Es drohen weitere Enttäuschungen - Deutsche High-Techs hinken der US-Wachstumsbörse Nasdaq hinterher
Frankfurt/Main - Das hat es schon lange nicht mehr gegeben: Der Neue Markt wartete gestern im Gegensatz zu den Vorwochen ausnahmsweise einmal nicht mit schlechten Nachrichten auf. Dennoch konnte das deutsche Wachstumssegment sich bis zum Nachmittag nur um dürftige zwei Prozent nach oben quälen. Da half auch der eindrucksvolle Auftakt der Nasdaq nicht, die schon in den ersten Handelsstundem um mehr als sechs Prozent in die Höhe schoss. Auch im Langfristvergleich zeigt sich - der Nemax hinkt den anderen Wachstumsmärkten hinterher.
"Der Skandal um EM.TV hat den Ruf des Neuen Marktes diskreditiert", sagt Tom Ross, Fondsmanager beim DIT. "Der Markt ist zwar nicht tot, aber deutlich angeschlagen." Ross steht mit seiner Skepsis nicht allein. Auch andere Fondsmanager und Experten äußern sich ungewöhnlich kritisch gegenüber der einstigen europäischen Vorzeigebörse. "Neuer Markt und Nasdaq haben unterschiedliche Qualitäten: Der Fall von EM.TV hat gezeigt, dass es in Deutschland einfach keine Unternehmen vom Kalibers einer Microsoft, Sun Microsystems, Oracle oder Siebel gibt", sagt Michael Beyer-Enke von der Deka. Er zieht die Nasdaq dem Neuen Markt derzeit eindeutig vor.
Auch die Bewertungsrelationen sprechen eine deutliche Sprache: Während der gesamte Neue Markt auf Basis der diesjährigen Gewinnschätzungen mit einem astronomischen Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) von 6300 bewertet ist, liegt der Vergleichswert in den Vereinigten Staaten bei 110. Auf Basis der Schätzungen für das Jahr 2001 sieht es etwas besser aus: Dann liegt das deutsche KGV bei 82, das amerikanische bei gut 50. "Der Neue Markt hat das Problem, dass die wenigen guten Unternehmen noch immer zu teuer sind. Sollte es zu einer Erholung kommen, traue ich der Nasdaq wesentlich mehr zu", sagt Wassili Papas von Union Investment. "Man weiß nicht, welche Enttäuschungen hier zu Lande noch lauern."
So gab es am Neuen Markt eine Fülle von Enttäuschungen - die Gewinnwarnung von EM.TV war nur Spitze des Eisberges. Analysten stuften ihre Gewinnschätzungen für die meisten Unternehmen nach den jüngsten Quartalszahlen drastisch zurück. Einige Gesellschaften verfehlten schon wenige Monate nach dem Börsengang ihre eigenen Prognosen. Beobachter machen dafür auch die Emissionsbanken verantwortlich. "Viele Emissionsbanken haben die Unternehmen im Hinblick auf die Wachstumsaussichten schwindelig geredet und sie geradezu in den Neuen Markt gedrängt", sagt Karl Fickel von der Asset-Management-Gesellschaft Lupus Alpha. Möglicherweise seien dabei die Wachstumsprognosen schöngerechnet worden.
Doch der Vergleich zwischen dem Neuen Markt und der Nasdaq ist nicht ganz fair: Auch die US-Wachstumsbörse hatte in den Kindertagen viele Investoren enttäuscht. Nach 18 Jahren aber überdecken die Erfolgsunternehmen die Negativschlagzeilen von Pleiten, Pech und Pannen. "In den USA scheitern noch wesentlich mehr Unternehmen, was in der Fülle der Werte aber nicht so stark auffällt", sagt Ross. Der Neue Markt musste quasi im Zeitraffertempo die Entwicklung der Nasdaq nachvollziehen. "Da ging vieles zu schnell, die Euphorie war einfach zu groß", sagt Ross. Gleichwohl bleibe der Neue Markt das aussichtsreichste Wachstumssegment in Europa.
Ross rechnet sogar mit einer Minirallye zum Jahresende, die aber von der Nasdaq ausgehen werde. Gleich mehrere Faktoren sprächen dafür: Die Entscheidung im US-Präsidentenwahlkampf sei greifbar, die Bewertungen vieler Unternehmen wieder attraktiver, und das Zinsumfeld verbessere sich.
Gerade dem letzten Punkt messen die Experten große Bedeutung zu. "Die alte Begeisterung ist verflogen: Plötzlich sprechen auch die Technologieunternehmen bei ihren Gewinnprognosen von Konjunktur und Zinsen. Das zeigt, dass makroökonomische Faktoren nun eine zentrale Rolle spielen", sagt Beyer-Enke. Vor diesem Hintergrund rät er eher zur Vorsicht. "Auch wenn es viele noch nicht glauben mögen: Wir befinden uns bei Technologiewerten in einem Bärenmarkt." hz/mik
Frankfurt/Main - Das hat es schon lange nicht mehr gegeben: Der Neue Markt wartete gestern im Gegensatz zu den Vorwochen ausnahmsweise einmal nicht mit schlechten Nachrichten auf. Dennoch konnte das deutsche Wachstumssegment sich bis zum Nachmittag nur um dürftige zwei Prozent nach oben quälen. Da half auch der eindrucksvolle Auftakt der Nasdaq nicht, die schon in den ersten Handelsstundem um mehr als sechs Prozent in die Höhe schoss. Auch im Langfristvergleich zeigt sich - der Nemax hinkt den anderen Wachstumsmärkten hinterher.
"Der Skandal um EM.TV hat den Ruf des Neuen Marktes diskreditiert", sagt Tom Ross, Fondsmanager beim DIT. "Der Markt ist zwar nicht tot, aber deutlich angeschlagen." Ross steht mit seiner Skepsis nicht allein. Auch andere Fondsmanager und Experten äußern sich ungewöhnlich kritisch gegenüber der einstigen europäischen Vorzeigebörse. "Neuer Markt und Nasdaq haben unterschiedliche Qualitäten: Der Fall von EM.TV hat gezeigt, dass es in Deutschland einfach keine Unternehmen vom Kalibers einer Microsoft, Sun Microsystems, Oracle oder Siebel gibt", sagt Michael Beyer-Enke von der Deka. Er zieht die Nasdaq dem Neuen Markt derzeit eindeutig vor.
Auch die Bewertungsrelationen sprechen eine deutliche Sprache: Während der gesamte Neue Markt auf Basis der diesjährigen Gewinnschätzungen mit einem astronomischen Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) von 6300 bewertet ist, liegt der Vergleichswert in den Vereinigten Staaten bei 110. Auf Basis der Schätzungen für das Jahr 2001 sieht es etwas besser aus: Dann liegt das deutsche KGV bei 82, das amerikanische bei gut 50. "Der Neue Markt hat das Problem, dass die wenigen guten Unternehmen noch immer zu teuer sind. Sollte es zu einer Erholung kommen, traue ich der Nasdaq wesentlich mehr zu", sagt Wassili Papas von Union Investment. "Man weiß nicht, welche Enttäuschungen hier zu Lande noch lauern."
So gab es am Neuen Markt eine Fülle von Enttäuschungen - die Gewinnwarnung von EM.TV war nur Spitze des Eisberges. Analysten stuften ihre Gewinnschätzungen für die meisten Unternehmen nach den jüngsten Quartalszahlen drastisch zurück. Einige Gesellschaften verfehlten schon wenige Monate nach dem Börsengang ihre eigenen Prognosen. Beobachter machen dafür auch die Emissionsbanken verantwortlich. "Viele Emissionsbanken haben die Unternehmen im Hinblick auf die Wachstumsaussichten schwindelig geredet und sie geradezu in den Neuen Markt gedrängt", sagt Karl Fickel von der Asset-Management-Gesellschaft Lupus Alpha. Möglicherweise seien dabei die Wachstumsprognosen schöngerechnet worden.
Doch der Vergleich zwischen dem Neuen Markt und der Nasdaq ist nicht ganz fair: Auch die US-Wachstumsbörse hatte in den Kindertagen viele Investoren enttäuscht. Nach 18 Jahren aber überdecken die Erfolgsunternehmen die Negativschlagzeilen von Pleiten, Pech und Pannen. "In den USA scheitern noch wesentlich mehr Unternehmen, was in der Fülle der Werte aber nicht so stark auffällt", sagt Ross. Der Neue Markt musste quasi im Zeitraffertempo die Entwicklung der Nasdaq nachvollziehen. "Da ging vieles zu schnell, die Euphorie war einfach zu groß", sagt Ross. Gleichwohl bleibe der Neue Markt das aussichtsreichste Wachstumssegment in Europa.
Ross rechnet sogar mit einer Minirallye zum Jahresende, die aber von der Nasdaq ausgehen werde. Gleich mehrere Faktoren sprächen dafür: Die Entscheidung im US-Präsidentenwahlkampf sei greifbar, die Bewertungen vieler Unternehmen wieder attraktiver, und das Zinsumfeld verbessere sich.
Gerade dem letzten Punkt messen die Experten große Bedeutung zu. "Die alte Begeisterung ist verflogen: Plötzlich sprechen auch die Technologieunternehmen bei ihren Gewinnprognosen von Konjunktur und Zinsen. Das zeigt, dass makroökonomische Faktoren nun eine zentrale Rolle spielen", sagt Beyer-Enke. Vor diesem Hintergrund rät er eher zur Vorsicht. "Auch wenn es viele noch nicht glauben mögen: Wir befinden uns bei Technologiewerten in einem Bärenmarkt." hz/mik