Duisenberg sieht EU im kommenden Jahr wieder auf Wachstumspfad
Die Europäische Union (EU) wird sich nach den Terroranschlägen in den USA im kommenden Jahr wieder auf dem Wachstumspfad bewegen und steht nicht am Rande einer Rezession. Dies sagte am Donnerstag EZB-Präsident Wim Duisenberg nach der EZB-Ratssitzung in Wien, die die Leitzinsen im Euroland unverändert bei 3,75 Prozent ließ.
Die Anschläge könnten zwar die Rückkehr zu hohen Wachstumsraten verzögern, zu einem absoluten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts werde es aber nicht kommen. Die fundamentale Lage in der EU sei vielmehr sehr positiv, sagte der Chef der europäischen Zentralbank. Insbesondere die fallenden Ölpreise seien positiv.
LEITZINSEN ANGEMESSEN ANGESICHTS INFLATIONSENTWICKLUNG
Duisenberg verteidigte die Entscheidung des EZB-Rates, die Leitzinsen nach der Zinssenkung vom 17. September um 50 Basispunkte diesmal unverändert zu lassen. Ein weiterer Zinsschritt wäre derzeit ins Leere gegangen und hätte nicht vertrauensfördernd gewirkt, sondern im Gegenteil die Sorgen erhöht. Er bezweifle, ob eine Serie von Zinssenkungen mehr Vertrauen schaffe.
Angesichts der rückläufigen Inflationsraten sei das aktuelle Zinsniveau der EZB angemessen und trage zur Preisstabilität auf mittlere Sicht bei, betonte Duisenberg. Im kommenden Jahr rechne er mit einer Inflation in der Euro-Zone von knapp unter zwei Prozent.
HAUPTAUFGABE, KONSUMENTEN- UND INVESTOREN-VERTRAUEN WIEDER HERZUSTELLEN
Die größte Aufgabe der europäischen Institutionen bestehe nach den Terroranschlägen darin, das Vertrauen der Konsumenten und der Investoren wieder herzustellen, sagte Duisenberg. Der beste Beitrag der EZB bestehe deshalb darin, zu einer stabilitäts-orientierten Geldpolitik beizutragen. Dabei werde die EZB weiter in engem Kontakt zur US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) stehen. Am 17. September hatte die EZB gleichzeitig mit der Fed die Zinsen gesenkt.
WECHSEL AN EZB-SPITZE IN 'KOMMENDEN ZWÖLF MONATEN' UNKLUG
Auf die Zukunft seiner Präsidentschaft angesprochen sagte Duisenberg, es sei "nicht klug", in den kommenden zwölf Monaten an der Spitze der EZB einen Wechsel vorzunehmen. Duisenberg hatte noch Anfang des Jahres erklärt, er werde nicht die vollen acht Jahre im Amt bleiben, sondern schon 2002 ausscheiden. Seit seiner Ernennung 1998 halten sich Spekulationen darüber, ob der Präsident der französischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, Duisenberg aufgrund einer "stillen Vereinbarung" nach vier Jahren ablösen soll. Im Juni erklärte Duisenberg dann, er wolle bis 2005 seinen Posten behalten.