder das
Bewertungsargument. Das Unternehmen kostet an der Börse nur noch rund
drei Fünftel seines Umsatzes und verfügt zudem über beträchtliche Reserven.
Die Gefahr eines weiteren Kursverfalls wird als relativ gering eingeschätzt.
Allianz hat die Nase vorn
Bei dem Versicherer Allianz, der bei den Dax-Kaufempfehlungen den ersten
Platz belegt, erwarten die Strategen, dass die Renten- und Steuerreform den
Kurs beflügelt. Derzeit ist die Aktie bei einem Kurs von 321 Euro billiger als
im Sommer 1998, als noch keiner von diesen beiden Reformen sprach.
Die Softwarefirma SAP hat ihren ersten Platz der Juni-Umfrage an Allianz
verloren. Am Donnerstag wird das Unternehmen Halbjahres- und
Quartalszahlen vorlegen. Da der Kurs vor der Veröffentlichung nicht
eingebrochen, sondern sogar gestiegen ist, wird das Unternehmen
voraussichtlich die Erwartungen für das zweite Quartal erfüllen. Allerdings
wird der Ausblick für das dritte Quartal über die künftige Kursentwicklung
entscheiden.
© 2001 Financial Times Deutschland , © Illustration: FTD, Quelle: Bloomberg, eigene
Erhebung