DIE ZEIT
Zeitläufte 04/2002
Ein Schlag ins Wasser
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Schon einmal, 1888/89, überwachte Deutschlands Marine im Namen der Freiheit die ostafrikanische Küste
von Thomas Morlang
Jetzt sind sie unterwegs, die Fregatten Emden und Köln, der Versorger Freiburg und einige weitere Schiffe der deutschen Marine, mit Kurs auf das Horn von Afrika. Dort, vor der Küste Somalias, sollen sie den großen Verbündeten in seinem Kampf gegen den Terrorismus unterstützen und Al-Qaida & Co die Verbindungswege abschneiden. Was indes nur die wenigsten wissen: Vor über hundert Jahren beteiligte sich Deutschlands Marine schon einmal an einer ähnlichen Aktion. Fast ein Jahr lang, von Dezember 1888 bis Oktober 1889, blockierten Kriegsschiffe des Kaiserreichs die ostafrikanische Küste. Offiziell richtete sich die Aktion damals gegen die Ausfuhr von Sklaven nach Arabien und die Einfuhr von Waffen und Munition für die zumeist arabischen Sklavenhändler. Tatsächlich aber sollte der Einsatz der Marine die deutsche Kolonialherrschaft über Ostafrika (genauer gesagt: das Gebiet des heutigen Tansania) sichern, die durch einen Aufstand der Küstenbevölkerung bedroht war.
Diese Rebellion, in Deutschland als "Araber-Aufstand" bezeichnet, zielte auf die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft (DOAG), der mit der Verleihung eines Kaiserlichen Schutzbriefes am 27. Februar 1885 das Recht auf die Verwaltung großer Gebiete im Inneren Ostafrikas übertragen worden war. Um ihrem Territorium einen ungehinderten Zugang zum Meer zu verschaffen, hatte die Gesellschaft den Sultan der Insel Sansibar im April 1888 zur Verpachtung eines zehn Meilen breiten Streifens entlang der heutigen tansanischen Küste gezwungen, die zu seinem Herrschaftsgebiet gehörte. Vier Monate später, im August, waren DOAG-Agenten in allen größeren Hafenstädten gelandet, um die Verwaltung von den Beamten des Sultans zu übernehmen. Zur Unterstützung der Übernahme hatte die Admiralität ein Kreuzergeschwader von Singapur nach Ostafrika beordert.
Soziale Spannungen innerhalb der Küstenbevölkerung und das ungeschickte, teilweise brutale Vorgehen der deutschen Beamten führten sehr schnell zum bewaffneten Aufruhr gegen die weißen Machthaber. Bis Ende September 1888 vertrieben die Rebellen die Agenten der Gesellschaft aus den meisten ihrer Stationen; nur Bagamoyo und Daressalam konnten mithilfe der Marine gehalten werden. Für eine Niederschlagung des Aufstandes fehlten der DOAG jedoch die militärischen und finanziellen Mittel. Deshalb bat die Gesellschaft am 28. September um "wirksame Hilfe des Reiches". Andernfalls drohte sie, über einen Verkauf Ostafrikas nachzudenken.
Bismarck will Gräuelgeschichten
Für Kanzler Otto Fürst von Bismarck, der bisher das Reich selbst so weit wie möglich aus der Verwaltung der Kolonie herausgehalten hatte, kam eine Aufgabe Ostafrikas aus Prestigegründen nicht infrage. Deshalb war er prinzipiell bereit, der DOAG zu helfen; einen Einsatz von Landtruppen lehnte Bismarck aber kategorisch ab. Er fürchtete, dass der Tod deutscher Soldaten in Übersee seinem Ansehen schaden könnte. Stattdessen plante er, den Sultan von Sansibar "durch Blockade und Sperrung der Ein- und Ausfuhr in die Zwangslage zu bringen, dass er der Gesellschaft zur Herstellung ihrer Autorität ehrlich beisteht", also eigene Truppen zur Niederschlagung auf das Festland entsende. Eine Blockade sollte aber möglichst nur in Gemeinschaft mit Großbritannien, das enge Beziehungen zum Sultan unterhielt, erfolgen. Um den Einsatz der Marine innenpolitisch besser legitimieren zu können, ordnete Bismarck an, die Rebellion in der Öffentlichkeit als einen "strike" von "fremdenfeindlichen und fanatischen" arabischen Sklavenhändlern hinzustellen.
Gelegen kam dem Reichskanzler dabei, dass der französische Erzbischof von Algier und Karthago, Kardinal Charles Martial Allemand Lavigerie, am 1. Juli 1888 in Paris zu einem "Kreuzzug" gegen den Sklavenhandel in Afrika aufgerufen hatte. Angesichts der von den Sklavenjägern verübten Gräuel sei jede christliche Kolonialmacht zum Eingreifen verpflichtet, forderte der Geistliche in einer flammenden Predigt. Vor allem gegen den Islam sollte vorgegangen werden, sah doch der Kardinal in ihm den Hauptschuldigen. Bismarck selbst war nicht für die Abschaffung der Sklaverei und stand daher anfangs Lavigeries Agitation ablehnend gegenüber. Doch nun sah er die Chance, die deutsche Bevölkerung in Kreuzzugstimmung zu bringen, und ließ den Sklavenhandel in den dunkelsten Farben schildern. "Kann man nicht schaurige Details über Menschenquälerei auftreiben?", lautete die Anweisung an seine Mitarbeiter. Man konnte. Und schon bald wurde dem Reichskanzler gemeldet, dass "die ganze Angelegenheit unerwartet rasch Fortschritte" mache.
Kritische Stimmen hatten es dagegen schwer, Gehör zu finden. Ein in Ostafrika tätiger Arzt schrieb in einem Brief nach Deutschland, dass im Land zwar mit "Träger-, Haus- und Arbeitssklaven" gehandelt werde, die wohl zum größten Teil aus Zentralafrika stammten. Über "förmliche Sklavenjagden" könne er allerdings nichts berichten. Der Mann bezweifelte gar, "daß sie jetzt noch Hauptmittel sind, Sklaven zu bekommen". Auch die Berichte über die angeblich schlechte Behandlung der Sklaven durch ihre muslimischen Besitzer waren maßlos übertrieben. So musste selbst ein Mitarbeiter der DOAG, Eugen Krenzler, zugeben, "daß der Christ, gestachelt durch seine Habgier und sonstigen Leidenschaften, dem Sklaven stets ein viel grausamerer Herr war, als der Araber". Doch solche Einwände halfen nichts. Viele Deutsche glaubten der Propaganda.
Das zeigte sich auch auf einer Versammlung der Evangelischen Allianz am 26. und 27. September 1888 in Köln. Der Antrag, den "Kampf zur Unterdrückung der Sklavenjagden und des Sklavenhandels in Afrika zur gemeinsamen Aufgabe der in der Evangelischen Allianz verbundenen internationalen Kreise" zu erklären, wurde von den Delegierten einstimmig angenommen. Einen Monat später kam es dann zu der großen Volksversammlung der Antisklavereibewegung in der Kölner Gürzenichhalle, an der zahlreiche Prominente aus Politik, Wirtschaft und Kirche teilnahmen. Einer der Hauptredner war der deutsche Afrika-Forscher Hermann Wissmann. In einer Resolution forderten die Anwesenden die Reichsregierung auf, für die Unterdrückung der afrikanischen Sklavenjagden und für eine Aufhebung des Sklavenhandels in Ostafrika zu sorgen. In vielen deutschen Städten kam es danach zu ähnlichen Veranstaltungen.
Auch außenpolitisch ergriff Bismarck jetzt die Initiative. Anfang Oktober 1888 schlug der Reichskanzler der britischen Regierung eine gemeinsame Überwachungsaktion der ostafrikanischen Küste zwischen Kipini im heutigen Kenia und der Mündung des Rovuma vor, dem heutigen Grenzfluss zwischen Tansania und Mosambik. Offiziell sollte die Blockade "jeden Verkehr, insbesondere den der Sklavenschiffe, und die Zufuhr von Waffen und Munition nach den aufständischen Küstengebieten" abschneiden. Großbritannien, das ein Übergreifen der Unruhen auf seine nördlich von Deutsch-Ostafrika gelegene Interessensphäre befürchtete, stimmte Ende Oktober dem deutschen Vorschlag zu. Bis zum Ende des Jahres konnte Bismarck auch noch Italien, Portugal und Frankreich für eine Unterstützung gewinnen.
Am 4. November erhielt der Kommandeur des Kreuzergeschwaders, Konteradmiral Karl August Deinhard, in einem Telegramm erste Anweisungen: Der Kaiser (es war der junge Wilhelm II., der gerade den Thron bestiegen hatte) "befiehlt strenge Blockade der festländischen Häfen des Sultanats gegen Sklavenhandel und Zufuhr von Kriegsmaterial in Gemeinschaft mit England bewerkstelligen. Ausdehnung und Handhabung mit englischem Admiral vereinbaren. Blockadeerklärung unter Hervorhebung der Zustimmung des Sultans gemeinschaftlich erlassen. Verdächtige Fahrzeuge ohne Unterschied der Flagge untersuchen und erforderlichenfalls aufbringen."
Eigentlich sollte Deinhard die Erklärung der Blockade schon am 10. November vornehmen. Doch dieser Termin konnte nicht eingehalten werden. Völlig unerwartet hatte der Sultan seine Zustimmung verweigert. Erst der starke militärische und diplomatische Druck Deutschlands und Großbritanniens zwang ihn, offiziell sein Einverständnis zu erklären.
So konnten Deinhard und der britische Admiral Edmund Robert Fremantle erst am 30. November in Sansibar den Blockadezustand über die ostafrikanische Küste verkünden; in Kraft trat er am Mittag des 2. Dezember. Die Blockade galt zunächst für die gesamte zum Sultanat von Sansibar gehörende Küstenlinie einschließlich der Inseln Mafia, Lamu und anderer kleinerer Inseln zwischen 2 Grad 10 Minuten und 10 Grad 28 Minuten südlicher Breite - eine rund 600 Seemeilen lange Küstenstrecke. Ende Januar 1889 traf es auch die Inseln Sansibar und Pemba selbst.
Die beiden Admirale waren übereingekommen, dass der nördliche Teil des Blockadegebiets von der britischen, der südliche von der deutschen Marine überwacht werden sollte. Admiral Fremantle standen dafür die Schiffe HMS Boadicea, Reindeer, Garnet, Penguin und Agamemnon zur Verfügung. Deinhards Geschwader bestand anfangs aus den vier Kriegsschiffen Leipzig, Sophie, Olga und Möwe. Erst im Januar 1889 erhielt er Verstärkung durch den beschleunigt in Dienst gestellten kleinen Kreuzer Schwalbe und den Aviso Pfeil. Da die deutsche Küstenstrecke doppelt so lang wie die britische war, übernahmen der Kreuzer HMS Algerine und das italienische Panzerschiff Dogali einen Teil des deutschen Abschnitts, wobei die Dogali aber, wie Kapitänleutnant Johannes Hirschberg verbittert feststellte, "mehr durch Blockadeempfänge in den Häfen als durch Aktionen" auffiel.
Die Küste wurde in Reviere eingeteilt. Jedes Schiff bekam einen Abschnitt zugewiesen. Da die Kreuzer wegen der zahlreichen Korallenriffe nicht dicht genug an das Festland heranfahren konnten, verwandte Deinhard kleine Schiffsboote wie Barkassen und Pinassen für einen ersten Sperrgürtel. Hinter den Booten kreuzten die Kriegsschiffe, um ihnen notfalls Beistand zu leisten. Bewaffnet wurden die Barkassen und Pinassen mit kleinen Revolverkanonen.
Das Leben an Bord gerade der kleinen Boote war hart, die Verpflegung wenig abwechslungsreich. Besonders schwierig war die Versorgung mit Wasser. Jeder Mann bekam nur drei Liter zum Waschen, Kochen und Trinken am Tag. Trotz aller Unbequemlichkeiten und Strapazen waren die Einsätze aber bei den Mannschaften sehr beliebt. Das lag vor allem daran, wie Leutnant zur See Reinhard Scheer (im Ersten Weltkrieg Befehlshaber der deutschen Hochseeflotte) vermutete, dass sie fern der Schiffsetikette, der üblichen Bordroutine und der meisten Vorgesetzten waren.
Jedes angetroffene Schiff, egal, welcher Nation, wurde untersucht. Wenn es nach einem Schuss vor den Bug nicht beidrehte und die Segel herunterwarf, feuerte man scharf, um es zum Stoppen zu zwingen. Fahrzeuge, welche weder Waffen noch Sklaven mit sich führten, erhielten einen Revisionszettel und durften ihre Reise fortsetzen. Fanden die Prisenkommandos aber Sklaven oder Kriegsmaterial an Bord, wurde die Dhau beschlagnahmt, nach Sansibar geschleppt und in der Nähe des deutschen Konsulats in drei Teile zersägt. Diese blieben dann zur "Abschreckung" am Strand liegen. Die Besatzungen wurden der Gerichtsbarkeit des Sultans übergeben, "wo sie", so die Einschätzung eines Marineoffiziers, "ihrer jedenfalls nicht allzu strengen Bestrafung von seiten ihres Landesherren entgegensahen". Befreite Sklaven vertrauten die Europäer den Missionsstationen in Daressalam, in Bagamoyo und auf Sansibar an.
Die Zahl der Untersuchungen war beträchtlich. So hielt die Sophie im März 1889 über zweihundert Fahrzeuge an. Die Schwalbe brachte es im Mai auf 245, die Pfeil sogar auf 411 Überprüfungen. Insgesamt wurden von Dezember 1888 bis Juli 1889 4306 Dhaus von den Deutschen angehalten. Das britische Geschwader untersuchte allein im März 1300 Fahrzeuge. Am 5. Dezember wurde eine Dhau mit 87 Sklaven an Bord vor Tanga aufgebracht; zwei Wochen später beschlagnahmte ein Boot der Leipzig zwei Fahrzeuge mit 146 Sklaven. Weitere "Fänge fielen danach nicht mehr in unsere Hände", schreibt Scheer in seinen Erinnerungen.
Sieg auf der ganzen Linie also? In Ostafrika lebende Missionare sahen das anders. Sie berichteten, "daß der Sklavenhandel an der Küste lebhafter getrieben werde, als vor der Blockade". Den Sklavenhändlern sei es immer wieder gelungen, die Blockadeflotte zu täuschen. Sie verschifften die Sklaven nicht mehr wie früher zu Dutzenden in Ketten, sondern nur noch vier bis fünf pro Schiff, getarnt als Passagiere oder Seeleute. Da fielen sie nicht auf, bestand doch oftmals die ganze Schiffsbesatzung aus Sklaven (nur die Ausfuhr von Sklaven war ja strafbar, nicht aber deren Besitz).
Im Januar und März gelangen dem Blockadegeschwader die einzigen größeren Coups, als es zwei mit Waffen und Munition beladene deutsche (!) Schiffe beschlagnahmen konnte. Diese hatten insgesamt über 200 000 Pfund Pulver, 30 Kanonen, 290 Kisten mit Gewehren und 15 Kisten mit weiterer Munition an Bord.
Doch trotz dieser beiden Erfolge - auf die Eindämmung der Rebellion hatte die Blockade keinen Einfluss. Ja, sie forcierte nur die Situation. Jeder Handel in Ostafrika habe aufgehört zu existieren, bemerkte der scharfzüngige Abgeordnete der linksliberalen Deutschen Freisinnigen Partei, Eugen Richter, in der Reichstagssitzung vom 26. Januar 1889. Die Leute seien erwerbslos geworden, die meisten in Not geraten. Um diesen Zuständen ein Ende zu machen, hätten sie zu den Waffen gegriffen. "Die Seeblockade", erklärte Richter, "hat das Feuer nicht gelöscht, nicht eingeengt, nein, sie hat im Gegenteil es erst recht emporlodern gemacht, sie hat die Flammen geschürt."
In der gleichen Sitzung musste auch der Initiator der Aktion, Reichskanzler Bismarck, ihre Wirkungslosigkeit einräumen. Er rechtfertigte sich jedoch damit, dass er sich eigentlich auch gar nichts von dieser erwartet habe. Ihm sei es vor allem darauf angekommen, den Rebellen zu demonstrieren, dass zwischen den beiden bei Sansibar überhaupt infrage kommenden Mächten, nämlich Deutschland und Großbritannien, volles Einverständnis bestehe. Für ihn war es "mehr eine politische als eine militärische Frage, dass wir in Gemeinschaft mit England dort blockieren".
Nur Schaden angerichtet
Da sich auch der Sultan von Sansibar weiterhin weigerte, die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft ernsthaft in ihrem Kampf gegen die Rebellen zu unterstützen, ließ sich Bismarck vom Reichstag zwei Millionen Reichsmark bewilligen, um eine "Polizeitruppe" aufzustellen; sie sollte nun eine "Landblockade" durchführen. Zum Befehlshaber dieser ersten deutschen Kolonialtruppe ernannte er den preußischen Offizier und Afrika-Forscher Hermann Wissmann. Im Mai 1889 griff Wissmann an, wobei er von der Marine durch Landungskorps und das Bombardement "unbotmäßiger" Städte unterstützt wurde.
So löste sich die Blockade langsam auf. Als dann auch der britische und der italienische Kreuzer aus dem deutschen Abschnitt abgezogen wurden, konnten nur noch die Nord- und Südspitze Sansibars streng bewacht werden. Am 26. September 1889 schließlich erhielt der älteste Offizier des Kreuzergeschwaders, Korvettenkapitän Jean Valette, von der Admiralität die telegrafische Anweisung, das Blockadedekret für aufgehoben zu erklären, was am 29. September erfolgte. Am 1. Oktober war das Unternehmen dann offiziell beendet.
Die Matrosen mussten das "planlose und unfruchtbare" Unternehmen (wie das Vorstandsmitglied der Deutsch-Ostafrikanischen Plantagengesellschaft Friedrich Schroeder-Poggelow es nannte) mit großen Opfern bezahlen. Das tropische Klima und der aufreibende Dienst hatten fatale Auswirkungen auf ihren Gesundheitszustand. Im Dezember 1888 waren allein auf der Leipzig 65 Mann der Besatzung krank. Von Oktober 1888 bis März 1889 beklagte das Geschwader insgesamt 15 Tote, zahlreiche Männer wurden in elendem Zustand heimgeschickt; viele von ihnen starben noch nach Jahren an den Folgen der tropischen Krankheiten. Das prominenteste Opfer war Konteradmiral Karl August Deinhard selber, der, nur 50-jährig, am 4. Oktober 1892 in der Heimat den Folgen der Malaria erlag.
Die Zahl der Opfer und der materielle Aufwand standen in keinem Verhältnis zu dem Erreichten, was auch schon damals Zeitgenossen, egal, ob Kolonialbefürworter oder -gegner, heftig kritisierten. "Die unglaubliche Politik der halben Maßregeln", schrieb Schroeder-Poggelow, "zu welcher in erster Linie die Blockade zu rechnen ist, die nur Schaden angerichtet hat und ein ungeheures Geld kostet, hat uns nur große Opfer gebracht und uns politisch um viele Jahre zurückgeworfen."
www.zeit.de/2002/04/Politik/print_200204_a-blockade.html
Zeitläufte 04/2002
Ein Schlag ins Wasser
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Schon einmal, 1888/89, überwachte Deutschlands Marine im Namen der Freiheit die ostafrikanische Küste
von Thomas Morlang
Jetzt sind sie unterwegs, die Fregatten Emden und Köln, der Versorger Freiburg und einige weitere Schiffe der deutschen Marine, mit Kurs auf das Horn von Afrika. Dort, vor der Küste Somalias, sollen sie den großen Verbündeten in seinem Kampf gegen den Terrorismus unterstützen und Al-Qaida & Co die Verbindungswege abschneiden. Was indes nur die wenigsten wissen: Vor über hundert Jahren beteiligte sich Deutschlands Marine schon einmal an einer ähnlichen Aktion. Fast ein Jahr lang, von Dezember 1888 bis Oktober 1889, blockierten Kriegsschiffe des Kaiserreichs die ostafrikanische Küste. Offiziell richtete sich die Aktion damals gegen die Ausfuhr von Sklaven nach Arabien und die Einfuhr von Waffen und Munition für die zumeist arabischen Sklavenhändler. Tatsächlich aber sollte der Einsatz der Marine die deutsche Kolonialherrschaft über Ostafrika (genauer gesagt: das Gebiet des heutigen Tansania) sichern, die durch einen Aufstand der Küstenbevölkerung bedroht war.
Diese Rebellion, in Deutschland als "Araber-Aufstand" bezeichnet, zielte auf die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft (DOAG), der mit der Verleihung eines Kaiserlichen Schutzbriefes am 27. Februar 1885 das Recht auf die Verwaltung großer Gebiete im Inneren Ostafrikas übertragen worden war. Um ihrem Territorium einen ungehinderten Zugang zum Meer zu verschaffen, hatte die Gesellschaft den Sultan der Insel Sansibar im April 1888 zur Verpachtung eines zehn Meilen breiten Streifens entlang der heutigen tansanischen Küste gezwungen, die zu seinem Herrschaftsgebiet gehörte. Vier Monate später, im August, waren DOAG-Agenten in allen größeren Hafenstädten gelandet, um die Verwaltung von den Beamten des Sultans zu übernehmen. Zur Unterstützung der Übernahme hatte die Admiralität ein Kreuzergeschwader von Singapur nach Ostafrika beordert.
Soziale Spannungen innerhalb der Küstenbevölkerung und das ungeschickte, teilweise brutale Vorgehen der deutschen Beamten führten sehr schnell zum bewaffneten Aufruhr gegen die weißen Machthaber. Bis Ende September 1888 vertrieben die Rebellen die Agenten der Gesellschaft aus den meisten ihrer Stationen; nur Bagamoyo und Daressalam konnten mithilfe der Marine gehalten werden. Für eine Niederschlagung des Aufstandes fehlten der DOAG jedoch die militärischen und finanziellen Mittel. Deshalb bat die Gesellschaft am 28. September um "wirksame Hilfe des Reiches". Andernfalls drohte sie, über einen Verkauf Ostafrikas nachzudenken.
Bismarck will Gräuelgeschichten
Für Kanzler Otto Fürst von Bismarck, der bisher das Reich selbst so weit wie möglich aus der Verwaltung der Kolonie herausgehalten hatte, kam eine Aufgabe Ostafrikas aus Prestigegründen nicht infrage. Deshalb war er prinzipiell bereit, der DOAG zu helfen; einen Einsatz von Landtruppen lehnte Bismarck aber kategorisch ab. Er fürchtete, dass der Tod deutscher Soldaten in Übersee seinem Ansehen schaden könnte. Stattdessen plante er, den Sultan von Sansibar "durch Blockade und Sperrung der Ein- und Ausfuhr in die Zwangslage zu bringen, dass er der Gesellschaft zur Herstellung ihrer Autorität ehrlich beisteht", also eigene Truppen zur Niederschlagung auf das Festland entsende. Eine Blockade sollte aber möglichst nur in Gemeinschaft mit Großbritannien, das enge Beziehungen zum Sultan unterhielt, erfolgen. Um den Einsatz der Marine innenpolitisch besser legitimieren zu können, ordnete Bismarck an, die Rebellion in der Öffentlichkeit als einen "strike" von "fremdenfeindlichen und fanatischen" arabischen Sklavenhändlern hinzustellen.
Gelegen kam dem Reichskanzler dabei, dass der französische Erzbischof von Algier und Karthago, Kardinal Charles Martial Allemand Lavigerie, am 1. Juli 1888 in Paris zu einem "Kreuzzug" gegen den Sklavenhandel in Afrika aufgerufen hatte. Angesichts der von den Sklavenjägern verübten Gräuel sei jede christliche Kolonialmacht zum Eingreifen verpflichtet, forderte der Geistliche in einer flammenden Predigt. Vor allem gegen den Islam sollte vorgegangen werden, sah doch der Kardinal in ihm den Hauptschuldigen. Bismarck selbst war nicht für die Abschaffung der Sklaverei und stand daher anfangs Lavigeries Agitation ablehnend gegenüber. Doch nun sah er die Chance, die deutsche Bevölkerung in Kreuzzugstimmung zu bringen, und ließ den Sklavenhandel in den dunkelsten Farben schildern. "Kann man nicht schaurige Details über Menschenquälerei auftreiben?", lautete die Anweisung an seine Mitarbeiter. Man konnte. Und schon bald wurde dem Reichskanzler gemeldet, dass "die ganze Angelegenheit unerwartet rasch Fortschritte" mache.
Kritische Stimmen hatten es dagegen schwer, Gehör zu finden. Ein in Ostafrika tätiger Arzt schrieb in einem Brief nach Deutschland, dass im Land zwar mit "Träger-, Haus- und Arbeitssklaven" gehandelt werde, die wohl zum größten Teil aus Zentralafrika stammten. Über "förmliche Sklavenjagden" könne er allerdings nichts berichten. Der Mann bezweifelte gar, "daß sie jetzt noch Hauptmittel sind, Sklaven zu bekommen". Auch die Berichte über die angeblich schlechte Behandlung der Sklaven durch ihre muslimischen Besitzer waren maßlos übertrieben. So musste selbst ein Mitarbeiter der DOAG, Eugen Krenzler, zugeben, "daß der Christ, gestachelt durch seine Habgier und sonstigen Leidenschaften, dem Sklaven stets ein viel grausamerer Herr war, als der Araber". Doch solche Einwände halfen nichts. Viele Deutsche glaubten der Propaganda.
Das zeigte sich auch auf einer Versammlung der Evangelischen Allianz am 26. und 27. September 1888 in Köln. Der Antrag, den "Kampf zur Unterdrückung der Sklavenjagden und des Sklavenhandels in Afrika zur gemeinsamen Aufgabe der in der Evangelischen Allianz verbundenen internationalen Kreise" zu erklären, wurde von den Delegierten einstimmig angenommen. Einen Monat später kam es dann zu der großen Volksversammlung der Antisklavereibewegung in der Kölner Gürzenichhalle, an der zahlreiche Prominente aus Politik, Wirtschaft und Kirche teilnahmen. Einer der Hauptredner war der deutsche Afrika-Forscher Hermann Wissmann. In einer Resolution forderten die Anwesenden die Reichsregierung auf, für die Unterdrückung der afrikanischen Sklavenjagden und für eine Aufhebung des Sklavenhandels in Ostafrika zu sorgen. In vielen deutschen Städten kam es danach zu ähnlichen Veranstaltungen.
Auch außenpolitisch ergriff Bismarck jetzt die Initiative. Anfang Oktober 1888 schlug der Reichskanzler der britischen Regierung eine gemeinsame Überwachungsaktion der ostafrikanischen Küste zwischen Kipini im heutigen Kenia und der Mündung des Rovuma vor, dem heutigen Grenzfluss zwischen Tansania und Mosambik. Offiziell sollte die Blockade "jeden Verkehr, insbesondere den der Sklavenschiffe, und die Zufuhr von Waffen und Munition nach den aufständischen Küstengebieten" abschneiden. Großbritannien, das ein Übergreifen der Unruhen auf seine nördlich von Deutsch-Ostafrika gelegene Interessensphäre befürchtete, stimmte Ende Oktober dem deutschen Vorschlag zu. Bis zum Ende des Jahres konnte Bismarck auch noch Italien, Portugal und Frankreich für eine Unterstützung gewinnen.
Am 4. November erhielt der Kommandeur des Kreuzergeschwaders, Konteradmiral Karl August Deinhard, in einem Telegramm erste Anweisungen: Der Kaiser (es war der junge Wilhelm II., der gerade den Thron bestiegen hatte) "befiehlt strenge Blockade der festländischen Häfen des Sultanats gegen Sklavenhandel und Zufuhr von Kriegsmaterial in Gemeinschaft mit England bewerkstelligen. Ausdehnung und Handhabung mit englischem Admiral vereinbaren. Blockadeerklärung unter Hervorhebung der Zustimmung des Sultans gemeinschaftlich erlassen. Verdächtige Fahrzeuge ohne Unterschied der Flagge untersuchen und erforderlichenfalls aufbringen."
Eigentlich sollte Deinhard die Erklärung der Blockade schon am 10. November vornehmen. Doch dieser Termin konnte nicht eingehalten werden. Völlig unerwartet hatte der Sultan seine Zustimmung verweigert. Erst der starke militärische und diplomatische Druck Deutschlands und Großbritanniens zwang ihn, offiziell sein Einverständnis zu erklären.
So konnten Deinhard und der britische Admiral Edmund Robert Fremantle erst am 30. November in Sansibar den Blockadezustand über die ostafrikanische Küste verkünden; in Kraft trat er am Mittag des 2. Dezember. Die Blockade galt zunächst für die gesamte zum Sultanat von Sansibar gehörende Küstenlinie einschließlich der Inseln Mafia, Lamu und anderer kleinerer Inseln zwischen 2 Grad 10 Minuten und 10 Grad 28 Minuten südlicher Breite - eine rund 600 Seemeilen lange Küstenstrecke. Ende Januar 1889 traf es auch die Inseln Sansibar und Pemba selbst.
Die beiden Admirale waren übereingekommen, dass der nördliche Teil des Blockadegebiets von der britischen, der südliche von der deutschen Marine überwacht werden sollte. Admiral Fremantle standen dafür die Schiffe HMS Boadicea, Reindeer, Garnet, Penguin und Agamemnon zur Verfügung. Deinhards Geschwader bestand anfangs aus den vier Kriegsschiffen Leipzig, Sophie, Olga und Möwe. Erst im Januar 1889 erhielt er Verstärkung durch den beschleunigt in Dienst gestellten kleinen Kreuzer Schwalbe und den Aviso Pfeil. Da die deutsche Küstenstrecke doppelt so lang wie die britische war, übernahmen der Kreuzer HMS Algerine und das italienische Panzerschiff Dogali einen Teil des deutschen Abschnitts, wobei die Dogali aber, wie Kapitänleutnant Johannes Hirschberg verbittert feststellte, "mehr durch Blockadeempfänge in den Häfen als durch Aktionen" auffiel.
Die Küste wurde in Reviere eingeteilt. Jedes Schiff bekam einen Abschnitt zugewiesen. Da die Kreuzer wegen der zahlreichen Korallenriffe nicht dicht genug an das Festland heranfahren konnten, verwandte Deinhard kleine Schiffsboote wie Barkassen und Pinassen für einen ersten Sperrgürtel. Hinter den Booten kreuzten die Kriegsschiffe, um ihnen notfalls Beistand zu leisten. Bewaffnet wurden die Barkassen und Pinassen mit kleinen Revolverkanonen.
Das Leben an Bord gerade der kleinen Boote war hart, die Verpflegung wenig abwechslungsreich. Besonders schwierig war die Versorgung mit Wasser. Jeder Mann bekam nur drei Liter zum Waschen, Kochen und Trinken am Tag. Trotz aller Unbequemlichkeiten und Strapazen waren die Einsätze aber bei den Mannschaften sehr beliebt. Das lag vor allem daran, wie Leutnant zur See Reinhard Scheer (im Ersten Weltkrieg Befehlshaber der deutschen Hochseeflotte) vermutete, dass sie fern der Schiffsetikette, der üblichen Bordroutine und der meisten Vorgesetzten waren.
Jedes angetroffene Schiff, egal, welcher Nation, wurde untersucht. Wenn es nach einem Schuss vor den Bug nicht beidrehte und die Segel herunterwarf, feuerte man scharf, um es zum Stoppen zu zwingen. Fahrzeuge, welche weder Waffen noch Sklaven mit sich führten, erhielten einen Revisionszettel und durften ihre Reise fortsetzen. Fanden die Prisenkommandos aber Sklaven oder Kriegsmaterial an Bord, wurde die Dhau beschlagnahmt, nach Sansibar geschleppt und in der Nähe des deutschen Konsulats in drei Teile zersägt. Diese blieben dann zur "Abschreckung" am Strand liegen. Die Besatzungen wurden der Gerichtsbarkeit des Sultans übergeben, "wo sie", so die Einschätzung eines Marineoffiziers, "ihrer jedenfalls nicht allzu strengen Bestrafung von seiten ihres Landesherren entgegensahen". Befreite Sklaven vertrauten die Europäer den Missionsstationen in Daressalam, in Bagamoyo und auf Sansibar an.
Die Zahl der Untersuchungen war beträchtlich. So hielt die Sophie im März 1889 über zweihundert Fahrzeuge an. Die Schwalbe brachte es im Mai auf 245, die Pfeil sogar auf 411 Überprüfungen. Insgesamt wurden von Dezember 1888 bis Juli 1889 4306 Dhaus von den Deutschen angehalten. Das britische Geschwader untersuchte allein im März 1300 Fahrzeuge. Am 5. Dezember wurde eine Dhau mit 87 Sklaven an Bord vor Tanga aufgebracht; zwei Wochen später beschlagnahmte ein Boot der Leipzig zwei Fahrzeuge mit 146 Sklaven. Weitere "Fänge fielen danach nicht mehr in unsere Hände", schreibt Scheer in seinen Erinnerungen.
Sieg auf der ganzen Linie also? In Ostafrika lebende Missionare sahen das anders. Sie berichteten, "daß der Sklavenhandel an der Küste lebhafter getrieben werde, als vor der Blockade". Den Sklavenhändlern sei es immer wieder gelungen, die Blockadeflotte zu täuschen. Sie verschifften die Sklaven nicht mehr wie früher zu Dutzenden in Ketten, sondern nur noch vier bis fünf pro Schiff, getarnt als Passagiere oder Seeleute. Da fielen sie nicht auf, bestand doch oftmals die ganze Schiffsbesatzung aus Sklaven (nur die Ausfuhr von Sklaven war ja strafbar, nicht aber deren Besitz).
Im Januar und März gelangen dem Blockadegeschwader die einzigen größeren Coups, als es zwei mit Waffen und Munition beladene deutsche (!) Schiffe beschlagnahmen konnte. Diese hatten insgesamt über 200 000 Pfund Pulver, 30 Kanonen, 290 Kisten mit Gewehren und 15 Kisten mit weiterer Munition an Bord.
Doch trotz dieser beiden Erfolge - auf die Eindämmung der Rebellion hatte die Blockade keinen Einfluss. Ja, sie forcierte nur die Situation. Jeder Handel in Ostafrika habe aufgehört zu existieren, bemerkte der scharfzüngige Abgeordnete der linksliberalen Deutschen Freisinnigen Partei, Eugen Richter, in der Reichstagssitzung vom 26. Januar 1889. Die Leute seien erwerbslos geworden, die meisten in Not geraten. Um diesen Zuständen ein Ende zu machen, hätten sie zu den Waffen gegriffen. "Die Seeblockade", erklärte Richter, "hat das Feuer nicht gelöscht, nicht eingeengt, nein, sie hat im Gegenteil es erst recht emporlodern gemacht, sie hat die Flammen geschürt."
In der gleichen Sitzung musste auch der Initiator der Aktion, Reichskanzler Bismarck, ihre Wirkungslosigkeit einräumen. Er rechtfertigte sich jedoch damit, dass er sich eigentlich auch gar nichts von dieser erwartet habe. Ihm sei es vor allem darauf angekommen, den Rebellen zu demonstrieren, dass zwischen den beiden bei Sansibar überhaupt infrage kommenden Mächten, nämlich Deutschland und Großbritannien, volles Einverständnis bestehe. Für ihn war es "mehr eine politische als eine militärische Frage, dass wir in Gemeinschaft mit England dort blockieren".
Nur Schaden angerichtet
Da sich auch der Sultan von Sansibar weiterhin weigerte, die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft ernsthaft in ihrem Kampf gegen die Rebellen zu unterstützen, ließ sich Bismarck vom Reichstag zwei Millionen Reichsmark bewilligen, um eine "Polizeitruppe" aufzustellen; sie sollte nun eine "Landblockade" durchführen. Zum Befehlshaber dieser ersten deutschen Kolonialtruppe ernannte er den preußischen Offizier und Afrika-Forscher Hermann Wissmann. Im Mai 1889 griff Wissmann an, wobei er von der Marine durch Landungskorps und das Bombardement "unbotmäßiger" Städte unterstützt wurde.
So löste sich die Blockade langsam auf. Als dann auch der britische und der italienische Kreuzer aus dem deutschen Abschnitt abgezogen wurden, konnten nur noch die Nord- und Südspitze Sansibars streng bewacht werden. Am 26. September 1889 schließlich erhielt der älteste Offizier des Kreuzergeschwaders, Korvettenkapitän Jean Valette, von der Admiralität die telegrafische Anweisung, das Blockadedekret für aufgehoben zu erklären, was am 29. September erfolgte. Am 1. Oktober war das Unternehmen dann offiziell beendet.
Die Matrosen mussten das "planlose und unfruchtbare" Unternehmen (wie das Vorstandsmitglied der Deutsch-Ostafrikanischen Plantagengesellschaft Friedrich Schroeder-Poggelow es nannte) mit großen Opfern bezahlen. Das tropische Klima und der aufreibende Dienst hatten fatale Auswirkungen auf ihren Gesundheitszustand. Im Dezember 1888 waren allein auf der Leipzig 65 Mann der Besatzung krank. Von Oktober 1888 bis März 1889 beklagte das Geschwader insgesamt 15 Tote, zahlreiche Männer wurden in elendem Zustand heimgeschickt; viele von ihnen starben noch nach Jahren an den Folgen der tropischen Krankheiten. Das prominenteste Opfer war Konteradmiral Karl August Deinhard selber, der, nur 50-jährig, am 4. Oktober 1892 in der Heimat den Folgen der Malaria erlag.
Die Zahl der Opfer und der materielle Aufwand standen in keinem Verhältnis zu dem Erreichten, was auch schon damals Zeitgenossen, egal, ob Kolonialbefürworter oder -gegner, heftig kritisierten. "Die unglaubliche Politik der halben Maßregeln", schrieb Schroeder-Poggelow, "zu welcher in erster Linie die Blockade zu rechnen ist, die nur Schaden angerichtet hat und ein ungeheures Geld kostet, hat uns nur große Opfer gebracht und uns politisch um viele Jahre zurückgeworfen."
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