Don't Panic

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daxbunny:

Don't Panic

 
22.09.05 18:16

Don't Panic

von Jochen Steffens

Kaum fällt der Dax zwei Tage hintereinander, kriege ich wieder E-Mails von Lesern, die mehr als bearish sind. Offenbar herrscht Panik. Liebe Bären, so wird das nichts mit dem Crash, wenn sofort immer alle bei den "kleinsten" Anlässen anfangen, in Weltuntergangsstimmung zu geraten ...

Verstehen kann man natürlich die aktuellen Sorgen.

Kaum hat Alan Greenspan gesprochen, auf inflationäre Gefahren hingewiesen, ausgelöst durch die gestiegenen Energiepreise, beiläufig auf die stabile US-Wirtschaft aufmerksam gemacht und verkündet, dass die Auswirkungen von Katrina nur kurzfristig belasten werden, da stürmt schon der nächste Hurrikan mit dem hübschen Namen "Rita" durch die Albträume der Investoren.

Natürlich sind nach dem immer noch höchstaktuellen "Katrina-Trauma" die Ängste jetzt besonders groß, der Ölpreis schießt in die Höhe, weil in Texas, dort wo der Hurrikan anlanden soll, die Ölindustrie gefährdet ist.

Das Aus für Alan?

Die geneigten Analysten fragen sich: "Wird der durch Katrina ins Straucheln geratene Alan Greenspan nun von einer zweiten Frau endgültig von den Beinen gehoben?" Die Bären wissen darauf eine eindeutige Antwort, die Bullen sind verunsichert.

Denkbar ist es natürlich, denkbar ist immer – alles. Doch bleiben wir bei der Realität, bei dem, was wirklich passiert. Dazu müssen Sie nur sehr aufmerksam beobachten: Wenn Sie verfolgt haben, was Alan Greenspan gesagt hat, so erkennen Sie, dass er genau so reagiert hat, wie ich es vermutet habe: Er weist auf die Inflation hin, behauptet, das Wirtschaftswachstum in den USA sei stark, und hebt weiter die Zinsen an. So hat er später, wenn die tatsächlichen Auswirkungen auf die Wirtschaft bekannt werden, mehr Spielraum für Zinssenkungen. Und wie immer verheimlicht er nicht einmal, dass der Hurrikan Auswirkungen haben wird. Perfekt. Ich weiß sowieso nicht, warum die Menschen so wenig Greenspans Worte glauben. In den letzten Jahren hat er eigentlich immer mit seinen öffentlichen Prognosen Recht behalten – doch wen interessiert es.

Wie verhalten sich die Institutionellen?

Ich hatte auch darauf hingewiesen, dass man nun darauf achten muss, wann die Institutionellen anfangen, sich auf das Ende der Zinserhöhungsphase zu positionieren. Moment! Als gestern die Nachricht, dass Rita zum drittgrößten Hurrikan aller Zeiten in den USA angewachsen ist und auf Texas zusteuert, durch die Medien gejagt wurde, wie haben da die Märkte reagiert? Dow, Nasdaq und S&P haben lediglich mickrige 1 % verloren.

Mickrige 1 % ! Hätten die Märkte nach so einer Nachricht nicht dramatischer einbrechen müssen? Also ehrlich, eine 1,7 oder sogar 2 % Minus Nachricht war das sicherlich. Welcher Wahnsinnige kauft Aktien, wenn ein solcher Hurrikan bevorsteht und die Ölindustrie gefährdet ist, der Ölpreis dramatisch steigt und wir uns in einer Zinserhöhungsphase befinden? Nur Verrückte, die nichts eiligeres zu tun haben, als sich von ihrem Geld zu trennen?

Die starken Hände, eine Sache der Erfahrung

Natürlich nicht, es sind die starken Hände, die den schwachen Händen wie immer die Aktien aus den Händen nehmen. Es sind die Investoren, die all diese Katastrophen und Horrormeldungen schon zum 40ten Mal miterleben und wissen, jede Katastrophe ist ein Kaufsignal, das war nach dem 11. September so, nach London, nach Katrina, nach zu Beginn des Irak-Kriegs. Nein, aber dieses Mal, höre ich die Bären sagen, dieses Mal ist es anders! Dieser Hurrikan wird der Genickbruch der amerikanischen Wirtschaft sein.

Hey, klar, das kann sein. Nein, das meine ich ernst. Aber ich setzte so lange darauf, dass Katastrophen an den Börsen kurze Beine haben, bis mir das Gegenteil bewiesen ist. Ich werde dann zwar etwas Geld verlieren, aber die vielen Male, wo sich das bestätigt, habe ich dann schon so viel verdient, dass ich das eine Mal, wo ich falsch liege, verkraften kann.

Offenbar kaufen die starken Hände, die Zeit haben, die die finanzielle Kraft haben, auch größere Kursverluste zu ertragen, vorsichtig ein und nehmen den Ängstlichen die Aktien aus den Händen.

Kaufe die Panik

Und wenn eine Panik ausbricht, werden sie massiv einsteigen.

Denkbar wäre zum Beispiel, dass am Montag, nachdem der Hurrikan Rita über das Land gefegt ist, nachdem die ersten Horrormeldungen unsere geliebten Fernseher heimsuchen, dann auch den letzten Zittrigen die Nerven reißen und verkaufen. Die starken Hände reiben sich selbige und kaufen alles auf, was zu finden ist.

Der geneigte Chartist erkennt das daran, dass die Umsätze stark zunehmen, eine Zeit lang, während sich der Kurs kaum bewegt (intraday), und ich meine wirklich stark zunehmen. Das ist das Schlachtsignal für die Trader, die Zocker, die Starken und die Institutionellen, einzusteigen.

Mit welcher Erwartung kann man kaufen?

Hm, aber muss nicht irgendetwas positiv sein, damit man längerfristig kaufen kann? Ja, die Hurrikan-Saison geht nun vorbei, allein das ist doch schon ein Grund für Hoffnung. Zudem ist nun alles derart negativ, dass man wieder auf das "es kann nur besser werden" spekulieren kann. Wenn es wirkliche Verwerfungen geben würde, dann würde der Dollar stärker schwächeln und die Märkte dramatischer fallen.

Ich sehe viel Panik, viel Wind, aber wenig Grund zur wirklichen Sorge. Die Fed hat alles richtig gemacht, ich denke nach wie vor, sie wird sogar noch eine Zinserhöhung beschließen und dann, je nachdem, wie Rita sich verhält, über einzelne Fedmitglieder Kommentare veröffentlichen, die in Richtung Zinsstabilität oder -senkung gehen.

Wie geht man mit so einer Situation um: Der Dax hat noch etwas Platz nach unten, diesen kann er, muss er aber nicht ausnutzen. Passen Sie Ihre Positionsgrößen an die aktuelle Situation an, aber geraten Sie nicht in Panik! Dafür besteht im Moment kein Grund. Sollten Sie erkennen, dass die Märkte wieder mehr Stärke zeigen, steigen Sie vorsichtig ein.

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