EILMELDUNG: Russland schlägt zurück

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EILMELDUNG: Russland schlägt zurück

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22.03.02 13:30

- mit Hähnchenkeulen


Das haben die Amerikaner sich nicht träumen lassen: Russland verhängt ein Embargo gegen US-Geflügel - und George W. Bush ist machtlos, während Moskau ihm Lektionen in Sachen Kapitalismus, Hygiene und Humor erteilt.

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Bush-Beine als Restposten: Hendl gibt's bald nur noch aus Dnjeprpetrowsk, nicht mehr aus Little Rock  

Moskau/Washington - Es war am 11. März, an einem Montag, als US-Außenminister Colin Powell in drängender Angelegenheit seinen russischen Amtspartner Igor Iwanow ans Telefon holte. In Afghanistan klang gerade die letzte Sturmoffensive gegen Kämpfer der al-Qaida aus, im Nahen Osten jettete Bush-Vize Dick Cheney umher und mühte sich, Gefährten für eine Attacke auf Saddam Hussein zu finden. Die beiden Top-Diplomaten stritten derweil über Hähnchenbeine, Salmonellen und Hygieneparagrafen.
Bis Anfang März gab es amerikanische Hühnchen überall in Moskau oder Nowgorod, nun sind sie bis auf Reste weg, und der bekennende Geflügelfan George W. Bush ist schuld daran. Fast fühlt man sich im Russen-Reich an triste sozialistische Tage erinnert. Seit dem 10. März kommt offiziell keine Hühnerbrust aus Arkansas mehr nach Sibirien, keine Gans aus Mississippi an den Ural. Am 10. März nämlich hat der Kreml einen totalen Einfuhrstopp für US-Geflügel ausgerufen.

Kein Abfalleimer für "Bush-Beine"

Läppisch-lächerlich klingt das, nach Großmachtgehabe verklungener Jahrzehnte. Doch immerhin geht es um eine dreiviertel Milliarde Dollar für die Amerikaner, Hunderttausende Arbeitsplätze für die Russen - und wichtige Stimmen aus den Südstaaten, die Bush die Wiederwahl sichern könnten. Während US-Geflügelfarmer im Internet wieder einmal wider das Reich des Bösen wettern, freuen sich die Freihandelsanhänger: Das geschieht den US-Protektionisten recht.

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Geflügelfreund Bush junior: Weltmachtsanspruch bei Nahrungsmittelhygiene  
 
Denn die Russen revanchieren sich formvollendet. Anfang März hat der US-Präsident, schon ein Auge auf dem nächsten Wahlkampf, ausländische Stahlimporte in die USA durch Zölle verteuert. Mit verblüffender Gleichzeitigkeit begann die russische Polit-Kaste da laut über Qualitätsmängel amerikanischen Geflügels zu sinnieren, über Salmonellen-Befall, Antibiotika und allerlei Chemie im Import-Fleisch. Der russische Vizepremier gerierte sich gar als Streiter für mehr Qualität: "Russland ist nicht der Abfalleimer der Welt für mangelhafte Lebensmittel", tönte er. Dass es um Rache für die Strafzölle geht, nicht wirklich um Bazillen, ist dabei jedem klar. Eine besonders pikante Rache übrigens insofern, als amerikanische Hähnchenkeulen im russischen Volksmund "Bush-Beine" heißen.

Der wahre Nationalvogel

Der Handelskonflikt erzählt allerlei über amerikanisches Selbstverständnis. Das gebratene Hühnchen taugte schon immer als Herold des US-Nahrungsimperialismus, ob nun als Chicken McNugget, als Kentucky Fried Chicken oder in der scheinbar naturbelassenen Form. Der Biss in die mit Heinz-Sauce getränkte Hähnchenkeule ist ein geheiligter Moment der US-Esskultur, und der Truthahn war stets der wahre Nationalvogel, vergesst den Adler. Kein Wunder also, dass die Amerikaner es den Russen übel nehmen, wie da der gute Ruf ihres Federviehs in den Dreck gezogen wird. "In Amerika gibt es eine Menge Menschen, die Huhn essen, und die scheinen mir nicht krank zu sein", giftet der US-Handelsbeauftragte Robert Zoellick gen Moskau.

Der Konflikt erzählt noch mehr über den Zustand russisch-amerikanischer Wirtschaftsbeziehungen. Die russische Politik hat bewiesen, dass sie ganz kleinkariert das Juristen-Abc buchstabieren kann, mit dem die Wichtigkeiten des globalen Kapitalismus versteckt und geregelt werden. Nicht mehr um Chruschtschow-Doktrinen drehen sich die Gespräche mit den Amerikanern, sondern um eine neue "Nahrungssicherheits-Doktrin". Geradezu nassforsch sind die Forderungen, die da aus Moskau kommen: Delegationen von russischen Experten wollen durchs US-Imperium reisen und Geflügelfabriken inspizieren - ganz so, wie Uno-Kontrolleure durch den Irak fahren und nach Waffen fahnden.

Ärger in den Hühnchen-Staaten

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Rentnerin auf russischem Markt: Preisexplosion dank staatlicher Autarkiewünsche
 
Fast klingt bei den Russen eine hämische Freude durch, wenn sie dem übermächtigen Partner Bedingungen diktieren. Während die zwölfköpfige, hochrangige Hühnchenstreit-Verhandlungskommission der Amerikaner Eile anmahnt, geben sich die Bedrängten gelassen: Die Amerikaner hätten doch erst letzte Woche ein 800-seitiges Erklärdokument eingereicht, das müsse erst mal übersetzt werden.

George W. Bush hat mit seinen Strafzöllen eine elementare Regel missachtet: Zum Handel gehören immer zwei, mit Allmachtsansprüchen gewinnt man wenig. Wenn die Russen blockieren, verliert auch Bush.

Nach dem Kalten Krieg mag Amerika davon geträumt haben, die unterdrückten Massen Osteuropas mit Hightech-Produkten zu beglücken. Tatsächlich läuft das große Geschäft weiter mit Low-Tech aus der Landwirtschaft: Jeden fünften Export-Dollar, den die Amerikaner in Russland einnahmen, verdienten sie mit dem Verkauf von Hühnchen und Gänsen. Fast jedes zweite amerikanische Ausfuhr-Hühnchen verzehrt ein Russe, in 38 US-Bundesstaaten wird das Geflügel gepäppelt. Schon zeigt ein US-Magazin ein gigantisches Hendl auf dem Rasen vor dem Oval Office - und rechnet vor, dass Bush in "Hühnchen-Staaten" mehr Wählerstimmen verlieren kann, als er in Stahl-Staaten gewinnt.

Ausgerechnet Kirgisien!

Der Streit birgt noch eine Überraschung: Während im Hafen von St. Petersburg zeitweise tonnen- und containerweise Hühnchenkeulen lagerten, probt die Zweite Welt bei der Lebensmittelhygiene den Aufstand gegen die Erste. Der Einwand "Euer Huhn ist nicht hygienisch!" ist hergesucht, glaubwürdig bleibt er gleichwohl. Russische Veterinäre zücken ihre Reagenzgläser, finden in immer neuen Keulen-Lieferungen hohe Salmonellen-Dosen und nutzen damit Ängste über industrielle Tier-Produktion, die es im Westen genauso gibt.

Wenn die Russen über Antibiotika im Fleisch klagen, über Konservierungsmittel, lange Lagerzeiten und unerträgliche Zustände in der Massenhaltung, klatschen verunsicherte Konsumenten auch westlich von St. Petersburg Beifall. Und schon vor den Russen haben Kirgisien, die Ukraine und Moldawien - angeblich aus Hygienegründen - den Import von US-Geflügel gestoppt. Kirgisien!

Frust für Iwan Normalverbraucher

Bei aller Schadenfreude über die Blamage des obersten amerikanischen Stahlkochers: Im Handels-Hickhack kommt auch die russische Seite auf den zweiten Blick mies weg. Hier ist ein Land, das anderthalb Jahrzehnte nach Beginn der Perestroika nicht gelernt hat, Grundbedürfnisse seiner Bevölkerung zu stillen. 70 Prozent des Geflügels, das die Russen letztes Jahr kauften, wurde in Amerika großgezogen. Und hier ist ein Land, das ganz wie zu Zeiten des Sozialismus Autarkie-Politik auf Kosten der Bevölkerung treibt. Schon hoffen Fabrikanten und Politiker unverblümt vor TV-Kameras, dass die heimischen Hühnchenfarmer dank des Hendl-Embargos endlich flügge werden - in vielleicht eineinhalb Jahren. Der normale Russe muss derweil oft 30 bis 50 Prozent mehr Rubel fürs Huhn zahlen als vorher, wenn er überhaupt eins bekommt. Guten Appetit.  
Rexini:

was währe die welt ohne solche intriegen....

 
22.03.02 13:40
...scheiß langweilig!
mob1:

Ich find's gut,

 
22.03.02 13:42
wann traut sich die EU nachzuziehen ?!!!!
Hoffentlich bald.

Gruesse
MOB
Rexini:

ja wir könnten

 
22.03.02 14:40
ein embargo gegen widoof producke verhängen.
Happy End:

Keine schlechte Idee, rexini *lol*

 
23.03.02 16:26
Happy End:

Zeit für einen Mitternachtssnack!

 
24.03.02 00:54
Schlaft´s gut!
Hungerhahn:

Die Amis brauchen die Lektion...

 
24.03.02 01:26
damit sie nicht der Illusion verfallen, sie würden über die Welt herrschen. Ich glaube, wenn die EU, Japan und China mitziehen, lernen die Amis ihre Grenzem kennen.
ecki:

Hungerhahn ist ja ne Spitzen-ID

 
24.03.02 01:40
zumindest in diesem Fall. :-)
Grüße
ecki
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R.A.P.:

@Kartonriechorgan

 
24.03.02 11:15
Happy End:

@R.A.P: Dieser Thread ist älter!

 
25.03.02 05:48
Pappnase ;-))

Gruß    EILMELDUNG: Russland schlägt zurück 619016home.arcor.de/megagifs/menschen/bilder/strich9.gif" style="max-width:560px" >
Happy End
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Handelsstreit könnte auch Jeans verteuern

 
25.03.02 05:50
Sorge um weltweiten Handelkrieg

Düsseldorf - Der Streit um die Schutzzölle, die US-Präsident George W. Bush auf Stahlimporte aus aller Welt verhängt hat, droht sich zu einem Handelskrieg auszuweiten. Nach dem transatlantischen "Hähnchenkrieg", dem "Spaghetti-Krieg" oder nach den diversen Handelskriegen um Fleischwaren steht nun also wieder einmal ein Stahlkrieg vor der Tür? Schlimmer noch. Nimmt man die Ankündigungen der Brüsseler EU-Kommission ernst, dann droht der Konflikt unmittelbar auf andere Waren überzugreifen.

Einerseits will Brüssel den eigenen Stahlmarkt vor der befürchteten Überflutung mit Stahl aus der Dritten Welt schützen. Das ist auch nötig. Denn Feinbleche und T-Träger, die mit den Bush-Zöllen von bis zu 30 Prozent in den USA nun zu teuer geworden sind, müssen woanders verkauft werden, vornehmlich in Europa. Diese Abwehrschlacht soll über Zollkontingente und Einfuhrquoten gelingen. Das will die EU-Kommission am heutigen Montag beschließen.

Darüber hinaus aber will das selbstbewusster gewordene Brüssel auf die politisch motivierten Strafzölle der Amerikaner diesmal auch politisch antworten: mit Einfuhrzöllen auf Motorräder, auf Orangensaft oder auch auf Kleidung. In Europa müsste dann die Fan-Gemeinde von Harley Davidson sowie die Liebhaber von Levis-Jeans tiefer in die Tasche greifen.

Ein eskalierender Handelskrieg nutzt indes nur den US-Stahlkonzernen. Denn denen werden die Bush-Zölle in voller Höhe gutgeschrieben. Und er nutzt den Zölle kassierenden europäischen Finanzministern. Stahlkonzerne aber, wie Thyssen-Krupp, Arcelor oder Corus, profitieren davon nicht. Es wäre schon viel gewonnen, wenn es wenigstens gelänge, Europa von jenen Stahlmengen abzuschotten, die eigentlich für die USA gedacht waren. Sie würden hier zu Lande die Preise ruinieren und Arbeitsplätze vernichten.

Den Stahlkrieg aber zum Handelskrieg auf andere Fronten auszudehnen hieße, weltweit eine neue Lawine von Protektionismus loszutreten. BDI-Präsident Michael Rogowski warnt denn auch vor dem "raschen Griff zur Keule der Sanktionen", selbst wenn die US-Schutzzölle nach den WTO-Regeln rechtswidrig sind. Sonst droht das System des freiheitlichen Welthandels empfindlich beschädigt zu werden.

Selbst wenn die Mühlen der WTO langsam mahlen, ist das Abwarten ihrer Entscheidungen immer klüger als noch so berechtigte Schüsse aus der Hüfte gegen den freien Welthandel. Ein funktionierender Freihandel über alle Grenzen hinweg ist zudem, gerade auch aus Sicht der Dritten Welt und nicht erst seit Doha, die beste Form von Entwicklungshilfe und Friedenspolitik.

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Russland und die USA legen Geflügelstreit bei

 
15.04.02 06:06
Amerikanischem Druck weitgehend nachgegeben  

Russland hat am Wochenende das seit dem 10. März geltende Einfuhrverbot für amerikanisches Geflügelfleisch weitgehend aufgehoben und damit einen Streit entschärft, der in den letzten Wochen die Beziehungen mit Washington belastet hatte. Amerikanische Pouletteile - hierzulande als «Bush-Beinchen» verspottet - dürften damit schon bald wieder zum gewohnten Bild in russischen Läden gehören. Die Behörden hatten das Importverbot mit Bedenken wegen Salmonellen und umstrittener Futterzusätze begründet; weil es jedoch zeitlich mit der Einführung amerikanischer Strafzölle auf ausländische Stahllieferungen zusammenfiel, schenkten die meisten Beobachter den Beteuerungen Moskaus, es handle sich um ein reines Problem der Veterinärkontrolle, wenig Glauben, sondern vermuteten dahinter eine russische Antwort auf Washingtons Stahlpolitik.

Im letzten Jahr hatte Russland über 1 Mio. t Geflügel im Wert von 640 Mio. $ aus den USA importiert. Der Ausfall dieses bedeutenden Handelsguts - es macht rund ein Fünftel der US-Exporte nach Russland aus - beschäftigte deshalb längst nicht nur die Agrarexperten und Lebensmittelkontrolleure, sondern auch die politischen Führungen. Am Freitag hatte Präsident Bush in einem Telefonat seinen Amtskollegen Putin nochmals zu einem raschen Ende des Importstopps gedrängt. Zu diesem Zeitpunkt war der Kreml allerdings längst selber zur Einsicht gelangt, dass er in diesem Disput nichts zu gewinnen hatte. Denn die amerikanische Administration machte kein Hehl daraus, dass der russische Wunsch nach einer raschen Aufnahme in die Welthandelsorganisation (WTO) wenig Gehör finden könne, solange Russland seinen Markt nicht für amerikanisches Geflügel öffne. Auch die längst fällige Befreiung Russlands von der Anwendung des noch aus der Sowjetzeit stammenden Jackson-Vanik-Amendments, das bis heute ein formales Hindernis für normale Handelsbeziehungen darstellt, wurde an Fortschritte bei den «Bush-Beinchen» gekoppelt.

Nachdem die amerikanische Seite Russland Mitte der letzten Woche eine umfangreiche Dokumentation über ihre Lebensmittelkontrollen zugestellt hatte, reichte das russische Landwirtschaftsministerium nun die Hand zu einer gesichtswahrenden Lösung: Es kritisierte zwar, die USA wendeten beim Geflügel zweierlei Mass an - strikte Kontrollen bei Fleisch für die einheimischen Konsumenten und nur eine laxe Überprüfung der Exportware. Aber Agrarminister Alexei Gordejew zeigte sich befriedigt darüber, dass die Amerikaner auf die russischen Bedenken eingegangen seien und eine Reihe von organisatorischen Verbesserungen eingeführt hätten. Das Importverbot gilt nun noch für 14 Geflügelbetriebe, deren Produkte Salmonellen enthielten, sowie für Fleisch aus vier Teilstaaten, in denen die Vogelgrippe aufgetreten ist.

Moskau hat damit rechtzeitig vor wichtigen Verhandlungen einen das bilaterale Klima vergiftenden Streitpunkt ausgeräumt. Wirtschaftsminister German Gref reiste am Sonntag nach Washington, um mit der amerikanischen Regierung über eine Lockerung der Stahlsanktionen zu sprechen und Fortschritte auf dem Weg zu Russlands WTO-Beitritt zu erzielen.

NZZ-online

Gruß    
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