Die Medien, die Krise und Malones Kabelpläne

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Die Medien, die Krise und Malones Kabelpläne

 
13.12.01 11:27
Anfang des Jahres waren die Chefs der großen privaten TV-Sender noch guter Dinge: Mit einem einstelligen Wachstum im Werbemarkt wurde gerechnet, auch wenn 2001 nicht an das Boomjahr 2000 herankommen könne. Schrittweise wurden dann in der erfolgsverwöhnten Branche die Prognosen zurückgenommen. Den Medienmarkt, der stark vom New-Economy-Boom profitiert hatte, traf der allgemeine Absturz der Konjunktur umso härter: Der 11. September hat die auf Verbraucherängste höchst empfindlich reagierende Werbebranche erst recht ins Mark getroffen. Erstmals seit langer Zeit wird dieses Jahr der TV-Werbemarkt rückläufig sein. Auf breiter Front werden Werbepreise gesenkt, überall ist "Kostenmanagement" angesagt.

Ende November reduzierte der größte deutsche TV-Konzern, die zur Kirch-Gruppe gehörende ProSiebenSAT.1 Media AG, zum dritten Mal innerhalb weniger Monate seine Prognosen nach unten. Der Berliner Sender SAT.1 ist dieses Jahr wieder in die roten Zahlen geraten, nach Schätzungen wird es ein dreistelliger Millionenbetrag sein. Dagegen schlug sich der Münchner Spielfilm-Sender ProSieben achtbar. Das große Sorgenkind im Imperium von Leo Kirch ist jedoch weiterhin der Bezahlsender Premiere World. Trotz aller Anstrengungen hat es der hoch defizitäre Pay-TV-Kanal bisher nur auf etwa 2,4 Millionen Abonnenten gebracht.

Dennoch hat ein Mann Appetit auf Premiere World bekommen, der auf dem deutschen TV-Markt zum "Mann des Jahres" wurde. John Malone, Chef des US-Konzerns Liberty Media aus Denver, hat nach dem Kauf von rund 60 Prozent des Kabelnetzes der Telekom für 5,5 Milliarden Euro sein Interesse an der Übernahme des 22-Prozent-Anteils angemeldet, den Medienzar Rupert Murdoch an Kirchs Pay-TV-Sender hält. Im November hat dies Malone, der Großaktionär von Murdochs News Corporation ist, beim Kartellamt angemeldet -- zum Leidwesen der Kirch-Gruppe, die den als knallharten Geschäftsmann geltenden Malone nicht unbedingt in ihrem Boot haben will.

Inzwischen hat die gesamte deutsche TV-Branche - von Bertelsmann (RTL-Gruppe) bis zu ARD und ZDF -- Front gegen den Mann aus dem US- Bundesstaat Colorado gemacht: Denn dieser will künftig als Netzbetreiber im Kabel auch eigene Programme anbieten und könnte damit -- wie die Sender fürchten -- den Markt völlig in seinem Sinne umkrempeln. Der hochwertige Programmstock von Premiere World könnte ihm dabei sehr helfen. Ob es jedoch dazu kommt, muss das Bundeskartellamt entscheiden.

Der geplante Einstieg von Liberty bei Kirch würde die noch ausstehende Genehmigung für den Kauf des Telekom-Netzes nicht leichter machen, verlautete bereits aus der Behörde. Am 7. Dezember wurde nun erst einmal die Frist für die Prüfung des Deals Liberty/Telekom auf Wunsch der Unternehmen, die wettbewerbrechtliche Bedenken ausräumen müssen, bis Ende Februar verlängert. Jüngste Spekulation, die in Branchenkreisen und auch bei Kirch sehr ernst genommen wird: Murdoch könnte mit Hilfe Malones die durch ihre Milliardenschulden angreifbare Kirch-Gruppe übernehmen.

Leo Kirch, der im Oktober 75 Jahre alt wurde, scheint derweil verstärkt Gefallen am Zeitungsmarkt zu finden. In seinem ersten Interview seit fast vier Jahren kündigte der öffentlichkeitsscheue Medienmogul in der FAZ kurz vor seinem Geburtstag an, dass er über seine 40-Prozent-Beteiligung am Axel Springer Verlag angesichts der von ihm erwarteten Fusionswelle bei der Konsolidierung des Zeitungsmarkts mitmischen wolle. Eine kleine Fusion meldete der Axel Springer Verlag dann vor wenigen Tagen selbst: Im Rahmen des rigiden Spar- und Restrukturierungsprogramms werden Redaktionen und Verlage der traditionsreichen Berliner Blätter Welt und Berliner Morgenpost zusammengelegt. Springer hatte im November angekündigt, bis Ende 2003 jede zehnte Stelle -- das sind mehr als 1400 Arbeitsplätze -- zu streichen.

Andere Großverlage haben vor allem im Online-Bereich, in den ohne entsprechenden Erfolg viele Millionen in den vergangenen Jahren geflossen sind, die Notbremse gezogen. Gruner+Jahr beschloss Ende November die Neuordnung des Internet-Geschäfts. 75 Arbeitsplätze fallen weg; das Online-Magazin Computerchannel wird eingestellt. Andere Anbieter wollen dagegen endlich auch im Internet Geld verdienen. Die Krise, die den Zeitungen bei den Anzeigenumfängen in den ersten neun Monaten des Jahres zum Teil Verluste im zweistelligen Bereich brachte, hat aber auch die mittelständischen Unternehmen erfasst. Die Badische Zeitung in Freiburg beispielsweise kündigte Ende Oktober an, acht Prozent der Belegschaft abzubauen. Andere Verlage versuchen durch Kooperation, Kosten zu sparen. (dpa)
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