Symbolfiguren des Neuen Marktes vor Gericht
Haffa-Brüder weisen Betrugsvorwurf zurück
Ex-Chef von EM.TV: Es war nie meine Absicht, Aktionäre zu täuschen / Neues Gesetz erschwert den Prozess
Von Daniela Kuhr
München – Im ersten Strafprozess gegen Manager eines Neuen-Markt-Unternehmens haben die beiden Angeklagten am Montag die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. „Ich habe stets und zu jeder Zeit die Lage des Unternehmens nach bestem Wissen und Gewissen dargestellt“, sagte Thomas Haffa, ehemaliger Vorstandschef des Medienkonzerns EM.TV, vor der vierten Strafkammer des Landgerichts München. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm und seinem Bruder Florian Haffa, Ex- Finanzvorstand von EM.TV, vor, im Herbst 2000 mehrmals wissentlich falsche Halbjahreszahlen präsentiert zu haben.
Gut zweieinhalb Jahre nach dem Höchststand der EM.TV-Aktie stehen der Gründer des Medienkonzerns, Thomas Haffa, und sein Bruder Florian Haffa vor Gericht. Unter großem Publikumsandrang begann damit der erste Strafprozess gegen Manager eines Neuen-Markt-Unternehmens. Zahlreiche Anleger haben mit der Aktie von EM.TV viel Geld verloren. Das Papier, das im Februar 2000 bei 115 Euro notierte, kostet derzeit nur noch etwa einen Euro. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden ehemaligen Börsenstars Kursbetrug und unrichtige Darstellung der Vermögensverhältnisse ihrer Firma vor. Mit falschen Zahlen und geschönten Prognosen sollen sie im Herbst 2000 versucht haben, den Kurs der EM.TV-Aktie hoch zu halten. Erst Anfang Dezember gab es eine Gewinnwarnung, der Aktienkurs brach daraufhin deutlich ein.
„Das Geschäft läuft super“
Bei der Verlesung der Klageschrift zitierte Staatsanwalt Peter Noll aus mehreren Interviews: „Wir stehen ganz, ganz fest zu unseren Prognosen“, soll der damalige Finanzvorstand Florian Haffa noch am 9. Oktober 2000 gesagt haben. Und: „Das Geschäft läuft sehr, sehr gut, super. Es gibt nichts Negatives zu berichten.“ Einen Tag später habe sein Bruder Thomas in einem anderen Interview bekräftigt: „Alle unsere Jahresprognosen werden erfüllt.“ Bis Mitte November hätten die beiden Angeklagten einen Jahresgewinn von 525 Millionen Mark angekündigt. Mit der Gewinnwarnung im Dezember reduzierten sie ihre Prognose auf 50 Millionen Mark. Letztlich ergab sich jedoch samt Abschreibungen ein Jahresverlust von etwa 2,7 Milliarden Mark.
Die beiden Angeklagten wiesen die Vorwürfe zurück. EM.TV sei in dem angegebenen Zeitraum in Verhandlungen mit mehreren Unternehmen gewesen. Daher seien die Prognosen aus damaliger Sicht sogar eher konservativ gewesen, sagte Florian Haffa. Auch Thomas Haffa verteidigte das lange Festhalten an den hohen Prognosen. Er sei noch Mitte November überzeugt gewesen, die angekündigten Zahlen erreichen zu können. „Es war niemals meine Absicht, Aktionäre oder Investoren zu täuschen“, sagte er der Vorsitzenden Richterin Huberta Knöringer, die vor zwei Wochen auch den Prozess gegen Boris Becker geleitet hatte. „Und bedenken Sie bitte immer, dass ich selbst Mehrheitsaktionär war“, fügte Thomas Haffa hinzu. Sein Verteidiger Rainer Hamm sagte, es gehe ihm darum, zu zeigen, „dass vor Ihnen, meine Damen und Herren Richter und Schöffen, keine Engel und keine Teufel stehen, sondern zeitweise erfolgreiche, zeitweise weniger erfolgreiche Unternehmerpersönlichkeiten, die nicht fehlerlos aber auch nicht kriminell sind“. Thomas Haffa räumte ein, dass einige Aktionäre sehr viel Geld verloren hätten. „Ich bedauere dies außerordentlich.“ Er selbst sei derzeit noch zweitgrößter EM.TV-Aktionär. Zu ihren Vermögensverhältnissen im Einzelnen wollen sich die Brüder noch äußern.
Erschwert wird das Verfahren durch die Tatsache, dass sich die Finanzmarkt-Gesetze im Juli geändert haben. Versuchter Kursbetrug ist jetzt nur noch eine Ordnungswidrigkeit. Zu Beginn des Prozesses erklärte die Vorsitzende Richterin deshalb: „Es könnte auch nur eine Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit in Betracht kommen“. Statt bis zu drei Jahren Gefängnis wegen Kursbetruges droht dann höchstens eine Geldbuße. Voraussetzung dafür wäre, dass der Staatsanwalt den Brüdern nicht nachweisen kann, den Aktienkurs mit den falschen Angaben auch tatsächlich beeinflusst zu haben. Der Prozess wird heute fortgesetzt.
Außerdem in dieser Ausgabe:
Hintergrund : Die Richterin und zwei Lenker
Bericht : „Das Ersparte aus 30 Jahren – alles weg“
Haffa-Brüder weisen Betrugsvorwurf zurück
Ex-Chef von EM.TV: Es war nie meine Absicht, Aktionäre zu täuschen / Neues Gesetz erschwert den Prozess
Von Daniela Kuhr
München – Im ersten Strafprozess gegen Manager eines Neuen-Markt-Unternehmens haben die beiden Angeklagten am Montag die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. „Ich habe stets und zu jeder Zeit die Lage des Unternehmens nach bestem Wissen und Gewissen dargestellt“, sagte Thomas Haffa, ehemaliger Vorstandschef des Medienkonzerns EM.TV, vor der vierten Strafkammer des Landgerichts München. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm und seinem Bruder Florian Haffa, Ex- Finanzvorstand von EM.TV, vor, im Herbst 2000 mehrmals wissentlich falsche Halbjahreszahlen präsentiert zu haben.
Gut zweieinhalb Jahre nach dem Höchststand der EM.TV-Aktie stehen der Gründer des Medienkonzerns, Thomas Haffa, und sein Bruder Florian Haffa vor Gericht. Unter großem Publikumsandrang begann damit der erste Strafprozess gegen Manager eines Neuen-Markt-Unternehmens. Zahlreiche Anleger haben mit der Aktie von EM.TV viel Geld verloren. Das Papier, das im Februar 2000 bei 115 Euro notierte, kostet derzeit nur noch etwa einen Euro. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden ehemaligen Börsenstars Kursbetrug und unrichtige Darstellung der Vermögensverhältnisse ihrer Firma vor. Mit falschen Zahlen und geschönten Prognosen sollen sie im Herbst 2000 versucht haben, den Kurs der EM.TV-Aktie hoch zu halten. Erst Anfang Dezember gab es eine Gewinnwarnung, der Aktienkurs brach daraufhin deutlich ein.
„Das Geschäft läuft super“
Bei der Verlesung der Klageschrift zitierte Staatsanwalt Peter Noll aus mehreren Interviews: „Wir stehen ganz, ganz fest zu unseren Prognosen“, soll der damalige Finanzvorstand Florian Haffa noch am 9. Oktober 2000 gesagt haben. Und: „Das Geschäft läuft sehr, sehr gut, super. Es gibt nichts Negatives zu berichten.“ Einen Tag später habe sein Bruder Thomas in einem anderen Interview bekräftigt: „Alle unsere Jahresprognosen werden erfüllt.“ Bis Mitte November hätten die beiden Angeklagten einen Jahresgewinn von 525 Millionen Mark angekündigt. Mit der Gewinnwarnung im Dezember reduzierten sie ihre Prognose auf 50 Millionen Mark. Letztlich ergab sich jedoch samt Abschreibungen ein Jahresverlust von etwa 2,7 Milliarden Mark.
Die beiden Angeklagten wiesen die Vorwürfe zurück. EM.TV sei in dem angegebenen Zeitraum in Verhandlungen mit mehreren Unternehmen gewesen. Daher seien die Prognosen aus damaliger Sicht sogar eher konservativ gewesen, sagte Florian Haffa. Auch Thomas Haffa verteidigte das lange Festhalten an den hohen Prognosen. Er sei noch Mitte November überzeugt gewesen, die angekündigten Zahlen erreichen zu können. „Es war niemals meine Absicht, Aktionäre oder Investoren zu täuschen“, sagte er der Vorsitzenden Richterin Huberta Knöringer, die vor zwei Wochen auch den Prozess gegen Boris Becker geleitet hatte. „Und bedenken Sie bitte immer, dass ich selbst Mehrheitsaktionär war“, fügte Thomas Haffa hinzu. Sein Verteidiger Rainer Hamm sagte, es gehe ihm darum, zu zeigen, „dass vor Ihnen, meine Damen und Herren Richter und Schöffen, keine Engel und keine Teufel stehen, sondern zeitweise erfolgreiche, zeitweise weniger erfolgreiche Unternehmerpersönlichkeiten, die nicht fehlerlos aber auch nicht kriminell sind“. Thomas Haffa räumte ein, dass einige Aktionäre sehr viel Geld verloren hätten. „Ich bedauere dies außerordentlich.“ Er selbst sei derzeit noch zweitgrößter EM.TV-Aktionär. Zu ihren Vermögensverhältnissen im Einzelnen wollen sich die Brüder noch äußern.
Erschwert wird das Verfahren durch die Tatsache, dass sich die Finanzmarkt-Gesetze im Juli geändert haben. Versuchter Kursbetrug ist jetzt nur noch eine Ordnungswidrigkeit. Zu Beginn des Prozesses erklärte die Vorsitzende Richterin deshalb: „Es könnte auch nur eine Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit in Betracht kommen“. Statt bis zu drei Jahren Gefängnis wegen Kursbetruges droht dann höchstens eine Geldbuße. Voraussetzung dafür wäre, dass der Staatsanwalt den Brüdern nicht nachweisen kann, den Aktienkurs mit den falschen Angaben auch tatsächlich beeinflusst zu haben. Der Prozess wird heute fortgesetzt.
Außerdem in dieser Ausgabe:
Hintergrund : Die Richterin und zwei Lenker
Bericht : „Das Ersparte aus 30 Jahren – alles weg“