Die Goldene Bankregel
Von Claus Vogt
Es gab einmal eine Zeit, in der Vorsicht, Langfristigkeit und sogar Ehrbarkeit weitverbreitet waren. Aus dieser Zeit stammt die Goldene Bankregel. Sie empfiehlt Fristenkongruenz von Forderungen und Verbindlichkeiten: Langfristige Kredite sollen durch langfristige Schulden finanziert sein, kurzfristige entsprechend kurzfristig. Die Befolgung dieser sehr konservativen Regel läßt die heutzutage gern vornehm „Zinsarbitrage“ genannte Zinsspekulation nicht zu, nämlich den Kauf langfristiger Anleihen, der mit kurzfristigen Krediten finanziert ist. Deshalb ist diese Regel nicht sehr beliebt, bei vielen Banken nicht und schon gar nicht bei den aggressiveren Marktteilnehmern wie bestimmten Hedgefonds. Eine Reduktion der kurzfristigen Zinssätze um 50 Basispunkte wirkt sich auf die hoch gehebelten Teilnehmer dieser Zinsspekulation wie ein warmer Geldregen aus: Die Finanzierungskosten sinken, die Erträge bleiben konstant. Diese heilsame Wirkung von Zinssenkungen auf „Arbitragegewinne“ beschränkt sich in unserer durch Finanzinnovationen und einen sehr hohen Verschuldungsgrad zahlreicher Unternehmen geprägten Zeit aber nicht auf den Finanzsektor.
Im April dieses Jahres hat Bill Gross, der den größten Anleihefonds der Welt verwaltet, die Leser seines Investment Outlook an seiner mit Argumenten unterlegten Interpretation des auf 43 Milliarden US-Dollar bezifferten Marktes für Interest Rate Swaps teilhaben lassen (www.pimco.com). Interest Rate Swaps sind eine Finanzinnovation, die in den vergangenen 15 Jahren außerordentlich populär geworden ist. Grob gesprochen ermöglichen sie einem Unternehmen, die Struktur seiner Verbindlichkeiten mit sehr geringem Aufwand zu verändern. Beispielsweise lassen sich langfristige Verbindlichkeiten mit Festzins in solche mit variablem, kurzfristigen Zinssatz tauschen. Die genaue Funktionsweise spielt hier keine Rolle, interessierte Leser können sie in einem Fachbuch oder im Internet nachlesen. Wichtig in unserem Zusammenhang ist die Bedeutung des massenhaften Einsatzes dieses Instrumentes bei US-amerikanischen Unternehmen. Gross kommt zu dem überzeugenden Ergebnis, daß der Einfluß der kurzfristigen Zinssätze auf die Finanzierungsseite des Unternehmenssektors und somit auf die gesamte US-Ökonomie erheblich zugenommen hat – im Sinne deutlich erhöhter Risiken im Fall steigender Zinsen.
Von Claus Vogt
Es gab einmal eine Zeit, in der Vorsicht, Langfristigkeit und sogar Ehrbarkeit weitverbreitet waren. Aus dieser Zeit stammt die Goldene Bankregel. Sie empfiehlt Fristenkongruenz von Forderungen und Verbindlichkeiten: Langfristige Kredite sollen durch langfristige Schulden finanziert sein, kurzfristige entsprechend kurzfristig. Die Befolgung dieser sehr konservativen Regel läßt die heutzutage gern vornehm „Zinsarbitrage“ genannte Zinsspekulation nicht zu, nämlich den Kauf langfristiger Anleihen, der mit kurzfristigen Krediten finanziert ist. Deshalb ist diese Regel nicht sehr beliebt, bei vielen Banken nicht und schon gar nicht bei den aggressiveren Marktteilnehmern wie bestimmten Hedgefonds. Eine Reduktion der kurzfristigen Zinssätze um 50 Basispunkte wirkt sich auf die hoch gehebelten Teilnehmer dieser Zinsspekulation wie ein warmer Geldregen aus: Die Finanzierungskosten sinken, die Erträge bleiben konstant. Diese heilsame Wirkung von Zinssenkungen auf „Arbitragegewinne“ beschränkt sich in unserer durch Finanzinnovationen und einen sehr hohen Verschuldungsgrad zahlreicher Unternehmen geprägten Zeit aber nicht auf den Finanzsektor.
Im April dieses Jahres hat Bill Gross, der den größten Anleihefonds der Welt verwaltet, die Leser seines Investment Outlook an seiner mit Argumenten unterlegten Interpretation des auf 43 Milliarden US-Dollar bezifferten Marktes für Interest Rate Swaps teilhaben lassen (www.pimco.com). Interest Rate Swaps sind eine Finanzinnovation, die in den vergangenen 15 Jahren außerordentlich populär geworden ist. Grob gesprochen ermöglichen sie einem Unternehmen, die Struktur seiner Verbindlichkeiten mit sehr geringem Aufwand zu verändern. Beispielsweise lassen sich langfristige Verbindlichkeiten mit Festzins in solche mit variablem, kurzfristigen Zinssatz tauschen. Die genaue Funktionsweise spielt hier keine Rolle, interessierte Leser können sie in einem Fachbuch oder im Internet nachlesen. Wichtig in unserem Zusammenhang ist die Bedeutung des massenhaften Einsatzes dieses Instrumentes bei US-amerikanischen Unternehmen. Gross kommt zu dem überzeugenden Ergebnis, daß der Einfluß der kurzfristigen Zinssätze auf die Finanzierungsseite des Unternehmenssektors und somit auf die gesamte US-Ökonomie erheblich zugenommen hat – im Sinne deutlich erhöhter Risiken im Fall steigender Zinsen.