Frankfurt, 01. Apr (Reuters) - Die Europäische Zentralbank
(EZB) hat die Leitzinsen in der Euro-Zone am Donnerstag
um 25 Basispunkte gesenkt. Angesichts der
schleppenden Konjunkturerholung rechnen allerdings immer mehr
Volkswirte mit einer weiteren Zinssenkung - insbesondere nach
skeptischeren Äußerungen von EZB-Chef Jean-Claude Trichet zum
privaten Verbrauch.
Der für die Refinanzierung der Geschäftsbanken maßgebliche
Schlüsselzins betrage nun 1,75 Prozent, teilte die EZB
nach ihrer Ratssitzung in Frankfurt mit. An den Finanzmärkten
hielten sich die Reaktionen auf die weithin erwartete
Entscheidung in Grenzen. Der Euro<EUR=> legte zum Dollar nur
vorübergehend leicht zu.
Die Zentralbank begründete die Entscheidung zunächst nicht
und verwies auf die Pressekonferenz mit EZB-Präsident
Jean-Claude Trichet ab 14.30 Uhr MESZ. An den Märkten wird nun
gespannt darauf gewartet, ob Trichet signalisieren wird, dass
die Währungshüter im Notfall zu einem weiteren Absenken des
bereits historisch niedrigen Leitzinses bereit sind.
"Nach dem jüngsten Chor an Stimmen warten wir auf eine
einheitliche Formulierung, die mehr Orientierung gibt", sagte
Volkswirtin Claudia Henke von der Dresdner Bank. Trichet und
andere Ratsmitglieder hatten in jüngster Zeit mit skeptischen
Äußerungen zu den Konjunkturaussichten die
Zinssenkungsspekulationen an den Finanzmärkten verstärkt. Der
EZB-Chef hatte in einem Interview vergangene Woche angekündigt,
die Zentralbank werde ihre Einschätzung einer allmählichen
Konjunkturerholung ändern, wenn sich Konsum und Inlandsnachfrage
nicht wie erwartet verstärken sollten.
In der öffentlichen Diskussion gilt die Konsumflaute seit
einigen Wochen als Hauptrisikofaktor für den Aufschwung und hat
damit die Euro-Stärke abgelöst. Einige Wissenschaftler und
Wirtschaftsverbände in Deutschland forderten die EZB auf, mit
billigerem Geld die Erholung zu stützen. Bei weiteren schwachen
Konjunkturdaten rechnet eine wachsende Minderheit unter den
Bankvolkswirten mit einer geldpolitischen Lockerung im Mai oder
Juni. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung sei zwar zuletzt
gestiegen, sie liege aber weiterhin unter 50 Prozent, sagte
Henke. "Von den Konjunkturdaten geht kein akutes Alarmsignal
aus, daher gibt es für die Geldpolitik keinen akuten
Handlungsbedarf."
Jüngste Konjunkturdaten waren unterschiedlich ausgefallen
und gaben damit keine einheitlichen Hinweise, dass die
Wirtschaft das vierte Jahr in Folge in Stagnation zurückzufallen
droht. Verbrauchervertrauen und Geschäftsklima in der Euro-Zone
stagnierten im März, so dass bisher noch keine dynamischere
Wirtschaftsbelebung in Sicht ist. Der erneute Anstieg des
Reuters-Einkaufsmanagerindexes im März deutet aber auf eine
anhaltende Geschäftsausweitung in der Industrie hin.
Nach Ansicht vieler Volkswirte wird sich die Zentralbank,
die als oberstes Ziel Preisstabilität verfolgt und kein
Wachstumsziel hat, nur zu einer Zinssenkung entschließen, wenn
ein Rückfall der Wirtschaft in die Stagnation drohen sollte.
Zuletzt ging die EZB noch von einem Wachstum von rund anderthalb
Prozent in diesem und 2,4 Prozent 2005 aus.
mer/bin
Gruß
Twinson_99