Dividende keine Garantie gegen Kursverfall
14. August 2003 Die Bedeutung der Dividende für die künftige Kursentwicklung einer Aktie wird überschätzt. So ist eine hohe Dividende keine Garantie dafür, daß der Aktienkurs zumindest stabil bleibt. Dagegen nehmen Aktien mit niedriger Dividendenrendite oft sogar eine überdurchschnittliche Kursentwicklung. Dies zeigt ein 12-Monats-Vergleich der Gewinner und Verlierer im Dax (siehe Graphik). In Amerika ist der Zusammenhang noch klarer. Byron Wien, Analyst von Morgan Stanley, hat die 500 Aktien im Index Standard & Poor's nach ihrer Dividendenrendite geordnet und Pakete à 100 Aktien gebildet. Die Gruppe der hundert Aktien mit der niedrigsten Dividendenrendite weist die beste Kursentwicklung auf Sicht von zwölf Monaten auf; die Aktiengruppe mit der zweitniedrigsten Dividendenrendite schneidet in der Kursentwicklung am zweitbesten ab.
Dies ist überraschend. Denn eine Dividende gilt gerade in Phasen hoher Unsicherheit am Aktienmarkt zumindest als kursstabilisierend. Im Frühjahr, als die Renditen von Bundesanleihen bis auf 3,5 Prozent fielen, hatten viele Dax-Aktien eine ähnlich hohe Dividendenrendite. Sie wird berechnet, indem die Dividende als einziger Wertzuwachs für den Aktionär angenommen und durch den Aktienkurs geteilt wird. Daß die Aktien in diesem Renditevergleich, der ihr höheres Kurspotential außen vorläßt, nicht deutlich schlechter als die Anleihen abschnitten, diente vielen Börsianern als Argument dafür, Gelder in den Aktienmarkt umzulenken. Auch die Rekordmittelzuflüsse eines neu aufgelegten DWS-Fonds, der in dividendenstarke Werte investiert, zeigt die vermeintliche Relevanz als Anlagethema. Die steuerliche Besserstellung der Dividende in Amerika erhöhte zusätzlich ihre Attraktivität für den Aktionär.
Telekom-Aktionäre können gelassen bleiben
Doch ein Blick auf die Kursentwicklung von TUI, RWE und Daimler-Chrysler zeigt, daß Aktien mit hoher Dividendenrendite vor hohen Kursverlusten nicht gefeit sind. Die Mitteilung des Telekom-Vorstandes von Donnerstag, im Frühjahr 2004 keine Dividende auszuschütten, können die Aktionäre insofern gelassen sehen. Die Ankündigung, vom Frühjahr 2005 an möglicherweise wieder eine Dividende zu zahlen, ebenso. Denn die Entscheidung des Telekom-Vorstandes im November 2002, die Dividendenzahlung im Jahr 2003 erstmals auszusetzen, hat der Aktie nicht geschadet. Sie liegt im 12-Monats-Vergleich auf Platz vier der besten Aktien im Dax. Auch die besser plazierten Fresenius Medical Care und SAP haben eine unterdurchschnittliche Dividendenrendite.
Dividende ist eben nicht alles. In Amerika haben vor allem Technologieaktien in den letzten zwölf Monaten überdurchschnittliche Kursgewinne erzielt. Ihren Vorständen trauen die Anleger offenbar zu, so zu investieren, daß die Gewinne und der Wert der Unternehmen steigen. Die Nachricht, die Deutsche Telekom werde abermals keine Dividende zahlen, wurde nicht nur am Anleihemarkt mit Zustimmung aufgenommen. Auch viele Aktionäre halten einen weiteren Schuldenabbau, der die Kosten für das Fremdkapital verringert, im Gegensatz zur Dividendenzahlung für die bessere Gewinnverwendung.
Text: ham. / Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.08.2003, Nr. 188 / Seite 21
14. August 2003 Die Bedeutung der Dividende für die künftige Kursentwicklung einer Aktie wird überschätzt. So ist eine hohe Dividende keine Garantie dafür, daß der Aktienkurs zumindest stabil bleibt. Dagegen nehmen Aktien mit niedriger Dividendenrendite oft sogar eine überdurchschnittliche Kursentwicklung. Dies zeigt ein 12-Monats-Vergleich der Gewinner und Verlierer im Dax (siehe Graphik). In Amerika ist der Zusammenhang noch klarer. Byron Wien, Analyst von Morgan Stanley, hat die 500 Aktien im Index Standard & Poor's nach ihrer Dividendenrendite geordnet und Pakete à 100 Aktien gebildet. Die Gruppe der hundert Aktien mit der niedrigsten Dividendenrendite weist die beste Kursentwicklung auf Sicht von zwölf Monaten auf; die Aktiengruppe mit der zweitniedrigsten Dividendenrendite schneidet in der Kursentwicklung am zweitbesten ab.
Dies ist überraschend. Denn eine Dividende gilt gerade in Phasen hoher Unsicherheit am Aktienmarkt zumindest als kursstabilisierend. Im Frühjahr, als die Renditen von Bundesanleihen bis auf 3,5 Prozent fielen, hatten viele Dax-Aktien eine ähnlich hohe Dividendenrendite. Sie wird berechnet, indem die Dividende als einziger Wertzuwachs für den Aktionär angenommen und durch den Aktienkurs geteilt wird. Daß die Aktien in diesem Renditevergleich, der ihr höheres Kurspotential außen vorläßt, nicht deutlich schlechter als die Anleihen abschnitten, diente vielen Börsianern als Argument dafür, Gelder in den Aktienmarkt umzulenken. Auch die Rekordmittelzuflüsse eines neu aufgelegten DWS-Fonds, der in dividendenstarke Werte investiert, zeigt die vermeintliche Relevanz als Anlagethema. Die steuerliche Besserstellung der Dividende in Amerika erhöhte zusätzlich ihre Attraktivität für den Aktionär.
Telekom-Aktionäre können gelassen bleiben
Doch ein Blick auf die Kursentwicklung von TUI, RWE und Daimler-Chrysler zeigt, daß Aktien mit hoher Dividendenrendite vor hohen Kursverlusten nicht gefeit sind. Die Mitteilung des Telekom-Vorstandes von Donnerstag, im Frühjahr 2004 keine Dividende auszuschütten, können die Aktionäre insofern gelassen sehen. Die Ankündigung, vom Frühjahr 2005 an möglicherweise wieder eine Dividende zu zahlen, ebenso. Denn die Entscheidung des Telekom-Vorstandes im November 2002, die Dividendenzahlung im Jahr 2003 erstmals auszusetzen, hat der Aktie nicht geschadet. Sie liegt im 12-Monats-Vergleich auf Platz vier der besten Aktien im Dax. Auch die besser plazierten Fresenius Medical Care und SAP haben eine unterdurchschnittliche Dividendenrendite.
Dividende ist eben nicht alles. In Amerika haben vor allem Technologieaktien in den letzten zwölf Monaten überdurchschnittliche Kursgewinne erzielt. Ihren Vorständen trauen die Anleger offenbar zu, so zu investieren, daß die Gewinne und der Wert der Unternehmen steigen. Die Nachricht, die Deutsche Telekom werde abermals keine Dividende zahlen, wurde nicht nur am Anleihemarkt mit Zustimmung aufgenommen. Auch viele Aktionäre halten einen weiteren Schuldenabbau, der die Kosten für das Fremdkapital verringert, im Gegensatz zur Dividendenzahlung für die bessere Gewinnverwendung.
Text: ham. / Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.08.2003, Nr. 188 / Seite 21