Im Weißen Haus regiert ein anderer Stil: Zu den ersten Opfern des neuen US-Präsidenten gehören Grammatik und Semantik der englischen Sprache.
So etwas muss einfach erblich sein: "Ohne Glaube kann niemand Präsident werden; erinnern Sie sich an Lincoln, der in Zeiten der Heimsuchung auf die Knie fiel, während des Bürgerkriegs und all dem Kram. Sonst klappt das nicht. Uns geht es ja noch hervorragend. Deshalb sorgen Sie sich nicht um - wein nicht um mich, Argentinien."
Auf diese abstrus entrückte Weise warb George Herbert Walker Bush, 41. Präsident der USA, vor Zuhörern in New Hampshire um seine Wiederwahl. Er verlor. In spontaner Rede - das haben seine vier Amtsjahre schlüssig bewiesen - war der Präsident unfähig, irgendeinen neu auftauchenden Gedanken solange zu unterdrücken, bis er den alten ausformuliert hatte. Das Ergebnis waren spektakulär in den Graben gefahrene Reden voll dunkler Tiefgründigkeit oder glitzernder Absurdität. Nur eines hat ihm niemand vorgeworfen - dass er dumm sei.
Nun regiert sein Sohn im Weißen Haus, und die Amerikaner meinen, eine Geisterstimme zu hören: "Ich habe mit meinem kleinen Bruder Jeb gesprochen - ich habe das noch nicht vielen Leuten erzählt, aber er ist der Gouverneur von - ich sollte ihn nicht meinen kleinen Bru- der nennen -, also: mein Bruder Jeb, der große Gouverneur von Texas ..." Interviewer: "Florida". Bush: "Florida. Der Staat von der Florida."
Solche rhetorischen Unfälle stoßen beim Publikum auf ähnliche Ungläubigkeit wie bei seinem Vater, aber auf eine ganz andere Reaktion. Die Frage, die viele US-Bürger angesichts der erneuten Unverständlichkeit im Weißen Haus erörtern: Ist George W. dumm, stellt er sich nur dumm, oder ist er behindert?
Das sprudelt nur so aus ihm heraus - unaufhaltsam:
Einmal "wachsen Flügeln Träume",
dann wieder "kommt die ganz große Mehrheit unserer Importe aus dem Ausland".
Es gibt fundamentale Erkenntnisse wie: "Wenn es uns nicht gelingt, laufen wir Gefahr zu versagen",
oder Rätselhaftes wie: "Ich habe in der Vergangenheit gute Entscheidungen getroffen, und ich habe in der Zukunft gute Entscheidungen getroffen."
Unwiderlegbares: "Die Zukunft ist morgen"
steht neben Visionärem: "Die Menschheit ist bereit, das Sonnensystem zu betreten."
Daneben selbstverständlich simple Versprecher, etwa wenn ausgerechnet er gelobt, die Todesstrafe abzuschaffen und dabei die Erbschaftsteuer meint, die er aber "Todessteuer" nennt. Zuweilen geht auch nur die Grammatik über Bord, so wenn er sich beim Besuch des britischen Premiers darauf freut, "mit er und Mrs. Blair essen zu gehen".
Mal kann es ihm nicht schnell genug gehen, dann will er "Essen auf die Familie" tun, statt auf den Familientisch. Lange Worte werden kurz ("Subsidität" statt Subsidiarität), kurze Worte werden lang ("subliminabel" statt sublim). Und manchmal scheint er schlicht keine Ahnung zu haben, wovon er redet: "Heute ersetzt die Drogentherapie viele Medikamente, wie wir sie gekannt haben."
Dass der Präsident nicht ganz dicht sei, ist eine Theorie, die vor allem von überzeugten Anhängern seines Vorgängers Bill Clinton vertreten wird. Clintons Wahlstratege Paul Begala ist ein eifriger Sammler und Verbreiter des Unsinns aus dem Weißen Haus. Er hat gut lachen: Clinton war ein perfekter Redner, er stotterte nicht, nutzte keine "ähs" und "hms", konnte aber gelegentlich ganz ungeheuer eloquent - wenngleich vergeblich - lügen. Wie in: "Ich hatte niemals Sex mit dieser Frau."
Die zweite Vermutung, Bush Junior stelle sich nur dumm, ist ein beliebtes Argument forscher Ostküsten-Intellektueller. Sie behaupten, ein leidenschaftsloser Blick auf die derzeitige Kultur des Landes zwischen Trash-Fernsehen und Analphabeten-Filmen habe ihn bewogen, sich anzupassen. Schon gibt es ein Wort für die vermutete Mimikry: Er "quaylet mal wieder", sagen sie und verweisen damit auf Dan Quayle, den unglücklichen Vizepräsidenten seines Vaters, der schon damals versucht hatte, den kleinsten gemeinsamen Nenner der Nation zu finden.
Anderen Amerikanern wird unbehaglich beim großen Gelächter über die putzigen Patzer. Sie vermuten eine Behinderung. So ist die amerikanische Star-Journalistin Gail Sheehy überzeugt, dass Bush Junior wie sein jüngerer Bruder Neil an einer Leseschwäche leidet, die ihn dazu bringt, die Sätze auf seinem Teleprompter gnadenlos zu verwursten. Andere Ferndiagnostiker vermuten, der Präsident leide unter einer besonderen Form von Sprachstörung - der Schwierigkeit, Laute richtig auszusuchen und sie in die richtige Reihenfolge zu bringen.
Doch solches Mitleid will der Präsident nicht. Schon im Wahlkampf hat er sich heftig gegen die Vermutung gewehrt, seine auch von ihm selbst karikierten "Fehlfeststellungen" könnten pathologische Ursachen haben.
So wird der Spaß einstweilen noch anhalten. Zeitungen berichten über die Präsidenten-Schnitzer unter der Rubrik: "Englisch als Zweitsprache"
Other Bushisms
"Als ich gefragt wurde, wer die Unruhen und Mordfälle in LA verursacht hat, war meine Antwort direkt und einfach: Wer muss für die Unruhen verantwortlich gemacht werden? Die Unruhestifter müssen verantwortlich gemacht werden. Wer muss für die Mordfälle verantwortlich gemacht werden? Die Mörder müssen verantwortlich gemacht werden."
"Ich bin kein Teil des Problems. Ich bin Republikaner."
"Der Mars ist essenziell im gleichen Orbit... Der Mars hat irgendwie die gleiche Entfernung zur Sonne, was sehr wichtig ist. Wir haben Bilder gesehen, auf denen Kanäle waren, denken wir, sowie Wasser. Wenn es dort Wasser gibt, bedeutet es, es gibt Sauerstoff. Und wenn es Sauerstoff gibt, heißt das, dass wir atmen können."
"Der Holocaust war eine schreckliche Zeit in der Geschichte unserer Nation. Ich meine in der Geschichte dieses Jahrhunderts. Aber wir alle haben in diesem Jahrhundert gelebt. Ich habe nicht in diesem Jahrhundert gelebt."
"Ich denke wir befinden uns auf einem unumstößlichen Weg zu mehr Freiheit und Demokratie - aber das könnte sich ändern."
"Ein Wort fasst wahrscheinlich die Verantwortung jedes Gouverneurs zusammen, und dieses Wort lautet "vorbereitet zu sein"."
"Wir werden die am besten ausgebildeten amerikanischen Leute der ganzen Welt haben."
"Leute, die wirklich seltsam sind, können in wichtige Positionen gelangen und einen fürchterlichen Einfluss auf die Geschichte haben."
"Ich stehe zu allen falschen Äußerungen, die ich gemacht habe."
"Wir haben eine starke Verpflichtung gegenüber der NATO, wir sind ein Teil der NATO. Wir haben eine starke Verpflichtung gegnüber Europa. Wir sind ein Teil von Europa."
"Öffentliches Reden ist sehr einfach."
"Eine niedriger Wählerzahl ist ein Hinweis darauf, dass weniger Leute zu Wahlen gehen."
"Ehebruch ist etwas, von dem wir in Zeiten reden sollten, in denen man ihn nicht begeht."
"Wir sind auf jedes unvorhersehbares Ereignis vorbereitet, das eintreten kann oder nicht."
"Für die NASA hat der Weltraum immer noch eine hohe Priorität."
"Ziemlich offen gesagt ist Lehrer der einzige Beruf, der unsere Kinder unterrichtet."
"Das amerikanische Volk würde nichts von den Versprechern wissen wollen, die George Bush macht oder nicht macht."
"Wir alle sind imstande, Fehler zu machen, aber ich werde mich nicht darum bemühen, ihnen die Fehler zu nennen, die wir gemacht haben oder nicht gemacht haben."
"Es ist nicht die Verschmutzung, die die Umwelt bedroht. Es sind die Verunreinigungen in unserer Luft und im Wasser."
So long...
Happy End
So etwas muss einfach erblich sein: "Ohne Glaube kann niemand Präsident werden; erinnern Sie sich an Lincoln, der in Zeiten der Heimsuchung auf die Knie fiel, während des Bürgerkriegs und all dem Kram. Sonst klappt das nicht. Uns geht es ja noch hervorragend. Deshalb sorgen Sie sich nicht um - wein nicht um mich, Argentinien."
Auf diese abstrus entrückte Weise warb George Herbert Walker Bush, 41. Präsident der USA, vor Zuhörern in New Hampshire um seine Wiederwahl. Er verlor. In spontaner Rede - das haben seine vier Amtsjahre schlüssig bewiesen - war der Präsident unfähig, irgendeinen neu auftauchenden Gedanken solange zu unterdrücken, bis er den alten ausformuliert hatte. Das Ergebnis waren spektakulär in den Graben gefahrene Reden voll dunkler Tiefgründigkeit oder glitzernder Absurdität. Nur eines hat ihm niemand vorgeworfen - dass er dumm sei.
Nun regiert sein Sohn im Weißen Haus, und die Amerikaner meinen, eine Geisterstimme zu hören: "Ich habe mit meinem kleinen Bruder Jeb gesprochen - ich habe das noch nicht vielen Leuten erzählt, aber er ist der Gouverneur von - ich sollte ihn nicht meinen kleinen Bru- der nennen -, also: mein Bruder Jeb, der große Gouverneur von Texas ..." Interviewer: "Florida". Bush: "Florida. Der Staat von der Florida."
Solche rhetorischen Unfälle stoßen beim Publikum auf ähnliche Ungläubigkeit wie bei seinem Vater, aber auf eine ganz andere Reaktion. Die Frage, die viele US-Bürger angesichts der erneuten Unverständlichkeit im Weißen Haus erörtern: Ist George W. dumm, stellt er sich nur dumm, oder ist er behindert?
Das sprudelt nur so aus ihm heraus - unaufhaltsam:
Einmal "wachsen Flügeln Träume",
dann wieder "kommt die ganz große Mehrheit unserer Importe aus dem Ausland".
Es gibt fundamentale Erkenntnisse wie: "Wenn es uns nicht gelingt, laufen wir Gefahr zu versagen",
oder Rätselhaftes wie: "Ich habe in der Vergangenheit gute Entscheidungen getroffen, und ich habe in der Zukunft gute Entscheidungen getroffen."
Unwiderlegbares: "Die Zukunft ist morgen"
steht neben Visionärem: "Die Menschheit ist bereit, das Sonnensystem zu betreten."
Daneben selbstverständlich simple Versprecher, etwa wenn ausgerechnet er gelobt, die Todesstrafe abzuschaffen und dabei die Erbschaftsteuer meint, die er aber "Todessteuer" nennt. Zuweilen geht auch nur die Grammatik über Bord, so wenn er sich beim Besuch des britischen Premiers darauf freut, "mit er und Mrs. Blair essen zu gehen".
Mal kann es ihm nicht schnell genug gehen, dann will er "Essen auf die Familie" tun, statt auf den Familientisch. Lange Worte werden kurz ("Subsidität" statt Subsidiarität), kurze Worte werden lang ("subliminabel" statt sublim). Und manchmal scheint er schlicht keine Ahnung zu haben, wovon er redet: "Heute ersetzt die Drogentherapie viele Medikamente, wie wir sie gekannt haben."
Dass der Präsident nicht ganz dicht sei, ist eine Theorie, die vor allem von überzeugten Anhängern seines Vorgängers Bill Clinton vertreten wird. Clintons Wahlstratege Paul Begala ist ein eifriger Sammler und Verbreiter des Unsinns aus dem Weißen Haus. Er hat gut lachen: Clinton war ein perfekter Redner, er stotterte nicht, nutzte keine "ähs" und "hms", konnte aber gelegentlich ganz ungeheuer eloquent - wenngleich vergeblich - lügen. Wie in: "Ich hatte niemals Sex mit dieser Frau."
Die zweite Vermutung, Bush Junior stelle sich nur dumm, ist ein beliebtes Argument forscher Ostküsten-Intellektueller. Sie behaupten, ein leidenschaftsloser Blick auf die derzeitige Kultur des Landes zwischen Trash-Fernsehen und Analphabeten-Filmen habe ihn bewogen, sich anzupassen. Schon gibt es ein Wort für die vermutete Mimikry: Er "quaylet mal wieder", sagen sie und verweisen damit auf Dan Quayle, den unglücklichen Vizepräsidenten seines Vaters, der schon damals versucht hatte, den kleinsten gemeinsamen Nenner der Nation zu finden.
Anderen Amerikanern wird unbehaglich beim großen Gelächter über die putzigen Patzer. Sie vermuten eine Behinderung. So ist die amerikanische Star-Journalistin Gail Sheehy überzeugt, dass Bush Junior wie sein jüngerer Bruder Neil an einer Leseschwäche leidet, die ihn dazu bringt, die Sätze auf seinem Teleprompter gnadenlos zu verwursten. Andere Ferndiagnostiker vermuten, der Präsident leide unter einer besonderen Form von Sprachstörung - der Schwierigkeit, Laute richtig auszusuchen und sie in die richtige Reihenfolge zu bringen.
Doch solches Mitleid will der Präsident nicht. Schon im Wahlkampf hat er sich heftig gegen die Vermutung gewehrt, seine auch von ihm selbst karikierten "Fehlfeststellungen" könnten pathologische Ursachen haben.
So wird der Spaß einstweilen noch anhalten. Zeitungen berichten über die Präsidenten-Schnitzer unter der Rubrik: "Englisch als Zweitsprache"
Other Bushisms
"Als ich gefragt wurde, wer die Unruhen und Mordfälle in LA verursacht hat, war meine Antwort direkt und einfach: Wer muss für die Unruhen verantwortlich gemacht werden? Die Unruhestifter müssen verantwortlich gemacht werden. Wer muss für die Mordfälle verantwortlich gemacht werden? Die Mörder müssen verantwortlich gemacht werden."
"Ich bin kein Teil des Problems. Ich bin Republikaner."
"Der Mars ist essenziell im gleichen Orbit... Der Mars hat irgendwie die gleiche Entfernung zur Sonne, was sehr wichtig ist. Wir haben Bilder gesehen, auf denen Kanäle waren, denken wir, sowie Wasser. Wenn es dort Wasser gibt, bedeutet es, es gibt Sauerstoff. Und wenn es Sauerstoff gibt, heißt das, dass wir atmen können."
"Der Holocaust war eine schreckliche Zeit in der Geschichte unserer Nation. Ich meine in der Geschichte dieses Jahrhunderts. Aber wir alle haben in diesem Jahrhundert gelebt. Ich habe nicht in diesem Jahrhundert gelebt."
"Ich denke wir befinden uns auf einem unumstößlichen Weg zu mehr Freiheit und Demokratie - aber das könnte sich ändern."
"Ein Wort fasst wahrscheinlich die Verantwortung jedes Gouverneurs zusammen, und dieses Wort lautet "vorbereitet zu sein"."
"Wir werden die am besten ausgebildeten amerikanischen Leute der ganzen Welt haben."
"Leute, die wirklich seltsam sind, können in wichtige Positionen gelangen und einen fürchterlichen Einfluss auf die Geschichte haben."
"Ich stehe zu allen falschen Äußerungen, die ich gemacht habe."
"Wir haben eine starke Verpflichtung gegenüber der NATO, wir sind ein Teil der NATO. Wir haben eine starke Verpflichtung gegnüber Europa. Wir sind ein Teil von Europa."
"Öffentliches Reden ist sehr einfach."
"Eine niedriger Wählerzahl ist ein Hinweis darauf, dass weniger Leute zu Wahlen gehen."
"Ehebruch ist etwas, von dem wir in Zeiten reden sollten, in denen man ihn nicht begeht."
"Wir sind auf jedes unvorhersehbares Ereignis vorbereitet, das eintreten kann oder nicht."
"Für die NASA hat der Weltraum immer noch eine hohe Priorität."
"Ziemlich offen gesagt ist Lehrer der einzige Beruf, der unsere Kinder unterrichtet."
"Das amerikanische Volk würde nichts von den Versprechern wissen wollen, die George Bush macht oder nicht macht."
"Wir alle sind imstande, Fehler zu machen, aber ich werde mich nicht darum bemühen, ihnen die Fehler zu nennen, die wir gemacht haben oder nicht gemacht haben."
"Es ist nicht die Verschmutzung, die die Umwelt bedroht. Es sind die Verunreinigungen in unserer Luft und im Wasser."
So long...
Happy End