Groteske um EM.TV: Chefs verspielen letzten Rest des Vertrauens
Von Birthe Blechschmidt, dpa =
München (dpa) - Erzürnte Aktionäre, enttäuschte Mitarbeiter,
Chaos im Management - das Gerangel um den angeschlagenen
Medienkonzern EM.TV nimmt immer groteskere Züge an. Seit Wochen wird
ein Schauspiel von Intrigen, List und Täuschungen aufgeführt, das den
einstigen Börsenstar am Neuen Markt in ein immer schlechteres Licht
rückt. Nach dem jüngsten Akt im EM.TV-Drama, der medienwirksam
ausgetragenen Auseinandersetzung zwischen Vorstandschef Thomas Haffa
und seinem Aufsichtsratsvorsitzenden Nickolaus Becker, geht die
Seifenoper in die nächste Runde. So sollen sich Haffa und Becker bei
einem Treffen wieder zusammengerauft haben. Die Gunst des
Anlegerpublikums haben die beiden Akteure angesichts des abgestürzten
Aktienkurses indes längst verspielt. «Bei diesem Chaos kann kein Vertrauen zurückkehren», klagt
Aktionärsschützer Klaus Schneider von der Schutzgemeinschaft der
Kleinaktionäre (SdK). «Die Anleger haben den Glauben an Haffa und
Becker längst verloren, beide müssen zurücktreten». Ungeachtet der
Schlammschlacht in der Führungsetage läuft dem Medienunternehmen die
Zeit davon. Schon in Kürze drohen enorme finanzielle Verpflichtungen,
die sich der Konzern im Zuge seiner Milliarden teuren Beteiligung in
der Formel 1 aufgehalst hat. Ob sich das Münchner Unternehmen zu
seiner Rettung an die Kirch-Gruppe anlehnen, sich mit internationalen
Investmenthäusern oder den in der Formel 1 engagierten Autokonzernen
einlässt, darüber tobt der Machtkampf zwischen den Parteien.
Die Auseinandersetzungen gipfelten jüngst in einem Brief Haffas an
Aufsichtsratschef Becker. In dem Schreiben, das auch dpa vorliegt, hatte Haffa Beckers unverzüglichen Rücktritt gefordert. Außerdem
müsse der Aufsichtsratschef «jedwede Verhandlungsführung mit Dritten
einstellen, solange die Exklusivvereinbarung mit der KirchGruppe
weiter Geltung hat». Darüber hinaus solle Becker eine Versicherung
abgeben, dass ihm keine wirtschaftlichen Vorteile von der
TeleMünchen-Gruppe, deren Chef Herbert Kloiber, der Investmentbank
Hellman & Friedman und weiteren versprochen worden seien.
Becker und Kloiber, der als Intimfeind von Kirch gilt, sollen nach
Brancheninformationen aber weiter versuchen, den Kirch-Einstieg zu
verhindern. Beckers Verhalten sei «in jeder Hinsicht mit den
Pflichten eines Aufsichtsratsvorsitzenden unvereinbar», hatte Haffa
kritisiert.
Starker Tobak - doch bereits einige Tage später ruderte man bei EM.TV wieder zurück. Von Rücktrittsforderungen sei keine Rede mehr,
hieß es aus dem Umfeld des Unternehmens. Becker betonte, er sei von
Haffa nicht zum Rücktritt aufgefordert worden und sei auch nicht
gegen einen Abschluss mit Kirch, sondern für den besten Deal im Sinne
des Unternehmens. Bei einem gemeinsamen Abendessen sollen die beiden
Kontrahenten nun aber wieder die Wogen geglättet haben.
Doch auch Haffa steht unter Beschuss. Ihm werden verfehlte
Gewinnprognosen, überteuerte Einkäufe (Muppetshow, TeleMünchen,
Formel 1) und nicht genehmigte Aktienverkäufe vorgeworfen. Gegen ihn
und seinen Bruder Florian Haffa, den früheren EM.TV-Finanzchef,
laufen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Verstoßes gegen das
Aktiengesetz. Der EM.TV-Chef, einst Sunnyboy der Börse, stand vor
kurzem noch mit dem Rücken zur Wand und versucht jetzt wieder, das
Heft in die Hand zu nehmen.
«Es ist nur eine Frage von Tagen, nicht mehr von Wochen, bis es zu
einer Entscheidung kommt», bekräftigte EM.TV-Sprecher Michael
Birnbaum am Donnerstag in München erneut. Bis Ende Februar muss sich
EM.TV entscheiden. Dann läuft die Frist der Exklusiv-Verhandlungen
mit der KirchGruppe aus.
Kirch will laut der Grundsatzvereinbarung vom vergangenen Dezember
25 Prozent der Stimmrechte an EM.TV übernehmen. Zudem soll EM.TV
einen Teil seiner für 3,5 Milliarden DM erworbenen Formel 1-
Beteiligung abgeben und dafür eine Finanzspritze in Milliardenhöhe
erhalten. Durch diesen Einstieg würde Kirchs Macht als größter
deutscher TV-Unternehmer und Lizenzhändler weiter wachsen.
Von Birthe Blechschmidt, dpa =
München (dpa) - Erzürnte Aktionäre, enttäuschte Mitarbeiter,
Chaos im Management - das Gerangel um den angeschlagenen
Medienkonzern EM.TV nimmt immer groteskere Züge an. Seit Wochen wird
ein Schauspiel von Intrigen, List und Täuschungen aufgeführt, das den
einstigen Börsenstar am Neuen Markt in ein immer schlechteres Licht
rückt. Nach dem jüngsten Akt im EM.TV-Drama, der medienwirksam
ausgetragenen Auseinandersetzung zwischen Vorstandschef Thomas Haffa
und seinem Aufsichtsratsvorsitzenden Nickolaus Becker, geht die
Seifenoper in die nächste Runde. So sollen sich Haffa und Becker bei
einem Treffen wieder zusammengerauft haben. Die Gunst des
Anlegerpublikums haben die beiden Akteure angesichts des abgestürzten
Aktienkurses indes längst verspielt. «Bei diesem Chaos kann kein Vertrauen zurückkehren», klagt
Aktionärsschützer Klaus Schneider von der Schutzgemeinschaft der
Kleinaktionäre (SdK). «Die Anleger haben den Glauben an Haffa und
Becker längst verloren, beide müssen zurücktreten». Ungeachtet der
Schlammschlacht in der Führungsetage läuft dem Medienunternehmen die
Zeit davon. Schon in Kürze drohen enorme finanzielle Verpflichtungen,
die sich der Konzern im Zuge seiner Milliarden teuren Beteiligung in
der Formel 1 aufgehalst hat. Ob sich das Münchner Unternehmen zu
seiner Rettung an die Kirch-Gruppe anlehnen, sich mit internationalen
Investmenthäusern oder den in der Formel 1 engagierten Autokonzernen
einlässt, darüber tobt der Machtkampf zwischen den Parteien.
Die Auseinandersetzungen gipfelten jüngst in einem Brief Haffas an
Aufsichtsratschef Becker. In dem Schreiben, das auch dpa vorliegt, hatte Haffa Beckers unverzüglichen Rücktritt gefordert. Außerdem
müsse der Aufsichtsratschef «jedwede Verhandlungsführung mit Dritten
einstellen, solange die Exklusivvereinbarung mit der KirchGruppe
weiter Geltung hat». Darüber hinaus solle Becker eine Versicherung
abgeben, dass ihm keine wirtschaftlichen Vorteile von der
TeleMünchen-Gruppe, deren Chef Herbert Kloiber, der Investmentbank
Hellman & Friedman und weiteren versprochen worden seien.
Becker und Kloiber, der als Intimfeind von Kirch gilt, sollen nach
Brancheninformationen aber weiter versuchen, den Kirch-Einstieg zu
verhindern. Beckers Verhalten sei «in jeder Hinsicht mit den
Pflichten eines Aufsichtsratsvorsitzenden unvereinbar», hatte Haffa
kritisiert.
Starker Tobak - doch bereits einige Tage später ruderte man bei EM.TV wieder zurück. Von Rücktrittsforderungen sei keine Rede mehr,
hieß es aus dem Umfeld des Unternehmens. Becker betonte, er sei von
Haffa nicht zum Rücktritt aufgefordert worden und sei auch nicht
gegen einen Abschluss mit Kirch, sondern für den besten Deal im Sinne
des Unternehmens. Bei einem gemeinsamen Abendessen sollen die beiden
Kontrahenten nun aber wieder die Wogen geglättet haben.
Doch auch Haffa steht unter Beschuss. Ihm werden verfehlte
Gewinnprognosen, überteuerte Einkäufe (Muppetshow, TeleMünchen,
Formel 1) und nicht genehmigte Aktienverkäufe vorgeworfen. Gegen ihn
und seinen Bruder Florian Haffa, den früheren EM.TV-Finanzchef,
laufen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Verstoßes gegen das
Aktiengesetz. Der EM.TV-Chef, einst Sunnyboy der Börse, stand vor
kurzem noch mit dem Rücken zur Wand und versucht jetzt wieder, das
Heft in die Hand zu nehmen.
«Es ist nur eine Frage von Tagen, nicht mehr von Wochen, bis es zu
einer Entscheidung kommt», bekräftigte EM.TV-Sprecher Michael
Birnbaum am Donnerstag in München erneut. Bis Ende Februar muss sich
EM.TV entscheiden. Dann läuft die Frist der Exklusiv-Verhandlungen
mit der KirchGruppe aus.
Kirch will laut der Grundsatzvereinbarung vom vergangenen Dezember
25 Prozent der Stimmrechte an EM.TV übernehmen. Zudem soll EM.TV
einen Teil seiner für 3,5 Milliarden DM erworbenen Formel 1-
Beteiligung abgeben und dafür eine Finanzspritze in Milliardenhöhe
erhalten. Durch diesen Einstieg würde Kirchs Macht als größter
deutscher TV-Unternehmer und Lizenzhändler weiter wachsen.