Dienstag 29. Mai 2001, 06:45 Uhr
Ausblick/Telekom-Aktionäre lesen Sommer die Leviten
Von vwd Korrespondent Stefan Paul Mechnig Düsseldorf (vwd) - "Grob pflichtwidrige Geschäftsführungsmaßnahmen", "Vermögensvernichtung in Rekordhöhe", "großer Vertrauensschaden" - die verärgerten Anleger werden dem "Team Telekom" auf der Hauptversammlung am Dienstag in Köln kräftig die Leviten lesen. Zündstoff ist reichlich vorhanden: Der Kursverfall der "Volksaktie", die Immobilien-Affäre, die Milliarden für UMTS, der Kauf der verlustreichen VoiceStream und vieles mehr. Aktionärsschützer wollen dem Vorstand um den Vorsitzenden Ron Sommer und dem Aufsichtsrat deshalb die Entlastung verweigern. Außerdem werden sie eine Sonderprüfung zur umstrittenen Abwertung der Liegenschaften beantragen. Zu der Veranstaltung, bei der wieder Tausende Anteilseigner erwartet werden, gibt es fast so viele Gegenanträge wie Tagesordnungspunkte. Zentrale Vorhaben der Deutschen Telekom AG sind ein neuer Aktionsoptionsplan für ihre Führungskräfte und eine Ermächtigung zum Kauf eigener Aktien. Beide Ansinnen stoßen bei den Aktionärsvertretern auf Ablehnung. Die Bedingung für die Ausübung der Optionen, eine Kurssteigerung von jährlich 20 Prozent, halten sie für wenig ambitioniert; ihrer Ansicht nach wäre die Orientierung an einer Indexentwicklung die geeignete Hürde. Auch sei der Verwässerungseffekt für die Aktionäre zu groß, und die Transparenz lasse zu wünschen übrig. Im Mittelpunkt stehen aber die Initiativen der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK), der Spitze des Bonner Konzerns keine Entlastung zu gewähren. Auch der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sowie die von der langjährigen SdK-Wortführerin Anneliese Hieke gegründete Organisation Aktionärinnen e.V. haben entsprechende Gegenanträge gestellt. Sie machen Sommer und dessen Kollegen für die massiven Verluste der T-Aktie verantwortlich, die heute nur noch ein Drittel des Wertes hat, den sie noch zur Hauptversammlung vor einem Jahr besaß. DSW und SdK kreiden dem Vorstand eine Reihe von Pflichtverstößen und Fehlern an, besonders bei den Vorgängen um die Berichtigung des Immobilienbuchwertes, die auch zu einer erheblichen Schmälerung des Jahresüberschusses geführt hat. Die Aktionärschützer meinen, dass die Anleger bei der dritten Aktienemission vorigen Sommer draufgezahlt haben: Wäre das Anlagevermögen schon damals, wie vermutlich nötig, abgewertet worden, dann wäre auch die T-Aktie billiger zu haben gewesen. An den Aufsichtsrat richtet sich der Vorwurf, er sei in Sachen Immobilien seiner Kontroll- und Beratungspflicht nicht nachgekommen. Diese Anschuldigung erheben die Aktionärsvereinigungen auch hinsichtlich der teuren Ausgaben für die US-Mobilfunkgesellschaft VoiceStream Wireless und die UMTS-Mobilfunklizenzen, deren wirklicher Wert in den Sternen stehe. Klarheit in die Immobilienangelegenheit will die DSW mit einer Sonderprüfung bringen. Dazu wurde ihr das Stimmrecht für fast eine halbe Million Aktien übertragen. Für die Annahme ihres Antrages ist die einfache Mehrheit nötig. Da der Bund als dominierender Gesellschafter den Vorstoß abblocken kann, fordert die DSW seine Stimmenthaltung. Sollte die Initiative auf der Hauptversammlung scheitern, könnte die Bestellung eines Sonderprüfers noch per Gericht erzwungen werden. Die Chancen dafür wären laut DSW relativ gut. +++ Stefan Paul Mechnig vwd/29.5.2001/stm/gl