Weltweiter Run auf alternative Investments
Die Pflichtanlagen
Kein Traum, sondern Wirklichkeit: Amerikanische Staatsanleihen werfen 16 Prozent Rendite ab, deutsche noch satte zehn Prozent. Aktien spülen 20 bis 30 Prozent pro Jahr in die Kasse. Alles schon da gewesen. Es war zumindest wirklich: in den achtziger Jahren beziehungsweise in der zweiten Hälfte der goldenen neunziger Jahre.
FRANKFURT/M. Die wehmütige Erinnerung weicht zwangsläufig dem Blick auf die harte Realität: Bond-Guru Bill Gross von Pimco sieht die Treasury-Renditen auf drei Prozent rutschen. Die deutschen Anleihen könnten sogar fixer sein, denn sie rücken schon zügig auf diese Marke zu. Aktien lösen auch keine großen Sympathiebekundungen aus. Superinvestoren wie Warren Buffett rechnen nur mit einstelligen Erträgen in den kommenden Jahren.
Der Chef-Stratege der Royal Bank of Canada hat jetzt nachgelegt. Mit großem mathematischen Aufwand rechnete Myles Zyblock aus, was Anleger von der Leitbörse Wall Street erwarten können: ganze 0,4Prozent pro Jahr – und das über die nächsten zehn Jahre. Immerhin, weiter steigende Dividenden würden das Bild etwas aufhübschen. Für diesen Fall rechnet der kanadische Stratege mit 2,7 Prozent pro Jahr. Für den Sieg in einer Schönheitskonkurrenz reicht auch das nicht. Bei Renditen um die drei Prozent fällt schon der reale Geldwerterhalt schwer. Deshalb ist die Suche nach neuen Ertragsquellen jenseits der klassischen Wertpapieranlagen in vollem Gange.
Insbesondere Pensionsfonds und andere Altersvorsorgeeinrichtungen drückt der Schuh. Sie können den schrumpfenden Anlageerträgen nicht tatenlos zusehen, denn sie müssen ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen. Die Ruheständler wollen jeden Monat Cash sehen. So ist es kein Wunder, wenn die große britische Fondsgesellschaft F&C kürzlich auf einer Investorenkonferenz feststellte, dass rund die Hälfte der anwesenden Asset-Manager den Anteil alternativer Anlagen im Portfolio erhöhen will. Und keiner will die Quote verringern.
Als „alternativ“ gelten alle Vermögensformen abseits der klassischen Wertpapiere. Es geht insbesondere um das Quartett aus Immobilien, vorbörslichen Beteiligungen (Private Equity), Hedge-Fonds und Rohstoffen. Die Anlagen sollen nicht nur höhere Einnahmen liefern. Sie sollen auch das gesamte Portfoliorisiko senken, weil sich die Erträge unabhängig oder teilweise gegenläufig zu denen von Aktien und Anleihen entwickeln.
Laut einer gerade veröffentlichten Studie der Investment-Consulting-Firma Watson Wyatt machten Pensionsfonds rund um den Globus allein im vergangenen Jahr etwa 62Milliarden Dollar für diese Anlageformen locker. Ihr gesamtes Alternativvermögen hat jetzt die magische Marke von 1000 Milliarden Dollar erreicht. Knapp die Hälfte der gewaltigen Summe steckt im Betongold. Ein interessantes Teilergebnis: Rohstoffe waren im vergangenen Jahr die am stärksten wachsende Anlageklasse, wenn auch von sehr niedriger Basis. Die hier versammelten Gelder sprangen um 5,6 auf elf Milliarden Dollar.
Aus deutscher Sicht muten die Zahlen ein wenig exotisch an. Alternatives Gedankengut boomt hier zu Lande zwar schon seit Jahrzehnten – aber nur auf politischer und gesellschaftlicher Ebene. Wenn’s um Geld geht, hinken die deutschen Anleger hinterher. Es gibt enormen Aufholbedarf, denn die Perspektiven für die klassischen Wertpapiere bleiben nach Meinung erfahrener Kapitalmarktexperten auf lange Sicht bescheiden. Fazit: Alternativen sind in ihrem alternativen Status entwachsen und zur Pflichtanlage geworden.
Quelle: HANDELSBLATT, Freitag, 24. Juni 2005, 07:00 Uhr
...be invested
Der Einsame Samariter
Die Pflichtanlagen
Kein Traum, sondern Wirklichkeit: Amerikanische Staatsanleihen werfen 16 Prozent Rendite ab, deutsche noch satte zehn Prozent. Aktien spülen 20 bis 30 Prozent pro Jahr in die Kasse. Alles schon da gewesen. Es war zumindest wirklich: in den achtziger Jahren beziehungsweise in der zweiten Hälfte der goldenen neunziger Jahre.
FRANKFURT/M. Die wehmütige Erinnerung weicht zwangsläufig dem Blick auf die harte Realität: Bond-Guru Bill Gross von Pimco sieht die Treasury-Renditen auf drei Prozent rutschen. Die deutschen Anleihen könnten sogar fixer sein, denn sie rücken schon zügig auf diese Marke zu. Aktien lösen auch keine großen Sympathiebekundungen aus. Superinvestoren wie Warren Buffett rechnen nur mit einstelligen Erträgen in den kommenden Jahren.
Der Chef-Stratege der Royal Bank of Canada hat jetzt nachgelegt. Mit großem mathematischen Aufwand rechnete Myles Zyblock aus, was Anleger von der Leitbörse Wall Street erwarten können: ganze 0,4Prozent pro Jahr – und das über die nächsten zehn Jahre. Immerhin, weiter steigende Dividenden würden das Bild etwas aufhübschen. Für diesen Fall rechnet der kanadische Stratege mit 2,7 Prozent pro Jahr. Für den Sieg in einer Schönheitskonkurrenz reicht auch das nicht. Bei Renditen um die drei Prozent fällt schon der reale Geldwerterhalt schwer. Deshalb ist die Suche nach neuen Ertragsquellen jenseits der klassischen Wertpapieranlagen in vollem Gange.
Insbesondere Pensionsfonds und andere Altersvorsorgeeinrichtungen drückt der Schuh. Sie können den schrumpfenden Anlageerträgen nicht tatenlos zusehen, denn sie müssen ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen. Die Ruheständler wollen jeden Monat Cash sehen. So ist es kein Wunder, wenn die große britische Fondsgesellschaft F&C kürzlich auf einer Investorenkonferenz feststellte, dass rund die Hälfte der anwesenden Asset-Manager den Anteil alternativer Anlagen im Portfolio erhöhen will. Und keiner will die Quote verringern.
Als „alternativ“ gelten alle Vermögensformen abseits der klassischen Wertpapiere. Es geht insbesondere um das Quartett aus Immobilien, vorbörslichen Beteiligungen (Private Equity), Hedge-Fonds und Rohstoffen. Die Anlagen sollen nicht nur höhere Einnahmen liefern. Sie sollen auch das gesamte Portfoliorisiko senken, weil sich die Erträge unabhängig oder teilweise gegenläufig zu denen von Aktien und Anleihen entwickeln.
Laut einer gerade veröffentlichten Studie der Investment-Consulting-Firma Watson Wyatt machten Pensionsfonds rund um den Globus allein im vergangenen Jahr etwa 62Milliarden Dollar für diese Anlageformen locker. Ihr gesamtes Alternativvermögen hat jetzt die magische Marke von 1000 Milliarden Dollar erreicht. Knapp die Hälfte der gewaltigen Summe steckt im Betongold. Ein interessantes Teilergebnis: Rohstoffe waren im vergangenen Jahr die am stärksten wachsende Anlageklasse, wenn auch von sehr niedriger Basis. Die hier versammelten Gelder sprangen um 5,6 auf elf Milliarden Dollar.
Aus deutscher Sicht muten die Zahlen ein wenig exotisch an. Alternatives Gedankengut boomt hier zu Lande zwar schon seit Jahrzehnten – aber nur auf politischer und gesellschaftlicher Ebene. Wenn’s um Geld geht, hinken die deutschen Anleger hinterher. Es gibt enormen Aufholbedarf, denn die Perspektiven für die klassischen Wertpapiere bleiben nach Meinung erfahrener Kapitalmarktexperten auf lange Sicht bescheiden. Fazit: Alternativen sind in ihrem alternativen Status entwachsen und zur Pflichtanlage geworden.
Quelle: HANDELSBLATT, Freitag, 24. Juni 2005, 07:00 Uhr
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Der Einsame Samariter