Deutsche-Bank-Aktie wird zum Spielball der Spekulanten
von Karsten Seibel und Holger Zschäpitz
Blau-weiß: das Logo der Deutschen Bank
Frankfurt a.M./ Berlin - Das ist Turbokapitalismus anno 2004. Donnerstag 16.40 Uhr: Erste Gerüchte machen die Runde, dass die Citigroup die Deutsche Bank für 90 Euro je Aktie übernehmen will - genug, um auch in den entlegensten Handelssäalen dieser Welt Kaufpanik auszulösen. Die Aktie eines der Aushängeschilder Deutschlands - der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt - wird zum Spielball der Spekulanten. Der Aktienkurs schießt mit 30-, 40-Cent-Sprüngen nach oben. 17.11 Uhr: Der Wert der Deutschen Bank hat sich innerhalb von 31 Minuten mal eben so um drei auf 44 Mrd. erhöht. Der hiesige Branchenprimus springt in der Rangliste der größten Kreditinstitute an der Schweizer Credit-Suisse und der britischen Lloyds TSB vorbei. Schlagartig ändert sich die Hackordnung in der europäischen Bankenlandschaft. Plötzlich ist die Deutsche Bank nicht mehr nur in der Rolle des Opfers, Investoren trauen ihr auch wieder zu, selbst als Jäger aufzutreten. Schließlich ist an der Börse einzig und allein die Marktkapitalisierung entscheidend.."Investoren, Bankmanager und Medien - alle sprechen von einer Bereinigung im Bankensektor", meint Marc Rubinstein, Analyst bei Credit Suisse First Boston (CSFB).
Die ökonomischen Zwänge sind offensichtlich: Nachdem die Banken mit diversen Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogrammen ihre Häuser wieder auf Vordermann gebracht haben, ist es nun schwierig, weiteres Wachstum zu erzielen. Ein Ausweg wäre ein Zusammenschluss. Das hat den Vorteil, dass noch einmal kräftig an der Kostenschraube gedreht werden kann. Zudem sind viele Banken noch nicht so aufgestellt, dass sie den globalen Herausforderungen gewachsen sind. So gelten beispielsweise Commerzbank, Hypo-Vereinsbank und die französische BNP Paribas in ihren Heimatmärkten als zu klein. Bei Deutsche Bank und ABN Amro sind die einzelnen Geschäftsbereiche nicht so aufeinander abgestimmt, so dass sie bei den ganz Großen mitspielen könnten.
Kein Wunder, dass bei jedem kleinen Gerücht, die Kaufmaschinen angeworfen werden und Milliarden in Bewegung gesetzt werden. "In den Köpfen hat sich zuletzt festgesetzt, dass ein Zusammenschluss der Deutschen Bank und der Citigroup wahrscheinlich und sinnvoll sein könnte", sagt Josef Holzer, Chefhändler der ING-Bhf-Bank. Die Folge: Keiner, ob er an einen Zusammenschluss tatsächlich glaubt oder nicht, kann sich aus dem Bankenmonopoly heraushalten. Da klingt plötzlich vieles plausibel in den Ohren der Investoren. Tauchen Gerüchte über die Entlassung von 60 Händlern auf, wird daraus geschlossen, die Deutsche Bank braucht sie nicht mehr, wenn sie mit den Amerikanern zusammengeht. Zeigt sich Citigroup-Chef Charles Prince auf einer von Merrill Lynch organisierten Investorenkonferenz in Frankfurt, werden sofort geheime Verhandlungen mit der Deutschen Bank unterstellt.
Doch bevor sich Privatanleger in das Gerüchte-Getümmel stürzen, sollten sie die Sache noch einmal nüchtern durchdenken. So hat Merrill Lynch berechnet, dass auf die Citigroup bei einer Übernahme der Deutschen Bank allein 3,2 Mrd. Euro Restrukturierungskosten zukommen. Dadurch würde sich die Kapitalrendite der größten Bank der Welt auf 6,6 Prozent dritteln. Auch die Experten von ABN Amro erwarten von einem Kauf der Deutschen Bank keinen Mehrwert für die amerikanischen Weltmarktführer. Für sinnvoll halten beide dagegen einen Zusammenschluss von Deutscher Bank und Credit Suisse. Die Deutsche bekäme auf diese Weisen ein starkes Standbein im gehobenen Privatkundengeschäft, und die Bereiche Investmentbanking und Asset-Management würden sich gut ergänzen. Das passende Gerüchte könnte schon bald lauten: Die Chefs der beiden Banken wohnen in der Schweiz angeblich Haus an Haus.
Artikel erschienen am 6. März 2004
Welt.de
Die Aktie wird nächste Woche zu beobachten sein.
von Karsten Seibel und Holger Zschäpitz
Blau-weiß: das Logo der Deutschen Bank
Frankfurt a.M./ Berlin - Das ist Turbokapitalismus anno 2004. Donnerstag 16.40 Uhr: Erste Gerüchte machen die Runde, dass die Citigroup die Deutsche Bank für 90 Euro je Aktie übernehmen will - genug, um auch in den entlegensten Handelssäalen dieser Welt Kaufpanik auszulösen. Die Aktie eines der Aushängeschilder Deutschlands - der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt - wird zum Spielball der Spekulanten. Der Aktienkurs schießt mit 30-, 40-Cent-Sprüngen nach oben. 17.11 Uhr: Der Wert der Deutschen Bank hat sich innerhalb von 31 Minuten mal eben so um drei auf 44 Mrd. erhöht. Der hiesige Branchenprimus springt in der Rangliste der größten Kreditinstitute an der Schweizer Credit-Suisse und der britischen Lloyds TSB vorbei. Schlagartig ändert sich die Hackordnung in der europäischen Bankenlandschaft. Plötzlich ist die Deutsche Bank nicht mehr nur in der Rolle des Opfers, Investoren trauen ihr auch wieder zu, selbst als Jäger aufzutreten. Schließlich ist an der Börse einzig und allein die Marktkapitalisierung entscheidend.."Investoren, Bankmanager und Medien - alle sprechen von einer Bereinigung im Bankensektor", meint Marc Rubinstein, Analyst bei Credit Suisse First Boston (CSFB).
Die ökonomischen Zwänge sind offensichtlich: Nachdem die Banken mit diversen Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogrammen ihre Häuser wieder auf Vordermann gebracht haben, ist es nun schwierig, weiteres Wachstum zu erzielen. Ein Ausweg wäre ein Zusammenschluss. Das hat den Vorteil, dass noch einmal kräftig an der Kostenschraube gedreht werden kann. Zudem sind viele Banken noch nicht so aufgestellt, dass sie den globalen Herausforderungen gewachsen sind. So gelten beispielsweise Commerzbank, Hypo-Vereinsbank und die französische BNP Paribas in ihren Heimatmärkten als zu klein. Bei Deutsche Bank und ABN Amro sind die einzelnen Geschäftsbereiche nicht so aufeinander abgestimmt, so dass sie bei den ganz Großen mitspielen könnten.
Kein Wunder, dass bei jedem kleinen Gerücht, die Kaufmaschinen angeworfen werden und Milliarden in Bewegung gesetzt werden. "In den Köpfen hat sich zuletzt festgesetzt, dass ein Zusammenschluss der Deutschen Bank und der Citigroup wahrscheinlich und sinnvoll sein könnte", sagt Josef Holzer, Chefhändler der ING-Bhf-Bank. Die Folge: Keiner, ob er an einen Zusammenschluss tatsächlich glaubt oder nicht, kann sich aus dem Bankenmonopoly heraushalten. Da klingt plötzlich vieles plausibel in den Ohren der Investoren. Tauchen Gerüchte über die Entlassung von 60 Händlern auf, wird daraus geschlossen, die Deutsche Bank braucht sie nicht mehr, wenn sie mit den Amerikanern zusammengeht. Zeigt sich Citigroup-Chef Charles Prince auf einer von Merrill Lynch organisierten Investorenkonferenz in Frankfurt, werden sofort geheime Verhandlungen mit der Deutschen Bank unterstellt.
Doch bevor sich Privatanleger in das Gerüchte-Getümmel stürzen, sollten sie die Sache noch einmal nüchtern durchdenken. So hat Merrill Lynch berechnet, dass auf die Citigroup bei einer Übernahme der Deutschen Bank allein 3,2 Mrd. Euro Restrukturierungskosten zukommen. Dadurch würde sich die Kapitalrendite der größten Bank der Welt auf 6,6 Prozent dritteln. Auch die Experten von ABN Amro erwarten von einem Kauf der Deutschen Bank keinen Mehrwert für die amerikanischen Weltmarktführer. Für sinnvoll halten beide dagegen einen Zusammenschluss von Deutscher Bank und Credit Suisse. Die Deutsche bekäme auf diese Weisen ein starkes Standbein im gehobenen Privatkundengeschäft, und die Bereiche Investmentbanking und Asset-Management würden sich gut ergänzen. Das passende Gerüchte könnte schon bald lauten: Die Chefs der beiden Banken wohnen in der Schweiz angeblich Haus an Haus.
Artikel erschienen am 6. März 2004
Welt.de
Die Aktie wird nächste Woche zu beobachten sein.