EM TV,Senator,Intertainment und Tomorrow Internet

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Kicky:

EM TV,Senator,Intertainment und Tomorrow Internet

 
30.12.00 09:46
Die große Illusion, mit dem Glanz- und Glitzergeschäft der Medien gutes Geld zu verdienen, hatte mit dem Unternehmer Thomas Haffa begonnen. Der Schulabbrecher und frühere Schreibmaschinenverkäufer debütierte im Oktober 1997 am Neuen Markt mit seiner kleinen Rechtefirma EM.TV - ein kaufmännisch schwieriger Fall, denn schon 1996 waren Verlustzahlen aufgetreten.

Doch die gut 33 Millionen Mark Emissionserlös halfen Haffa. Und im Zusammenspiel mit seinem früheren Arbeitgeber Leo Kirch, bei dem er von 1979 bis 1989 gewirkt hatte, wurde EM.TV zeitweise zum Glückssymbol der Börse und zum Vorzeigeunternehmen der New Economy.  


Die Kooperation funktionierte wie ein innerstädtischer Kreisverkehr: Haffa kaufte von Kirch, Kirch kaufte von Haffa - und die Umsätze und damit der Aktienkurs von EM.TV kurvten nach oben. Auf dem Höhepunkt brachte es die Firma auf rund 27 Milliarden Mark Börsenwert - und kaufte sich selbstbewusst sogar mit 50 Prozent in das schwierige Formel-1-Geschäft ein.

Dann kam der Absturz, weil Haffa im Geflecht seiner Milliardendeals den Überblick verlor und zu viel bezahlt hatte. So wurde der Mann erneut zur Symbolfigur - diesmal für den Niedergang.

Drei Tage vor Weihnachten war sogar ein Staatsanwalt zusammen mit zwei Polizisten im Haus. Der Justizbeamte sichtete Akten, vernahm Zeugen. Anschließend schleppte der Trupp kartonweise Geschäftspapiere aus der Firmenzentrale.

Die Justiz ermittelt wegen möglicher Verstöße gegen das Aktiengesetz. So soll Thomas Haffa eine drastische Gewinnwarnung - der prognostizierte Überschuss vor Steuern und Zinsen sank per Mitteilung vom 1. Dezember plötzlich von vorher 600 Millionen auf nur noch 50 Millionen Mark - zunächst zurückgehalten und somit die Investoren getäuscht haben. Er habe nach "bestem Wissen und Gewissen gehandelt", kommentiert Haffa.  


In einem zweiten Punkt geht es um den Verdacht auf illegale Insidergeschäfte. Und hier richten sich die Untersuchungen, nach diskreten Hinweisen, gegen den inzwischen geschassten Finanzvorstand Florian Haffa. "In diese Richtung ermitteln wir", bestätigt Oberstaatsanwalt Manfred Wick, der Hilfe vom Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel bekommt. Die Börsenwächter hatten in einer ersten Analyse "auffällige Kursbewegungen" im EM.TV-Aktienhandel registriert.

Immer drängender werden Fragen nach den Großverkäufen der Haffa-Brüder. So soll Florian Haffa im Frühjahr ein größeres Aktienpaket - Volumen 60 Millionen bis 100 Millionen Mark - verkauft haben, erzählen Eingeweihte. Ein Firmensprecher kommentiert, dazu sei ihm nichts bekannt, für eine genaue Information konnte Florian Haffa nicht erreicht werden.

Sein Bruder Thomas hat bereits gegenüber dem SPIEGEL eingeräumt, im Januar und Februar 2000 für rund 40 Millionen Mark EM.TV-Wertpapiere an einen "strategischen Investor" verkauft zu haben (SPIEGEL 50/2000). Dieses Bekenntnis könnte ihm arge Probleme bereiten, schließlich hat sich der EM.TV-Vorstand im Prospekt zu einer Kapitalerhöhung vom November 1999 verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten keine Aktien zu veräußern - es sei denn, die Konsortialbanken WestLB und Merrill Lynch stimmen schriftlich zu.

Es sieht so aus, als sei just diese Marktschutzklausel verletzt - und damit womöglich auch der Börsenprospekt. "Die Bank hat keine Kenntnisse von den Verkäufen gehabt", erklärt WestLB-Sprecher Michael Wilde gegenüber dem SPIEGEL. Das gelte seiner Kenntnis nach auch für die zweite Bank, Merrill Lynch. Ein EM.TV-Sprecher dagegen erklärt, die WestLB sei sehr wohl informiert gewesen.

Thomas Haffa, der gefallene Börsenengel, ist in seiner Branche kein Ausnahmefall. Auch bei anderen börsennotierten Medienfirmen drängen sich unbequeme Fragen auf. Die Schonzeit für die Börsenneulinge ist abgelaufen.

Beispiel Senator Entertainment. Die Filmfirma ("Aimée und Jaguar", "Marlene") hat im Jahr 1999 fast 30 Prozent des gesamten Umsatzes von damals knapp 123 Millionen Mark mit einem einzigen Geschäft gemacht - einem pikanten Deal.

Die Berliner verkauften im dritten Quartal für einen Umsatzbeitrag von immerhin 36,5 Millionen Mark und einem Gewinnbeitrag von 26,9 Millionen mehrere Rechte an die kleine Central Film Vertriebs GmbH, die Filme in die Kinos bringt. Wenige Wochen später jedoch kaufte Senator-Chef Hanno Huth die gesamte Central Film kurzerhand auf, allerdings nur "für einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag", wie eine Firmensprecherin erklärt.

Es habe sich um ein "Scheingeschäft" gehandelt, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter, die Umsätze von Senator seien so "künstlich in die Höhe getrieben" worden. Denn offenbar ist Central, trotz der für 36,5 Millionen Mark erworbenen Filmrechte, deutlich weniger wert. Womöglich diente der teure Filmeinkauf nur dazu, die Senator-Umsatzzahlen nach oben zu pushen, so der Verdacht. Senator bestreitet einen solchen Zusammenhang, die beiden Deals seien unabhängig voneinander gelaufen.

Auch der Umgang mit einem plötzlichen Verlust des kränkelnden Kinoriesen Cinemaxx, an dem Senator 25 Prozent hält, erscheint merkwürdig. Die Berliner Filmfirma zögerte tagelang mit einer Mitteilung über die Auswirkungen der defizitären Beteiligung - obwohl klar war, dass allein der Wert des übernommenen Cinemaxx-Aktienpakets seit dem Einstieg im Mai um 76 Prozent (83 Millionen Mark) eingebrochen war.

Kurz vor Weihnachten kam heraus: Der für dieses Jahr in Aussicht gestellte Gewinn von Senator löst sich in Luft auf, die Firma hofft nun auf eine schwarze Null. In der Bilanz ist eine Sonderabschreibung von 20 Millionen Mark fällig - und das ist noch optimistisch gerechnet. Der aktuelle Börsenkurs ist mit gut 4 Euro weit vom Höchstpreis (34,40 Euro) entfernt.

Beispiel Intertainment. Der Münchner Filmhändler musste Mitte November einen jähen Einbruch eingestehen, der erwartete Umsatz für das Jahr 2000 sinkt demnach von 290 auf 170 Millionen Mark, der Gewinn vor Steuern und Zinsen rutscht von 84 auf 60 Millionen Mark. Im vierten Quartal fallen Verluste an.

Gründer Rüdiger ("Barry") Baeres hatte sich verkalkuliert. Ein von ihm mitfinanzierter Film mit John Travolta ("Battlefield Earth") floppte an den US-Kinokassen, die Filme "Get Carter" mit Sylvester Stallone, "The Pledge" mit Jack Nicholson und "The Whole Shebang" mit Bridget Fonda wurden nicht pünktlich geliefert.

Nun muss die Münchner Firma, die sich schon für das Jahr 2003 als Milliarden-Umsatz-Unternehmen sah, um ihr Image kämpfen. Der einstige Überflieger der Börse (Spitzenkurs: 135 Euro) liegt (aktueller Kurs: rund 5 Euro) am Boden.

Für Rätselraten sorgt auch ein Prozess, den Baeres gegen den einst von ihm hofierten Hollywood-Partner Franchise Pictures anstrengt - wegen eines angeblich "organisierten Betrugs". Franchise habe die Budgets für die gemeinsam verabredeten Filme künstlich verteuert, Intertainment habe zu viel bezahlt - angeblich 75 Millionen Dollar.

Beispiel Tomorrow Internet AG. Der Online-Ableger der Verlagsgruppe Milchstraße ("Max", "Fit for Fun") muss nach dicken Minuszahlen saniert werden. Zwischen Januar und September hatte der Betriebsverlust mit 18,5 Millionen Mark fast die Höhe des Umsatzes (19,5 Millionen Mark) erreicht. Zum letzten Quartal des Jahres, sagt die Firma, sei es günstiger gelaufen, verläßliche Zahlen gibt es noch nicht.

Derzeit greift Verleger Dirk Manthey persönlich ein, um die Internet-Firma flott zu kriegen. Erste Konsequenz: Rund 35 von 190 Stellen in der AG fallen weg, zwei spezielle Webseiten für Tourenwagenfans und für Finanzcharts werden abgeschaltet. Angeblich erreicht die Tomorrow Internet AG im Herbst 2001 die Gewinnzone.

Der Manthey-Firma war es im November 1999 gelungen, beim Börsengang rund 110 Millionen Mark zu erlösen - ein Spitzenwert angesichts der Tatsache, dass die Tomorrow-Gesellschaft im Wesentlichen über die Online-Vermarktungsrechte für die Zeitschriften des Verlags verfügte. Derzeit liegt der Börsenkurs mit knapp 7 Euro denn auch eine gute Milchstraße entfernt vom Höchstwert von 65,75 Euro in diesem März.

Auch Focus Digital aus dem Hause Burda bewegt sich auf einer ähnlich abschüssigen Bahn. Der ehrgeizige Emissionskurs von 14,50 Euro ist heute schon Historie. Selbst die Ankündigung, Focus Digital kümmere sich um den Online-Auftritt des deutschsprachigen "Playboy" und seiner Bunnies, wirkte auf die Aktie (derzeitiger Kurs: gut 4 Euro) nur wie ein schwaches Belebungsmittel. Gewinne will Focus Digital ohnehin erst später machen.

Die Flaute hat auch das Klima in der Redaktion des Mutterblatts "Focus" in Mitleidenschaft gezogen. Vorab konnten Redakteure Aktien kaufen - allerdings zum Ausgabepreis und nicht, wie auch möglich, zu Vorzugskonditionen.

Viele Mitarbeiter haben deshalb mit der Wertanlage im eigenen Haus viel Geld verloren, dabei habe die Chefredaktion von einer "großen Chance" geredet und dass "nun alle Loyalität beweisen können", erzählt ein "Focus"-Journalist. Für Verdruss sorgt, dass sich Chefredakteur Helmut Markwort, Stellvertreter Uli Baur sowie Focus-Digital-Chef Jörg Bueroße vorbörslich zum Freundschaftspreis von jeweils 1 Euro mit Aktien eindecken konnten. Markwort übernahm laut Börsenprospekt 1 616 550, Bueroße 900 250 und Baur 179 050 Stück.

Das Privileg verteidigt Markwort offensiv. Er und Vize Baur seien die ersten Redakteure des Magazins gewesen und hätten "die Marke Focus maßgeblich mitaufgebaut", deshalb habe ihnen Verleger Hubert Burda "frühzeitig die Möglichkeit angeboten, mit ihm zusammen zu investieren". Darüber, so Markwort, habe er "die Kollegen in der Redaktionskonferenz lange vor dem Börsengang informiert".

Die frustrierten Anleger der Medienwerte müssen auf den erhofften Börsenreichtum wohl noch etwas warten. Nach der Ernüchterung steht nun eine riesige Konsolidierung an. Wahrscheinlich sind die meisten der kleinen Firmen nur unter dem Dach eines Konzerns überlebensfähig.

Eine der Adressen dafür ist offenbar Bertelsmann. "Wir bekommen drei- bis viermal in der Woche Anrufe, ob wir nicht bei ihnen einsteigen wollen", sagt ein Manager der mit Bertelsmann verbundenen RTL Group. Offenbar stehen beispielsweise 25 Prozent der Anteile von Senator Entertainment zur Disposition, sagt ein Investmentbanker.

Die RTL-Manager halten sich freilich zurück: "Die Preise sind immer noch sehr hoch", erklärt ein Verantwortlicher.

Konkurrent Kirch ist da schon weiter. Der Münchner Filmhändler kündigte jüngst den Einstieg bei EM.TV ein. Womöglich wird die Firma auch mit der Constantin Film verschmolzen, an der Kirch beteiligt ist.

Kirchs Stellvertreter Dieter Hahn prophezeit intern eine radikale Flurbereinigung bei den kleinen Medienfirmen am Neuen Markt: "Davon wird kaum etwas übrig bleiben."


HANS-JÜRGEN JAKOBS, GUNTHER LATSCH


www.spiegel.de/spiegel/0,1518,109873,00.html

habe ich gerade im Bord von investorworld gefunden
karo:

vielen dank für den artikel.

 
31.12.00 08:07
damit hast du genau das bestätigt,was ich schon die ganze zeit sagte;medienwerte kann man vergessen.anhand von diesem artikel kann so mancher anleger aber auch rückschlüsse auf sich selbst nehmen(ich will mich da nicht ausnehmen,aber man muss bereit sein zu lernen).denn durch überschätzung der eigenen fähigkeiten(ich kann,weis u. mach alles),fehler im managment(selbstdisziplin)u. die schuld auf andere schieben(der analyst,die bank xy,mein freund hat gesagt)geht sehr viel geld verloren.
das dumme daran ist,die firmenbosse haben die möglichkeit ihre schäfchen ins trockene zu bringen;die kleinen bluten aus.haffa lebte 3 jahre in saus u. braus,seine rente ist gesichert.aber der kleine,der sein erspartes in diesen laden legte,es nicht rechtzeitig raus holte,kann sich in den arsch beissen.
gruss karo
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