Dubiose Geldverbrenner

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EinsamerSam.:

Dubiose Geldverbrenner

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12.02.06 09:45
Anlegerschützer warnen

Dubiose Geldverbrenner

Wer mit dem Intercity in den Hauptbahnhof München einfährt, den begrüßt rechter Hand ein 22-stöckiger, runder Büroturm, an dem das riesige Firmenschild „Go Yellow“ prangt. Der zum börsennotierten Unternehmen Varetis AG gehörende Internet-Branchenauskunftsdienst hatte dort nach Angaben von Aktionärsschützern als einziger Mieter insgesamt zehn Stockwerke gemietet, zu 27 Euro pro Quadratmeter. Macht schätzungsweise 60 000 Euro Mietkosten pro Monat. Gerade mal 16 Mitarbeiter verteilte das Unternehmen auf jedes Stockwerk.

MÜNCHEN. Inzwischen hat Go Yellow immerhin etwas abgespeckt. Den Luxus bezahlen aber leichtgläubige Anleger aus ihrem Ersparten. Go Yellow erzielte in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres ganze 400 000 Euro Umsatz. Fälle wie diesen hat die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) zuhauf ausgegraben und am Dienstag in ihrem Schwarzbuch in München präsentiert. Die Broschüre liest sich wie eine bittere Parodie auf Zeiten des Neuen Marktes. Die meisten Anleger haben seit damals zwar alles verloren. Aber so manchem Start-up-Unternehmen floss zum Höhepunkt des Spekulationsfiebers so viel zu, dass es ihm fünf Jahre später noch nicht gelungen ist, alles zu verbraten. „Es gibt Firmen, deren Barreserven sind höher als ihr derzeitiger Marktwert“, sagt SdK-Vorstand Klaus Schneider .

Und kaum bemerkt von der Öffentlichkeit wandert das Geld unter gut klingenden Bilanzpositionen weiter in großen Bündeln zum Fenster hinaus. So fand der Vorstandschef von Varetis, Klaus Harisch, bei seinem Amtsantritt Anfang 2004 noch knapp zwanzig Mill. Euro in der Kasse vor – Geld, das er nach den Recherchen der SdK in der Zwischenzeit trotz zweier Kapitalerhöhungen ohne nennenswerten Rückfluss unter die Leute gebracht hat. Einen netten Batzen dürfte dabei auch Modesternchen Paris Hilton und Entertainer Thomas Gottschalk abbekommen haben, die für Go Yellow geworben haben. Dass die Kosten den Umsatz deutlich übersteigen, hält man bei Go Yellow für normal. „Wir sind ein Start-up“, sagt eine Firmensprecherin. „Der Umsatz kommt erst noch.“ Auch miete man derzeit nur noch vier Stockwerke für 90 Mitarbeiter.

Kein Einzelfall: Rund 200 Millionen Euro hat die kleine Softwarefirma Lion Bioscience seit ihrem Börsengang im Juli 2000 verpulvert. Die Aktie kam zu 44 Euro auf den Markt, und notiert derzeit bei rund 1,15 Euro. Über Jahre war der Verlust der Firma doppelt so hoch wie der Umsatz, wie die Anlegerschützer ermittelten – unter vorübergehender Kontrolle von Aufsichtsräten wie dem ehemaligen Aventis-Chef Jürgen Dormann und dem Ex-Finanzvorstand von Schering, Klaus Pohle, die allerdings ebenso schnell wie eine Reihe von Vorständen das Weite suchten. Inzwischen dämmert es dem verbleibenden Aufsichtsrat und Großaktionär Friedrich von Bohlen, dass an dem Geschäftsmodell etwas nicht stimmt. Das Hauptgeschäft Bioinformatik sollte mit Zustimmung einer außerordentlichen Hauptversammlung verkauft werden; stattdessen wollte sich von Bohlen im Private-Equity-Geschäft versuchen. So rechtes Vertrauen kam bei den freien Aktionären nicht auf. Sie lehnten den Vorschlag ab.

Da hat es wohl am rechten Geschick gemangelt. Die CE Consumer Electronic hat ihre Hauptversammlungen offenbar besser im Griff. Das Unternehmen, das im Neuen Markt als Handelsfirma mit hochwertigen Halbleitern auftrat, hatte seit Ende 2001 rund 112 Mill. Euro Eigenkapital vollständig aufgebraucht. Im Dezember 2005 sollten die Aktionäre das auf null herabgesetzte Grundkapital gegen Bareinlagen wieder aufstocken. Um weiter dabei zu sein, hätten sie 4,50 Euro je Aktie aufbringen müssen – institutionelle Investoren und der Vorstandsvorsitzende Michael Negel dagegen sollten ihre neuen Aktien zu einem Euro das Stück bekommen. Um das durchzupeitschen, bedurfte es der Dreiviertel-Mehrheit einer außerordentlichen Hauptversammlung. Zögerlich versandte Stimmkarten sorgten für die magere Präsenz von acht Prozent des stimmberechtigten Kapitals. Die bei der ersten Abstimmung dennoch verfehlten 75 Prozent wurden drei Stunden später mit einer leicht abgeänderten neuen Beschlussvorlage und ein wenig Geschiebe hinter den Kulissen doch noch erreicht. Die Anlegerschützer legten Anfechtungsklage ein. Vorstandschef Negel hält dagegen: „Unseres Erachtens sind die Klagen durchgehend unbegründet.“

Der leichtere Weg zu frischem Kapital ist längst wieder der Börsengang (IPO). „Wer schon mal auf dem Neuen Markt eingebrochen ist, spielt jetzt nicht mehr mit. Aber inzwischen hat sich längst wieder eine neue Gruppe von Börsenspekulanten gebildet“, sagt Anlegerschützer Schneider. Die junge Generation der Aktienkäufer hat sich gerne auch bei Leasing 99 engagiert, einem selbst ernannten „Premium-Anbieter im Autoleasing-Geschäft“, der zum Jahresende gerade mal 438 Leasingverträge vorweisen konnte. Bei einem Kurs von rund 44 Euro bewertete die Börse das Unternehmen Ende Januar 2006 mit 45 Mill. Euro. Vorstand Norbert Bozon hält die Bedenken der Aktionärsschützer aber für unbegründet. Das Unternehmen arbeite wirtschaftlich, sagt er und stellt ein positives Ergebnis in Aussicht.

Dagegen dürfte Beobachtern da der enttäuschende Börsengang des Abonnementen-Senders Premiere noch solide vorkommen. Immerhin verfügt das Unternehmen über ein richtiges Geschäft. Aktionäre haben allerdings seit dem ersten Handelstag im März 2005 einen Kurseinbruch von 32 Euro auf rund zwölf Euro hinnehmen müssen, weil das TV-Unternehmen die Senderechte für die Fußball-Bundesliga verloren hat. Die Aktionärsschützer verliehen dem Emissionskonsortium von Hypo-Vereinsbank, Credit Suisse und Morgan Stanley die IPO-Zitrone 2005. Denn der Großteil der Erlöse sei nicht in das Sendergeschäft, sondern an die Altaktionäre geflossen – darunter die Hypo-Vereinsbank.

Wie sich Anleger schützen können

  • Informieren
    E-Mails von selbst ernannten Börsengurus mit heißen Tipps sind die falsche Quelle. Wichtiger sind Umsatz- und Gewinnzahlen und das Geschäftsmodell. Im Idealfall ist der Umsatz höher als die Kosten. Bei Start-ups sollte er zumindest nicht viel niedriger sein und rasch wachsen.
  • Abstimmen
    Auf Hauptversammlungen zählt oft jede Stimme, vor allem wenn Altaktionäre – wie im Fall der Handelsfirma CE Consumer Electronic – neue Mittel nachschießen sollen.
  • Hilfe suchen
    Anlegerschützer helfen mit Informationen und vertreten Aktionäre auf Hauptversammlungen. Internetadressen: Handelsblatt.com ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten www.sdk.org und Handelsblatt.com ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten www.dsw-info.de.

Quelle: HANDELSBLATT, Mittwoch, 08. Februar 2006, 11:04 Uhr

...be invested
 
Der Einsame Samariter

Dubiose Geldverbrenner 2383775
Klaus_Dieter:

da kann man einfach die Zeichner - Geldgeber

 
12.02.06 10:05
überhaupt nicht verstehen!

Da werden rosigste Prognosen aufgeführt, was mal in 10 Jahren sein SOLL oder KÖNNTE, und Umsätze die ein zehntel der Kosten ausmachen hochgejubelt.

Und es gibt eine breite Schar von Spekulaten, Aktionären, die geben das Geld dahin!
Die ein oder andere Firma mag es auch mal schaffen, auch ist möglich, das nicht mal in allen Fälle unseriöse Absicht dahinter steckt, doch so kann es einfach nicht laufen!

Die Regel sollte einfach sein, dass ein Unternehmen wächst, engagierte Gründer hat, die mit eigenem Geld voll haften, sich in die Sache einbringen, und dann auch schon mal Umsätze und zumindest die sehr wahrscheinlche Aussicht auf Gewinne beweisen kann, und dann an die Börse geht!

Doch das wird nicht honoriert!
Hochtrabende Prognosen an den tage zu legen, das Geschäftmodell in allen Einzelheiten, die dann doch wohl kaum einer der durchschnittlichen Anleger so richtig versteht, darzulegen, und dann gleich ettliche Millionen einzusammeln und ganz gross zu starten, scheint wohl lukrativer zu sein!
shaker:

Tja so ist die Börse nunmal!

 
12.02.06 11:34
Mann kann 100 % verlieren aber auch 1000ende gewinnen.
Am Anfang fällt man noch auf solche Firmen rein, doch mit der Zeit sollte man diese Abzocke durchschaut haben.
slimmy:

Geld verbrannt - Hitze bleibt (Lion Bioscience)

 
06.04.06 17:04
Die Tatsache, daß Entwickler und Software noch Interessenten finden, daß die Firma noch sendet und daß die ganze Welt mit der Software arbeitet, sollte einen nachdenklich stimmen.. Ein Schwelbrand, der plötzlich loslegt? Die spuren zu den ganz großen Pharma-Ecken sind nicht zu übersehen.. strong HOLD!
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