Die Deutschen müssen am Arbeitsmarkt flexibler wer

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Die Deutschen müssen am Arbeitsmarkt flexibler wer

 
31.07.01 01:23
Dienstag, 31. Juli 2001     Berlin, 01:21 Uhr
         
Die Deutschen müssen am Arbeitsmarkt flexibler werden

Analyse

Von Carl Graf Hohenthal

Dem konjunkturellen Einbruch folgt jetzt eine Entlassungswelle. Fast täglich kommen neue Meldungen von Unternehmen, die Tausende von Arbeitsplätzen abbauen wollen. Allmählich beginnen diese Nachrichten auch einzelne Politiker zu beunruhigen, die die Entlassungsprogramme für übertrieben halten. Die Bundesregierung hat sich von der Beunruhigung allerdings noch nicht anstecken lassen; Bundeskanzler Gerhard Schröder vertraut weiter auf seine ruhige Hand, mit der er Deutschland durch die wirtschaftlich schwierigen Zeiten steuern will.
Amerikaner sind flexibler

In der Tat steht Deutschland bislang noch vergleichsweise günstig da. Zwar planen Unternehmen wie Siemens oder ABB jeweils mehr als 10 000 Stellen abzubauen, doch die meisten Betriebe sind zurückhaltender. Ganz anders ist dagegen die Situation in den Vereinigten Staaten, wo große Firmen derzeit Zehntausende von Mitarbeitern entlassen. Doch in Amerika führt das zu weitaus weniger Aufregung als in Deutschland. Die Amerikaner sind wesentlich flexibler als die Deutschen. Sie wissen, dass die Unternehmen die Beschäftigtenzahlen schnell aufstocken, wenn das Geschäft gut läuft, sie aber auch ebenso schnell wieder abbauen, wenn es Probleme gibt. Außerdem sind Amerikaner nicht so ortsgebunden wie die Deutschen. Wer seine Stelle in Chicago verliert, findet wenig dabei, sich in Pittsburgh etwas Neues zu suchen.

Solches können sich die meisten Deutschen immer noch nicht vorstellen. Sie hoffen, nahe vom Heimatort eine Anstellung zu finden und wollen ihrer Firma dann am liebsten ein Leben lang die Treue halten. Der Verlust des Arbeitsplatzes gilt zwar nicht mehr als soziales Brandmal, wie es vor wenigen Jahren noch der Fall war. Doch er setzt bei den meisten Arbeitslosen auch nicht die Phantasie frei, die erforderlich ist, um möglichst bald wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Viele Arbeitslose ziehen die Untätigkeit dem Angebot einer Stelle in einem anderen als dem angestammten Feld vor, und ein Umzug in eine andere Region erscheint den meisten als Schreckensvorstellung.

Noch immer ist das soziale Netz in Deutschland dicht geknüpft. Doch die Rufe werde lauter, die mehr Selbständigkeit und weniger staatliche Unterstützung fordern. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Staat nicht mehr in der Lage ist, die vielfältigen sozialen Leistungen zu erbringen, an die sich die Deutschen in den vergangenen Jahrzehnten gewöhnt haben. Trotz des Bündnisses für Arbeit werden die Menschen zunehmend ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen müssen.
Immer mehr Leute glauben, dass die Entlassungswelle etwas mit der Globalisierung zu tun habe. Doch ist es wirklich vorstellbar, dass die Wirtschaft gedeihen kann, wenn man den Freihandel einschränkt? Niemand kann das ernsthaft meinen. Im Zeitalter weltumspannender Kommunikation und globaler Verkehrsströme kann sich kein Land und keine Volkswirtschaft mehr auf eine Insel der Seligen zurückziehen. Natürlich haben Eintrübungen der Konjunktur in Amerika oder Asien negative Auswirkungen auf eine exportorientierte Wirtschaft wie die deutsche. Doch wer das kritisiert, darf die positiven Effekte nicht vergessen, die der zehn Jahre dauernde Aufschwung in den Vereinigten Staaten auch Europa gebracht hat. Die Vorteile der Globalisierung sind - auch für die Beschäftigung - größer als deren Nachteile.

Regulierter Arbeitsmarkt

Freilich müssen es die Deutschen ertragen, dass ihre Leistungen mit denen anderer Völker verglichen werden. Es ist verständlich, dass Unternehmen in einem Land, das die höchsten Löhne, den meisten Urlaub und die kürzesten Arbeitszeiten bietet, in schlechten Zeiten zuerst beim Personal rationalisieren. Die Gewerkschaften versuchen verständlicherweise, das zu verhindern, doch durch die Vielzahl von Regulierungen des Arbeitsmarktes dämpfen sie auch die Bereitschaft der Unternehmen zu Neueinstellungen. Deshalb spricht gerade in konjunkturell schwierigen Phasen Einiges für eine weitergehende Deregulierung des Arbeitsmarktes. Wer sich durch die Entlassungszahlen schrecken lässt, sollte beachten, dass nicht nur Stellen abgebaut, sondern auch neue geschaffen werden. So meldet die Nürnberger Bundesanstalt, dass die Zahl der Erwerbstätigen von April 2000 bis April 2001 um 235 000 auf 38,5 Millionen zugelegt habe. Allein im Durchschnitt des vierten Quartals 2000 gab es 1,46 Millionen offene Stellen. Auch in Zeiten zunehmender Kündigungen gibt es also auch Beschäftigungsmöglichkeiten

www.welt.de/daten/2001/07/31/0731wi271493.htx

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