Eine Sommerrally darf nicht erwartet werden
Von SIMON STEINER, vwd
Ganz unerwartet tauchte in der vergangenen Woche die Hoffnung auf eine Sommerrally wieder auf. Unter Führung der Technologiewerte, die unter der nun ausklingenden Berichtssaison der besonders schwer gelitten hatten, verzeichneten die Aktienmärkte zum Teil beachtliche Kursgewinne. Dieser Stimmungswandel erscheint jedoch recht seltsam, geben die Konjunkturzahlen, die in der zurückliegenden Woche eingegangen sind, doch keinen Anlass für Optimismus.
vwd FRANKFURT. So weisen die Stimmungsindikatoren in der Eurozone, darunter das von der Europäischen Kommission erhobene Verbraucher- und Industrievertrauen eine anhaltende Verschlechterungstendenz auf. Auf Grund der unbefriedigenden Konjunktur zeichnet sich keine rasche Ertragserholung ab, die eine Sommerrally fundamental untermauern könnte. Die von den Unternehmen inzwischen eingeleiteten Anpassungsmaßnahmen verbesserten zwar die mittel- und längerfristigen Ertragsperspektiven. Zunächst könnten jedoch die Restrukturierungsaufwendungen negativ zu Buche schlagen, meinen daher auch die Analysten der Bankgesellschaft Berlin.
Schlechtere US-Konjunkturzahlen zu erwarten
Von der US-Konjunktur sei zudem dank wieder schlechterer Konjunkturzahlen mit weiteren Ertragsbelastungen zu rechnen. Angesichts des unbefriedigenden fundamentalen Umfelds bleiben die Analyste skeptisch, dass die Bodenbildung bereits abgeschlossen und die Aktienkurse nun in eine länger anhaltende Aufwärtsbewegung eingeschwenkt seien. Sie interpretieren die Stimmungsverbesserung vielmehr als ein Aufatmen des Marktes, dass nun endlich die schwierige Berichtssaison ohne größeren Kursschaden zu Ende gegangen sei. Auf Grund der hohen Liquidität, die sich unter anderem in anschwellenden Geldmarktfonds niedergeschlagen habe, und einer verbesserten technischen Situation der Märkte werde zunächst mit einer Fortsetzung der Kurserholung, vielleicht vergleichbar mit der im April, gerechnet.
Da einer solchen "Sommerrally" die fundamentale Unterstützung fehle, seien Kursrückschläge allerdings jederzeit möglich. Auch die Experten der GZ-Bank glauben nicht an eine nachhaltige Trendwende. "Obwohl ein Großteil der marktrelevanten Unternehmen ihre Ergebnisse für das zweite Quartal mittlerweile veröffentlicht hat, dürfte dessen ungeachtet die Spannung an den Märkten weiter anhalten", heißt es in einer aktuellen Studie. Das fundamentale Umfeld erweise sich nach wie vor als besondere Belastung. In Anbetracht der sommerbedingten Abstinenz vieler Anleger scheine zudem eine nachhaltige Verbesserung kaum realisierbar zu sein.
Bruch der Abwärtstrends unwahrscheinlich
Es erscheint daher kaum wahrscheinlich, daß die mittelfristigen Abwärtstrends der führenden Indizes in den kommenden Wochen gebrochen werden können, sagen auch die Analysten von Helaba Trust. Vielmehr sei damit zu rechnen, daß die Tiefstände noch einmal anvisiert würden. Ein Blick auf die Historie lasse allerdings mittelfristig wieder hoffen. So habe etwa der Dax nach Baissephasen auf Sicht von sechs Monaten im Durchschnitt um rund 30 % zulegen können. Auch aus charttechnischer Sicht sollten alle Hoffnungen auf eine Sommerrally vorerst zurückgestellt werden. Der flache langfristige Aufwärtstrend des DAX bei aktuell rund 5 700 Punkten hat massiv Wirkung gezeigt.
Ob es sich um ein klassisches False-Breakout handele, muss sich nach Auffassung von Analyst Marcel Mußler erst noch zeigen. Doch für bullishe Erwartungen ist es seiner Meinung nach zu früh, gerade in Anbetracht der Entwicklung dieser Woche, meint Mußler. Um von einem Haussemarkt sprechen zu können, müsse der langfristige Abwärtstrend zunächst erst einmal bei der Marke von 6 450 durchbrochen werden.
Da an der Quartalsberichtsfront langsam Ruhe einkehrt, dürften in den kommenden Wochen wieder verstärkt Konjunkturindikatoren von Interesse sein. Dabei signalisieren eine Reihe von US-Frühindikatoren jedoch, dass die Wahrscheinlichkeit einer schnelle Konjunkturbelebung deutlich gesunken ist.
Crash-Szenarien scheinen übetrieben
Erste Stimmen erwarten sogar einen handfesten Börsencrahs, wenn am kommenen Dienstag die US-Produktivitätszahlen für das zweite Quartal veröffentlicht werden. Eine neue Berechnungsmethode werde zu dem erschreckenden Resultat führen, dass es doch nicht so weit her ist mit dem amerikanischen Produktivitätswunder, erwartet der Chef-Stratege von Dresdner Kleinwort Wasserstein, Albert Edwards.
Das Potenzialwachstum, in dem die Wirtschaft zulegen könne ohne Inflation zu produzieren, werde nicht wie bisher angenommen bei 3,5 Prozent liegen. "Es dürfte nur 2,5 Prozent ausmachen", sagt Edwards. Das hätte gravierende Folgen: Denn ein nach unten revidiertes Potenzialwachstum mache es nötig, die gesamte Wirtschaftspolitik einschließlich der geldpolitischen Ausrichtung der Notenbank Federal Reserve zu überdenken. Dieses Szenario scheint allerdings etwas übertrieben.
Mit einem Crash rechnen die wenigsten Händler in Frankfurt. "Wenn das alle wissen, hat sich doch jeder schon positioniert", sagt ein Marktteilnehmer. Dennoch könnten die Daten am Dienstag die besser als erwartet ausgefallenen US-Arbeitsmarktdaten von Freitag wieder in den Schatten stellen. Ob sich dies allerdings deutlich auf die Kurse auswirkt, darf bezweifelt werden. Der verbesserten Stimmung wird ein möglicher negativer Konjunkturausblick allerdings auf jeden Fall den Wind aus den Segeln nehmen.
Sitzung des Arbeitskreis Indizes am Dienstag
Beim Dax sieht es nach Angaben der meisten Marktteilnehmer danach aus, als sollte bei der Sitzung des Arbeitskreis Indizes der Deutschen Börse am kommenden Dienstag alles beim Alten bleiben. Zwar kamen schon am Dienstag Gerüchte auf, dass eine große US-Bank darauf setzt, dass MAN den Dax verlassen muss. Doch taten Analysten diese Spekulationen auf Grund der Branchenzugehörigkeit von MAN schon wenig später als "sehr unwahrscheinlich ab". Beim MDAX ändert sich "mit Ansicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit etwas", sagen Beobachter. Es sei so gut wie beschlossen, dass sich Porsche aus dem Index der zweiten Reihe verabschieden müssen. Nach Einschätzung von Marktbeobachtern wird damit gerechnet, dass die Papiere von Fraport Porsche im MDAX ersetzen könnte.
Quartalszahlen am Montag
Vorher werden am Montag jedoch noch die Zahlen zum ersten Quartal von Heidelberger Druck erwartet. adidas-Salomon, BMW berichten am Dienstag über das zweite Quartal, BASF legt Zahlen zum ersten Quartal vor. Daneben werden auch die deutschen Arbeitsmarktdaten für Juni veröffentlicht. Um 14.30 Uhr MESZ stehen dann die viel beachteten Zahlen zur US-Produktivität für das zweite Quartal an. Der Mittwoch beschert dem Markt die Lagerbestände und den Großhandelsumsatz für die USA im Juni. Bayer, Commerzbank, mg Technologies und Sixt warten am Donnerstag mit ihren Unternehmensergebnissen auf. Zum Wochenschluss kommen dann noch die US-Erzeugerpreise für Juli und die Daten zum ersten Halbjahr von K+S.
Quelle HANDELSBLATT, Freitag, 03. August 2001
Von SIMON STEINER, vwd
Ganz unerwartet tauchte in der vergangenen Woche die Hoffnung auf eine Sommerrally wieder auf. Unter Führung der Technologiewerte, die unter der nun ausklingenden Berichtssaison der besonders schwer gelitten hatten, verzeichneten die Aktienmärkte zum Teil beachtliche Kursgewinne. Dieser Stimmungswandel erscheint jedoch recht seltsam, geben die Konjunkturzahlen, die in der zurückliegenden Woche eingegangen sind, doch keinen Anlass für Optimismus.
vwd FRANKFURT. So weisen die Stimmungsindikatoren in der Eurozone, darunter das von der Europäischen Kommission erhobene Verbraucher- und Industrievertrauen eine anhaltende Verschlechterungstendenz auf. Auf Grund der unbefriedigenden Konjunktur zeichnet sich keine rasche Ertragserholung ab, die eine Sommerrally fundamental untermauern könnte. Die von den Unternehmen inzwischen eingeleiteten Anpassungsmaßnahmen verbesserten zwar die mittel- und längerfristigen Ertragsperspektiven. Zunächst könnten jedoch die Restrukturierungsaufwendungen negativ zu Buche schlagen, meinen daher auch die Analysten der Bankgesellschaft Berlin.
Schlechtere US-Konjunkturzahlen zu erwarten
Von der US-Konjunktur sei zudem dank wieder schlechterer Konjunkturzahlen mit weiteren Ertragsbelastungen zu rechnen. Angesichts des unbefriedigenden fundamentalen Umfelds bleiben die Analyste skeptisch, dass die Bodenbildung bereits abgeschlossen und die Aktienkurse nun in eine länger anhaltende Aufwärtsbewegung eingeschwenkt seien. Sie interpretieren die Stimmungsverbesserung vielmehr als ein Aufatmen des Marktes, dass nun endlich die schwierige Berichtssaison ohne größeren Kursschaden zu Ende gegangen sei. Auf Grund der hohen Liquidität, die sich unter anderem in anschwellenden Geldmarktfonds niedergeschlagen habe, und einer verbesserten technischen Situation der Märkte werde zunächst mit einer Fortsetzung der Kurserholung, vielleicht vergleichbar mit der im April, gerechnet.
Da einer solchen "Sommerrally" die fundamentale Unterstützung fehle, seien Kursrückschläge allerdings jederzeit möglich. Auch die Experten der GZ-Bank glauben nicht an eine nachhaltige Trendwende. "Obwohl ein Großteil der marktrelevanten Unternehmen ihre Ergebnisse für das zweite Quartal mittlerweile veröffentlicht hat, dürfte dessen ungeachtet die Spannung an den Märkten weiter anhalten", heißt es in einer aktuellen Studie. Das fundamentale Umfeld erweise sich nach wie vor als besondere Belastung. In Anbetracht der sommerbedingten Abstinenz vieler Anleger scheine zudem eine nachhaltige Verbesserung kaum realisierbar zu sein.
Bruch der Abwärtstrends unwahrscheinlich
Es erscheint daher kaum wahrscheinlich, daß die mittelfristigen Abwärtstrends der führenden Indizes in den kommenden Wochen gebrochen werden können, sagen auch die Analysten von Helaba Trust. Vielmehr sei damit zu rechnen, daß die Tiefstände noch einmal anvisiert würden. Ein Blick auf die Historie lasse allerdings mittelfristig wieder hoffen. So habe etwa der Dax nach Baissephasen auf Sicht von sechs Monaten im Durchschnitt um rund 30 % zulegen können. Auch aus charttechnischer Sicht sollten alle Hoffnungen auf eine Sommerrally vorerst zurückgestellt werden. Der flache langfristige Aufwärtstrend des DAX bei aktuell rund 5 700 Punkten hat massiv Wirkung gezeigt.
Ob es sich um ein klassisches False-Breakout handele, muss sich nach Auffassung von Analyst Marcel Mußler erst noch zeigen. Doch für bullishe Erwartungen ist es seiner Meinung nach zu früh, gerade in Anbetracht der Entwicklung dieser Woche, meint Mußler. Um von einem Haussemarkt sprechen zu können, müsse der langfristige Abwärtstrend zunächst erst einmal bei der Marke von 6 450 durchbrochen werden.
Da an der Quartalsberichtsfront langsam Ruhe einkehrt, dürften in den kommenden Wochen wieder verstärkt Konjunkturindikatoren von Interesse sein. Dabei signalisieren eine Reihe von US-Frühindikatoren jedoch, dass die Wahrscheinlichkeit einer schnelle Konjunkturbelebung deutlich gesunken ist.
Crash-Szenarien scheinen übetrieben
Erste Stimmen erwarten sogar einen handfesten Börsencrahs, wenn am kommenen Dienstag die US-Produktivitätszahlen für das zweite Quartal veröffentlicht werden. Eine neue Berechnungsmethode werde zu dem erschreckenden Resultat führen, dass es doch nicht so weit her ist mit dem amerikanischen Produktivitätswunder, erwartet der Chef-Stratege von Dresdner Kleinwort Wasserstein, Albert Edwards.
Das Potenzialwachstum, in dem die Wirtschaft zulegen könne ohne Inflation zu produzieren, werde nicht wie bisher angenommen bei 3,5 Prozent liegen. "Es dürfte nur 2,5 Prozent ausmachen", sagt Edwards. Das hätte gravierende Folgen: Denn ein nach unten revidiertes Potenzialwachstum mache es nötig, die gesamte Wirtschaftspolitik einschließlich der geldpolitischen Ausrichtung der Notenbank Federal Reserve zu überdenken. Dieses Szenario scheint allerdings etwas übertrieben.
Mit einem Crash rechnen die wenigsten Händler in Frankfurt. "Wenn das alle wissen, hat sich doch jeder schon positioniert", sagt ein Marktteilnehmer. Dennoch könnten die Daten am Dienstag die besser als erwartet ausgefallenen US-Arbeitsmarktdaten von Freitag wieder in den Schatten stellen. Ob sich dies allerdings deutlich auf die Kurse auswirkt, darf bezweifelt werden. Der verbesserten Stimmung wird ein möglicher negativer Konjunkturausblick allerdings auf jeden Fall den Wind aus den Segeln nehmen.
Sitzung des Arbeitskreis Indizes am Dienstag
Beim Dax sieht es nach Angaben der meisten Marktteilnehmer danach aus, als sollte bei der Sitzung des Arbeitskreis Indizes der Deutschen Börse am kommenden Dienstag alles beim Alten bleiben. Zwar kamen schon am Dienstag Gerüchte auf, dass eine große US-Bank darauf setzt, dass MAN den Dax verlassen muss. Doch taten Analysten diese Spekulationen auf Grund der Branchenzugehörigkeit von MAN schon wenig später als "sehr unwahrscheinlich ab". Beim MDAX ändert sich "mit Ansicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit etwas", sagen Beobachter. Es sei so gut wie beschlossen, dass sich Porsche aus dem Index der zweiten Reihe verabschieden müssen. Nach Einschätzung von Marktbeobachtern wird damit gerechnet, dass die Papiere von Fraport Porsche im MDAX ersetzen könnte.
Quartalszahlen am Montag
Vorher werden am Montag jedoch noch die Zahlen zum ersten Quartal von Heidelberger Druck erwartet. adidas-Salomon, BMW berichten am Dienstag über das zweite Quartal, BASF legt Zahlen zum ersten Quartal vor. Daneben werden auch die deutschen Arbeitsmarktdaten für Juni veröffentlicht. Um 14.30 Uhr MESZ stehen dann die viel beachteten Zahlen zur US-Produktivität für das zweite Quartal an. Der Mittwoch beschert dem Markt die Lagerbestände und den Großhandelsumsatz für die USA im Juni. Bayer, Commerzbank, mg Technologies und Sixt warten am Donnerstag mit ihren Unternehmensergebnissen auf. Zum Wochenschluss kommen dann noch die US-Erzeugerpreise für Juli und die Daten zum ersten Halbjahr von K+S.
Quelle HANDELSBLATT, Freitag, 03. August 2001