Interview: Endlich Geld verdienen (EuramS)
23.03.2003 11:17:00
Er zählt zu den erfolgreichsten Vermögensverwaltern in Deutschland: JENS EHRHARDT. Im EURO-Interview erklärt er, warum er mit steigenden Aktienkursen rechnet, welche Titel er bevorzugt und warum Nebenwerte jetzt nur die zweite Geige spielen.
EURO: Herr Ehrhardt, die Börsen sind bereits kräftig in die Höhe geschossen. War’s das bereits, oder rechnen Sie mit weiter steigenden Kursen?
EHRHARDT: Naja, ich denke schon, dass es die nächsten drei Monate eher nach oben geht.
EURO: Woher kommt Ihr Optimismus? Schließlich weiß niemand, wie lange der Krieg im Irak dauern wird.
EHRHARDT: Das ist schon richtig und natürlich bleiben viele Unwägbarkeiten. Dennoch glaube ich, dass man zur- zeit in den Markt eher reingehen muss als raus. Zum einen haben Börsianer oft Angst vor bestimmten Dingen, und wenn diese dann eintreten, ist es meist gar nicht so schlimm. Der Jahrtausendwechsel ist dafür ein Beispiel. Ähnlich ist die Situation jetzt wieder. Zudem spricht die Markttechnik dafür.
EURO: Woran lesen Sie das ab?
EHRHARDT: Landesweite Umfragen unter institutionellen Investoren in den USA zeigen, dass nur 33 Prozent optimistisch für den Aktienmarkt sind. Genau den gleichen Wert hatten wir im Oktober vergangenen Jahres, als danach die Kurse kräftig anzogen. Das Gleiche gilt für die Börsenbriefe. Auch sie sind so pessimistisch wie im Oktober.
EURO: Mit anderen Worten: Wenn kaum noch einer an Aktien glaubt, ist die beste Zeit zum Kauf?
EHRHARDT: Genau. Allerdings dürfte es an den Börsen weiter recht hektisch bleiben.
EURO: Welche Werte kaufen Sie jetzt?
EHRHARDT: Ich habe bereits in den vergangenen Wochen BASF und Bayer eingesammelt und glaube auch, dass bei beiden nach oben noch was geht. Auch RWE und E.ON haben wir gekauft. Und Zertifikate auf den DAX.
EURO: Warum Index-Zertifikate?
EHRHARDT: Weil es die einfachste Möglichkeit ist, die Entwicklung des Gesamtmarkts abzudecken.
EURO: Und warum E.ON und RWE?
EHRHARDT: Aus Renditegründen. Bei den RWE-Vorzügen liegt die Dividendenrendite bei sechs Prozent. Das ist ziemlich viel. Außerdem muss die Dividende nur zur Hälfte versteuert werden. Vergleicht man das mit Anleihen, entspricht dies einem Rentenkupon von neun Prozent. Und wo kriege ich schon neun Prozent. Meistens doch nur bei irgenwelchen drittklassigen Anleihen.
EURO: Sie investieren gerne in Nebenwerte. Ist das bei der jetzigen Börsensituation die richtige Strategie?
EHRHARDT: Nein, momentan ist eher die Zeit der Blue Chips. Denn wenn die Börsen anfangen zu laufen, sind es die großen Werte, die gefragt sind. Die sichereren Nebenwerte kommen immer hinterher. Generell bin ich der Ansicht, dass es jetzt nicht so sehr darum gehen sollte, möglichst wenig zu verlieren, sondern endlich wieder etwas zu gewinnen.
EURO: Was halten Sie davon, jetzt jene Werte wie Lufthansa oder TUI ins Depot zu nehmen, die im Vorfeld des Krieges am stärksten gelitten haben.
EHRHARDT: Als Depotbeimischung kann man das sicherlich machen. Historisch gesehen hat sich gezeigt, dass gerade die besonders ausgebombten Werte und jene Titel, die sich zuvor am besten gehalten haben, von einer Kurserholung am stärksten profitieren.
EURO: Wie stehen Sie zu Tech-Titeln?
EHRHARDT: Die US-Hightech-Aktien sind schon seit Oktober relativ stark und ich glaube, dass mit weiteren Kurserholungen zu rechnen ist. Außerdem hat diese Gruppe die höchste Leerverkaufsquote. Deshalb ist mit weiteren Short-Eindeckungen zu rechnen. Das Gleiche erwarte ich mir übrigens auch noch für den DAX. Ich glaube, dass hier noch viele Hedge-Fonds unterwegs sind, die auf fallende Kurse gesetzt haben und sich noch eindecken müssen.
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