Nach beinahe drei Jahren Talfahrt gleicht der Aktienmarkt heute einer Wellblechbörse. Damit ist nicht etwa gemeint, dass die Broker die spärlichen Kundenaufträge auf billigen Laptops von Wellblechhütten am Stadtrand Frankfurts und Londons an die Börse weiterleiten.
Ganz so weit ist der Niedergang der Aktienkultur noch nicht. Wellblechbörse soll vielmehr heißen, dass die Indizes sich in kurzen Wellen auf- und abwärts bewegen. Die Baisse läuft aus - und eine Erholung ist nicht in Sicht. Börsenweisheiten sind das Ergebnis der Erfahrung der Händler. Zugleich sind sie Aberglauben. Wenn sie sich widersprechen, muss man nach Bauchgefühl entscheiden, welchem der Sinnsprüche man glaubt.
Nach dem Januar abhaken
Der Dax hat im Januar fünf Prozent verloren. Damit bringt sich die Weisheit unangenehm in Erinnerung, wonach der erste Monat bestimmt, wie die Performance des ganzen Jahres sein wird. Danach kann man 2003 abhaken. Es wäre das vierte Jahr in Folge, in dem die Anleger mit Aktien Geld verlieren.
Zum Glück aber gibt es die Charttechnik - und die macht Hoffnung. Das bisher so trübe Bild, auf dem der Dax sich wie die Indizes anderer Börsen solide im langfristigen Abwärtskanal befindet, es hat sich aufgehellt. Vor einigen Tagen scheint der Index einer drohenden Gefahr entgangen zu sein. Trotz der deprimierten Verfassung der Investoren hat er das Tief vom vergangenen Oktober, das knapp über 2500 Punkten lag, nicht unterschritten. Auf dem Chart sieht es nun so aus, als sei der Dax auf einen Boden gestoßen. Die Briten hatten nicht das Vergnügen. Die Depression des FTSE 100 war im Oktober 2002 nicht annähernd so stark wie die deutsche. Inzwischen aber macht man sich auf der Insel ähnliche Sorgen um die Stabilität des Finanzsektors, wie man in Deutschland vor gut drei Monaten Angst um die Liquidität der deutschen Banken hatte.
Dennoch dürfte auch der Londoner Markt eine Art unsicheren Boden gefunden haben. Eingezogen hat ihn die britische Finanzaufsichtsbehörde FSA. Sie gestattete den Lebensversicherern, die Sicherheitsmarge der Kapitaldeckung auf ihre Zahlungsverpflichtungen von bisher vier Prozent zu unterschreiten. Die FSA beendete damit den akuten Verkaufsdruck der Assekuranz, die traditionell hohe Aktienbestände hält und deren Portefeuille durch die drei Jahre dauernde Baisse zusammengeschmolzen ist.
Allerdings blieb der Londoner Behörde ernsthaft betrachtet keine andere Wahl, als die Regeln für die Versicherer zu lockern, die inzwischen größtenteils Tochtergesellschaften der großen Banken sind. Die Alternative wäre gewesen, dass der Aktienmarkt weiter abgeschmolzen wäre. Damit wäre ein weiterer Wertverlust in den Portefeuilles der Versicherer einhergegangen. Die Mutterbanken wären akut gefährdet gewesen.
Die Situation in London ist der in Frankfurt von Anfang Oktober 2002 nicht unähnlich. Damals trieben Gerüchte über eine angebliche Liquiditätskrise deutscher Banken - insbesondere der Commerzbank - die Aktien deutscher Finanzwerte in den Keller. Der Dax drohte, unter 2500 Punkte zu rutschen. Damals kam die Finanzaufsicht BaFin in trauter Gemeinsamkeit mit der Bundesbank den gejagten Banken zu Hilfe. Von einer Liquiditätskrise könne keine Rede sein, erklärten sie hoch offiziell.
Politische Schmerzgrenze
Die beiden Episoden zeigen, dass die Charttechnik mit der Theorie der Bodenbildung nicht ganz falsch liegt. Der Boden dürfte politisch eingezogen sein. Er ist eine Grenze, die zu unterschreiten nach Einschätzung der Finanzaufsichtsbehörde das gesamte System gefährden würde.
Dass der Boden nicht sehr solide ist, liegt auf der Hand. Die gelockerten Regeln für Versicherer und Banken machen sie ja nicht weniger anfällig für Krisen. Das Gegenteil ist der Fall. Man darf allerdings berechtigter Hoffnung sein, dass die Aufsichtsbehörden die Vorstände anhalten werden, jeden zusätzlichen Cent zur Stärkung des Eigenkapitals oder des Anlagebestandes zu verwenden. Noch aber ist von zusätzlichen Cent nicht die Rede. Der Finanzsektor lebt vom Speck vergangener Zeiten. Er konsolidiert und ist noch keineswegs fertig damit.
Ein nachhaltiger Kursaufschwung wird aus solcher Konstellation heraus nicht geboren. Auch der Blick auf das dynamische Amerika stimmt da nicht hoffnungsfroh. Wie in Europa werben die Chief Executives bei den Analysten dort mit dem Versprechen, nicht zu investieren, sondern zunächst die Schulden abzubauen. Beide Kontinente leiden noch unter den Nachwehen des Crash. Sie haben Mühe, sich auf mäßiges Wachstum einzustellen und es anschließend zu halten. Deshalb läuft die Börse auch dieses Jahr niemandem davon.
So long,
Calexa
www.investorweb.de
Ganz so weit ist der Niedergang der Aktienkultur noch nicht. Wellblechbörse soll vielmehr heißen, dass die Indizes sich in kurzen Wellen auf- und abwärts bewegen. Die Baisse läuft aus - und eine Erholung ist nicht in Sicht. Börsenweisheiten sind das Ergebnis der Erfahrung der Händler. Zugleich sind sie Aberglauben. Wenn sie sich widersprechen, muss man nach Bauchgefühl entscheiden, welchem der Sinnsprüche man glaubt.
Nach dem Januar abhaken
Der Dax hat im Januar fünf Prozent verloren. Damit bringt sich die Weisheit unangenehm in Erinnerung, wonach der erste Monat bestimmt, wie die Performance des ganzen Jahres sein wird. Danach kann man 2003 abhaken. Es wäre das vierte Jahr in Folge, in dem die Anleger mit Aktien Geld verlieren.
Zum Glück aber gibt es die Charttechnik - und die macht Hoffnung. Das bisher so trübe Bild, auf dem der Dax sich wie die Indizes anderer Börsen solide im langfristigen Abwärtskanal befindet, es hat sich aufgehellt. Vor einigen Tagen scheint der Index einer drohenden Gefahr entgangen zu sein. Trotz der deprimierten Verfassung der Investoren hat er das Tief vom vergangenen Oktober, das knapp über 2500 Punkten lag, nicht unterschritten. Auf dem Chart sieht es nun so aus, als sei der Dax auf einen Boden gestoßen. Die Briten hatten nicht das Vergnügen. Die Depression des FTSE 100 war im Oktober 2002 nicht annähernd so stark wie die deutsche. Inzwischen aber macht man sich auf der Insel ähnliche Sorgen um die Stabilität des Finanzsektors, wie man in Deutschland vor gut drei Monaten Angst um die Liquidität der deutschen Banken hatte.
Dennoch dürfte auch der Londoner Markt eine Art unsicheren Boden gefunden haben. Eingezogen hat ihn die britische Finanzaufsichtsbehörde FSA. Sie gestattete den Lebensversicherern, die Sicherheitsmarge der Kapitaldeckung auf ihre Zahlungsverpflichtungen von bisher vier Prozent zu unterschreiten. Die FSA beendete damit den akuten Verkaufsdruck der Assekuranz, die traditionell hohe Aktienbestände hält und deren Portefeuille durch die drei Jahre dauernde Baisse zusammengeschmolzen ist.
Allerdings blieb der Londoner Behörde ernsthaft betrachtet keine andere Wahl, als die Regeln für die Versicherer zu lockern, die inzwischen größtenteils Tochtergesellschaften der großen Banken sind. Die Alternative wäre gewesen, dass der Aktienmarkt weiter abgeschmolzen wäre. Damit wäre ein weiterer Wertverlust in den Portefeuilles der Versicherer einhergegangen. Die Mutterbanken wären akut gefährdet gewesen.
Die Situation in London ist der in Frankfurt von Anfang Oktober 2002 nicht unähnlich. Damals trieben Gerüchte über eine angebliche Liquiditätskrise deutscher Banken - insbesondere der Commerzbank - die Aktien deutscher Finanzwerte in den Keller. Der Dax drohte, unter 2500 Punkte zu rutschen. Damals kam die Finanzaufsicht BaFin in trauter Gemeinsamkeit mit der Bundesbank den gejagten Banken zu Hilfe. Von einer Liquiditätskrise könne keine Rede sein, erklärten sie hoch offiziell.
Politische Schmerzgrenze
Die beiden Episoden zeigen, dass die Charttechnik mit der Theorie der Bodenbildung nicht ganz falsch liegt. Der Boden dürfte politisch eingezogen sein. Er ist eine Grenze, die zu unterschreiten nach Einschätzung der Finanzaufsichtsbehörde das gesamte System gefährden würde.
Dass der Boden nicht sehr solide ist, liegt auf der Hand. Die gelockerten Regeln für Versicherer und Banken machen sie ja nicht weniger anfällig für Krisen. Das Gegenteil ist der Fall. Man darf allerdings berechtigter Hoffnung sein, dass die Aufsichtsbehörden die Vorstände anhalten werden, jeden zusätzlichen Cent zur Stärkung des Eigenkapitals oder des Anlagebestandes zu verwenden. Noch aber ist von zusätzlichen Cent nicht die Rede. Der Finanzsektor lebt vom Speck vergangener Zeiten. Er konsolidiert und ist noch keineswegs fertig damit.
Ein nachhaltiger Kursaufschwung wird aus solcher Konstellation heraus nicht geboren. Auch der Blick auf das dynamische Amerika stimmt da nicht hoffnungsfroh. Wie in Europa werben die Chief Executives bei den Analysten dort mit dem Versprechen, nicht zu investieren, sondern zunächst die Schulden abzubauen. Beide Kontinente leiden noch unter den Nachwehen des Crash. Sie haben Mühe, sich auf mäßiges Wachstum einzustellen und es anschließend zu halten. Deshalb läuft die Börse auch dieses Jahr niemandem davon.
So long,
Calexa
www.investorweb.de