Köhler rechnet mit dem Casino-Kapitalismus ab
(110) 1. Mai 2009, 16:55 Uhr
Die Geschäftemacherei "ohne Regeln, Augenmaß und innere Werte", kurz der "angloamerikanische Casino-Kapitalismus" sei gescheitert, sagt Bundespräsident Horst Köhler. Bei den verantwortlichen Bankern vermisst er Reue und Einsicht – und verlangt eine Debatte über deren "Fehlverhalten und Sozialkompetenz".
Bundespräsident Horst Köhler hat kein Verständnis für das Verhalten der Bankmanager
Mit scharfen Worten hat Bundespräsident Horst Köhler die Rolle und das Verhalten der Bankmanager kritisiert. Angesichts der von ihnen ausgelösten Finanzkrise forderte Köhler von den Bankern mehr Reue und Einsicht. „Bedauerlicherweise bleibt die Finanzelite im Wesentlichen stumm“, kritisierte das Staatsoberhaupt in der „Bild“-Zeitung.
„Manche klagen sogar auf Auszahlung von Millionen-Vergütungen. Dabei spüren sie materiell kaum etwas von der Krise – während normale Angestellte, etwa die Frau an der Supermarkt-Kasse, bei kleinen Fehlern harte Konsequenzen erleben.“ Und er fügte hinzu: „Ich hoffe sehr, dass aus der Wirtschaft selbst noch der Anstoß für eine offene Debatte über Fehlverhalten und Sozialkompetenz kommt.“
Doch der Bundespräsident will nicht nur kritisieren, sondern auch Mut machen. Er begreift die beispiellose Finanzkrise nämlich zugleich als Chance für Reformen. „Die Krise, so schlimm sie ist, wird Neues und auch Gutes hervorbringen“, sagte Köhler. Die Wirtschaft stelle sich schon voll auf den notwendigen ökologischen Umbau der Weltwirtschaft ein. Es geht um Lösungen für eine neue Zeit. „Wir wollen sparsamer mit den Rohstoffen der Erde umgehen und gesündere Energiequellen erschließen“, sagte Köhler.
Es gebe keinen Zweifel daran, dass vor allem die US-Wirtschaft die weltweite Krise ausgelöst habe. „Der angloamerikanische Casinokapitalismus ist gescheitert“, sagte der Bundespräsident. Er fügte allerdings hinzu: „Ein Großteil der inzwischen wertlosen Finanzpapiere steht in den Büchern europäischer Institute, nicht zuletzt der deutschen Landesbanken. Dabei war niemand gezwungen, mit der Herde mitzulaufen.“
Auf die Frage, ob er den Kapitalismus als gescheitert betrachte, sagte das Staatsoberhaupt: „Nein. Gescheitert ist die Geschäftemacherei ohne Regeln, Augenmaß und innere Werte.“
Das Staatsoberhaupt würdigte zugleich die Rolle der Gewerkschaften in der Krise. „Wir haben es diesmal nicht mit vorschnellen Entlassungen zu tun bekommen. Früher hieß es: keine Aufträge, zack, Kündigung. Heute gibt es neue flexible Instrumente für Belegschaft und Management in den Betrieben. Das haben wir auch der Besonnenheit der Gewerkschaften zu verdanken.“
Auch das Vorgehen der Bundesregierung stößt beim Bundespräsidenten auf Zustimmung. Köhler: „Es gab ja einen Moment, wo die Bankenkrise die Ersparnisse der Menschen in Gefahr zu bringen drohte. Darauf hat die Bundesregierung kraftvoll reagiert.“
Zugleich mahnte Köhler allerdings, für die Zeit nach der Krise den Abbau der Staatsverschuldung zu planen. „Es ist richtig, sich der Rezession mit aller Kraft entgegenzustemmen, und dafür muss auch eine höhere Staatsverschuldung in Kauf genommen werden. Aber zugleich brauchen wir ein glaubwürdiges Konzept zum Schuldenabbau nach der Krise, und wir können uns dabei nicht von Wachstum als alleinigem Friedensstifter in der Gesellschaft abhängig machen.“
Keywords
Bankenrettungsplan Staatsverschuldung Giftige Papiere Berlin Managergehälter Zur Stabilität der Demokratie in der Krise sagte der Bundespräsident: „Es wird eine Bewährungsprobe. Aber Deutschland lässt sich davon doch nicht aus den demokratischen Gleisen werfen. Warum sollten wir ausgerechnet auf demokratische Selbstbestimmung verzichten, wenn es um den Weg aus der Krise geht?“ Den Unternehmen gab er auf den Weg: „Wenn Ihr wirklich entlassen müsst, haltet Kontakt zu Euren Mitarbeitern. Verliert sie und ihre Familien nicht aus den Augen. Sie werden gebraucht.“
(110) 1. Mai 2009, 16:55 Uhr
Die Geschäftemacherei "ohne Regeln, Augenmaß und innere Werte", kurz der "angloamerikanische Casino-Kapitalismus" sei gescheitert, sagt Bundespräsident Horst Köhler. Bei den verantwortlichen Bankern vermisst er Reue und Einsicht – und verlangt eine Debatte über deren "Fehlverhalten und Sozialkompetenz".
Bundespräsident Horst Köhler hat kein Verständnis für das Verhalten der Bankmanager
Mit scharfen Worten hat Bundespräsident Horst Köhler die Rolle und das Verhalten der Bankmanager kritisiert. Angesichts der von ihnen ausgelösten Finanzkrise forderte Köhler von den Bankern mehr Reue und Einsicht. „Bedauerlicherweise bleibt die Finanzelite im Wesentlichen stumm“, kritisierte das Staatsoberhaupt in der „Bild“-Zeitung.
„Manche klagen sogar auf Auszahlung von Millionen-Vergütungen. Dabei spüren sie materiell kaum etwas von der Krise – während normale Angestellte, etwa die Frau an der Supermarkt-Kasse, bei kleinen Fehlern harte Konsequenzen erleben.“ Und er fügte hinzu: „Ich hoffe sehr, dass aus der Wirtschaft selbst noch der Anstoß für eine offene Debatte über Fehlverhalten und Sozialkompetenz kommt.“
Doch der Bundespräsident will nicht nur kritisieren, sondern auch Mut machen. Er begreift die beispiellose Finanzkrise nämlich zugleich als Chance für Reformen. „Die Krise, so schlimm sie ist, wird Neues und auch Gutes hervorbringen“, sagte Köhler. Die Wirtschaft stelle sich schon voll auf den notwendigen ökologischen Umbau der Weltwirtschaft ein. Es geht um Lösungen für eine neue Zeit. „Wir wollen sparsamer mit den Rohstoffen der Erde umgehen und gesündere Energiequellen erschließen“, sagte Köhler.
Es gebe keinen Zweifel daran, dass vor allem die US-Wirtschaft die weltweite Krise ausgelöst habe. „Der angloamerikanische Casinokapitalismus ist gescheitert“, sagte der Bundespräsident. Er fügte allerdings hinzu: „Ein Großteil der inzwischen wertlosen Finanzpapiere steht in den Büchern europäischer Institute, nicht zuletzt der deutschen Landesbanken. Dabei war niemand gezwungen, mit der Herde mitzulaufen.“
Auf die Frage, ob er den Kapitalismus als gescheitert betrachte, sagte das Staatsoberhaupt: „Nein. Gescheitert ist die Geschäftemacherei ohne Regeln, Augenmaß und innere Werte.“
Das Staatsoberhaupt würdigte zugleich die Rolle der Gewerkschaften in der Krise. „Wir haben es diesmal nicht mit vorschnellen Entlassungen zu tun bekommen. Früher hieß es: keine Aufträge, zack, Kündigung. Heute gibt es neue flexible Instrumente für Belegschaft und Management in den Betrieben. Das haben wir auch der Besonnenheit der Gewerkschaften zu verdanken.“
Auch das Vorgehen der Bundesregierung stößt beim Bundespräsidenten auf Zustimmung. Köhler: „Es gab ja einen Moment, wo die Bankenkrise die Ersparnisse der Menschen in Gefahr zu bringen drohte. Darauf hat die Bundesregierung kraftvoll reagiert.“
Zugleich mahnte Köhler allerdings, für die Zeit nach der Krise den Abbau der Staatsverschuldung zu planen. „Es ist richtig, sich der Rezession mit aller Kraft entgegenzustemmen, und dafür muss auch eine höhere Staatsverschuldung in Kauf genommen werden. Aber zugleich brauchen wir ein glaubwürdiges Konzept zum Schuldenabbau nach der Krise, und wir können uns dabei nicht von Wachstum als alleinigem Friedensstifter in der Gesellschaft abhängig machen.“
Keywords
Bankenrettungsplan Staatsverschuldung Giftige Papiere Berlin Managergehälter Zur Stabilität der Demokratie in der Krise sagte der Bundespräsident: „Es wird eine Bewährungsprobe. Aber Deutschland lässt sich davon doch nicht aus den demokratischen Gleisen werfen. Warum sollten wir ausgerechnet auf demokratische Selbstbestimmung verzichten, wenn es um den Weg aus der Krise geht?“ Den Unternehmen gab er auf den Weg: „Wenn Ihr wirklich entlassen müsst, haltet Kontakt zu Euren Mitarbeitern. Verliert sie und ihre Familien nicht aus den Augen. Sie werden gebraucht.“