Die V-Formation
Die V-Umkehr ist die undankbarste aller Umkehrformationen überhaupt. Zum
Glück kommt sie an den Aktienmärkten nicht all zu oft vor. Die V-Formation ist
die zum Zeitpunkt ihres Auftretens am schwierigsten zu identifizierende
Umkehrformation, weil es sich eigentlich um eine Nicht-Formation handelt. Die
bisher besprochenen Umkehrformationen haben gemeinsam, dass ihre Ausbildung eine
Zeit lang dauert, der Trendwechsel erfolgt nicht schlagartig, sondern er reift
heran. Der Analyst hat also ausreichend Zeit, die Warnungen, Charakteristika und
Signale während der Formationsausbildung wahrzunehmen und umzusetzen. Er kann
sich auf die Trendumkehr vorbereiten. Das ist bei der V-Umkehr nicht der Fall,
da die Umkehr schnell, schlagartig und nachhaltig erfolgt. So wie es wiederum
schon der Name der V-Umkehr besagt. Oder: Es gibt für einen halbwegs
attraktiven antizyklischen Ausstieg keine zweite Chance!
Die V-Umkehr ist nur schwer oder gar nicht antizipierbar. Das eigentlich
problematische ist jedoch, dass man methodisch kaum mit der V-Umkehr rechnet,
weil sie eben doch relativ selten ist. Das fördert die Gefahr natürlich
zusätzlich, von einer V-Umkehr erst überrascht und dann auch überrollt zu
werden. Um im Ernstfall Schlimmeres zu verhindern, hilft eine kluge
Stopstrategie. Entweder ist ein charttechnisches Stop-Motiv (Trends,
Unterstützungen) in akzeptabler Nähe oder es greift ein prozentualer Stop.
Die V-Umkehr kann zwar nicht frühzeitig identifiziert werden, aber
es gibt analytische Anhaltspunkte für das zunehmende Risiko einer V-Umkehr. Die
methodische Voraussetzung für den Eintritt einer V-Umkehr ist ein stark
überhitzter und ausgedehnter vorausgegangener Trend. Man nennt das auch
Sell-Out oder umgekehrt Blow-Off. Zeiten jedenfalls, die sich von sogenannten
normalen erheblich unterscheiden. Es handelt sich um Situationen, wo es so
aussieht, als hätten die Dinge die Kontrolle verloren. In solchen Fällen hat
der Analyst zumindest die Chance sich mental auf eine mögliche V-Umkehr
einzustellen. Oder: Je überzogener, desto V-gefährdeter.
Eingeleitet werden V-Umkehren häufig von sogenannten Key-Reversal-Days oder
One-Day-Reversals mit sehr hohen Umsätzen und mit entsprechenden Tageskerzen,
nach denen der Analyst in heißgelaufenen Marktphasen ständig Ausschau halten
sollte. Oder: Je bedeutender die Reversal-Botschaft der Tageskerze, desto
größer die V-Gefahr. Das Umkehrpotential wird dahingehend definiert, dass in
den meisten Fällen ein Großteil des vorangegangenen starken Trends korrigiert
wird. Das Umkehrpotential ist also nicht unerheblich. Das zuvor erreichte Hoch
bleibt meistens für längere Zeit stehen.
[Tradewire]