Energie
Exklusiv EU frustriert über Strommarkt
von Reinhard Hönighaus (Brüssel)
Die Unzufriedenheit der EU-Verbraucher mit den Strommärkten ist groß. Trotz Liberalisierung wechseln die Bürger jedoch kaum ihre Anbieter. Brüssel will die schlecht funktionierenden Energiemärkte nicht länger hinnehmen.
Der Frust der Verbraucher in den liberalisierten Energiemärkten ruft die EU auf den Plan. Nur sieben Prozent der Haushalte haben in den vergangenen zwei Jahren den Anbieter gewechselt, obwohl zwei Drittel mit ihrem Versorger unzufrieden sind.
Das geht aus dem zweiten EU-Verbraucherbarometer hervor, das die zuständige Kommissarin Meglena Kuneva in Brüssel vorstellen will und das der FTD vorliegt. "Es ist enttäuschend, dass die Energiemärkte so schlecht funktionieren. Wir werden daher eine Untersuchung des Stromendkundenmarkts einleiten", erfuhr die FTD aus dem Umfeld der Kommissarin. Damit wolle sie genaueren Aufschluss über die Probleme gewinnen.
Mit dem vor einem Jahr erstmals erhobenen Verbraucherbarometer versucht Kuneva aufzudecken, bei welchen Waren und Dienstleistungen der Binnenmarkt nicht funktioniert. Europaweit werden jährlich 20 Einzelmärkte darauf untersucht, wie groß die Preisunterschiede sind, wie oft Kunden den Anbieter wechseln und wie oft es Beschwerden gibt. Zudem analysiert die Kommission die Verbraucherschutzsysteme der einzelnen Länder, etwa die Rückgaberechte und Klagemöglichkeiten.
Anhand solcher Daten, die bisher kaum länderübergreifend erhoben wurden, entscheidet Kuneva, wo und wie Brüssel zum Schutz der Verbraucher aktiv wird - so wie jetzt im Strommarkt. Pikant für die Kommissarin aus Bulgarien ist, dass ihr Heimatland nach fast allen Kriterien am schlechtesten abschneidet. Anders als ihre für Wettbewerbsaufsicht zuständige Kollegin Neelie Kroes kann Kuneva nicht gegen Regierungen oder Unternehmen vorgehen.
Im Energiesektor klagen Kunden fast überall in Europa über schlechte Vergleichbarkeit der Angebote. Frappierend sind auch Preisunterschiede zwischen den EU-Ländern, wie aus dem der FTD vorliegenden Verbraucherbarometer hervorgeht: Strom ist in Deutschland um ein Drittel teurer als in Frankreich, Gas kostet hierzulande fast doppelt so viel wie in Großbritannien.
In Dienstleistungsmärkten, in denen ein Anbieterwechsel leichter ist, sparen Verbraucher dagegen bares Geld: Hohe Wechselraten gibt es zum Beispiel bei der Auto-Haftpflichtversicherung (25 Prozent), Internetdiensten (22 Prozent) und Mobilfunk (19 Prozent). Nach Aussage der meisten Verbraucher hat sich der Wechsel finanziell gelohnt.
Für einen EU-weiten Preisvergleich ist bei den meisten Produkten die Datenbasis noch zu lückenhaft. Mit Hilfe nationaler Statistikämter versucht die Kommission, die Erhebungen auszuweiten und zuverlässiger zu machen. Für die Beamten ist bisher unerklärlich, warum der gleiche DVD-Spieler in Großbritannien 60 Euro und in Rumänien fast 110 Euro kostet. Waschmittel ist nirgends in Europa so billig wie in Deutschland, in Luxemburg ist es mehr als doppelt so teuer.
Damit Verbraucher die Preisunterschiede im Binnenmarkt besser ausnutzen können, versucht Kuneva Hürden für den grenzüberschreitenden Onlinehandel abzubauen. Zu diesem Zweck hat sie im vergangenen Herbst eine weitere Harmonisierung des Verbraucherrechts vorgeschlagen, die nun zwischen EU-Parlament und Mitgliedsstaaten verhandelt wird. Wettbewerbskommissarin Kroes will Regeln überprüfen, mit denen Markenhersteller den Weiterverkauf ihrer Produkte über das Internet unterbinden. Unterstützt wird sie dabei vom Internetauktionshaus Ebay. Luxusgüterfirmen wie LVMH und Chanel halten dagegen und lobbyieren in Brüssel dafür, dass die Beschränkungen erhalten bleiben. Kommende Woche bekommt Kroes deswegen Besuch von Chanel-Designer Karl Lagerfeld.
FTD.de, 18:02 Uhr
© 2009 Financial Times Deutschland
Exklusiv EU frustriert über Strommarkt
von Reinhard Hönighaus (Brüssel)
Die Unzufriedenheit der EU-Verbraucher mit den Strommärkten ist groß. Trotz Liberalisierung wechseln die Bürger jedoch kaum ihre Anbieter. Brüssel will die schlecht funktionierenden Energiemärkte nicht länger hinnehmen.
Der Frust der Verbraucher in den liberalisierten Energiemärkten ruft die EU auf den Plan. Nur sieben Prozent der Haushalte haben in den vergangenen zwei Jahren den Anbieter gewechselt, obwohl zwei Drittel mit ihrem Versorger unzufrieden sind.
Das geht aus dem zweiten EU-Verbraucherbarometer hervor, das die zuständige Kommissarin Meglena Kuneva in Brüssel vorstellen will und das der FTD vorliegt. "Es ist enttäuschend, dass die Energiemärkte so schlecht funktionieren. Wir werden daher eine Untersuchung des Stromendkundenmarkts einleiten", erfuhr die FTD aus dem Umfeld der Kommissarin. Damit wolle sie genaueren Aufschluss über die Probleme gewinnen.
Mit dem vor einem Jahr erstmals erhobenen Verbraucherbarometer versucht Kuneva aufzudecken, bei welchen Waren und Dienstleistungen der Binnenmarkt nicht funktioniert. Europaweit werden jährlich 20 Einzelmärkte darauf untersucht, wie groß die Preisunterschiede sind, wie oft Kunden den Anbieter wechseln und wie oft es Beschwerden gibt. Zudem analysiert die Kommission die Verbraucherschutzsysteme der einzelnen Länder, etwa die Rückgaberechte und Klagemöglichkeiten.
Anhand solcher Daten, die bisher kaum länderübergreifend erhoben wurden, entscheidet Kuneva, wo und wie Brüssel zum Schutz der Verbraucher aktiv wird - so wie jetzt im Strommarkt. Pikant für die Kommissarin aus Bulgarien ist, dass ihr Heimatland nach fast allen Kriterien am schlechtesten abschneidet. Anders als ihre für Wettbewerbsaufsicht zuständige Kollegin Neelie Kroes kann Kuneva nicht gegen Regierungen oder Unternehmen vorgehen.
Im Energiesektor klagen Kunden fast überall in Europa über schlechte Vergleichbarkeit der Angebote. Frappierend sind auch Preisunterschiede zwischen den EU-Ländern, wie aus dem der FTD vorliegenden Verbraucherbarometer hervorgeht: Strom ist in Deutschland um ein Drittel teurer als in Frankreich, Gas kostet hierzulande fast doppelt so viel wie in Großbritannien.
In Dienstleistungsmärkten, in denen ein Anbieterwechsel leichter ist, sparen Verbraucher dagegen bares Geld: Hohe Wechselraten gibt es zum Beispiel bei der Auto-Haftpflichtversicherung (25 Prozent), Internetdiensten (22 Prozent) und Mobilfunk (19 Prozent). Nach Aussage der meisten Verbraucher hat sich der Wechsel finanziell gelohnt.
Für einen EU-weiten Preisvergleich ist bei den meisten Produkten die Datenbasis noch zu lückenhaft. Mit Hilfe nationaler Statistikämter versucht die Kommission, die Erhebungen auszuweiten und zuverlässiger zu machen. Für die Beamten ist bisher unerklärlich, warum der gleiche DVD-Spieler in Großbritannien 60 Euro und in Rumänien fast 110 Euro kostet. Waschmittel ist nirgends in Europa so billig wie in Deutschland, in Luxemburg ist es mehr als doppelt so teuer.
Damit Verbraucher die Preisunterschiede im Binnenmarkt besser ausnutzen können, versucht Kuneva Hürden für den grenzüberschreitenden Onlinehandel abzubauen. Zu diesem Zweck hat sie im vergangenen Herbst eine weitere Harmonisierung des Verbraucherrechts vorgeschlagen, die nun zwischen EU-Parlament und Mitgliedsstaaten verhandelt wird. Wettbewerbskommissarin Kroes will Regeln überprüfen, mit denen Markenhersteller den Weiterverkauf ihrer Produkte über das Internet unterbinden. Unterstützt wird sie dabei vom Internetauktionshaus Ebay. Luxusgüterfirmen wie LVMH und Chanel halten dagegen und lobbyieren in Brüssel dafür, dass die Beschränkungen erhalten bleiben. Kommende Woche bekommt Kroes deswegen Besuch von Chanel-Designer Karl Lagerfeld.
FTD.de, 18:02 Uhr
© 2009 Financial Times Deutschland
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont. Konrad Adenauer