Die anstehenden Bundestagswahlen am 22. September 2002 wecken, wie man in den Beiträgen bei ariva erkennen kann, starke Emotionen und Hoffnungen. Die Rede ist häufig vom Versagen der einen Regierung bzw. auch der Unfähigkeit der Opposition. Das ist in diesem Jahr nicht anders als 1994 und 1998. Dabei sind unsere Parteien häufig gar nicht in der Lage einen „großen Wurf“ in der Problemlösung hinzukriegen. Sie befinden sich in vorhandenen Zwängen des politischen Systems.
Diese Ausführungen sollen verdeutlichen, dass die Parteien in Deutschland häufig keine Möglichkeiten haben bzw. ausschöpfen die echten Probleme unseres Landes zu lösen. Vielmehr steckt unser politisches System in einer tiefen Verfassungskrise. Wenn diese Krise nicht in den kommenden Jahren gelöst wird, wird keine Besserung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation möglich sein.
Der negative Wandel des Bundesrats
Unsere Verfassungsväter haben mit der Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 einen demokratischen Staat in Deutschland verankert, der sich vor allem durch seinen starken Föderalismus ausprägt. Durch Schaffung eines Bundestags und eines Bundesrats, sowie ihrer jeweiligen Machtstellung, wurde neben der üblichen horizontalen Gewaltenteilung (Regierung, Parlament, Jurisdiktion) auch eine vertikale Gewaltenteilung (Bund, Länder, Kommunen) erreicht. Vom Gedanken her war diese Einteilung sicherlich sinnvoll, jedoch zeigen sich seit einigen Jahrzehnten tief greifende Probleme.
Betrachtet man die politischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre genauer, fällt auf, dass viele gesetzliche Vorhaben sowohl durch den Bundestag als auch durch den Bundesrat laufen müssen. Das Grundgesetz schreibt vor, dass Gesetze, die unmittelbar die Länder betreffen, eben auch durch den Bundesrat abgesegnet werden müssen. In den ersten zwei Jahrzehnten funktionierte das System auch noch recht gut. Die einzelnen Bundesländer überprüften die jeweiligen Gesetzesvorhaben genau und entschieden dann, ob die Gesetze zum Wohle des eigenen Landes beitragen würden.
Seit etwa Mitte der 70er Jahre wandelte sich der Bundesrat jedoch zum Kampfinstrument zwischen der jeweiligen Regierung und Opposition. Die Länder überprüfen nicht mehr, ob ein Gesetz gut oder schlecht für das eigene Land ist, sondern ordnen sich der Vorgabe der Bundespartei unter und stimmen jeweils nach Landesregierungspartei geschlossen ab. Das bedeutet, SPD-Länder stimmen gleich ab, CDU-Länder stimmen gleich ab, Länder mit großer Koalition stimmen meistens mit Enthaltung ab.
Der Bundesrat ist somit in den letzten drei Jahrzehnten von einem kreativen, föderalen Parlament zu einem parteipolitisch, motivierten Parlament verkommen. Länderinteressen spielen fast keine Rolle mehr. Wichtig ist, was die Bundespartei verlangt.
Die überstarke Machtstellung des Bundesrats
Neben der parteipolitischen Komponente spielt auch die hohe Machtstellung des Bundesrates eine wesentliche Rolle in der politischen Krise, in der wir uns befinden. Da der Bundesrat Gesetze verhindern kann, die die Bundesländer direkt betreffen, ist seine Machtstellung enorm. Beispielsweise verhinderte der SPD-dominierte Bundesrat die Verabschiedung der Steuerreform 1997. Der Bundestag hatte zwar für das Gesetz mit seiner Mehrheit zugestimmt, jedoch war das Gesetz zustimmungsbedürftig durch den Bundesrat.
Es gibt in der jüngeren Vergangenheit viele Fälle, in dem der Bundesrat Gesetze verhinderte, die den Bundestag passierten. Was wir also heute vorfinden ist eine gegenseitig Blockierung durch unsere beiden Parlamente, aufgrund kontroverser Ansichten der Parteien. Die Macht der Länder ist so stark, dass die Bundesregierung mit ihrer Mehrheit im Bundestag schon fast handlungsunfähig geworden ist.
Die Übermacht der Interessenverbände
Neben der Auseinandersetzung mit dem Bundesrat und dem Bundestag, muss auch noch die Stellung der Interessenverbände beachtet werden. Nennen wir beispielsweise als Interessenverbände die Gewerkschaften, die Arbeitgeber und die Kirchen.
Viele Gesetzesvorschläge hören sich auf dem ersten Blick sehr gut an. Was folgt ist eine länger dauernde Diskussion, in der über die Auswirkungen der Gesetze gesprochen wird. In dieser Phase treten die Interessenverbände in Erscheinung. Die Parteien haben natürlich großes Verlangen, eine breite Unterstützung für ein von ihnen vorgeschlagenes Gesetz zu erreichen. Deshalb müssen sie sich immer wieder an der Basis absichern. Leider hat diese zur Folge, dass z. B. die Gewerkschaften Gesetze ablehnen, die in irgendeiner Weise die Arbeitnehmer negativ beeinträchtigen, auch wenn die positive Folge des Gesetzes viel größer wäre. Genauso verhält es sich bei den Arbeitgeberverbänden. Die Parteien sind aber so sehr mit diesen Verbänden verknüpft, dass sie sich immer wieder deren Forderungen unterwerfen und Gesetze „abmildern“. Somit sind „große Würfe“ in der Politik kaum möglich. Die Parteien sind gefesselt von ihren eigenen Interessenverbänden und blockieren tief greifende politische Entscheidungen.
Das Ziel: Die Problemlösungen
Was kann man machen, um aus der Selbstblockade unserer Parlamente und aus der Unfähigkeit zu Reformen herauszukommen? Was wir bräuchten, wäre eine Verfassungsreform, die wirklich ihren Namen verdient.
Zunächst müsste der Föderalismus entstaubt werden. Das bedeutet, die Bundesländer müssten ihre überstarke Rolle im Bundesrat verlieren und auf bestimmten Politikfeldern mehr Verantwortung erhalten. Die Macht der Länder im Bundesrat Gesetze zu blockieren müsste wesentlich eingeschränkt werden, damit die Bundesregierung wichtige und einschneidende Gesetzesvorhaben umsetzen kann. Im Gegenzug könnten die Bundesländer mehr Möglichkeiten in der eigenen Politikgestaltung erhalten, was jedoch nicht im Konflikt mit dem Bund stehen darf. Wir müssen wieder dahin kommen, dass der Bundesrat eine gestaltende Rolle spielt und nicht als parteipolitisches Machtinstrument missbraucht wird.
Weiter müssten wir über die Vereinheitlichung mehrerer Wahltermine reden. Da wir 16 Bundesländer haben, die alle 4 bis 5 Jahre ein neues Parlament wählen und dazu noch Kommunal- und Bundestagswahlen sowie Europawahlen haben, befinden wir uns fast immer im Wahlkampf. Wichtige Gesetzesvorhaben werden immer wieder nach Wahlen verschoben und werden somit unnötig zurückgehalten, da die Parteien Angst davor haben, durch unangenehme Maßnahmen bei der kommenden Wahl abgestraft zu werden. Mein Vorschlag wäre es, in einem Jahr einen festen Termin zu setzen, an dem alle Wahlen des jeweiligen Jahres abgehalten werden. Besser noch wären alle zwei Jahre (so wie in der USA). Der durchgehende polemische Wahlkampf könnte somit etwas abgemildert werden.
Schließlich muss noch die Macht der Interessenverbände zurückgeschraubt werden. Zwar haben z.B. die Gewerkschaften schon eine Menge Einfluss verloren, dennoch mischen sie besonders in den großen Parteien noch sehr stark mit. Konfliktreiche Entscheidungen werden vermieden, so dass ein „großer Wurf“ kaum möglich ist. Die Parteien müssen lernen, dass zum Wohle unseres Landes auch Entscheidungen getroffen werden müssen, die wehtun. Leider hat man sich bisher zu selten über den Widerstand der Interessenverbände hinweggesetzt.
Was kann man aus diesen Aussagen folgern? Meines Erachtens ist es völlig egal, wer die Bundestagswahlen am 22. September 2002 gewinnt. Die Situation hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter verschlechtert. Ob jetzt die CDU am Ruder war oder die SPD. Der Zustand wird sich auch nicht nach dem Wahltermin ändern. Die jeweiligen Versprechungen zur Wahl gab es auch schon 1994 und 1998. Geändert hat sich nach der Wahl nie wirklich etwas.
Erst wenn wir begreifen, dass nicht die Parteien vorsätzlich etwas falsch machen, sondern dass es das politische System ist was krankt, sind wir vielleicht in der Lage uns für eine Verfassungsreform stark zu machen. Nur eine Verfassungsreform kann Deutschland aus dem Tiefschlaf holen und politisch wieder handlungsfähig machen. Ansonsten ist es absolut unwichtig ob Gerhard Schröder oder Edmund Stoiber Bundeskanzler ist. Denn ihre Handlungsmöglichkeiten sind im jetzigen System stark begrenzt.
Wir brauchen also einen Nachfolger unseres Grundgesetz, das der Politik die Chance gibt, Politik auf Weltniveau zu machen!
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Diese Ausführungen sollen verdeutlichen, dass die Parteien in Deutschland häufig keine Möglichkeiten haben bzw. ausschöpfen die echten Probleme unseres Landes zu lösen. Vielmehr steckt unser politisches System in einer tiefen Verfassungskrise. Wenn diese Krise nicht in den kommenden Jahren gelöst wird, wird keine Besserung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation möglich sein.
Unsere Verfassungsväter haben mit der Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 einen demokratischen Staat in Deutschland verankert, der sich vor allem durch seinen starken Föderalismus ausprägt. Durch Schaffung eines Bundestags und eines Bundesrats, sowie ihrer jeweiligen Machtstellung, wurde neben der üblichen horizontalen Gewaltenteilung (Regierung, Parlament, Jurisdiktion) auch eine vertikale Gewaltenteilung (Bund, Länder, Kommunen) erreicht. Vom Gedanken her war diese Einteilung sicherlich sinnvoll, jedoch zeigen sich seit einigen Jahrzehnten tief greifende Probleme.
Betrachtet man die politischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre genauer, fällt auf, dass viele gesetzliche Vorhaben sowohl durch den Bundestag als auch durch den Bundesrat laufen müssen. Das Grundgesetz schreibt vor, dass Gesetze, die unmittelbar die Länder betreffen, eben auch durch den Bundesrat abgesegnet werden müssen. In den ersten zwei Jahrzehnten funktionierte das System auch noch recht gut. Die einzelnen Bundesländer überprüften die jeweiligen Gesetzesvorhaben genau und entschieden dann, ob die Gesetze zum Wohle des eigenen Landes beitragen würden.
Seit etwa Mitte der 70er Jahre wandelte sich der Bundesrat jedoch zum Kampfinstrument zwischen der jeweiligen Regierung und Opposition. Die Länder überprüfen nicht mehr, ob ein Gesetz gut oder schlecht für das eigene Land ist, sondern ordnen sich der Vorgabe der Bundespartei unter und stimmen jeweils nach Landesregierungspartei geschlossen ab. Das bedeutet, SPD-Länder stimmen gleich ab, CDU-Länder stimmen gleich ab, Länder mit großer Koalition stimmen meistens mit Enthaltung ab.
Der Bundesrat ist somit in den letzten drei Jahrzehnten von einem kreativen, föderalen Parlament zu einem parteipolitisch, motivierten Parlament verkommen. Länderinteressen spielen fast keine Rolle mehr. Wichtig ist, was die Bundespartei verlangt.
Neben der parteipolitischen Komponente spielt auch die hohe Machtstellung des Bundesrates eine wesentliche Rolle in der politischen Krise, in der wir uns befinden. Da der Bundesrat Gesetze verhindern kann, die die Bundesländer direkt betreffen, ist seine Machtstellung enorm. Beispielsweise verhinderte der SPD-dominierte Bundesrat die Verabschiedung der Steuerreform 1997. Der Bundestag hatte zwar für das Gesetz mit seiner Mehrheit zugestimmt, jedoch war das Gesetz zustimmungsbedürftig durch den Bundesrat.
Es gibt in der jüngeren Vergangenheit viele Fälle, in dem der Bundesrat Gesetze verhinderte, die den Bundestag passierten. Was wir also heute vorfinden ist eine gegenseitig Blockierung durch unsere beiden Parlamente, aufgrund kontroverser Ansichten der Parteien. Die Macht der Länder ist so stark, dass die Bundesregierung mit ihrer Mehrheit im Bundestag schon fast handlungsunfähig geworden ist.
Neben der Auseinandersetzung mit dem Bundesrat und dem Bundestag, muss auch noch die Stellung der Interessenverbände beachtet werden. Nennen wir beispielsweise als Interessenverbände die Gewerkschaften, die Arbeitgeber und die Kirchen.
Viele Gesetzesvorschläge hören sich auf dem ersten Blick sehr gut an. Was folgt ist eine länger dauernde Diskussion, in der über die Auswirkungen der Gesetze gesprochen wird. In dieser Phase treten die Interessenverbände in Erscheinung. Die Parteien haben natürlich großes Verlangen, eine breite Unterstützung für ein von ihnen vorgeschlagenes Gesetz zu erreichen. Deshalb müssen sie sich immer wieder an der Basis absichern. Leider hat diese zur Folge, dass z. B. die Gewerkschaften Gesetze ablehnen, die in irgendeiner Weise die Arbeitnehmer negativ beeinträchtigen, auch wenn die positive Folge des Gesetzes viel größer wäre. Genauso verhält es sich bei den Arbeitgeberverbänden. Die Parteien sind aber so sehr mit diesen Verbänden verknüpft, dass sie sich immer wieder deren Forderungen unterwerfen und Gesetze „abmildern“. Somit sind „große Würfe“ in der Politik kaum möglich. Die Parteien sind gefesselt von ihren eigenen Interessenverbänden und blockieren tief greifende politische Entscheidungen.
Was kann man machen, um aus der Selbstblockade unserer Parlamente und aus der Unfähigkeit zu Reformen herauszukommen? Was wir bräuchten, wäre eine Verfassungsreform, die wirklich ihren Namen verdient.
Zunächst müsste der Föderalismus entstaubt werden. Das bedeutet, die Bundesländer müssten ihre überstarke Rolle im Bundesrat verlieren und auf bestimmten Politikfeldern mehr Verantwortung erhalten. Die Macht der Länder im Bundesrat Gesetze zu blockieren müsste wesentlich eingeschränkt werden, damit die Bundesregierung wichtige und einschneidende Gesetzesvorhaben umsetzen kann. Im Gegenzug könnten die Bundesländer mehr Möglichkeiten in der eigenen Politikgestaltung erhalten, was jedoch nicht im Konflikt mit dem Bund stehen darf. Wir müssen wieder dahin kommen, dass der Bundesrat eine gestaltende Rolle spielt und nicht als parteipolitisches Machtinstrument missbraucht wird.
Weiter müssten wir über die Vereinheitlichung mehrerer Wahltermine reden. Da wir 16 Bundesländer haben, die alle 4 bis 5 Jahre ein neues Parlament wählen und dazu noch Kommunal- und Bundestagswahlen sowie Europawahlen haben, befinden wir uns fast immer im Wahlkampf. Wichtige Gesetzesvorhaben werden immer wieder nach Wahlen verschoben und werden somit unnötig zurückgehalten, da die Parteien Angst davor haben, durch unangenehme Maßnahmen bei der kommenden Wahl abgestraft zu werden. Mein Vorschlag wäre es, in einem Jahr einen festen Termin zu setzen, an dem alle Wahlen des jeweiligen Jahres abgehalten werden. Besser noch wären alle zwei Jahre (so wie in der USA). Der durchgehende polemische Wahlkampf könnte somit etwas abgemildert werden.
Schließlich muss noch die Macht der Interessenverbände zurückgeschraubt werden. Zwar haben z.B. die Gewerkschaften schon eine Menge Einfluss verloren, dennoch mischen sie besonders in den großen Parteien noch sehr stark mit. Konfliktreiche Entscheidungen werden vermieden, so dass ein „großer Wurf“ kaum möglich ist. Die Parteien müssen lernen, dass zum Wohle unseres Landes auch Entscheidungen getroffen werden müssen, die wehtun. Leider hat man sich bisher zu selten über den Widerstand der Interessenverbände hinweggesetzt.
Was kann man aus diesen Aussagen folgern? Meines Erachtens ist es völlig egal, wer die Bundestagswahlen am 22. September 2002 gewinnt. Die Situation hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter verschlechtert. Ob jetzt die CDU am Ruder war oder die SPD. Der Zustand wird sich auch nicht nach dem Wahltermin ändern. Die jeweiligen Versprechungen zur Wahl gab es auch schon 1994 und 1998. Geändert hat sich nach der Wahl nie wirklich etwas.
Erst wenn wir begreifen, dass nicht die Parteien vorsätzlich etwas falsch machen, sondern dass es das politische System ist was krankt, sind wir vielleicht in der Lage uns für eine Verfassungsreform stark zu machen. Nur eine Verfassungsreform kann Deutschland aus dem Tiefschlaf holen und politisch wieder handlungsfähig machen. Ansonsten ist es absolut unwichtig ob Gerhard Schröder oder Edmund Stoiber Bundeskanzler ist. Denn ihre Handlungsmöglichkeiten sind im jetzigen System stark begrenzt.
Wir brauchen also einen Nachfolger unseres Grundgesetz, das der Politik die Chance gibt, Politik auf Weltniveau zu machen!
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