ftd.de, Mo, 25.3.2002, 14:00
Die New Economy nimmt Mitarbeiter weniger wichtig
Von Ann-Christine Mai
Eine Studie bestätigt das Klischee: Startups räumen Personalmanagement nur geringen Stellenwert ein. Das hat negative Folgen.
Eine clevere Idee haben, schnell damit an den Markt gehen und dabei rasch möglichst viel Geld verdienen - so läuft’s beim typischen New-Economy-Gründer. Und die ambitionierten Mitarbeiter an seiner Seite werden ausgelutscht wie Zitronen. Einzig die Lieferpizza gegen Mitternacht dient als Ausgleich für unzählige unbezahlte Überstunden. So heißt es jedenfalls in den Startup-Legenden. Klischee oder Wahrheit? Das wollte der Kölner Personalberater "1a Zukunft" nachprüfen. In einer deutschlandweiten Studie befragte die auf IT und Medien spezialisierte Firma die Personalverantwortlichen von Unternehmen aus der New Economy, wie das Human Resource (HR) Management in ihren Betrieben betreut wird.
Die Ergebnisse zeigen, dass das Personalmanagement in vielen Startups tatsächlich nicht den Stellenwert hat, den es haben sollte - mit negativen Folgen nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Unternehmen selbst. Das geht schon damit los, dass die Personalverantwortlichen in den Betrieben oft schwer auszumachen sind: Bei 62 Prozent von ihnen wird Personalarbeit "nebenbei" erledigt. "Das ist bedenklich", sagt Katharina Wladikas, Senior HR Consultant bei 1a Zukunft und Projektleiterin der Studie. Wenn nur ein halbes Dutzend Mitarbeiter sich ein Büro teilen, könne auf einen Personalleiter verzichtet werden, "aber wenn das Unternehmen mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt, muss der HR-Bereich angemessen betreut werden".
Fachliche Quereinsteiger managen HR
Und zwar von angemessen qualifizierten Personalverantwortlichen, wenn’s irgend geht. Geht aber nicht: 71 Prozent der Befragten, das hat die Studie ergeben, sind fachliche Quereinsteiger. "Diese hohe Zahl hat uns überrascht", sagt Projektleiterin Wladikas. Als positiv wertet sie den Umstand, dass zumindest jeder zweite Quereinsteiger dieses Manko erkenne "und Trainingsbedarf einräumt". Die Personalverantwortlichen wünschen sich mehr Ausrüstung für ihre Arbeit - Personalbewertungsbögen beispielsweise oder Checklisten. Den meisten ist klar, dass sie Defizite haben, etwa bei Bedarfsplanung oder strategischem HR-Management. Ja, sagen sie, Weiterbildung wäre wünschenswert. "Die Bedeutung des Personalmanagements ist hier erkannt worden, aber oft sind die Mittel nicht da, um die Situation zu verbessern", sagt Wladikas.
Zumal viele Startups die Notwendigkeit nicht einsehen, Geld für ihr eigenes Personalmanagement auszugeben. Viele beschränken sich auf das, was gesetzlich vorgeschrieben ist. Das frustriert natürlich: 43 Prozent der Befragten sehen Handlungsbedarf bei Weiterbildung und Training, 54 Prozent bei der langfristigen Mitarbeiterbindung und Karriereentwicklung.
Fehler treffen Startups besonders hart
Mit ihrer weitgehenden Ignoranz stehlen sich die Unternehmen nicht nur aus der Verantwortung ihren Mitarbeitern gegenüber, sondern schaden sich letztlich - das zeigt sich, wenn die Personalmanager die Effektivität ihrer Arbeit selbst einschätzen. 35 Prozent halten langfristige Personalplanung für nicht machbar, 28 Prozent geben zu, Bewerber oft unter Zeitdruck einzustellen, und 20 Prozent räumen Fehler bei der Einstellung neuer Mitarbeiter ein. Fehler träfen junge Unternehmen besonders hart, sagt Wladikas, denn sie seien teuer und zeitaufwändig.
Fand sie durch die Studie also alle Vorurteile bestätigt? Das "Ja" von Katharina Wladikas fällt diplomatisch aus: "Meistens fehlen einfach die Ressourcen für ein umfassendes Human Resource Management."
© 2002 Financial Times Deutschland
Die New Economy nimmt Mitarbeiter weniger wichtig
Von Ann-Christine Mai
Eine Studie bestätigt das Klischee: Startups räumen Personalmanagement nur geringen Stellenwert ein. Das hat negative Folgen.
Eine clevere Idee haben, schnell damit an den Markt gehen und dabei rasch möglichst viel Geld verdienen - so läuft’s beim typischen New-Economy-Gründer. Und die ambitionierten Mitarbeiter an seiner Seite werden ausgelutscht wie Zitronen. Einzig die Lieferpizza gegen Mitternacht dient als Ausgleich für unzählige unbezahlte Überstunden. So heißt es jedenfalls in den Startup-Legenden. Klischee oder Wahrheit? Das wollte der Kölner Personalberater "1a Zukunft" nachprüfen. In einer deutschlandweiten Studie befragte die auf IT und Medien spezialisierte Firma die Personalverantwortlichen von Unternehmen aus der New Economy, wie das Human Resource (HR) Management in ihren Betrieben betreut wird.
Die Ergebnisse zeigen, dass das Personalmanagement in vielen Startups tatsächlich nicht den Stellenwert hat, den es haben sollte - mit negativen Folgen nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Unternehmen selbst. Das geht schon damit los, dass die Personalverantwortlichen in den Betrieben oft schwer auszumachen sind: Bei 62 Prozent von ihnen wird Personalarbeit "nebenbei" erledigt. "Das ist bedenklich", sagt Katharina Wladikas, Senior HR Consultant bei 1a Zukunft und Projektleiterin der Studie. Wenn nur ein halbes Dutzend Mitarbeiter sich ein Büro teilen, könne auf einen Personalleiter verzichtet werden, "aber wenn das Unternehmen mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt, muss der HR-Bereich angemessen betreut werden".
Fachliche Quereinsteiger managen HR
Und zwar von angemessen qualifizierten Personalverantwortlichen, wenn’s irgend geht. Geht aber nicht: 71 Prozent der Befragten, das hat die Studie ergeben, sind fachliche Quereinsteiger. "Diese hohe Zahl hat uns überrascht", sagt Projektleiterin Wladikas. Als positiv wertet sie den Umstand, dass zumindest jeder zweite Quereinsteiger dieses Manko erkenne "und Trainingsbedarf einräumt". Die Personalverantwortlichen wünschen sich mehr Ausrüstung für ihre Arbeit - Personalbewertungsbögen beispielsweise oder Checklisten. Den meisten ist klar, dass sie Defizite haben, etwa bei Bedarfsplanung oder strategischem HR-Management. Ja, sagen sie, Weiterbildung wäre wünschenswert. "Die Bedeutung des Personalmanagements ist hier erkannt worden, aber oft sind die Mittel nicht da, um die Situation zu verbessern", sagt Wladikas.
Zumal viele Startups die Notwendigkeit nicht einsehen, Geld für ihr eigenes Personalmanagement auszugeben. Viele beschränken sich auf das, was gesetzlich vorgeschrieben ist. Das frustriert natürlich: 43 Prozent der Befragten sehen Handlungsbedarf bei Weiterbildung und Training, 54 Prozent bei der langfristigen Mitarbeiterbindung und Karriereentwicklung.
Fehler treffen Startups besonders hart
Mit ihrer weitgehenden Ignoranz stehlen sich die Unternehmen nicht nur aus der Verantwortung ihren Mitarbeitern gegenüber, sondern schaden sich letztlich - das zeigt sich, wenn die Personalmanager die Effektivität ihrer Arbeit selbst einschätzen. 35 Prozent halten langfristige Personalplanung für nicht machbar, 28 Prozent geben zu, Bewerber oft unter Zeitdruck einzustellen, und 20 Prozent räumen Fehler bei der Einstellung neuer Mitarbeiter ein. Fehler träfen junge Unternehmen besonders hart, sagt Wladikas, denn sie seien teuer und zeitaufwändig.
Fand sie durch die Studie also alle Vorurteile bestätigt? Das "Ja" von Katharina Wladikas fällt diplomatisch aus: "Meistens fehlen einfach die Ressourcen für ein umfassendes Human Resource Management."
© 2002 Financial Times Deutschland