Die USA wird Europa noch einmal runterziehen

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AlanG.:

Die USA wird Europa noch einmal runterziehen

 
19.08.03 11:58
An der Börse wird es noch einmal deutlich nach unten gehen. Aktien-Experte Giuseppe Amato rechnet im Interview mit der Netzeitung auch mit einem nochmaligen konjunkturellen Abschwung - insbesondere in den USA.


Der deutsche Aktienmarkt hat sich in den vergangenen Monaten positiv entwickelt. Im April und Mai verzeichnete der Deutsche Aktienindex einen kräftigen Anstieg. In letzter Zeit hat sich die Aufwärtsbewegung zwar verlangsamt, aber die Kursentwicklung zeigt weiter nach oben. Doch es mehren sich auch skeptische Stimmen. So warnt Giuseppe Amato, Stratege bei Lang & Schwarz, im Interview mit der Netzeitung vor verfrühtem Optimismus.
Netzeitung: Die Berichtssaison ist zu Ende. Zahllose Unternehmen haben ihre Geschäftszahlen zum ersten Halbjahr 2003 veröffentlicht. Auf den ersten Blick sah die Gewinnentwicklung recht positiv aus. Auf den zweiten auch?

Giuseppe Amato: Wenn man sich die Gewinne anschaut, dann muss man sagen, dass sich diese nicht gerade prickelnd entwickelt haben. Bei den meisten Gewinnen bezieht man sich auf Proforma-Gewinne, bei denen also viel herausgerechnet wurde.

Außerdem war kein ordentliches Wachstum zu sehen. Zahlreiche Unternehmen verzeichneten sogar rückläufige Umsätze. Gewinne und Umsätze lagen im Rahmen der vorab schon runtergeschraubten Erwartungen – also auf sehr niedrigem Niveau.

Netzeitung: Das Gewinnwachstum wurde häufig durch Kosteneinsparungen erzielt. Die Umsätze sind meistens nicht im selben Maße gewachsen. Wie ist das zu bewerten?

Amato: Das zeigt, dass die Unternehmen derzeit mit einem hohen Margendruck und mangelnder Preissetzungsmacht zu kämpfen haben. Durch Konsolidierungsmaßnahmen hat man die Margen nun stabilisiert. Aber das wurde unter anderem durch Entlassungen erreicht. Und der Arbeitslose von heute ist der fehlende Konsument von morgen. Außerdem darf man Kostensenkung nicht mit Wachstum verwechseln.

Netzeitung: In Japan scheint die Wirtschaft wieder anzuspringen. Auch die USA scheint wieder Fahrt aufzunehmen. Der Bundesbank zufolge mehren sich die Anzeichen für eine Erholung der Weltwirtschaft. Das klingt doch alles recht positiv, oder?

Amato: Nun ja, in Europa sind die Strukturen verhärtet und verkrustet. Das hemmt, bietet aber auch enormes Rationalisierung- und Restrukturierungs-Potential. Ich glaube allerdings, dass wir noch eine beträchtliche Zeit brauchen, um das zu heben.

Ich fürchte außerdem, dass wir noch immer im Bärenmarkt sind. Und am Ende dieses Bärenmarkts wird sich Amerika nicht mehr als Lokomotive erweisen. Die USA wird Europa eher noch einmal runterziehen. Ich glaube, dass die amerikanische Wirtschaft ihren Abstieg noch vor sich hat, und das wird weder Europa noch Asien unberührt lassen. Die dann einsetzende wirtschaftliche Erholung wird von Asien ausgehen.

Netzeitung: Was stimmt Sie denn für Asien so optimistisch?

Amato:Immer mehr Unternehmen lagern ihre Produktion beispielsweise nach China aus. Dieses Land bietet unglaublich viele Arbeitskräfte, die ihre Arbeit zu sehr günstigen Konditionen anbieten. Im Dienstleistungsbereich präsentiert sich Indien sehr stark. Die Entwicklung hat mit Call-Centern begonnen. Und nun sieht man, dass indische Arbeit qualitativ immer hochwertiger wird.

Einige amerikanische Großbanken verlagern bereits die Kreditkartenverwaltung oder das Kunden-Rating nach Indien aus. Wir haben einen Paradigmenwechsel vor uns, also den Wechsel der wirtschaftlichen Führungsposition von Amerika nach Asien.

Netzeitung: Was spricht gegen die USA als Konjunkturlokomotive?

Amato: Vor allem die immense Verschuldung. Die USA verzeichnen ein Leistungsbilanzdefizit, ein Handelsbilanzdefizit und ein Budgetdefizit. Mit immer neuen Anleihen versuchen sich die USA und einzelne Bundesstaaten am Kapitalmarkt zu refinanzieren - das führt zu steigenden Zinsen. Dies könnte die Konjunkturerholung abwürgen, bevor sie richtig begonnen hat.

Außerdem druckt die Notenbank viel Geld, um die Wirtschaft mit Liquidität zu versorgen. Das könnte zu einer deutlichen Abwertung des Dollar führen. Zu den größten Gläubigern der USA gehören übrigens China und Japan. Noch ein Grund mehr, warum ich glaube, dass eine Erholung der Weltkonjunktur von Asien ausgehen wird.

Netzeitung: Blicken wir von der Konjunktur in Richtung Börse: Der Dax hat sich in den letzten Wochen positiv entwickelt. War das eigentlich in dem Maße gerechtfertigt?

Amato: Wir bewegen uns auf dünnem Eis. Die Erwartungen an die Unternehmensergebnisse wurden extrem hochgeschraubt. Wenn die nächsten Quartalsberichte diese Erwartungen nicht erfüllen, dann ist mit einem Rückschlag zu rechnen.

Der Markt befindet sich jetzt also in einer Phase des Abwartens. Das bedeutet aber auch, dass es zu einem weiteren Anstieg kommen kann, wenn der Dax die 3500-Punkte-Marke überschreitet und damit seine bisherige Handelsspanne nach oben verlässt. Idealerweise sollten auch die wichtigsten amerikanischen Indizes ihre bisherige Spanne verlassen.

Netzeitung: Sie erwarten aber zumindest mittelfristig eine deutliche Korrektur nach unten?

Amato: Wir sind in einem langfristigen Bärenmarkt. Es ist also unter dem Strich mit fallenden Kursen zu rechnen. Momentan steigen die Kurse zwar im Rahmen eines zyklischen Bullenmarkts: Dieses kann viele Monate dauern. Aber bis zum Jahr 2008 oder 2010 befinden wir uns im besagten Bärenmarkt. Dabei kann es sein, dass wir dann nicht deutlich höhere Indexstände haben als heute.

Wenn der Dax die 3500 Punkte und die wichtigen amerikanischen Indizes ihre Handelsspanne überschreiten, dann kriegen wir zwar noch einen Schub nach oben. Aber es wird dann wieder zu einer Abwärtsbewegung kommen. Von welchem Niveau aus, das lässt sich nicht vorhersagen.

Netzeitung: Wie soll sich Otto-Normal-Anleger nun verhalten?

Amato: Wenn man im Zweifel ist, sollte man den Börsenspruch «when you are in doubt, stay out» beherzigen. Aber wenn man investieren will, dann soll man genau hingucken. Beispielsweise auf die Zinsen. Wenn zum Beispiel die zehnjährige Anleihe in Amerika in Kürze die Fünf-Prozent-Marke nimmt, dann ist höchste Eisenbahn, um sich aus dem Aktienmarkt zurückzuziehen.

Wenn sich der Markt jetzt nach oben bewegen sollte, darf man sich nicht gegen den Trend stellen. Es ist nämlich so viel Liquidität vorhanden, dass der Index zügig bis zu einem Stand von 3800 Punkten klettern kann. Wenn sich dann aber die Fundamentaldaten nicht gravierend verändert haben, sollte man auf jeden Fall verkaufen.

Netzeitung: Und auf welche Werte kann man setzen?

Amato: Auf Werte, die momentan nicht en vogue sind, also auf defensive Werte. Die Unternehmen sollen gering verschuldet sein und einen hohen, regelmäßigen Einkommensstrom und eine hohe Dividendenrendite vorweisen können.
Ich bin seit mehr als einem Jahr Fan von Rohstoff- und Edelmetallaktien. Eine Royal Dutch ist bestimmt nicht verkehrt. Aktien kaufen und liegen lassen ist für mich für die nächsten Jahre die falsche Strategie. Es sei denn, man hat mindestens 15 Jahre Zeit.



         *§Netzeitung
emarald:

Trend schwächt ab

 
19.08.03 12:51
Ein interessanter Artikel.

In der Tat hat auch der deutsche Markt (DAX) seit dem März-Tief wieder deutlich zugelegt. Das bspw. 5-Monats-Momentum ist zwar wieder unter 50%, aber die Tatsache, dass dieser Wert überhaupt erreicht wurde und seitdem die Entwicklung weiter ging, stimmt mittelfristig vorsichtig.

Kurzfristig könnte sich das momentane Potenzial wieder etwas verringert haben, s. DAX-Analyse v. www.Profit-Station.de

Gruß emarald
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