von F. William Engdahl, Deutschland/USA*
Der grösste Teil der Welt ist heute davon überzeugt, dass George W. Bush den Krieg gegen den Irak und Saddam Hussein weder wegen der Massenvernichtungswaffen noch wegen der Terrorismusgefahr geführt hat. Es ist jedoch immer noch ein Rätsel, warum Washington die Beziehungen zu seinen Verbündeten und der ganzen Welt aufs Spiel gesetzt hat, um den Irak zu besetzen. Es gibt überzeugende Indizien dafür, dass das Öl und die Geopolitik der Kern der immer noch kaschierten Gründe für den Krieg im Zweistromland sind.
Es wird zunehmend klarer, dass es bei der US-Besetzung des Irak um die weltweite Kontrolle der Ölreserven geht. Kontrolle in einer Situation - und dies gilt es ins Auge zu fassen -, in der die Weltölreserven sehr viel geringer sind, als die Welt annimmt. Wenn das Folgende wahr ist, ist der Irak-Krieg nur die erste Schlacht in einem grossen Krieg um die weltweiten Energiereserven. Dieser Kampf wird schlimmer sein als alle bisherigen Kriege ums Öl. Es steht alles auf dem Spiel. Im Irak-Krieg geht es um die Entscheidung, wer wieviel Öl zu welchem Preis bekommt und wer leer ausgeht. Nie in der Geschichte war die Weltwirtschaft im Würgegriff einer einzigen Macht. Nach der Besetzung des Irak scheint es so zu sein.
Führenden unabhängigen Geologen zufolge ist das Zeitalter von billigem, reichlich zur Verfügung stehendem Öl, welches das Weltwirtschaftswachstum für mehr als drei Jahrzehnte ermöglicht hat, wahrscheinlich vorbei. Zumindest haben die bekannten grossen Ölfördergebiete ihre Spitzenkapazität überschritten. Trotz teurer technischer Massnahmen wird die Förderleistung rapide sinken. Wenn diese Einschätzung richtig ist, werden die wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen drastisch sein. Diese Realität wird in der allgemeinen Diskussion von den Ölmultis und wichtigen Regierungsstellen verschwiegen, vor allem die US-Regierung versucht dies zu verbergen. Die Ölfirmen verschweigen die Wahrheit über die abnehmenden Ölreserven, um die neuen Ölfelder so billig wie möglich kaufen zu können. Die US-Regierung dagegen hat ein strategisches Interesse daran, der Weltöffentlichkeit zu verschweigen, wie kritisch es um die Ölreserven steht.
Auf Grund kompetenter Schätzungen international angesehener Geologen, beispielsweise des French Petroleum Institute, der Colorado School of Mines, der Uppsala University und von Petroconsultants in Genf, werden wir die Auswirkungen der rückläufigen Ölreserven bis zum Ende dieses Jahrzehnts oder sogar früher drastisch zu spüren bekommen. Dann wird die Weltwirtschaft am Abgrund stehen, und der Anstieg des Ölpreises in den 70er Jahren wird im Vergleich dazu lächerlich erscheinen. Mit anderen Worten, innerhalb der nächsten sieben bis zehn Jahre wird der wichtigste Brennstoff der Weltwirtschaft knapp.
Die schrumpfende Höchstfördermenge (Peak Oil)
Entscheidend für die Ölproduktion ist nicht, wieviel unter der Erde liegt. Diese Zahlen sehen gar nicht so schlecht aus. Das Problem entsteht, wenn grosse Ölfelder, beispielsweise Prudhoe Bay in Alaska oder Felder in der Nordsee, den Höhepunkt ihrer förderbaren Kapazität überschreiten. Der Produktionsverlauf eines Ölfeldes gleicht der Form einer Glocke. Der Höhepunkt ist erreicht, wenn 50% der Ölreserven gefördert wurden. Zu diesem Zeitpunkt scheinen die Reserven noch üppig zu sein. Aber es ist nicht so rosig, wie es scheint. Die Fördermenge kann auf diesem Niveau wohl einige Zeit gehalten werden, bevor sie abnimmt. Ist der Höhepunkt überschritten, verläuft der Rückgang rapide: Es gibt immer noch genug Öl, aber es wird immer schwieriger, es zu fördern. Je aufwendiger es wird, den Förderdruck aufrechtzuerhalten, um so teurer wird das Öl, bis es ab einem gewissen Punkt unwirtschaftlich wird, das Öl zu fördern.
Da die meisten Ölgesellschaften und Behörden, wie das US-Energieministerium, nicht von der wichtigen Variablen Höchstfördermenge sprechen, sondern irreführend nur von den Gesamtreserven, wiegt sich die Welt in einem falschen Gefühl von Sicherheit bezüglich der Energieversorgung. Die Wahrheit ist, dass sie alles andere als sicher ist.
Fallbeispiele
Einige Beispiele sollen dies belegen: 1991 fand man in Cruz Beana in Kolumbien das grösste Vorkommen in der westlichen Hemisphäre seit 1970. Aber die Fördermenge fiel von 500 000 Barrel pro Tag auf 200 000 Barrel pro Tag im Jahr 2002. Mitte der 80er Jahre wurden im Forty Field in der Nordsee 500 000 Barrel pro Tag gefördert - heute sind es nur noch 50 000. Eines der grössten Ölvorkommen der letzten 40 Jahre, Prudhoe Bay, brachte fast 12 Jahre lang 1,5 Millionen Barrel pro Tag. Die Höchstfördermenge wurde 1989 erreicht, heute sind es nur noch 350 000 Barrel täglich. Das riesige russische Samotlor-Feld brachte eine Höchstfördermenge von 3,5 Millionen Barrel pro Tag. Heute liegt sie bei 350 000. In jedem dieser Ölfelder wurde die Förderung dadurch aufrechterhalten, dass man Gas oder Wasser von oben in die ölhaltige Schicht pumpte, damit der Förderdruck im Ölfeld aufrechterhalten werden kann. Das grösste Ölfeld der Welt, Ghawar in Saudi-Arabien, liefert fast 60% des saudiarabischen Öls, ungefähr 4,5 Millionen Barrel täglich. Vor Jahren sprudelte das Öl von allein aus dem Boden. Um diese Menge heute zu erzielen, müssen die Saudis nach Angaben von Geologen 7 Millionen Barrel Salzwasser pro Tag hineinpumpen, ein alarmierendes Signal für den bevorstehenden Zusammenbruch der Förderung des grössten Ölreiches der Welt.
Die wachsende Problematik der Höchstfördermenge ist unter den Ölexperten seit etwa acht Jahren bekannt. Das führende Ölberatungsunternehmen, Petroconsultants in Genf, veröffentlichte 1995 eine Untersuchung mit dem Titel «Weltweite Ölversorgung» (The World Oil Supply). Der für die Ölindustrie geschriebene Bericht kostete 35 000 Dollar. Sein Autor ist der Ölgeologe Dr. Colin Campbell. Dieser sagte 1999 vor dem britischen Unterhaus: «Die Entdeckung von neuen Ölreserven erreichte in den 60er Jahren den Höhepunkt. Heute finden wir für vier verbrauchte Barrel ein neues ... »
Keine neuen Entdeckungenriesiger Ölfelder
Nachdem die Opec in den 70er Jahren die Ölpreise nach oben trieb, wurden Nicht-Opec-Ölfelder, zum Beispiel in der Nordsee, in Alaska, in Venezuela und anderen Orten, profitabel. Die Ölförderung stieg markant an. Als Folge des höheren Ölpreises steigerten viele Industrienationen wie Frankreich, Deutschland, die USA und Japan drastisch die Energiegewinnung aus Atomkraftwerken. Dies schuf den Eindruck, das Ölproblem sei beseitigt. Das ist es aber bei weitem nicht.
Wenn tatsächlich viele der heutigen grossen Ölfelder den Höhepunkt der Fördermenge überschritten haben und diese daher drastisch fällt, wenn gleichzeitig aber der weltweite Energiebedarf durch die sich entwickelnden Länder wie China, Indien, Afrika weiterhin wächst und wenn nicht genug Öl gefunden wird, um den Bedarf zu decken, dann ist für die Weltwirtschaft eine Krise grossen, sehr grossen Ausmasses absehbar. Dies würde auch den Wechsel der amerikanischen Aussenpolitik in Richtung einer weltweiten harschen neoimperialistischen Militärpräsenz erklären, vom Kosovo nach Afghanistan, von Westafrika nach Bagdad und darüber hinaus. Zu ergänzen ist, dass verschiedene Personen der jetzigen und der letzten US-Regierung mit der Ölfrage sehr vertraut sind und die Energie ein «Nationales Interesse der USA» darstellt.
Es ist offensichtlich, dass die einfachste und ökonomischste Lösung darin besteht, ein neues, extrem grosses Ölfeld zu entdecken, dessen enormes Ölvolumen gefördert und zu geringen Kosten auf den Weltmarkt gebracht werden kann. Dies aber ist nicht der Fall. Dem kürzlich veröffentlichten Bericht über «Die weltgrössten Ölfelder» zufolge, erstellt von der Colorado School of Mines, «liefern die 120 grössten Ölfelder der Welt an die 33 Millionen Barrel täglich, dies sind fast 50% des weltweiten enormen Ölbedarfs. Die 14 grössten liefern über 20%, ihr Durchschnittsalter liegt bei 43,5 Jahren».1
Diese Studie folgert, dass «die meisten der riesigen Ölfelder bereits vor Jahrzehnten entdeckt wurden». Obwohl in den letzten 20 Jahren Hunderte von Milliarden Dollar von den grossen Ölkonzernen ausgegeben wurden, sind die Ergebnisse erschreckend enttäuschend.
Die grössten Ölkonzerne der Welt - ExxonMobil, Shell, ChevronTexaco, BP, ElfTotal und andere - haben Hunderte von Milliarden Dollar dafür investiert, genug Öl zu finden, um den bestehenden Ölbedarf zu decken. Zwischen 1996 und 1999 gaben 145 Gesellschaften 410 Milliarden Dollar nur dafür aus, genug Öl zu finden, damit die tägliche Fördermenge bei 30 Millionen Barrel stabil gehalten werden konnte. Von 1999 bis 2002 gaben die fünf grössten Gesellschaften weitere 150 Milliarden Dollar aus, und ihre Produktion wuchs von 16 Millionen Barrel täglich nur auf 16,6 Millionen Barrel, eine geringe Steigerung. Als die Sowjetunion in den frühen 90er Jahren auseinanderbrach, setzten die westlichen Ölgesellschaften sehr grosse Hoffnungen in die Ölreserven im Kaspischen Meer in Zentralasien.
Enttäuschung im Kaspischen Meer
Im Dezember 2002, direkt nach der Einnahme von Afghanistan durch die amerikanischen Truppen, veröffentlichte BP enttäuschende Ergebnisse von Probebohrungen im Kaspischen Meer, die den Schluss nahelegen, dass der dortige «Ölfund des Jahrhunderts» nur wenig mehr als ein Tropfen im Meer ist. Anstatt der vorhergesagten Ölmenge von über 200 Milliarden Barrel - ein neues Saudi-Arabien ausserhalb des Nahen Ostens - verkündete das amerikanische Aussenministerium, dass «das kaspische Öl nur 4% der weltweiten Ölreserven darstellt. Es wird niemals den Weltmarkt dominieren». PetroStrategies veröffentlichte eine Studie mit der Einschätzung, dass das Kaspische Meer lediglich 39 Milliarden Barrel enthält und dazu noch von schlechter Qualität. Kurz nachdem dies bekannt wurde, haben BP und andere westliche Ölgesellschaften begonnen, ihre Investitionspläne für diese Region zu reduzieren.
Westafrika gerät ins Blickfeld
Die Region, in der am intensivsten nach neuen Ölvorkommen gesucht wird, liegt im offenen Meer vor Westafrika, in der Küstenregion von Nigeria bis Angola. Präsident Bush machte dieses Jahr einen strategisch wichtigen Besuch in dieser Region. Das amerikanische Verteidigungsministerium unterzeichnete mit zwei kleinen strategisch wichtigen Inseln, Principe und San Tome, Abkommen über Militärbasen, um militärisch präsent sein zu können, falls irgendetwas den Ölfluss über den Atlantik gefährden sollte. Obwohl die vorhandene Ölmenge gross ist, ist das westafrikanische Öl kein neues Saudi-Arabien. Der Geologe Campbell schätzt, dass von den Tiefsee-Ölfeldern vor Angola, Nigeria und Brasilien zusammen etwa 85 Milliarden Barrel gefördert werden könnten, was den weltweiten Bedarf für drei bis vier Jahre decken würde.
Explosive Zunahme des Ölbedarfs
Während also viele der grössten Ölfelder heute eine deutlich rückläufige Fördermenge aufweisen, steigt im Gegensatz dazu die weltweite Nachfrage nach Öl gnadenlos, verursacht durch die wachsenden Marktwirtschaften von China, Indien und Asien. Sogar bei den heutigen schwachen Wachstumsraten des Bruttoinlandprodukts schätzen Wirtschaftsexperten, dass die weltweite Nachfrage nach Öl zu den derzeitigen Marktpreisen um 2% pro Jahr steigen wird.
Vor zehn Jahren stellte China noch keine Einflussgrösse beim Weltimport von Öl dar. Es förderte den Grossteil seines begrenzten Bedarfs selbst vor Ort. Seit Anfang 1993 begann es jedoch mit dem Ölimport, um seinen wirtschaftlichen Bedarf zu decken. Gegen Ende 2003 hat China nun Japan überholt und ist aktuell das zweitgrösste Ölimportland hinter den USA geworden. Heute verbraucht China 20% der gesamten Energie der OECD-Wirtschaftsstaaten. Seine Öleinfuhr steigt mittlerweile um 9% jährlich, und man sagt voraus, dass sie im kommenden Jahrzehnt markant steigen wird, weil sich China zur grössten Industrienation der Welt entwickeln wird. Das Land wächst gegenwärtig um 7 bis 8% jährlich. Auch Indiens Marktwirtschaft hat sich in letzter Zeit rasant entwickelt.
In beiden Ländern zusammen leben rund 2,5 Milliarden der Weltbevölkerung. Kein Wunder, dass sich China vehement im UN-Sicherheitsrat gegen den einseitigen Irak-Krieg der USA ausgesprochen hat. Chinas National Petroleum Company hatte nämlich lange versucht, sich die grössten Ölvorräte des Irak - vertraglich - zu sichern.
Was Cheney 1999 wusste
In einer Rede im International Petroleum Institute in London zeichnete Dick Cheney Ende 1999 als damaliger Chef der weltgrössten Ölgesellschaft, Halliburton, vor Insidern aus der Industrie ein Bild von Angebot und Nachfrage von Öl auf der Welt. Cheney führte aus: «Einigen Schätzungen zufolge wird die weltweite Nachfrage nach Öl in den kommenden Jahren jährlich um 2% ansteigen. Gleichzeitig ist aber vorsichtigen Schätzungen zufolge ein elementarer Rückgang der Förderung aus bestehenden Reserven zu verzeichnen.» Cheney beendete seine Rede mit einer besorgniserregenden Anmerkung: «Das bedeutet, dass wir bis 2010 weitere zusätzliche 50 Millionen Barrel pro Tag brauchen werden.» Dies entspricht der sechsfachen Menge der Förderung des heutigen Saudi-Arabiens.
Vielleicht war es deshalb kein Zufall, dass Cheney als Vizepräsident als ersten bedeutenden Posten den Vorsitz eines vom Präsidenten eingesetzten Sonderdezernats für Energiefragen bekam. Denn Cheney kennt das Ausmass des Energieproblems, mit dem nicht nur die USA konfrontiert sind, sondern auch der Rest der Welt.
Cheney erwies sich auch als der treibende Falke der Bush-Administration im Irak-Krieg zusammen mit Verteidigungsminister Rumsfeld. Es war auch Cheney, der immer wieder auf einen Feldzug gegen den Irak gedrängt hatte, ganz gleich, ob die Alliierten mitmachten oder nicht.
Wenn man nun die Kenntnis über die globalen Ölreserven in Betracht zieht und ihre Lage - und dies im Lichte der oben ausgeführten Analyse über die «Höchstfördermenge» der heute vorhandenen Ölförderung -, dann wird es klarer, warum Cheney in Kauf genommen hat, mit der Besetzung der irakischen Ölfelder so viel aufs Spiel zu setzen, was das Ansehen Amerikas bei den Alliierten und anderen betrifft. Cheney ist bestens informiert über die Situation der globalen Ölreserven, da er der frühere Generaldirektor von Halliburton, der weltgrössten Ölfördergesellschaft, war.
Die Achillesferse der USA?
Die brennende Frage ist, woher wir die riesige fehlende Ölmenge bekommen sollen? In dem Jahrzehnt von 1990 bis 2000 wurden 42 Milliarden Barrel an neuen Ölreserven entdeckt. In der gleichen Zeit war ein weltweiter Verbrauch von 250 Milliarden Barrel zu verzeichnen. In den letzten zwei Jahrzehnten sind nur drei riesige Felder mit jeweils einer Milliarde Barrel entdeckt worden, in Norwegen, in Kolumbien und in Brasilien. Auf jedem Feld werden nur 200 000 Barrel täglich gefördert. Das ist weit weniger als die täglichen 50 Millionen Barrel, die die Welt benötigen wird.
Ist nun das Zeitalter von billigem, reichlich zur Verfügung stehendem Öl zu Ende? Einer der wichtigsten Punkte in der Debatte um Washingtons Einmarsch in den Irak ist die Frage, wieviel Öl zum derzeitigen Marktwert auf der Welt gefunden werden muss. Die Debatte hat sich erstaunlich wenig mit diesem ökonomischen Gesichtspunkt von enormer Bedeutung beschäftigt.
Folgt man den Schätzungen von C. Campbell und K. Aleklett von der Universität Uppsala, dann besitzen fünf Länder den grössten Anteil des verbleibenden Öls auf der Welt und könnten wahrscheinlich die Lücke schliessen, wenn andere Fördergebiete ihren Höhepunkt überschreiten. «Die fünf Hauptförderländer des Nahen Ostens, nämlich Abu Dhabi, der Irak, der Iran, Kuwait und Saudi-Arabien (einschliesslich der Neutralen Zone), die ungefähr über die Hälfte des verbleibenden Öls auf der Welt verfügen, können als flexible Produzenten die Lücke füllen zwischen der weltweiten Nachfrage und dem, was andere Länder fördern können ... »2
Diese fünf Staaten - der Irak, der Iran, Saudi-Arabien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate - verfügen auf Grund geologischer Gegebenheiten über die Öl- und Gasreserven, die für das Wirtschaftswachstum der Welt lebensnotwendig sind. In einem Artikel des Oil and Gas Journal vom 7. Januar 2002 schrieb A. S. Bakhtiari von der staatlichen Ölgesellschaft: «Der Nahe Osten ist gleichzeitig die geostrategischste Gegend auf dem Globus mit der bedeutendsten Energieausbeute: Zwei Drittel der gesamten Rohölreserven konzentrieren sich auf fünf Länder, die an den Persischen Golf angrenzen.»3
In einem Aufsatz, der im November 2001 veröffentlicht wurde, schrieb der bedeutende Geologe aus Princeton, Kenneth Deffeyes: «Die grösste Frage wird sein, in welchem Jahr die Ölförderung auf der Welt den Hubbert-Peak erreicht und danach ständig zurückgeht. Sowohl die graphischen als auch die Computeranalysen weisen das Jahr 2004 als das wahrscheinliche Jahr aus. Die einzige grösste Ungewissheit sind die enormen Reserven von Saudi-Arabien.» 4
Wenn die Analyse über die Ölhöchstförderung richtig ist, dann liegt es auf der Hand, warum Washington so viel riskiert, um den Irak zu kontrollieren und mit seinen dortigen Militärbasen gleichzeitig auch die übrigen fünf ölreichsten Länder. Es liegt nahe, dass Washington aus der Position einer fundamentalen strategischen Schwäche operiert, nämlich der Energieknappheit, und nicht, wie man oft meint, aus einer absoluten Stärke heraus. Die Energiefrage scheint die strategische Achillesferse der USA zu sein, die sorgfältig kaschiert wird. Deshalb ist eine offene und umfassende Debatte über das Problem der Höchstfördermenge dringend erforderlich.
* William Engdahl ist Autor des Buches «Mit der Ölwaffe zur Weltmacht», Wiesbaden 2002, ISBN 3-98073782-9
1 «The World's Giant Oilfields», Matthew R. Simmons, M. King Hubbert Center for Petroleum Supply Studies, Colorado School of Mines, January 2002.
2 Aleklett, K. and Campbell, C.J., «The Peak and Decline of World Oil and Gas Production», veröffentlicht von der Association for the Study of Peak Oil and Gas, www.asponews.org .
3 Bakhtiari, A.M. Samsam, «2002 to see birth of New World Energy Order», Oil and Gas Journal, January 7, 2002.
4 Deffeyes, Kenneth S, «Peak of world oil production», Paper no. 83-0,Geological Society of America Annual Meeting, November 2001. gsa.confex.com.
Quelle: Zeit-Fragen Nr.48/49 vom 22.12.2003, letzte Änderung am 26.12.2003
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