Je nach dem ob auf steigenden oder fallnden € setzt.
Aus www.capital.de
Der Kolumnist von Capital ist einer der bekanntesten Wall-Street-Experten mit treffsicheren Prognosen. Der Chef-Ökonom der Deutschen Bank in den USA kommentiert die Finanzmärkte exklusiv für Capital.
Besuchen Sie Ed Yardeni auf seiner Homepage: www.yardeni.com
Wechselkurse vorherzusagen kann gefährlich sein. Die meisten Ökonomen erwarteten Anfang vergangenen Jahres, dass der Euro eine starke Währung werden würde. Stattdessen fiel der Euro seitdem um 18 Prozent gegenüber dem Dollar. Auf dem Treffen der Finanzminister und Notenbanker aus der Euro-Zone merkte der neue französische Finanzminister Laurent Fabius an: "Wir befinden uns in einem Paradoxon. Die Wirtschaft läuft gut, die Inflation ist völlig unter Kontrolle, der Wille zu Reformen ist da. Aber die Wirkung nach außen ist eine ganz andere, was einen Teil der Schwäche erklärt."
Das Paradoxon ist umso erstaunlicher angesichts der Stärke des Yens. Zwar ist die Inflation in Japan niedrig, auch regt sich Reformwille, aber die japanische Wirtschaft befindet sich im Vergleich zu allen anderen Industriestaaten in schwacher Verfassung. Trotzdem kletterte der Yen seit Anfang 1999 gegenüber dem Dollar um acht Prozent nach oben. Natürlich erzielte Japan 1999 einen riesigen Handelsüberschuss in Höhe von 74 Milliarden Dollar mit den USA. Aber Gleiches trifft auch für Europa zu. Dessen Exporte übertrafen die Importe aus den Vereinigten Staaten um beachtliche 50 Milliarden Dollar.
Während sich Europas Finanzminister und Notenbanker um den schwachen Euro sorgen, haben Geschäftsleute und Arbeitnehmer allen Grund zur Freude. Die wirtschaftliche Erholung Europas 1999 ist zum größten Teil auf den Exportboom zurückzuführen. Er glich die schwache Inlandsnachfrage vor allem in Deutschland mehr als aus. Die europäische Notenbank fürchtet zu viel des Guten: Der schwache Euro könnte die Inflation anheizen, die wiederum mit höheren Leitzinsen bekämpft werden müsste. Ob eine Währung zu stark oder zu schwach ist, hängt vom Blickwinkel ab. Wie bei jedem anderen Marktpreis gibt es immer jemanden, der den Preis zu hoch oder zu niedrig findet. Meiner Meinung nach ist die Schwäche des Euros gerechtfertigt. Sie könnte sich aber schon nächstes Jahr in eine Stärke umwandeln.
Die Auflösung des Euro-Paradoxons ist unschwer in der US-Zahlungsbilanz zu finden. Das Handelsbilanzdefizit der USA 1999 in Rekordhöhe von 296 Milliarden Dollar wurde übertroffen vom Kapitalimport vor allem aus Europa. Die aktivsten Käufer von US-Unternehmen waren europäische Konzerne, die ihr Geschäft auf den US-Markt ausweiten wollten. Sie waren 1998 und 1999 für jeweils 88,4 und 83,8 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen verantwortlich. Der größte Teil davon wandert seit kurzem in das produzierende Gewerbe. Das ist eine wichtige Entwicklung. Sie könnte dazu beitragen, das Handelsdefizit langfristig abzubauen. Amerikanische Unternehmen sind schon immer mehr als ihre merkantilistisch eingestellten Konkurrenten aus Europa und Japan bereit, in Übersee zu produzieren. Die verschiedenen Einstellungen erklären einiges vom strukturellen Handelsungleichgewicht der letzten Jahrzehnte.
Die Explosion der europäischen Direktinvestitionen in den USA kann viel verändern. Die Steuersenkungen in Europa stimulierten die Konsumnachfrage, was die Importe aus den Vereinigten Staaten antreiben könnte. Die Aussichten für die Handelsbilanz zwischen den USA und Japan sehen dagegen weniger rosig aus. Die japanischen Direktinvestitionen in den USA waren in den 90er Jahren relativ zurückhaltend. Während der 80er Jahren steckten die Japaner vor allem ihr Geld in die US-Automobilbranche. Dass das Handelsdefizit zwischen beiden Ländern trotzdem immer größer wurde, liegt unter anderem an der sehr schwachen Konsumnachfrage im Land der aufgehenden Sonne - amerikanische Güter und Dienstleistungen finden dort keinen Absatz.
Weltweit kauften Anleger aggressiv US-Aktien. Das erklärt den Rekordzufluss 1999 von 96 Milliarden Dollar an die US-Börse. Die amerikanischen Technologieaktien bieten mit die größte Auswahl, ihr Boom sorgte weltweit für Bullenmärkte. Einige Währungsexperten sind der Meinung, dass nur ein Absturz des technologielastigen Nasdaq ausländische Investoren abschrecken könnte - was zu einem Anstieg des Euro führen würde. Meiner Meinung nach ist ein anderes, glücklicheres Szenario wahrscheinlicher. Nach meiner Vorstellung nimmt der Kapitalmarkt in der Euro-Zone eine immer wichtigere Stellung ein und wird Quelle der Finanzierung neuer europäischer Technologiefirmen. Die geplante Zusammenführung verschiedener Börsen ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Steuersenkungen für Konsumenten, Unternehmen und Investoren werden zudem die Wirtschaft in Europa ankurbeln, den Wohlstand erhöhen und die Importe aus den USA ansteigen lassen. Globale Investoren werden mehr attraktive Anlagemöglichkeiten in der Euro-Zone finden und so die Nachfrage nach dem Euro steigern. Das wird das Ende des Paradoxons sein.
Wünsche gute Geschäfte Marius