Die Psycho-Falle

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daxbunny:

Die Psycho-Falle

4
18.09.06 18:24
Die Psycho-Falle

von Jochen Steffens

Es war doch eher enttäuschend auf der IAM. Es waren weniger Aussteller als ich erwartet hatte, wichtige fehlten zudem. Und ich fand auch den Besucherandrang eher mäßig. Dafür war am Stand des Verlages richtig viel los, was mich wiederum gefreut hat. Ich habe mit vielen Kunden dort sehr interessante Gespräche führen dürfen und möchte mich auch auf diesem Wege dafür bedanken.

Interessant war natürlich auch das übliche drumherum: Viele Gespräch mit Kollegen und anderen Redakteuren. Besonders die Gespräche mit anderen Daytradern zeigten wieder einmal überdeutlich: Wir kämpfen alle mit den gleichen Psycho-Fallen – kennen alle die gleichen Probleme.

Lustig fand ich, dass alle insbesondere einen Fehler kennen. Der zurückgenommene Stopp:
Die Vorbereitungsphase

Es geht darum: Gerade im Daytrading ist eine der wichtigsten Regeln schlechthin: „Dichte Stopps setzen“. Man geht in den Markt und packt direkt nahe am Kaufkurs einen Stopp. Läuft es wie erwartet, gut. Läuft es nicht wie erwartet, verhindert der Stopp größere Verluste.

Wenn es dann jedoch zu einer Folge von Ereignissen kommt, geht die Psyche der Realität auf dem Leim:

Meistens funktioniert es folgendermaßen: Man hat in letzter Zeit häufiger mit der Marktrichtung und damit mit der Tradingrichtung Recht gehabt, aber der Stopp hat den eigentlich richtigen Trade aus dem Markt genommen und man schaute den Kursen hinterher. Beim Daytraden passiert das so oft, dass man sich eigentlich nicht mehr darüber ärgert. Nun aber hat sich das in der letzten Zeit massiv gehäuft.

Diese Häufung greift die Selbstsicherheit bezüglich der Stopps an, die damit kaum merklich ins Wanken kommt.
Die Bündelung der Ereignisse

Doch wie immer bei den großen Katastrophen, müssen mehrere Ereignisse zusammen kommen.

Man liegt also seit geraumer Zeit mit seinem Marktgefühl und damit auch der Markteinschätzung richtig. Es kommt, wie es kommen muss, man kriegt einige wirklich gute Trades an die Angel. Die Woche über kumulieren sich die Gewinne – unmerklich rechnet man sich die Summen hoch. Es macht sich leichte Euphorie breit.

Diese Gewinne unterhöhlen die notwendige Vorsicht! Es kommt zu dem übelsten aller Fehlgedanken/gefühlen: Man hat nun so viel Gewinn im Rücken, dass man etwas entspannter traden kann! Völlig falsch! Jeder Trade bedarf der gleichen Vorsicht und Nervosität – es ist egal, was vorher war!
Und dann kommt noch ein Aspekt hinzu

Doch selbst das reicht nicht aus, um einen erfahrenen Trader aus der Ruhe zu bringen. Es muss noch eine dritte Komponente hinzu kommen: Die körperliche Verfassung.

Natürlich, die Woche war hart – größere Gewinne zu machen kann sehr stressig sein, vielleicht kommt noch eine kleine Erkältung hinzu, oder Ärger mit der Lebensgefährtin. Auf jeden Fall ist es Freitag, die Arbeit des Tages ist getan, die Woche ist so gut gelaufen, dass man keine Lust hat, schon ins Wochenende zu gehen, wo entweder Wadenwickel, Milch mit Honig warten, oder das genervte Gesicht einer Frau. Man will unbedingt noch ein kleines Glücksgefühl fürs Wochenende mitnehmen. Noch einen Trade, zudem ist es heute wirklich absolut sicher, wohin der Markt gehen wird! Nach unten – schließlich ist Freitag.

Mehr aus Frust, als aus wirklichem Einstiegssignal tradet man einen Freitagabend-Markt, der sowieso schon für seine Fehlsignale bekannt ist und setzt auf fallende Kurse.
Die erste Schritte ins Verderben

Es kommt wie es kommen muss. Der erste Trade geht in den Stopp und direkt danach dreht der Markt wieder. Der Frust nimmt zu. Nun ist man sich aber wirklich sicher, der Markt geht nach unten – das war doch ein klares Zeichen. Die Nase nähert sich angespannt den Monitoren. Die nächste Summe, ein paar mehr Kontrakte.

Wieder läuft der Kurs in die falsche Richtung und nähert sich dem Stopp. Es mag die Müdigkeit sein, die lange Woche, die in den Knochen sitzt, die den Verstand vernebelt und dazu führt, die alten ehernen goldenen Regeln zu missachten: Der Stopp wird aus dem Markt genommen.

Natürlich läuft der Markt weiter nach oben, gegen jede Vernunft. Man hört sich sagen: „Ach, der Markt reagiert gerade irrational!“ Ohne zu bemerken, dass es die Worte der Verlierer sind. Die Position gleitet weiter weiter ins Minus.

Der nächste gefährliche Satz taucht auf: „Ich kann ein bißchen lockerer mit dem Stopp umgehen, schließlich habe ich ja dicke Gewinne gemacht und wie heißt es so schön: Erst kommen die Schmerzen, dann die Gewinne!“

Die Schmerzen werden größer und größer, die Gewinne bleiben aus und schon öffnet sich die letzte Falle des nahenden Tradingtodes:
Der Super-Gau

„Das kommt schon wieder!!! Nach dieser Rallye, muss der Kurs doch mal kurz zurück kommen, bei der nächsten Gegenbewegung steige ich aus!“ Fieberhaftes warten, die Minus-Summe hat schon die Gewinne der Woche aufgefressen und ist gerade dabei dramatisch zu werden. Der Blick gespannt, der Verstand unfähig zu reagieren.

Der Markt steigt weiter. Es ist nur ein Wort in ständiger Wiederholung im Kopf: „Scheiße, scheiße, scheiße...“ (entschuldigen Sie die Ausdrucksweise, aber sie gibt nur die Realität wieder.)

Weit aufgerissene Augen schauen zu, wie die Verluste so groß werden, dass die Gewinne von zwei oder drei Wochen aufgezehrt werden – in einem einzigen Trade. Irgendwann besinnt sich irgendetwas und drückt auf den Ausstiegs-Button.
Der Kater danach

Sie werden sich denken können, wie die Nacht verläuft, die Erkältung wächst sich zur Grippe aus, oder die Gespräche mit der Frau werden an diesem Wochenende besonders aggressiv. Man möchte sich für den Rest seines Lebens, ob all der eigenen Dummheit unter einer Decke verkriechen.

Das Verrückte dabei ist, und das tauchte in mehreren Gesprächen am Samstag auf, dieses Prozedere passiert immer und immer wieder! Bei mir taucht das so im Schnitt einmal im Jahr auf. Der letzte Gau ist nun schon wieder ziemlich lange her, ich muss also aufpassen.

Das Gute daran ist, wenn man wieder so einen Tag erlebt hat, ist man für die nächsten Monate absolut gefeit davor, irgendeinen Stopp aus dem Markt zu nehmen...

Warum der Mensch jedoch nicht in der Lage ist, etwas, was er gelernt hat, für immer zu behalten und danach zu handeln? Ich weiß es nicht.

Viele Grüße

Jochen Steffens

P.S. Wie ich gesagt hatte, heute wird der Ölpreis eine Umkehr versuchen. Aber der Ölmarkt ist generell zu unsicher, um darauf zu traden – hier können zu viele Einflüsse den Kurs beeinflussen. Aussagen von diversen Ölministern, Staatschefs, Nachrichten von Ölpipelines, etc. Öl ist kein Markt in dem ich investiert sein will. Ich denke, der Ölpreis wird noch mal versuchen an die 70 Dollar Marke heranzuschleichen – dann wird es sich entscheiden, ob es noch viel weiter runter geht oder nicht.

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Mit Proffes Tren
Litening:

Wahre Worte....

 
18.09.06 18:36
oder: Die Gier ist der schlimmste Feind des Verstandes...
buran:

nich ARIVA?*g* o. T.

 
18.09.06 18:43
Parocorp:

hi daxbunny!

 
18.09.06 18:52
ewig nicht mehr gelesen... lag wohl daran, dass ich nicht hier war ;)

schönen abend!



gruss



technewsde.blogspot.com/

daxbunny:

salve :-) o. T.

 
18.09.06 19:18
BoMa:

Interessanter

 
18.09.06 19:31
Artikel, Daxbunny... paßt ganz gut, geht mir ähnlich... hab ich einige gute Trades hinter mir, werde ich leichtsinnig und glaube, ich hab das Geschehen IM GRIFF, im Sinne "meine Güte, bin ICH GUT" LOL. Und vor allem: das soll ja jetzt SCHNELLSTMÖGLICH so weiter gehen... so passieren die Fehler, die dafür sorgen, daß die Höhe meines Depots wohl immer überschaubar bleiben wird -gg-
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