13. Juli 2006
An den Rohstoffmärkten scheinen die jüngsten Preisrückschläge schon fast vergessen: Rohöl und Nickel sind auf der Jagd nach neuen Rekorden, bei anderen Rohstoffen haben sich die Notierungen erholt. So kostet die Feinunze Gold am Londoner Kassamarkt wieder mehr als 650 Dollar je Feinunze. Das ist ein Anstieg um etwa 20 Prozent seit dem Juni-Tief.
Auch die Bilanz seit Jahresbeginn - die selbst während der Korrektur nicht negativ gewesen ist - kann sich sehen lassen. Der Index des Commodity Research Bureau (CRB-Index), der die Preise von 17 Rohstoffen abbildet, liegt seither 6 Prozent im Plus. Bei Rohöl, das am Donnerstag gemessen an der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate ein Allzeit-Hoch von 76,40 Dollar je Barrel (rund 159 Liter) erreichte, ergibt sich sogar ein Zuwachs von 25 Prozent.
Aufwärtsbewegung gipfelte im Mai
Trotz dieser Erholung zweifeln viele Investoren an der Fortdauer der schon mehrere Jahre währenden Hausse. Die Aufwärtsbewegung des CRB-Index beispielsweise hat bereits Anfang 1999 begonnen und gipfelte am 11. Mai 2006 in dem höchsten Stand seit der Einführung des Rohstoffbarometers im Jahr 1957 (siehe Grafik). Die Unsicherheit gründet auf einer möglicherweise nachlassenden Rohstoffnachfrage - falls sich das weltwirtschaftliche Wachstum deutlich verlangsamen und der immense Rohstoffhunger Chinas schwächer werden sollten.
Dem dürfte zudem ein wachsendes Angebot gegenüberstehen. Denn zwar vergehen von der Entdeckung neuer Vorkommen bis zur tatsächlichen Förderung in der Regel viele Jahre, doch die höheren Rohstoffpreise haben Investitionen in neue Projekte wieder attraktiver gemacht. Mit einem Ende des Rohstoffzyklus rechnen gar die Analysten des Versicherers Legal&General. Und auch wenn bislang nur wenige Experten in einen solchen Abgesang einstimmen, mehren sich doch die kritischen Äußerungen.
Einzelrohstoffen von Aluminium bis Zink
Anleger, die in diesem Umfeld dennoch auf die Anlageklasse Rohstoffe setzen wollen, sehen sich zahlreichen Aktien, Fonds und Derivaten gegenüber, wobei letztere auch gerade für pessimistischere Naturen geeignet sind. Die Finanzprodukte beziehen sich auf die Rohstoffpreise selbst, aber auch auf Rohstoffaktien. Anleger haben die Qual der Wahl: Die Zahl der konservativen Zertifikate und spekulativen Hebelprodukte ist in die Höhe geschnellt. Die gebotene Palette an Einzelrohstoffen reicht von Aluminium bis Zink. Auch die Vielfalt an Rohstoffindizes ist groß.
„Neben klassischen Zertifikaten ohne Laufzeitbegrenzung, mit denen Anleger einfach auf steigende Preise setzen können, sind derzeit vor allem Bonusprodukte gefragt“, sagt Jörg Kukies von Goldman Sachs. Die Bonuspapiere bieten zwar die Chance auf unbegrenzte Gewinne, aber eben auch einen gewissen Schutz bei Rückschlägen und sind daher für vorsichtigere Anleger geeignet. Durch die in vielen Bereichen stärker schwankenden Rohstoffpreise seien die darauf basierenden Bonuszertifikate in ihren Konditionen attraktiver geworden, was für Neuemissionen gelte, erläutert Kukies.
Hebelprodukte wie Knock-out-Papiere
Bei älteren Papieren drücke dieser Volatilitäts-Effekt den Kurs. Dadurch entwickelten sich die Bonusprodukte in Zeiten höherer Volatilität schlechter als andere Zertifikate. Investoren, die in den Rohstoffbereich überhaupt erst einsteigen wollen, raten Experten zu Indexinvestments, um die Risiken zu vermindern; die meisten dieser Titel beziehen sich auf Goldman Sachs Commodity Indizes.
Die Preise einzelner Rohstoffe und Rohstoff-Subindizes neigten häufig dazu, nur gering zu korrelieren, meint Kukies. Dabei sei es wichtig, daß sich Anleger einen ihrer Markteinschätzung entsprechenden breiten Index auswählten und sich nicht blind nur an den technischen Ausgestaltungsmerkmalen der Derivate orientierten. Wollen Investoren dagegen direkt auf fallende Notierungen spekulieren, finden sie hierfür zahlreiche Hebelprodukte wie Optionsscheine und Knock-out-Papiere.
Text: kpa. / F.A.Z., 14.07.2006, Nr. 161 / Seite 19
Bildmaterial: F.A.Z.