Panik geht um. Franz Müntefering richtet verzweifelte Appelle an die eigenen Truppen: Die Mobilisierung müsse besser werden, fordert der Partei-General, niemand dürfe erwarten, dass Kanzler Schröder im Wahlkampf „ein zweites oder drittes Kaninchen aus dem Hut zieht“. Und fügt hinzu: „Es sind keine Kaninchen im Hut.“
Das bringt die Lage der SPD auf den Punkt. Die Partei zieht ohne Munition in die Wahlschlacht. Noch vor kurzem galt Gerhard Schröder, der Macher und Volkstribun, als sicherer Sieger. Nach dem 11. September glänzte er als Staatsmann und Krisenmanager. Während die CDU öffentlich ihre Vorsitzende demontierte, nordete der Kanzler noch publikumswirksamer die Grünen ein.
Heute bietet sich ein anderes Bild: Die Gewerkschaften fallen dem Basta-Kanzler mit einem Streik in den Rücken. Die Wirtschaft kommt nicht in Gang. Der selbst gewählte Maßstab der Arbeitslosigkeit wird zur mächtigen Keule in der Hand des Gegners. Schröder ist angeschlagen.
Die Klärung der K-Frage kann vielleicht die Stärkung der Union erklären, nicht aber die Schwäche der SPD. Schröder, der in allen Meinungsumfragen weit besser abschneidet als Edmund Stoiber, kann dies nicht in Stimmen für seine Partei ummünzen. Der bisherige Erfolg der sensations- und konturenarmen Unions-Kampagne wirft ein Schlaglicht auf die Misere der Sozialdemokraten: Nicht der Herausforderer muss sich vor dem 22. September beweisen, auf dem Prüfstand steht vielmehr der Amtsinhaber.
Dass Schröder dort gelandet ist, hat er vor allem der Schlusslicht-Diskussion zu verdanken. Das Wirtschaftswunderland Deutschland als weit abgeschlagenes Schlusslicht im europäischen Vergleich – dies erschüttert das deutsche Selbstverständnis. Der Glaube an die eigene wirtschaftliche Stärke (und Überlegenheit) ist ein tief verwurzelter Patriotismus-Ersatz einer vom Nazi-Trauma gezeichneten Nation. Schröder mag noch so oft darauf hinweisen, dass Deutschland auch schon unter Kohl Träger der roten Laterne war. Ins Bewusstsein der Bevölkerung ist der ökonomische Bedeutungsverlust erst jetzt gerückt – und wird so zum Stigma des aktuell Verantwortlichen.
Schröder hat die Wahl noch nicht verloren. Aber wenn er im September nicht als Schlusslicht-Kanzler antreten will, muss jetzt er schleunigst ein Kaninchen finden, dass er glanzvoll aus seinem Zylinder ziehen kann.
Quelle:Handelsblatt
Das bringt die Lage der SPD auf den Punkt. Die Partei zieht ohne Munition in die Wahlschlacht. Noch vor kurzem galt Gerhard Schröder, der Macher und Volkstribun, als sicherer Sieger. Nach dem 11. September glänzte er als Staatsmann und Krisenmanager. Während die CDU öffentlich ihre Vorsitzende demontierte, nordete der Kanzler noch publikumswirksamer die Grünen ein.
Heute bietet sich ein anderes Bild: Die Gewerkschaften fallen dem Basta-Kanzler mit einem Streik in den Rücken. Die Wirtschaft kommt nicht in Gang. Der selbst gewählte Maßstab der Arbeitslosigkeit wird zur mächtigen Keule in der Hand des Gegners. Schröder ist angeschlagen.
Die Klärung der K-Frage kann vielleicht die Stärkung der Union erklären, nicht aber die Schwäche der SPD. Schröder, der in allen Meinungsumfragen weit besser abschneidet als Edmund Stoiber, kann dies nicht in Stimmen für seine Partei ummünzen. Der bisherige Erfolg der sensations- und konturenarmen Unions-Kampagne wirft ein Schlaglicht auf die Misere der Sozialdemokraten: Nicht der Herausforderer muss sich vor dem 22. September beweisen, auf dem Prüfstand steht vielmehr der Amtsinhaber.
Dass Schröder dort gelandet ist, hat er vor allem der Schlusslicht-Diskussion zu verdanken. Das Wirtschaftswunderland Deutschland als weit abgeschlagenes Schlusslicht im europäischen Vergleich – dies erschüttert das deutsche Selbstverständnis. Der Glaube an die eigene wirtschaftliche Stärke (und Überlegenheit) ist ein tief verwurzelter Patriotismus-Ersatz einer vom Nazi-Trauma gezeichneten Nation. Schröder mag noch so oft darauf hinweisen, dass Deutschland auch schon unter Kohl Träger der roten Laterne war. Ins Bewusstsein der Bevölkerung ist der ökonomische Bedeutungsverlust erst jetzt gerückt – und wird so zum Stigma des aktuell Verantwortlichen.
Schröder hat die Wahl noch nicht verloren. Aber wenn er im September nicht als Schlusslicht-Kanzler antreten will, muss jetzt er schleunigst ein Kaninchen finden, dass er glanzvoll aus seinem Zylinder ziehen kann.
Quelle:Handelsblatt