Es sickert so langsam durch!
von Jochen Steffens
Holla, heute Morgen kam der erste Kommentar eines Analysten auf Bloomberg, der die gleiche Meinung vertreten hat, die ich hier seit geraumer Zeit rauf und runter bete.
Auch er war der Ansicht, dass die Inflationssorgen in den USA übertrieben sind, der fallende Ölpreis werde den Inflationsdruck in den USA sinken lassen. Er ging davon aus, dass eventuell schlechtere Wirtschaftsdaten in den USA die Fed schneller als erwartet dazu bringen könnte, den aktuellen Zinserhöhungsdruck durch moderatere Äußerungen aus dem Markt zu nehmen.
Er verwies zur Begründung ebenfalls auf die vergleichsweise moderate Kerninflation hin. Kurz, er erwartet eine gewisse Entspannung, was die zukünftigen US-Inflationsdaten anbetrifft.
Immer hübsch abseits des Konsens
Der Kommentar der Bloomberg-Moderatorin: Er falle mit seiner Meinung doch sehr aus dem Rahmen. Die Antwort des Analysten: Es sei schließlich nicht Aufgabe eines Analysten, sich nur im Marktkonsensus aufzuhalten (Aus der Erinnerung zitiert).
Dem stimme ich natürlich zu. Sie wissen, dass ich darauf gewartet habe, dass diese Auffassung so langsam auch von anderen Analysten vertreten wird und damit auch den institutionellen Adressen bewusst wird (dort sind schließlich ein Großteil der Analysten beschäftigt). Das scheint nun so langsam der Fall zu sein. Es sickert (zumindest hier in Deutschland) so langsam durch, dass ein sinkender Ölpreis kontraproduktiv zu steigenden Inflationssorgen ist.
Im Moment muss man kurzfristig noch abwarten, ob und wieweit sich Hurrikan Wilma auswirkt und ob der Dow doch noch einmal unter die 10.000 Punkte kurz gedrückt wird. Das ist, wie gesagt, sehr schwierig abzuschätzen.
Der idealtypische Verlauf bei schlechten Nachrichten
Zudem bleibt abzuwarten, wann diese Erkenntnis bei der breiten Massen ankommt und damit den Markt bewegen wird. Wichtig ist, dass sich ein großes Potential aufbaut.
Märkte fallen, wenn sich erste Sorgen (Inflation) bei ersten informierten Adressen breit machen, fallen weiter, wenn diese Sorgen bei der Masse ankommen, fangen langsam an zu steigen, wenn diese Sorgen endlich eingepreist ist und explodieren, wenn die Sorge aus dem Markt genommen wird.
Wir sind so am Anfang der Phase "eingepreist", würde ich sagen. Es sei denn, wie gesagt, etwas anderes belastet den Markt, was noch nicht bekannt ist.
Philly Fed positiv, Inflation negativ
Der Grund für den gestrigen Einbruch der amerikanischen Indizes war der Philly Fed Index. Der ist zwar insgesamt besser als erwartet ausgefallen, aber zwei Teilindizes ließen die gerade durch das Beige Book etwas beruhigten Inflationssorgen wieder neu aufflammen.
So berichteten die Unternehmen im Bezirk Philadelphia von einem wachsenden Inflationsdruck im Oktober, teilte die Philadelphia Fed mit. Der Index für die bezahlten Preise sei dramatisch auf plus 67,6 Punkte gestiegen, was den höchsten Wert seit November 1980 darstellt. Der Index für die erzielten Preise kletterte mit plus 32,6 auf den höchsten Stand der letzten zwei Jahre.
Zu einem anderen Thema, das so auch noch keiner sieht:
Volatilität wird vielleicht sogar dramatisch zunehmen
Einen Umstand, den die Marktteilnehmer zurzeit völlig aus den Augen verloren zu haben scheinen: Die Volatilität ist immer noch auf niedrigstem Niveau. Wir sind alle an diese quälend langsame Bewegung des Dax, mit denen er sich seit vielen Monaten aufwärts bewegt, gewohnt. Alles ist zäh, wenige Ausschläge nach oben und nach unten. Die Trader haben sich darauf eingestellt und halten ihre Positionen länger, weil im kurzfristigen (auf mehrer Tage) Handeln kaum noch ein Blumentopf zu gewinnen ist (oder sie flüchten in den Intradaybereich).
Es war 2001 bis Anfang 2004 eine gute Zeit für Trader. Das führte dazu, dass auch die Masse zu Traden anfing. Zudem wurden viele Hedgfonds etc neu aufgelegt. "Traden" war das neue Zauberwort für unbegrenzten Reichtum.
Wenn die Masse sich angepasst hat, ist der Markt schon weiter
Wie immer an den Börsen, wenn die Masse endlich was entdeckt hat, ist der Traum ausgeträumt. Tatsächlich ist im Nachhinein noch selten in den letzten 8 Jahren ein Zeitraum so wenig fürs kurzfristige Traden geeignet gewesen, wie 2004 und 2005. Die Volatilität blieb zu niedrig.
Die Folge: Seit Anfang des Jahres gehen immer mehr Menschen wieder dazu über, Positionen zu halten, statt zu traden. Einfach irgendetwas kaufen und halten.
Man kann sich ausmalen, wozu das wahrscheinlich führen wird: Bald wird dieses "Positionen halten" keine wirklich gute Sache mehr sein. Der Markt wird in zwei Phasen (wenn es idealtypisch verläuft!) wieder ins Traden gezwungen werden.
1. Phase: Die Volatilität nimmt stark zu, es werden wieder starke Abwärtsbewegungen auf starke Aufwärtsbewegungen folgen. Eigentlich wird sich damit die Börsenwelt nur wieder normalisieren! Das was wir gerade erleben ist das Unnormale. Die Investoren, die halten wollen und geringe Ausschläge gewohnt sind, werden vom Markt über diese hohe Volatilität weichgekocht, zum Teil durch Stoppkurse oder einfach durch Panik aus dem Markt getrieben.
2. Phase: Es wird dann, irgendwann viele Monate oder Jahre später, wenn die Masse gelernt hat, sich auch an diese Volatilität zu gewöhnen, vielleicht sogar daran größere Bewegungen in beide Richtungen auszuhalten, auch wieder zu starken und nachhaltigen Abwärtsbewegungen kommen.
Volatile Tradingmärkte voraus
Wie gesagt, das ist das idealtypische Szenario, das so nur ohne äußere Einflüsse funktionieren würde.
Ich denke trotzdem, es stehen uns wieder interessante Tradingmärkte bevor. Mich wird es freuen, denn dieses niedrige Volatilität ist mir nicht wirklich angenehm. Schöne große Moves in beide Richtungen ... das wärs ...
Hm, nun komme ich schon wieder nicht dazu, zu berichten, worin der entscheidende Unterschied zwischen einer Nachfrageinflation und einer energiepreisgetriebenen Inflation besteht und warum diese beiden Inflationsarten nur auf verschiedene Art und Weise bekämpft werden können. Vielleicht Montag ...
von Jochen Steffens
Holla, heute Morgen kam der erste Kommentar eines Analysten auf Bloomberg, der die gleiche Meinung vertreten hat, die ich hier seit geraumer Zeit rauf und runter bete.
Auch er war der Ansicht, dass die Inflationssorgen in den USA übertrieben sind, der fallende Ölpreis werde den Inflationsdruck in den USA sinken lassen. Er ging davon aus, dass eventuell schlechtere Wirtschaftsdaten in den USA die Fed schneller als erwartet dazu bringen könnte, den aktuellen Zinserhöhungsdruck durch moderatere Äußerungen aus dem Markt zu nehmen.
Er verwies zur Begründung ebenfalls auf die vergleichsweise moderate Kerninflation hin. Kurz, er erwartet eine gewisse Entspannung, was die zukünftigen US-Inflationsdaten anbetrifft.
Immer hübsch abseits des Konsens
Der Kommentar der Bloomberg-Moderatorin: Er falle mit seiner Meinung doch sehr aus dem Rahmen. Die Antwort des Analysten: Es sei schließlich nicht Aufgabe eines Analysten, sich nur im Marktkonsensus aufzuhalten (Aus der Erinnerung zitiert).
Dem stimme ich natürlich zu. Sie wissen, dass ich darauf gewartet habe, dass diese Auffassung so langsam auch von anderen Analysten vertreten wird und damit auch den institutionellen Adressen bewusst wird (dort sind schließlich ein Großteil der Analysten beschäftigt). Das scheint nun so langsam der Fall zu sein. Es sickert (zumindest hier in Deutschland) so langsam durch, dass ein sinkender Ölpreis kontraproduktiv zu steigenden Inflationssorgen ist.
Im Moment muss man kurzfristig noch abwarten, ob und wieweit sich Hurrikan Wilma auswirkt und ob der Dow doch noch einmal unter die 10.000 Punkte kurz gedrückt wird. Das ist, wie gesagt, sehr schwierig abzuschätzen.
Der idealtypische Verlauf bei schlechten Nachrichten
Zudem bleibt abzuwarten, wann diese Erkenntnis bei der breiten Massen ankommt und damit den Markt bewegen wird. Wichtig ist, dass sich ein großes Potential aufbaut.
Märkte fallen, wenn sich erste Sorgen (Inflation) bei ersten informierten Adressen breit machen, fallen weiter, wenn diese Sorgen bei der Masse ankommen, fangen langsam an zu steigen, wenn diese Sorgen endlich eingepreist ist und explodieren, wenn die Sorge aus dem Markt genommen wird.
Wir sind so am Anfang der Phase "eingepreist", würde ich sagen. Es sei denn, wie gesagt, etwas anderes belastet den Markt, was noch nicht bekannt ist.
Philly Fed positiv, Inflation negativ
Der Grund für den gestrigen Einbruch der amerikanischen Indizes war der Philly Fed Index. Der ist zwar insgesamt besser als erwartet ausgefallen, aber zwei Teilindizes ließen die gerade durch das Beige Book etwas beruhigten Inflationssorgen wieder neu aufflammen.
So berichteten die Unternehmen im Bezirk Philadelphia von einem wachsenden Inflationsdruck im Oktober, teilte die Philadelphia Fed mit. Der Index für die bezahlten Preise sei dramatisch auf plus 67,6 Punkte gestiegen, was den höchsten Wert seit November 1980 darstellt. Der Index für die erzielten Preise kletterte mit plus 32,6 auf den höchsten Stand der letzten zwei Jahre.
Zu einem anderen Thema, das so auch noch keiner sieht:
Volatilität wird vielleicht sogar dramatisch zunehmen
Einen Umstand, den die Marktteilnehmer zurzeit völlig aus den Augen verloren zu haben scheinen: Die Volatilität ist immer noch auf niedrigstem Niveau. Wir sind alle an diese quälend langsame Bewegung des Dax, mit denen er sich seit vielen Monaten aufwärts bewegt, gewohnt. Alles ist zäh, wenige Ausschläge nach oben und nach unten. Die Trader haben sich darauf eingestellt und halten ihre Positionen länger, weil im kurzfristigen (auf mehrer Tage) Handeln kaum noch ein Blumentopf zu gewinnen ist (oder sie flüchten in den Intradaybereich).
Es war 2001 bis Anfang 2004 eine gute Zeit für Trader. Das führte dazu, dass auch die Masse zu Traden anfing. Zudem wurden viele Hedgfonds etc neu aufgelegt. "Traden" war das neue Zauberwort für unbegrenzten Reichtum.
Wenn die Masse sich angepasst hat, ist der Markt schon weiter
Wie immer an den Börsen, wenn die Masse endlich was entdeckt hat, ist der Traum ausgeträumt. Tatsächlich ist im Nachhinein noch selten in den letzten 8 Jahren ein Zeitraum so wenig fürs kurzfristige Traden geeignet gewesen, wie 2004 und 2005. Die Volatilität blieb zu niedrig.
Die Folge: Seit Anfang des Jahres gehen immer mehr Menschen wieder dazu über, Positionen zu halten, statt zu traden. Einfach irgendetwas kaufen und halten.
Man kann sich ausmalen, wozu das wahrscheinlich führen wird: Bald wird dieses "Positionen halten" keine wirklich gute Sache mehr sein. Der Markt wird in zwei Phasen (wenn es idealtypisch verläuft!) wieder ins Traden gezwungen werden.
1. Phase: Die Volatilität nimmt stark zu, es werden wieder starke Abwärtsbewegungen auf starke Aufwärtsbewegungen folgen. Eigentlich wird sich damit die Börsenwelt nur wieder normalisieren! Das was wir gerade erleben ist das Unnormale. Die Investoren, die halten wollen und geringe Ausschläge gewohnt sind, werden vom Markt über diese hohe Volatilität weichgekocht, zum Teil durch Stoppkurse oder einfach durch Panik aus dem Markt getrieben.
2. Phase: Es wird dann, irgendwann viele Monate oder Jahre später, wenn die Masse gelernt hat, sich auch an diese Volatilität zu gewöhnen, vielleicht sogar daran größere Bewegungen in beide Richtungen auszuhalten, auch wieder zu starken und nachhaltigen Abwärtsbewegungen kommen.
Volatile Tradingmärkte voraus
Wie gesagt, das ist das idealtypische Szenario, das so nur ohne äußere Einflüsse funktionieren würde.
Ich denke trotzdem, es stehen uns wieder interessante Tradingmärkte bevor. Mich wird es freuen, denn dieses niedrige Volatilität ist mir nicht wirklich angenehm. Schöne große Moves in beide Richtungen ... das wärs ...
Hm, nun komme ich schon wieder nicht dazu, zu berichten, worin der entscheidende Unterschied zwischen einer Nachfrageinflation und einer energiepreisgetriebenen Inflation besteht und warum diese beiden Inflationsarten nur auf verschiedene Art und Weise bekämpft werden können. Vielleicht Montag ...