Directors Dealings: Ein Schritt vorwärts, ein Schritt zurück
Von Tim Bartz
Die neue Regelung für "Directors Dealings", den Handel mit Aktien der eigenen Firma, bietet Schlupflöcher.
Kaum je zuvor ist ein Gesetz von Börse, Anlegern und deren Schützern derart messianisch erwartet worden wie das 4. Finanzmarktförderungsgesetz. Von Megapleiten, Betrügereien und Kurseinbrüchen geschockt, sehnte die Finanzgemeinde die Novelle herbei, die auch helfen soll, das erschütterte Vertrauen in bislang als sakrosankt geltende Firmenmanager wiederherzustellen. Seit dem 1. Juli gilt das Gesetz. Doch es zeigt sich, dass der Teufel im Detail steckt.
Ein Beispiel sind die Veröffentlichungspflichten für Führungskräfte börsennotierter Firmen, die Wertpapiere des eigenen Unternehmens an- oder verkaufen ("Directors Dealings"). Die Neufassung von § 15a Wertpapierhandelsgesetz zwingt Vorstände und Aufsichtsräte, deren Ehe- und eingetragene Lebenspartner sowie Familienangehörige ersten Grades derartige Geschäfte unverzüglich offen zu legen. Betroffen sind alle Firmen im Amtlichen Handel oder Geregelten Markt, insgesamt rund 1500 Gesellschaften.
Mehr Auskunftspflicht, aber höhere Schwelle
Bislang existierte die Veröffentlichungspflicht lediglich am Neuen Markt, der derzeit 287 Firmen umfasst. Der Wirkungsbereich der neuen Regeln ist somit um ein Vielfaches größer, zumal Lebenspartner oder Verwandte bisher von der Auskunftspflicht nicht betroffen waren.
Dennoch bleibt die neue Regelung teilweise hinter der alten zurück: Mussten bislang Geschäfte jeder Größe gemeldet werden, gilt nun eine "Bagatellgrenze". Demnach müssen Transaktionen, deren Höhe binnen 30 Tagen die Schwelle von kumuliert 25.000 Euro nicht überschreiten, nicht gemeldet werden. Solange Organmitglieder oder ihre engsten Angehörigen also Monat für Monat Aktien für 24.999,99 Euro verkaufen und sich so aus der eigenen Firma zurückziehen, bekommt dies keiner mit. Erst ab 0,01 Euro darüber wird das Geschäft meldepflichtig.
Was bei Dax-Firmen keinen Unterschied macht, fällt am Neuen Markt ins Gewicht. So ist die Marktkapitalisierung des Wachstumssegments seit März 2000 um gut 90 Prozent auf 34 Mrd. Euro gesunken. Ohne die zehn größten Firmen entfallen auf die restlichen 277 Unternehmen noch rund 16 Mrd. Euro. Im Schnitt kommt die Mehrzahl der Firmen demnach auf einen Börsenwert von 58 Mio. Euro. Dutzende Unternehmen rangieren sogar weit unter 10 Mio. Euro. Gerade Aktien dieser Firmen sind aber anfällig für Kursschwankungen, die in dem illiquiden Umfeld durch Miniorders ausgelöst werden können.
Türöffner für Insiderhandel
Ausgerechnet dann also, wenn Chefs Aktien der eigenen Firma verkaufen und schwindendes Vertrauen signalisieren, werden die Anleger künftig im Dunkeln gelassen. Damit sind Tür und Tor für Insiderhandel geöffnet, zumindest, solange sich clevere Manager an der Bagatellgrenze entlanghangeln.
Eine weitere Transparenzlücke ergibt sich aus den neuen Directors-Dealings-Regeln. So teilte die Börse kurssensible Aktiengeschäfte von Organmitgliedern am Neuen Markt bislang gebündelt über ihre Website mit. Seit Juli hat diese zentrale Informationsplattform ausgedient. Die Unternehmen, mit deren Aktien Organmitglieder handeln, sind lediglich verpflichtet, Geschäfte auf ihrer eigenen Homepage zu veröffentlichen.
Zwar bietet die Deutsche Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität (DGAP) Firmen an, Transaktionen über ihren neuen Internetdienst "www.directors-dealings.de" zu publizieren. Zudem nimmt die DGAP gegen Gebühr auch die notwendige Information der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ab. Aber selbst die Transparenz erfahrende DGAP, über die 98 Prozent aller Pflichtmitteilungen (ad hoc) deutscher Unternehmen versendet werden, rechnet nicht mit einem durchschlagenden Erfolg des neuen Angebots. Lediglich 500 von rund 6000 Directors-Dealings-Veröffentlichungen, die bis Ende 2002 erwartet werden, dürften auf der DGAP-Site laufen. Für die restlichen 5500 müssen die Anleger selbst die Firmen-Sites durchforsten. Transparenz ist mithin ein mühsames Geschäft.
© 2002 Financial Times
Der Artikel ist schon etwas älter und ich hoffe darum keinen Ärger für das
Kopieren zu bekommen.
June
Von Tim Bartz
Die neue Regelung für "Directors Dealings", den Handel mit Aktien der eigenen Firma, bietet Schlupflöcher.
Kaum je zuvor ist ein Gesetz von Börse, Anlegern und deren Schützern derart messianisch erwartet worden wie das 4. Finanzmarktförderungsgesetz. Von Megapleiten, Betrügereien und Kurseinbrüchen geschockt, sehnte die Finanzgemeinde die Novelle herbei, die auch helfen soll, das erschütterte Vertrauen in bislang als sakrosankt geltende Firmenmanager wiederherzustellen. Seit dem 1. Juli gilt das Gesetz. Doch es zeigt sich, dass der Teufel im Detail steckt.
Ein Beispiel sind die Veröffentlichungspflichten für Führungskräfte börsennotierter Firmen, die Wertpapiere des eigenen Unternehmens an- oder verkaufen ("Directors Dealings"). Die Neufassung von § 15a Wertpapierhandelsgesetz zwingt Vorstände und Aufsichtsräte, deren Ehe- und eingetragene Lebenspartner sowie Familienangehörige ersten Grades derartige Geschäfte unverzüglich offen zu legen. Betroffen sind alle Firmen im Amtlichen Handel oder Geregelten Markt, insgesamt rund 1500 Gesellschaften.
Mehr Auskunftspflicht, aber höhere Schwelle
Bislang existierte die Veröffentlichungspflicht lediglich am Neuen Markt, der derzeit 287 Firmen umfasst. Der Wirkungsbereich der neuen Regeln ist somit um ein Vielfaches größer, zumal Lebenspartner oder Verwandte bisher von der Auskunftspflicht nicht betroffen waren.
Dennoch bleibt die neue Regelung teilweise hinter der alten zurück: Mussten bislang Geschäfte jeder Größe gemeldet werden, gilt nun eine "Bagatellgrenze". Demnach müssen Transaktionen, deren Höhe binnen 30 Tagen die Schwelle von kumuliert 25.000 Euro nicht überschreiten, nicht gemeldet werden. Solange Organmitglieder oder ihre engsten Angehörigen also Monat für Monat Aktien für 24.999,99 Euro verkaufen und sich so aus der eigenen Firma zurückziehen, bekommt dies keiner mit. Erst ab 0,01 Euro darüber wird das Geschäft meldepflichtig.
Was bei Dax-Firmen keinen Unterschied macht, fällt am Neuen Markt ins Gewicht. So ist die Marktkapitalisierung des Wachstumssegments seit März 2000 um gut 90 Prozent auf 34 Mrd. Euro gesunken. Ohne die zehn größten Firmen entfallen auf die restlichen 277 Unternehmen noch rund 16 Mrd. Euro. Im Schnitt kommt die Mehrzahl der Firmen demnach auf einen Börsenwert von 58 Mio. Euro. Dutzende Unternehmen rangieren sogar weit unter 10 Mio. Euro. Gerade Aktien dieser Firmen sind aber anfällig für Kursschwankungen, die in dem illiquiden Umfeld durch Miniorders ausgelöst werden können.
Türöffner für Insiderhandel
Ausgerechnet dann also, wenn Chefs Aktien der eigenen Firma verkaufen und schwindendes Vertrauen signalisieren, werden die Anleger künftig im Dunkeln gelassen. Damit sind Tür und Tor für Insiderhandel geöffnet, zumindest, solange sich clevere Manager an der Bagatellgrenze entlanghangeln.
Eine weitere Transparenzlücke ergibt sich aus den neuen Directors-Dealings-Regeln. So teilte die Börse kurssensible Aktiengeschäfte von Organmitgliedern am Neuen Markt bislang gebündelt über ihre Website mit. Seit Juli hat diese zentrale Informationsplattform ausgedient. Die Unternehmen, mit deren Aktien Organmitglieder handeln, sind lediglich verpflichtet, Geschäfte auf ihrer eigenen Homepage zu veröffentlichen.
Zwar bietet die Deutsche Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität (DGAP) Firmen an, Transaktionen über ihren neuen Internetdienst "www.directors-dealings.de" zu publizieren. Zudem nimmt die DGAP gegen Gebühr auch die notwendige Information der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ab. Aber selbst die Transparenz erfahrende DGAP, über die 98 Prozent aller Pflichtmitteilungen (ad hoc) deutscher Unternehmen versendet werden, rechnet nicht mit einem durchschlagenden Erfolg des neuen Angebots. Lediglich 500 von rund 6000 Directors-Dealings-Veröffentlichungen, die bis Ende 2002 erwartet werden, dürften auf der DGAP-Site laufen. Für die restlichen 5500 müssen die Anleger selbst die Firmen-Sites durchforsten. Transparenz ist mithin ein mühsames Geschäft.
© 2002 Financial Times
Der Artikel ist schon etwas älter und ich hoffe darum keinen Ärger für das
Kopieren zu bekommen.
June