Börsenbegeisterte sind eine bemerkenswerte Spezies. Die meisten großen Weltbörsen treten nun schon seit drei Jahren per saldo auf der Stelle, aber die Anleger scheinen den Mut nicht zu verlieren.
Und weil das so ist, haben die Märkte jetzt die Chance auf eine kleine Sommerrally. In den USA hat sich der Einkaufsmanagerindex NAPM im Juni deutlich verbessert. Er zeigt zwar noch einen schrumpfende Ausstoß im Verarbeitenden Gewerbe an, doch ist der Rückgang jetzt geringer als in den Vormonaten. Und naturgemäß wird die Kontraktion nicht ewig anhalten. Die Anleger können also sogar ruhigen Gewissens auf eine Erholung am Horizont wetten, denn sie wird kommen, wann auch immer. Dazu kommt der nur kleine Zinsschritt der Fed in der vergangenen Woche, der so interpretiert wird, als ob das Gröbste bald ausgestanden ist. Im Übrigen dürfte ein neuer monetärer Impuls durch die EZB vor der Tür stehen.
Sofern der US-Arbeitsmarktbericht am Freitag nicht völlig übel ausfällt, ist eine Sommerrally trotz der anhaltenden Gewinnwarnungen sowie der schwächelnden Wirtschaft in Japan und Europa jetzt durchaus wahrscheinlich. Aber auch diesmal ist keine nachhaltige Erholung zu erwarten. Dafür gibt es viele Gründe: Den Margendruck, die wirtschaftlichen Ungleichgewichte, die Sorgen um die Konjunktur. Letztere wird nach dem Platzen der Blase und der Überinvestion vermutlich nur langsam vorankommen.
Dazu kommt ein Grund, der nach einer dreijährigen Seitwärtsbewegung eigentlich unfassbar, aber dennoch sehr valide ist. Die Börsen bleiben einfach anspruchsvoll bewertet. Der S&P 500 notiert nach wie vor mit dem rund 24fachen des geschätzten laufenden Gewinns. Durch den jüngsten Anstieg der Renditen am Rentenmarkt ist der Markt nach dem von der Fed verwandten Bewertungsmodell jetzt schon wieder ordentlich teuer. Das gilt selbst auf der Basis der für 2002 erwarteten Gewinne, die um rund 15 Prozent steigen sollen. Sogar wenn man diesen optimistischen Prognosen folgt, kostet der S&P das 21fache des dann erwirtschafteten Profits. Um das zu rechtfertigen, müsste die Gewinne anschließend immer um sechs Prozent steigen, was in einer inflationsfreien Welt mehr verlangt ist, als man denkt.
Wer eine Wette riskiert, sollte den Einsatz im überschaubaren Rahmen halten und nicht aufs Ganze gehen. Zehn Prozent zu verdienen ist so viel wie eine durchschnittliche Jahresrendite. Das im Hinterkopf zu behalten, ist keine schlechte Idee.
Montedison
Auch Italiens Börsen bieten Schnäppchen. In diesem Fall aber nur für die mit den richtigen Beziehungen. Banca di Roma, Sanpaolo IMI und IntesaBCi haben ihre Aktienpakete am Mischkonzern Montedison in das Akquisitionsvehikel Italenergia eingebracht. Mit dem wollen Electricité de France und Fiat die Kontrolle über Montedison erlangen.
Die drei italienischen Banken haben für ihre Anteile 3,22 Euro je Aktie erhalten. Für die 52 Prozent an Montedison, die das Bieterkonsortium noch nicht kontrolliert, steht das Gebot nur bei 2,82 Euro je Aktie. Das wird Montedisons freie Aktionäre nicht freuen.
Der ganze Mischkonzern wäre damit 4,95 Mrd. Euro wert. Alleine Montedisons 61 Prozent am Versorger Edison kosten an der Börse aber schon 4,4 Mrd. Euro. Hinzu kommt das Paket an der Versicherung La Fondiaria, das Montedison am Montag schnell an befreundete Unternehmen verkauft hat. Der Börsenwert der Versicherungsanteile lag zuletzt bei rund 740 Mio. Euro. Das macht zusammen schon 5,1 Mrd. Euro. Montedisons übrige Geschäfte, von Agrarprodukten über Zement und Chemie, machen mehr als 80 Prozent des Konzernumsatzes von 14,3 Mrd. Euro aus. Diese Beteiligungen bekäme das Angreiferkonsortium quasi umsonst. Montedisons Nettoschulden von 8,2 Mrd. Euro werden sich leicht vermindern lassen, wenn der Konzern einmal filetiert ist und die Einzelteile verkauft werden.
Das Angebot für die ausstehenden 39 Prozent am Versorger Edison sieht ein wenig besser aus. Die Angreifer zahlen hier immerhin eine Prämie von rund sieben Prozent auf den Vortagesschlusskurs. Die 11,6 Euro je Edison-Aktie bewerten das Unternehmen mit dem rund Neunfachen des für 2002 erwartete Gewinns vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Goodwill (Ebitda). Der europäische Sektorschnitt liegt nach Schätzung von CSFB nur beim siebenfachen Ebitda. Aber aus der Zusammenführung von Edison, der von Montedison im vergangenen Jahr erworbenen Sondel und Fiats eigenem Energie-Erzeugungsgeschäft dürften sich Synergien realisieren lassen. Damit sieht auch dieses Angebot nicht üppig aus. Eon und RWE haben bei ihren letzten großen Übernahmen für europäische Versorger Prämien zwischen 26 und 32 Prozent hinblättern müssen.
Wenn der Coup gelingt, hat Fiat-Chef Gianni Agnelli nicht nur die Allmacht der Investmentbank Mediobanca gebrochen. Er hat vor allem für seine Aktionäre ein Riesengeschäft gemacht.
© 2001 Financial Times Deutschland
Und weil das so ist, haben die Märkte jetzt die Chance auf eine kleine Sommerrally. In den USA hat sich der Einkaufsmanagerindex NAPM im Juni deutlich verbessert. Er zeigt zwar noch einen schrumpfende Ausstoß im Verarbeitenden Gewerbe an, doch ist der Rückgang jetzt geringer als in den Vormonaten. Und naturgemäß wird die Kontraktion nicht ewig anhalten. Die Anleger können also sogar ruhigen Gewissens auf eine Erholung am Horizont wetten, denn sie wird kommen, wann auch immer. Dazu kommt der nur kleine Zinsschritt der Fed in der vergangenen Woche, der so interpretiert wird, als ob das Gröbste bald ausgestanden ist. Im Übrigen dürfte ein neuer monetärer Impuls durch die EZB vor der Tür stehen.
Sofern der US-Arbeitsmarktbericht am Freitag nicht völlig übel ausfällt, ist eine Sommerrally trotz der anhaltenden Gewinnwarnungen sowie der schwächelnden Wirtschaft in Japan und Europa jetzt durchaus wahrscheinlich. Aber auch diesmal ist keine nachhaltige Erholung zu erwarten. Dafür gibt es viele Gründe: Den Margendruck, die wirtschaftlichen Ungleichgewichte, die Sorgen um die Konjunktur. Letztere wird nach dem Platzen der Blase und der Überinvestion vermutlich nur langsam vorankommen.
Dazu kommt ein Grund, der nach einer dreijährigen Seitwärtsbewegung eigentlich unfassbar, aber dennoch sehr valide ist. Die Börsen bleiben einfach anspruchsvoll bewertet. Der S&P 500 notiert nach wie vor mit dem rund 24fachen des geschätzten laufenden Gewinns. Durch den jüngsten Anstieg der Renditen am Rentenmarkt ist der Markt nach dem von der Fed verwandten Bewertungsmodell jetzt schon wieder ordentlich teuer. Das gilt selbst auf der Basis der für 2002 erwarteten Gewinne, die um rund 15 Prozent steigen sollen. Sogar wenn man diesen optimistischen Prognosen folgt, kostet der S&P das 21fache des dann erwirtschafteten Profits. Um das zu rechtfertigen, müsste die Gewinne anschließend immer um sechs Prozent steigen, was in einer inflationsfreien Welt mehr verlangt ist, als man denkt.
Wer eine Wette riskiert, sollte den Einsatz im überschaubaren Rahmen halten und nicht aufs Ganze gehen. Zehn Prozent zu verdienen ist so viel wie eine durchschnittliche Jahresrendite. Das im Hinterkopf zu behalten, ist keine schlechte Idee.
Montedison
Auch Italiens Börsen bieten Schnäppchen. In diesem Fall aber nur für die mit den richtigen Beziehungen. Banca di Roma, Sanpaolo IMI und IntesaBCi haben ihre Aktienpakete am Mischkonzern Montedison in das Akquisitionsvehikel Italenergia eingebracht. Mit dem wollen Electricité de France und Fiat die Kontrolle über Montedison erlangen.
Die drei italienischen Banken haben für ihre Anteile 3,22 Euro je Aktie erhalten. Für die 52 Prozent an Montedison, die das Bieterkonsortium noch nicht kontrolliert, steht das Gebot nur bei 2,82 Euro je Aktie. Das wird Montedisons freie Aktionäre nicht freuen.
Der ganze Mischkonzern wäre damit 4,95 Mrd. Euro wert. Alleine Montedisons 61 Prozent am Versorger Edison kosten an der Börse aber schon 4,4 Mrd. Euro. Hinzu kommt das Paket an der Versicherung La Fondiaria, das Montedison am Montag schnell an befreundete Unternehmen verkauft hat. Der Börsenwert der Versicherungsanteile lag zuletzt bei rund 740 Mio. Euro. Das macht zusammen schon 5,1 Mrd. Euro. Montedisons übrige Geschäfte, von Agrarprodukten über Zement und Chemie, machen mehr als 80 Prozent des Konzernumsatzes von 14,3 Mrd. Euro aus. Diese Beteiligungen bekäme das Angreiferkonsortium quasi umsonst. Montedisons Nettoschulden von 8,2 Mrd. Euro werden sich leicht vermindern lassen, wenn der Konzern einmal filetiert ist und die Einzelteile verkauft werden.
Das Angebot für die ausstehenden 39 Prozent am Versorger Edison sieht ein wenig besser aus. Die Angreifer zahlen hier immerhin eine Prämie von rund sieben Prozent auf den Vortagesschlusskurs. Die 11,6 Euro je Edison-Aktie bewerten das Unternehmen mit dem rund Neunfachen des für 2002 erwartete Gewinns vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Goodwill (Ebitda). Der europäische Sektorschnitt liegt nach Schätzung von CSFB nur beim siebenfachen Ebitda. Aber aus der Zusammenführung von Edison, der von Montedison im vergangenen Jahr erworbenen Sondel und Fiats eigenem Energie-Erzeugungsgeschäft dürften sich Synergien realisieren lassen. Damit sieht auch dieses Angebot nicht üppig aus. Eon und RWE haben bei ihren letzten großen Übernahmen für europäische Versorger Prämien zwischen 26 und 32 Prozent hinblättern müssen.
Wenn der Coup gelingt, hat Fiat-Chef Gianni Agnelli nicht nur die Allmacht der Investmentbank Mediobanca gebrochen. Er hat vor allem für seine Aktionäre ein Riesengeschäft gemacht.
© 2001 Financial Times Deutschland