Die Banken jubeln leise
Die deutschen Geldinstitute haben das Schlimmste hinter sich. Ist der Aufschwung noch zu stoppen?
von Ulrich Reitz
Statt freudiger Mienen gab es nur lange Gesichter: Als Frankfurts Banker am Montagabend im Frankfurter Römer mit Alessandro Profumo, Chef des italienischen Bankenriesen Unicredito, auf seine Auszeichnung "European Banker of the Year" anstießen, stand nur trockenes Salzgebäck auf den Tischen. Für mehr hatten Deutsche, Dresdner und Commerzbank, die Sponsoren der prominenten Runde, anscheinend kein Geld. "Bescheidenheit demonstrieren", heißt die Devise. Nur nicht zu früh jubeln. Das wäre fatal.
Dabei macht sich in den Führungsetagen der Bankentürme immer mehr Optimismus breit. Die Sparprogramme der Banker greifen. Die Kosten sacken ab. Sogar die arg gebeutelte Commerzbank, sie fuhr im vergangenen Jahr den ersten Verlust ihrer Geschichte ein, stemmte sich gegen den Trend - und wies für das erste Quartal 2003 einen Gewinn von 38 Millionen Euro vor Steuern aus. Mager. Aber besser als nichts.
Zwar läuft es für die Banken in den ersten drei Monaten traditionell am besten. Doch in den Banktürmen schöpft man auch weiterhin Zuversicht. Allen voran Branchenprimus Deutsche Bank: "Wir werden ergebnismäßig immer besser", sagt Bank-Boss Josef Ackermann ein hoffnungsvolles zweites Quartal voraus.
Und auch andere Top-Banker erklären: "Wir haben das Schlimmste hinter uns." Kein Wunder: Die Sparwut war enorm. Mehr als 35 000 Mitarbeiter bauten die deutschen Großbanken bis dato ab. Ganze Geschäftsbereiche wurden ausgegliedert und verkauft. Auch die Bankvorstände wechselten reihenweise. Statt Protz und Prunk ist in den Führungsetagen der Türme eisernes Sparen angesagt.
Die Börse schiebt die Banken zusätzlich an. Der Dax stieg seit Jahresanfang trotz einiger Rückschläge um mehr als zehn Prozent. Tendenz steigend: Die Stimmung der Anleger helle sich spürbar auf, bilanziert Rüdiger von Rosen, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstitutes. "Die ansteigenden Börsenkurse tragen dazu bei."
Das hilft auch den Banken. Provisionserträge steigen, und Beteiligungsportfolios, die stillen Reserven, werden spürbar aufpoliert.
Wen wundert es da, dass sich auch Bankenpräsident Rolf Breuer wieder besser gelaunt in der Öffentlichkeit zeigt: "Es geht wieder aufwärts", diagnostiziert der Banker selbstbewusst. "Schon im Herbst dieses Jahres" werde am Bankenhimmel mehr als ein Silberstreif zu sehen sein.
Sogar in der sonst so zurückhaltenden Bundesbank atmet man auf: "Das Schlimmste ist überstanden", sagt Bundesbank-Vorstand Hans Reckers, und führt drei Gründe für den neu aufkeimenden Optimismus an: Die Kosteneinsparungen bei den Banken seien von "dauerhafter Wirkung" gekrönt. Zudem tue "die Hoffnung auf sich weiter erholende Kapitalmärkte den Banken zusätzlich gut". Außerdem gingen die Zinsmargen nicht mehr weiter zurück: "Im Gegenteil. Sie steigen wieder in einigen Bereichen, was auch dringend nötig ist."
Alles gut? Nicht ganz. Gefestigt ist diese neue Zuversicht noch nicht. Die Hoffnungen der Banker sind mit vielen Variablen verknüpft. Noch immer schleppen sie eine Menge Altlasten vor sich her. So war die Risikovorsorge im vergangenen Jahr in nie gekannte Höhen geschnellt. HypoVereinsbank 3,8 Milliarden Euro, Commerzbank 1,3 Milliarden, Dresdner Bank 2,2 Milliarden, Deutsche Bank 2,1 Milliarden. Die Liste ist lang. Unter Hochdruck wickeln die Banken seit Monaten die faulen Kredite ab.
Außerdem sind die Strukturprobleme im Bankensektor noch nicht vom Tisch. Noch immer verhageln Sparkassen mit Dumpingkonditionen die Margen der privaten Konkurrenz. Und: Nach wie vor arbeiten ganze Bereiche der Großbanken völlig uneffektiv. So halten einige Großbanken etwa nach wie vor firmeneigene IT-Experten für EDV-Probleme vor, entwerfen Mitarbeitermagazine selbst oder haben hausinterne Managementberater unter Vertrag. Und das, obwohl die Arbeiten bei externen Dienstleistern deutlich preiswerter zu haben sind. Laut dem Frankfurter Wirtschaftsprofessor Wolfgang König gibt es allein im IT-Bereich "noch erheblichen Nachholbedarf".
"Man kann sich auch kaputtsparen", warnt der Nürnberger Wirtschaftsprofessor Wolfgang Gerke. Für die Banken ist es wichtiger denn je, nachhaltige Erträge zu generieren. Und die hängen von der weiteren Wirtschaftsentwicklung ab. Wenn die Wirtschaft weiter schrumpft und die Börsen erneut auf Talfahrt gehen, kommen die Geldhäuser erneut unter Druck. Selbst der New Yorker Berufsbulle Heiko Thieme warnt vor übertriebener Euphorie: "Steigt der Dax bis zum Jahresende auf mehr als 4000 Punkte, könnte eine neue Börsenblase entstehen." Auch Creditreform meldet Alarm: "Die Pleitewelle in Deutschland stieg in den vergangenen Monaten weiter an." Vor allem deshalb, weil der exportorientierte Mittelstand den starken Euro-Kurs zu spüren bekommt. Ob die Banken die Krise gemeistert haben, zeigt sich wohl erst im nächsten Jahr. Die Einspareffekte sind dann verbucht. Aus eigener Kraft zu wachsen, darauf kommt es dann an.
Die deutschen Geldinstitute haben das Schlimmste hinter sich. Ist der Aufschwung noch zu stoppen?
von Ulrich Reitz
Statt freudiger Mienen gab es nur lange Gesichter: Als Frankfurts Banker am Montagabend im Frankfurter Römer mit Alessandro Profumo, Chef des italienischen Bankenriesen Unicredito, auf seine Auszeichnung "European Banker of the Year" anstießen, stand nur trockenes Salzgebäck auf den Tischen. Für mehr hatten Deutsche, Dresdner und Commerzbank, die Sponsoren der prominenten Runde, anscheinend kein Geld. "Bescheidenheit demonstrieren", heißt die Devise. Nur nicht zu früh jubeln. Das wäre fatal.
Dabei macht sich in den Führungsetagen der Bankentürme immer mehr Optimismus breit. Die Sparprogramme der Banker greifen. Die Kosten sacken ab. Sogar die arg gebeutelte Commerzbank, sie fuhr im vergangenen Jahr den ersten Verlust ihrer Geschichte ein, stemmte sich gegen den Trend - und wies für das erste Quartal 2003 einen Gewinn von 38 Millionen Euro vor Steuern aus. Mager. Aber besser als nichts.
Zwar läuft es für die Banken in den ersten drei Monaten traditionell am besten. Doch in den Banktürmen schöpft man auch weiterhin Zuversicht. Allen voran Branchenprimus Deutsche Bank: "Wir werden ergebnismäßig immer besser", sagt Bank-Boss Josef Ackermann ein hoffnungsvolles zweites Quartal voraus.
Und auch andere Top-Banker erklären: "Wir haben das Schlimmste hinter uns." Kein Wunder: Die Sparwut war enorm. Mehr als 35 000 Mitarbeiter bauten die deutschen Großbanken bis dato ab. Ganze Geschäftsbereiche wurden ausgegliedert und verkauft. Auch die Bankvorstände wechselten reihenweise. Statt Protz und Prunk ist in den Führungsetagen der Türme eisernes Sparen angesagt.
Die Börse schiebt die Banken zusätzlich an. Der Dax stieg seit Jahresanfang trotz einiger Rückschläge um mehr als zehn Prozent. Tendenz steigend: Die Stimmung der Anleger helle sich spürbar auf, bilanziert Rüdiger von Rosen, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstitutes. "Die ansteigenden Börsenkurse tragen dazu bei."
Das hilft auch den Banken. Provisionserträge steigen, und Beteiligungsportfolios, die stillen Reserven, werden spürbar aufpoliert.
Wen wundert es da, dass sich auch Bankenpräsident Rolf Breuer wieder besser gelaunt in der Öffentlichkeit zeigt: "Es geht wieder aufwärts", diagnostiziert der Banker selbstbewusst. "Schon im Herbst dieses Jahres" werde am Bankenhimmel mehr als ein Silberstreif zu sehen sein.
Sogar in der sonst so zurückhaltenden Bundesbank atmet man auf: "Das Schlimmste ist überstanden", sagt Bundesbank-Vorstand Hans Reckers, und führt drei Gründe für den neu aufkeimenden Optimismus an: Die Kosteneinsparungen bei den Banken seien von "dauerhafter Wirkung" gekrönt. Zudem tue "die Hoffnung auf sich weiter erholende Kapitalmärkte den Banken zusätzlich gut". Außerdem gingen die Zinsmargen nicht mehr weiter zurück: "Im Gegenteil. Sie steigen wieder in einigen Bereichen, was auch dringend nötig ist."
Alles gut? Nicht ganz. Gefestigt ist diese neue Zuversicht noch nicht. Die Hoffnungen der Banker sind mit vielen Variablen verknüpft. Noch immer schleppen sie eine Menge Altlasten vor sich her. So war die Risikovorsorge im vergangenen Jahr in nie gekannte Höhen geschnellt. HypoVereinsbank 3,8 Milliarden Euro, Commerzbank 1,3 Milliarden, Dresdner Bank 2,2 Milliarden, Deutsche Bank 2,1 Milliarden. Die Liste ist lang. Unter Hochdruck wickeln die Banken seit Monaten die faulen Kredite ab.
Außerdem sind die Strukturprobleme im Bankensektor noch nicht vom Tisch. Noch immer verhageln Sparkassen mit Dumpingkonditionen die Margen der privaten Konkurrenz. Und: Nach wie vor arbeiten ganze Bereiche der Großbanken völlig uneffektiv. So halten einige Großbanken etwa nach wie vor firmeneigene IT-Experten für EDV-Probleme vor, entwerfen Mitarbeitermagazine selbst oder haben hausinterne Managementberater unter Vertrag. Und das, obwohl die Arbeiten bei externen Dienstleistern deutlich preiswerter zu haben sind. Laut dem Frankfurter Wirtschaftsprofessor Wolfgang König gibt es allein im IT-Bereich "noch erheblichen Nachholbedarf".
"Man kann sich auch kaputtsparen", warnt der Nürnberger Wirtschaftsprofessor Wolfgang Gerke. Für die Banken ist es wichtiger denn je, nachhaltige Erträge zu generieren. Und die hängen von der weiteren Wirtschaftsentwicklung ab. Wenn die Wirtschaft weiter schrumpft und die Börsen erneut auf Talfahrt gehen, kommen die Geldhäuser erneut unter Druck. Selbst der New Yorker Berufsbulle Heiko Thieme warnt vor übertriebener Euphorie: "Steigt der Dax bis zum Jahresende auf mehr als 4000 Punkte, könnte eine neue Börsenblase entstehen." Auch Creditreform meldet Alarm: "Die Pleitewelle in Deutschland stieg in den vergangenen Monaten weiter an." Vor allem deshalb, weil der exportorientierte Mittelstand den starken Euro-Kurs zu spüren bekommt. Ob die Banken die Krise gemeistert haben, zeigt sich wohl erst im nächsten Jahr. Die Einspareffekte sind dann verbucht. Aus eigener Kraft zu wachsen, darauf kommt es dann an.