Die Psychologie der Börse

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vega2000:

Die Psychologie der Börse

 
04.09.01 11:06
Quelle:Süddeutsche Zeitung

Herdentrieb

Es ist wahr: Die Weltwirtschaft befindet sich in einem kräftigen Abschwung. Die Aktienkurse fallen. Die deutsche Wirtschaft kam im zweiten Quartal des Jahres zum Stillstand. Gegenüber den ersten drei Monaten legte das Bruttoinlandsprodukt nicht mehr zu, meldet das Statistische Bundesamt. Der Aktienindex Dax 30, der die Kursentwicklung der wichtigsten deutschen börsennotierten Unternehmen widerspiegelt, ist seit Anfang März 2000 um mehr als 35 Prozent gefallen. Der Index Nemax 50, der die Performance der 50 wichtigsten Werte am Neuen Markt nachzeichnet, stürzte von 9632 Zählern, diesen Höchststand markierte er im März 2000, auf unter 1000 Punkte ab.

Die Konjunkturschwäche belastet die Börse, die schlechte Stimmung an den Aktienmärkten die Konjunktur. Dieses Wechselspiel – in guten und schlechten Tagen – ist nicht neu. Makroökonomische Theorien über das Zusammenspiel von Börsen und Konjunktur gibt es viele. Sie allein reichen aber ebenso wenig dazu aus, den Einbruch der Technologiewerte in den vergangenen Monaten zu begründen, wie die immer wieder verfehlten Prognosen jener Unternehmen, deren Aktien zurecht mit Kursabschlägen bestraft wurden. Um das ganze Ausmaß der Kursverluste besonders an den Börsen für Telekommunikations-, Medien- und Informationstechnik-Werte wie dem Neuen Markt zu erklären, bedarf es aber mehr. Psychologen und Psychiater wären bestimmt sehr hilfreich.

Zwar hat sich die Richtung der Kursentwicklung umgekehrt. Das Verhalten der Finanzmarkt-Gemeinde hat sich aber leider kaum verändert: Der Herdentrieb ist ungebrochen. Während sich noch vor Monaten die Marktteilnehmer – Emittenten, Konsortialbanker, Anleger, Analysten, Journalisten – kollektiver Euphorie über berauschende Kursgewinne hingaben, sind nun alle gemeinsam und panisch verschreckt. Sie taumeln von einem Extrem in das andere. In diesem Umfeld wagte sich im August kein einziges Unternehmen an den Neuen Markt.

Etlichen Firmen geschieht sicher recht. Sie haben sich – zeitweise nur von der allgemeinen Euphorie überspielt und getragen – als das erwiesen, was sie schon ganz am Anfang waren: Dilettanten; EM.TV und Infomatec sind hierfür zwei gute Beispiele. Solide Unternehmen, die es auch am Neuen Markt immer noch gibt, trifft die kollektive Abneigung aber zu unrecht. Statt immer einen ganzen Markt zu preisen oder zu verdammen, wäre es Zeit für Einzelanalysen. Der Lernprozess der Marktteilnehmer hat gerade erst begonnen.

Meine Worte
Gruss
V2000  
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