Von Gerhard Hegmann, München
Der deutsch-amerikanische Regionalflugzeughersteller Fairchild Dornier will an diesem Dienstag Insolvenzantrag stellen. Das Unternehmen beschäftigt knapp 4300 Mitarbeiter.
Die Gespräche mit potenziellen Investoren blieben bislang ohne konkretes Ergebnis, und angesichts der sinkenden Liquidität droht die Zahlungsunfähigkeit. Wie es aus gut unterrichteten Quellen im Unternehmen weiter heißt, könnte sich mit der Einsetzung eines Insolvenzverwalters aber eine neue und verbesserte Ausgangslage für eine Übernahme von Fairchild Dornier ergeben. Das Unternehmen könnte dann möglicherweise sogar zu einem symbolischen Preis verkauft werden. "Die bisherigen Übernahmegespräche sind auch an den unterschiedlichen Preisvorstellungen gescheitert", sagte ein gut informierter Firmenkenner, der nicht genannt werden möchte.
Für Dienstagnachmittag ist am deutschen Firmenstandort Oberpfaffenhofen bei München mit 3600 Beschäftigten eine außerordentliche Betriebsversammlung geplant. Als Hauptinteressenten für einen Einstieg gelten der US-Konzern Boeing und der kanadische Bombardier-Konzern. Ein Fairchild-Dornier-Sprecher lehnte Detailangaben zur aktuellen Finanzlage oder zu den Übernahmegesprächen ab. "Es haben auch über die Osterfeiertage Gespräche mit denkbaren Partnern stattgefunden", sagte der Sprecher am Montag. Fairchild Dornier hatte Anfang März bestätigt, dass zur Unternehmensabsicherung und zur weiteren Finanzierung der neuen Regionalflugzeugfamilie 728 ein strategischer Partner gesucht wird.
Der weltweit drittgrößte Hersteller von Regionalflugzeugen nach Bombardier (Kanada) und Embraer (Brasilien) gehört seit Anfang 2000 den beiden Wagnisfinanzierungsgesellschaften Clayton Dubiler & Rice (CD&R, USA) und Allianz Capital Partners (Allianz-Konzern, Deutschland). Sie zahlten zusammen rund 400 Mio. $ Eigenkapital; ein Bankenkonsortium gab einen Kredit von rund 800 Mio. $, der durch Bürgschaften vom Bund und dem Land Bayern abgesichert ist. Im Frühjahr wurde ein weiteres Finanzierungspaket über 870 Mio. $ mit den Wagnisfinanzierungsgesellschaften verhandelt, mit einem Bürgschaftsanteil durch den Bund und Bayern über 345 Mio. $. Die praktische Umsetzung dieser Finanzierungshilfe ist aber gestoppt, weil die Wagnisfinanzierer und die Geschäftsführung erkannt hatten, dass zur Unternehmensrettung ein strategischer Partner als weiterer Finanzier gefunden werden muss.
Aufsichtsratsvorsitzender Chuck Pieper bezeichnete die Lage bei Fairchild Dornier vor zwei Wochen als "kritisch". Das Unternehmen habe einen monatlichen Geldverbrauch von derzeit 50 Mio. $. In Luftfahrtkreisen wird auch auf unwirtschaftliche Strukturen mit einer Vertriebszentrale in Virginia City, Washington, sowie der Tragflächenproduktion für das kleinere Modell 328 in San Antonio, Texas verwiesen.
Bayerischer Vorzeigebetrieb
In den letzten Wochen sind intensive Gespräche zur Rettung des Unternehmens auch auf politischer Ebene angelaufen, unter Einschaltung des Bundeskanzleramts und von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber. Fairchild Dornier gilt als ein Hightech-Vorzeigebetrieb in Bayern. Ein endgültiges Aus wäre auch eine Imageniederlage für den Kanzlerkandidaten Stoiber. In Luftfahrtkreisen gelten die Firmen Boeing, Bombardier und Raytheon (USA) als potenzielle Käufer. Berichte über ein angebliches Scheitern der Gespräche mit Boeing oder Bombardier werden als Taktik und Verhandlungsstrategie bewertet.
Der europäische EADS-Konzern hat nach Angaben seines deutschen Co-Vorsitzenden Rainer Hertrich kein Interesse an einem neuen Investment bei Dornier. Bei einem drohenden Konkurs von Fairchild Dornier könnte allerdings der politische Druck auf EADS steigen. Hertrich ist auch Präsident des deutschen Luftfahrtindustrieverbands BDLI.
Die deutsche EADS-Vorläufergesellschaft Dasa war 1996 bei der damaligen Dornier Luftfahrt zum symbolischen Preis von 1 $ sowie der kompletten Übernahme der Altschulden ausgestiegen. "Die Dornier-Beschäftigten kennen das Thema Rettung vor dem Abgrund und Verkauf zu einem symbolischen Preis", sagt ein Mitarbeiter.
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Große Pläne
Zukunft
Mit dem neuen Modell 728, das erstmals Ende nächsten Jahres bei der Lufthansa eingesetzt werden soll, will Fairchild Dornier den Grundstein für eine Modellfamilie mit 70 bis 110 Sitzplätzen schaffen. Der Umsatz soll von knapp 600 Mio. $ im Geschäftsjahr 2000/2001 auf bis zu 5 Mrd. $ 2008 steigen.
Gegenwart
Bei einem monatlichen Mittelverbrauch von 50 Mio. $ kämpft das Unternehmen mit Absatzproblemen durch die Luftfahrtkrise, einem Importstopp in China und sinkenden Airbus-Zulieferungen. Weltweit gibt es einen Konzentrationsprozess.
Vergangenheit
Die ehemalige Dasa stieg 1996 zum symbolischen Preis von 1 $ bei der früheren Dornier Luftfahrt aus. EADS ist noch mit 1,5 Prozent an Fairchild Dornier beteiligt.
© 2002 Financial Times Deutschland
Der deutsch-amerikanische Regionalflugzeughersteller Fairchild Dornier will an diesem Dienstag Insolvenzantrag stellen. Das Unternehmen beschäftigt knapp 4300 Mitarbeiter.
Die Gespräche mit potenziellen Investoren blieben bislang ohne konkretes Ergebnis, und angesichts der sinkenden Liquidität droht die Zahlungsunfähigkeit. Wie es aus gut unterrichteten Quellen im Unternehmen weiter heißt, könnte sich mit der Einsetzung eines Insolvenzverwalters aber eine neue und verbesserte Ausgangslage für eine Übernahme von Fairchild Dornier ergeben. Das Unternehmen könnte dann möglicherweise sogar zu einem symbolischen Preis verkauft werden. "Die bisherigen Übernahmegespräche sind auch an den unterschiedlichen Preisvorstellungen gescheitert", sagte ein gut informierter Firmenkenner, der nicht genannt werden möchte.
Für Dienstagnachmittag ist am deutschen Firmenstandort Oberpfaffenhofen bei München mit 3600 Beschäftigten eine außerordentliche Betriebsversammlung geplant. Als Hauptinteressenten für einen Einstieg gelten der US-Konzern Boeing und der kanadische Bombardier-Konzern. Ein Fairchild-Dornier-Sprecher lehnte Detailangaben zur aktuellen Finanzlage oder zu den Übernahmegesprächen ab. "Es haben auch über die Osterfeiertage Gespräche mit denkbaren Partnern stattgefunden", sagte der Sprecher am Montag. Fairchild Dornier hatte Anfang März bestätigt, dass zur Unternehmensabsicherung und zur weiteren Finanzierung der neuen Regionalflugzeugfamilie 728 ein strategischer Partner gesucht wird.
Der weltweit drittgrößte Hersteller von Regionalflugzeugen nach Bombardier (Kanada) und Embraer (Brasilien) gehört seit Anfang 2000 den beiden Wagnisfinanzierungsgesellschaften Clayton Dubiler & Rice (CD&R, USA) und Allianz Capital Partners (Allianz-Konzern, Deutschland). Sie zahlten zusammen rund 400 Mio. $ Eigenkapital; ein Bankenkonsortium gab einen Kredit von rund 800 Mio. $, der durch Bürgschaften vom Bund und dem Land Bayern abgesichert ist. Im Frühjahr wurde ein weiteres Finanzierungspaket über 870 Mio. $ mit den Wagnisfinanzierungsgesellschaften verhandelt, mit einem Bürgschaftsanteil durch den Bund und Bayern über 345 Mio. $. Die praktische Umsetzung dieser Finanzierungshilfe ist aber gestoppt, weil die Wagnisfinanzierer und die Geschäftsführung erkannt hatten, dass zur Unternehmensrettung ein strategischer Partner als weiterer Finanzier gefunden werden muss.
Aufsichtsratsvorsitzender Chuck Pieper bezeichnete die Lage bei Fairchild Dornier vor zwei Wochen als "kritisch". Das Unternehmen habe einen monatlichen Geldverbrauch von derzeit 50 Mio. $. In Luftfahrtkreisen wird auch auf unwirtschaftliche Strukturen mit einer Vertriebszentrale in Virginia City, Washington, sowie der Tragflächenproduktion für das kleinere Modell 328 in San Antonio, Texas verwiesen.
Bayerischer Vorzeigebetrieb
In den letzten Wochen sind intensive Gespräche zur Rettung des Unternehmens auch auf politischer Ebene angelaufen, unter Einschaltung des Bundeskanzleramts und von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber. Fairchild Dornier gilt als ein Hightech-Vorzeigebetrieb in Bayern. Ein endgültiges Aus wäre auch eine Imageniederlage für den Kanzlerkandidaten Stoiber. In Luftfahrtkreisen gelten die Firmen Boeing, Bombardier und Raytheon (USA) als potenzielle Käufer. Berichte über ein angebliches Scheitern der Gespräche mit Boeing oder Bombardier werden als Taktik und Verhandlungsstrategie bewertet.
Der europäische EADS-Konzern hat nach Angaben seines deutschen Co-Vorsitzenden Rainer Hertrich kein Interesse an einem neuen Investment bei Dornier. Bei einem drohenden Konkurs von Fairchild Dornier könnte allerdings der politische Druck auf EADS steigen. Hertrich ist auch Präsident des deutschen Luftfahrtindustrieverbands BDLI.
Die deutsche EADS-Vorläufergesellschaft Dasa war 1996 bei der damaligen Dornier Luftfahrt zum symbolischen Preis von 1 $ sowie der kompletten Übernahme der Altschulden ausgestiegen. "Die Dornier-Beschäftigten kennen das Thema Rettung vor dem Abgrund und Verkauf zu einem symbolischen Preis", sagt ein Mitarbeiter.
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Große Pläne
Zukunft
Mit dem neuen Modell 728, das erstmals Ende nächsten Jahres bei der Lufthansa eingesetzt werden soll, will Fairchild Dornier den Grundstein für eine Modellfamilie mit 70 bis 110 Sitzplätzen schaffen. Der Umsatz soll von knapp 600 Mio. $ im Geschäftsjahr 2000/2001 auf bis zu 5 Mrd. $ 2008 steigen.
Gegenwart
Bei einem monatlichen Mittelverbrauch von 50 Mio. $ kämpft das Unternehmen mit Absatzproblemen durch die Luftfahrtkrise, einem Importstopp in China und sinkenden Airbus-Zulieferungen. Weltweit gibt es einen Konzentrationsprozess.
Vergangenheit
Die ehemalige Dasa stieg 1996 zum symbolischen Preis von 1 $ bei der früheren Dornier Luftfahrt aus. EADS ist noch mit 1,5 Prozent an Fairchild Dornier beteiligt.
© 2002 Financial Times Deutschland