Erinnern Sie sich noch an die Kapitalerhöhung bei Ericsson [1] im Spätsommer 2002? Wegen der desaströsen Geschäftsentwicklung zapften die Schweden damals in großem Stil den Kapitalmarkt an. Eine Kapitalerhöhung im Volumen von gut drei Milliarden Euro wurde über die Bühne gebracht. Die Papiere wurden Investoren mit einem Schleuderpreis schmackhaft gemacht. Ein wenig erinnert die gestern angekündigte Kapitalerhöhung der Allianz [ WKN: 840400 ] an Ericsson und deshalb könnte es auch zu Parallelen im Kursverlauf kommen.
Beim Telekomausrüster wurden damals die neuen Aktien zu einem Preis von 0,41 Euro angeboten, obwohl die alten Anteilsscheine bei 1,30 Euro notierten. Großinvestoren und Banken hatten für die Kapitalerhöhung garantiert und wollten offenbar keinen höheren Preis zulassen, um das Risiko zu begrenzen.
Am Markt sorgten die Modalitäten der Kapitalerhöhung zu strategischen und zu Panikverkäufen. Der Preis der alten Aktien näherte sich dem Bezugspreis der jungen Papiere rasend schnell an, da es keinen Sinn machte, das gleiche Papier zum dreifachen Preis zu halten. Zudem war leicht auszurechnen, dass eine riesige Menge neuer Aktien zukünftige Erträge verwässern würde. Schließlich hatte die gigantische Kapitalmaßnahme zur Folge, dass die Börsenbewertung des Unternehmens nach Ausgabe der neuen Anteile analytisch hoch war, trotz des Kursverfalls.
Allianz zu 30 Euro
Bei der Allianz ist der Bezugspreis der neuen Aktien mit circa 30 Euro gleichfalls sehr niedrig angesetzt. Das sind mehr als 50 Prozent Rabatt im Vergleich zum Preis der alten Anteile und ein klares Anzeichen von Schwäche. Einen höheren Preis will die Konzernführung wohl nicht riskieren. Das Volumen ist mit gut 100 Millionen Aktien zwar ungleich erträglicher als die Aktienflut bei Ericsson. Dennoch nimmt die Verwässerung unangenehme Ausmaße an. Bisher gibt es etwa 270 Millionen Allianz-Aktien.
Der Kurs bei Bekanntgabe der Kapitalmaßnahme lag bei etwa 64 Euro, die Marktkapitalisierung betrug somit um die 17 Milliarden Euro. Sollte sich jetzt der Kurs dem Bezugspreis beispielsweise auf 50 Euro annähern, wäre die Börsenbewertung nach der Kapitalerhöhung mit 18,5 Milliarden Euro (370 Millionen Aktien mal 50 Euro) höher als zuvor. Dafür hat die Versicherung dann natürlich auch drei Milliarden Euro frisches Kapital in der Kasse. Die Gewinnverwässerung für die Zukunft - gegenwärtig schreibt der Konzern bekanntlich Verluste - ist wegen der hohen Zahl neuer Aktien ebenfalls beträchtlich.
Private und institutionelle Anleger werden wahrscheinlich in den kommenden Tagen und Wochen ihre alten Bestände in Erwartung einer Kursabschwächung in Richtung Bezugspreis wieder abbauen, um später günstiger zurückzukaufen. Es ist gut möglich, dass Hedgefonds versuchen werden, diese Tendenz durch gezielte Verkäufe zu forcieren. Die Fondsmanager haben ein vergleichsweise leichtes Spiel, weil das Sentiment für den Titel sehr negativ ist und die Allianz zudem noch angekündigt hat, ihre Überkreuzbeteiligung mit der Münchener Rück abzubauen. Das erhöht das Angebot an dem Titel zusätzlich.
Interessante Trading-Möglichkeit
Gegen Ende der Kapitalerhöhung könnte sich ein Trading-Engagement lohnen, wenn der befürchtete Kurseffekt eingetreten ist. Bei Ericsson ging die Rechnung im Herbst auf. Kurze Zeit nach der Kapitalerhöhung verdoppelte sich die Aktie.
Langfristig ist natürlich die Entwicklung des operativen Geschäfts ausschlaggebend. Ericsson hat mittlerweile einen guten Teil der Gewinne wieder abgegeben, weil die Aussichten des Unternehmens nach wie vor mit Fragezeichen versehen sind. Die Perspektiven für die Allianz hält Stock-World für günstiger, so lange die Märkte keine neuen Tiefkurse markieren.