Viele Dax-Konzerne enttäuschen - Großer Korrekturbedarf bei Gewinnprognosen
von Beatrix Wirth
Berlin - Eine Kraft zehrende Zeit nähert sich dem Ende: die Bilanzsaison 2002. Mit Hypo-Vereinsbank, Münchener Rück und Linde präsentierten am Donnerstag einige der letzten Dax-Konzerne ihre ausstehenden Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr. Der gestrige Tag war dabei symptomatisch für die vorherrschende Tendenz: Bei den meisten Unternehmen fielen die Zahlen für 2002 schlechter aus als im Vorjahr. Die positiven Überraschungen, zu denen etwa die Daten des Softwarekonzerns SAP zählten, hielten sich in dieser Saison Grenzen. Vielmehr lehrten zahlreiche Jahresabschlüsse die Aktionäre das Gruseln. So summierte sich der Verlust bei der Deutschen Telekom 2002 auf sage und schreibe 25 Mrd. Euro.
Doch auch ohne die hohen Abschreibungen, die viele Konzerne tätigen mussten, ist der Rückblick ernüchternd und zeigt, welch tiefe Furchen die konjunkturelle Flaute in den Bilanzen hinterlassen hat. "Die Ergebnisse vor Goodwill-Abschreibungen, die den operativen Gewinntrend der Dax-Konzerne gut darstellen, sind im Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozent geschrumpft", stellt Bernd Meyer von der Deutschen Bank fest. Noch schlechter sehe die Bilanz bei den europäischen Unternehmen insgesamt aus: Im Stoxx-600 sei ein Minus von 17 Prozent aufgelaufen. Das Gegensteuern sei oftmals zu spät gekommen, begründet der Stratege die Schlappe: "Viele Kostensenkungs-Maßnahmen wurden erst im Jahresverlauf angestoßen und kamen daher 2002 noch nicht voll zum Tragen."
Dieses Argument birgt einen Hoffnungsschimmer für die Zukunft. Denn es legt nahe, dass die Kostenbasis der Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr noch einmal deutlich sinken wird. Und je geringer die Aufwendungen sind, desto leichter können die Konzerne bei den Gewinnen wieder auf den Wachstumspfad einschwenken. Stimmen, die dieses Szenario untermauern, gibt es reichlich. So gehen die Analysten im Schnitt davon aus, dass sich die Ergebnisse der Dax-Konzerne vor Goodwill-Abschreibungen 2003 um mehr als 20 Prozent verbessern und die der Stoxx-Unternehmen sogar um knapp 34 Prozent.
Gerade dieser Optimismus stimmt jedoch viele Strategen skeptisch. Ihrer Ansicht birgt er reichlich Enttäuschungspotenzial und bildet damit einen konstanten Belastungsfaktor für den Aktienmarkt. "Zwar wissen die institutionellen Investoren, dass die Schätzungen insbesondere bei den Gewinnen noch zu hoch sind", sagt Deutsche-Bank-Experte Meyer, der bei den Stoxx-Unternehmen nur von einer Gewinnwachstumsrate von bis zu zehn Prozent ausgeht. "Dennoch dürften die Revisionen der Analysten nach unten, die wir weiter sehen werden, noch nicht vollständig eingepreist sein." Nach Ansicht von Volker Borghoff, Stratege bei HSBC Trinkaus & Burkhardt, schätzt die Analystenzunft vor allem die Margenentwicklung zu positiv ein: "Das Kostensenkungspotenzial und der Preissetzungsspielraum wird zu optimistisch gesehen."
Darüber hinaus macht beiden Strategen die anhaltende Dollar-Schwäche Sorgen. "Die Euro-Stärke hat bereits im letzten Jahr die negative Gewinnentwicklung bei den Dax-Unternehmen verstärkt", betont Meyer. Borghoff prognostiziert vor diesem Hintergrund bereits bei den Zahlen zum ersten Quartal 2003 eine "böse Überraschung". Denn er geht davon aus, dass die Währungsentwicklung in den Schätzungen vernachlässigt wurde.
Die derzeitige Haltung der meisten Unternehmen, nur vorsichtige oder gar keine Prognosen herauszugeben, um das Enttäuschungspotenzial gering zu halten, dürfte kaum vor Kursturbulenzen schützen. Welch hohen Einfluss jedwede Schätzung hat, zeigte die Bilanzsaison deutlich. Nicht nur Konzerne wie Metro, die die selbst gesteckten Ziele nicht erreichen konnten, wurden abgestraft. Krumm nahm der Markt auch, wenn die Analystenprognosen nicht erreicht wurden - egal ob ein Gewinnanstieg ausgewiesen wurde wie bei Lufthansa oder ein dickes Minus wie bei Münchener Rück.
Stefan Mitropoulos, Stratege bei der Bankgesellschaft Berlin, will sich seinen positiven Blick in die Zukunft dennoch nicht nehmen lassen. "Die Unsicherheit wegen des Irak-Kriegs bremst derzeit zwar noch die Geschäftsentwicklung", räumt er ein. "Doch ist das Jahr jung genug, um noch viel Gutes bieten zu können."
von Beatrix Wirth
Berlin - Eine Kraft zehrende Zeit nähert sich dem Ende: die Bilanzsaison 2002. Mit Hypo-Vereinsbank, Münchener Rück und Linde präsentierten am Donnerstag einige der letzten Dax-Konzerne ihre ausstehenden Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr. Der gestrige Tag war dabei symptomatisch für die vorherrschende Tendenz: Bei den meisten Unternehmen fielen die Zahlen für 2002 schlechter aus als im Vorjahr. Die positiven Überraschungen, zu denen etwa die Daten des Softwarekonzerns SAP zählten, hielten sich in dieser Saison Grenzen. Vielmehr lehrten zahlreiche Jahresabschlüsse die Aktionäre das Gruseln. So summierte sich der Verlust bei der Deutschen Telekom 2002 auf sage und schreibe 25 Mrd. Euro.
Doch auch ohne die hohen Abschreibungen, die viele Konzerne tätigen mussten, ist der Rückblick ernüchternd und zeigt, welch tiefe Furchen die konjunkturelle Flaute in den Bilanzen hinterlassen hat. "Die Ergebnisse vor Goodwill-Abschreibungen, die den operativen Gewinntrend der Dax-Konzerne gut darstellen, sind im Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozent geschrumpft", stellt Bernd Meyer von der Deutschen Bank fest. Noch schlechter sehe die Bilanz bei den europäischen Unternehmen insgesamt aus: Im Stoxx-600 sei ein Minus von 17 Prozent aufgelaufen. Das Gegensteuern sei oftmals zu spät gekommen, begründet der Stratege die Schlappe: "Viele Kostensenkungs-Maßnahmen wurden erst im Jahresverlauf angestoßen und kamen daher 2002 noch nicht voll zum Tragen."
Dieses Argument birgt einen Hoffnungsschimmer für die Zukunft. Denn es legt nahe, dass die Kostenbasis der Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr noch einmal deutlich sinken wird. Und je geringer die Aufwendungen sind, desto leichter können die Konzerne bei den Gewinnen wieder auf den Wachstumspfad einschwenken. Stimmen, die dieses Szenario untermauern, gibt es reichlich. So gehen die Analysten im Schnitt davon aus, dass sich die Ergebnisse der Dax-Konzerne vor Goodwill-Abschreibungen 2003 um mehr als 20 Prozent verbessern und die der Stoxx-Unternehmen sogar um knapp 34 Prozent.
Gerade dieser Optimismus stimmt jedoch viele Strategen skeptisch. Ihrer Ansicht birgt er reichlich Enttäuschungspotenzial und bildet damit einen konstanten Belastungsfaktor für den Aktienmarkt. "Zwar wissen die institutionellen Investoren, dass die Schätzungen insbesondere bei den Gewinnen noch zu hoch sind", sagt Deutsche-Bank-Experte Meyer, der bei den Stoxx-Unternehmen nur von einer Gewinnwachstumsrate von bis zu zehn Prozent ausgeht. "Dennoch dürften die Revisionen der Analysten nach unten, die wir weiter sehen werden, noch nicht vollständig eingepreist sein." Nach Ansicht von Volker Borghoff, Stratege bei HSBC Trinkaus & Burkhardt, schätzt die Analystenzunft vor allem die Margenentwicklung zu positiv ein: "Das Kostensenkungspotenzial und der Preissetzungsspielraum wird zu optimistisch gesehen."
Darüber hinaus macht beiden Strategen die anhaltende Dollar-Schwäche Sorgen. "Die Euro-Stärke hat bereits im letzten Jahr die negative Gewinnentwicklung bei den Dax-Unternehmen verstärkt", betont Meyer. Borghoff prognostiziert vor diesem Hintergrund bereits bei den Zahlen zum ersten Quartal 2003 eine "böse Überraschung". Denn er geht davon aus, dass die Währungsentwicklung in den Schätzungen vernachlässigt wurde.
Die derzeitige Haltung der meisten Unternehmen, nur vorsichtige oder gar keine Prognosen herauszugeben, um das Enttäuschungspotenzial gering zu halten, dürfte kaum vor Kursturbulenzen schützen. Welch hohen Einfluss jedwede Schätzung hat, zeigte die Bilanzsaison deutlich. Nicht nur Konzerne wie Metro, die die selbst gesteckten Ziele nicht erreichen konnten, wurden abgestraft. Krumm nahm der Markt auch, wenn die Analystenprognosen nicht erreicht wurden - egal ob ein Gewinnanstieg ausgewiesen wurde wie bei Lufthansa oder ein dickes Minus wie bei Münchener Rück.
Stefan Mitropoulos, Stratege bei der Bankgesellschaft Berlin, will sich seinen positiven Blick in die Zukunft dennoch nicht nehmen lassen. "Die Unsicherheit wegen des Irak-Kriegs bremst derzeit zwar noch die Geschäftsentwicklung", räumt er ein. "Doch ist das Jahr jung genug, um noch viel Gutes bieten zu können."