Devisenbetrüger auf der Flucht

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Pichel:

Devisenbetrüger auf der Flucht

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17.10.07 16:22

Ulrich Engler sammelte bei Anlegern Millionen ein. Nun ist er verschwunden – und mit ihm das Geld

Ulrich Engler hat zwei Biografien. Die frei erfundene ist die des seriösen Kapitalmarktfachmanns. Danach ist er 25 Jahre lang als internationaler Banker tätig gewesen und hat bis 2003 bei der Chase Manhattan Bank, die heute zu JP Morgan gehört, den internationalen Devisenhandel geleitet. Mit diesem Lebenslauf warb Engler im Internet und in Zeitungsanzeigen für hochverzinsliche Geldanlagen seiner Firma Private Commercial Office. Seine wahre Biografie aber ist geprägt von Betrugsfällen. Die Amtsgerichte Riedlingen, Böblingen und München haben ihn wegen Vermögensdelikten verurteilt, das Amtsgericht Mannheim versucht derzeit, seine Auslieferung aus Florida zu erwirken. Der Vorwurf: „gemeinschaftlicher Betrug in besonders schweren Fällen“.

Englers Masche ist typisch für den unregulierten Kapitalmarkt, der seit Jahren von der Gier und der Unwissenheit der Anleger lebt. Mit hohen Zinsversprechungen locken unseriöse Vermögensberater Kunden in Inhaberschuldverschreibungen. Geht das Unternehmen pleite, verliert der Anleger alles – die versprochene Rendite und den Einsatz. Mehr als 100 000 Anleger verloren allein in den vergangenen Jahren bei den spektakulären Pleiten von Vermögensgarant, Wohnungsbaugesellschaft Leipzig-West, DM Beteiligungen und First Real Estate ein Vermögen, das nach Schätzungen von Anlegerschützern in die Milliarden geht.

In die Reihe der Geprellten können sich nun auch die Engler-Anleger einreihen. Der Hochstapler, der sich in einschlägigen Foren „Richie“ nennt und laut JP Morgan nie einen Tag bei der Chase Manhattan gearbeitet hat, ist seit September untergetaucht. Mit ihm sind 120 bis 160 Mio. $ an Anlegergeldern verschwunden. Auf diese Summe schätzt die Staatsanwaltschaft Mannheim derzeit den Schaden in Deutschland.

„Tatsächlich hat er wahrscheinlich rund 450 Mio. $ eingesammelt“, sagt Anlegeranwalt Peter Mattil. Denn Vertriebsleute seien neben Deutschland auch in Österreich, Liechtenstein und der Schweiz tätig gewesen. „Das ganze Ausmaß wird vermutlich nie herauskommen, da in Liechtenstein viel Schwarzgeld eingesammelt wurde“, sagt Anwalt Stefan Winheller. Diese Anleger fürchteten selbst die Strafverfolgung und würden daher auf eine Anzeige verzichten. Die Anwälte vermuten, dass Engler mit seiner Daytrading-Scheinfirma rund 5000 Anleger geschädigt hat.

Besonders schmerzlich für die Betrogenen: „Engler hat seine Geschäfte komplett aus den USA heraus gesteuert“, sagt Winheller. „Wir haben es so gut wie abgeschrieben, an ihn und das Geld heranzukommen.“ Die Anwälte suchen nun hauptsächlich nach den Vermittlern der Engler-Produkte – vor allem nach jenen, die die hohen Provisionen von teilweise bis zu 30 Prozent abkassiert haben. Vor allem die fünf Hauptvermittler dürften Post von den Anwälten bekommen. „Bisher ist leider nur einer in Untersuchungshaft“, sagt Winheller. Er vermutet, dass die anderen noch frei sind, weil die Staatsanwaltschaft überlastet ist.

Ein Vermittler versucht sogar, die Anleger mit abstrusen Methoden zu beruhigen. In einem Brief, der der FTD vorliegt, heißt es, Engler sei vermutlich aufgrund von zwei Hurrikans etwas zugestoßen, daher könne er sich nicht melden. „Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie Herrn Engler auch weiterhin Ihr Vertrauen schenken und wir die ganze Angelegenheit für Sie zu Ihrer Zufriedenheit abschließen können“, heißt es weiter. „Das sind reine Ablenkungsmanöver“, sagt Mattil. „Den Vermittlern dürfte klar sein, dass sie ohne Lizenz der Finanzaufsicht BaFin gearbeitet haben und damit in jedem Fall gegen das Kreditwesengesetz verstoßen haben.“

Mattil und Winheller vermuten, dass Englers Betrugsmasche nicht aufgeflogen wäre, hätte er nicht Anfang des Jahres seine Werbestrategie verändert. Zum Verhängnis wurden dem selbst ernannten Börsenspezialisten aufmerksame Zuschauer bei einem Uefa-Pokalspiel von Bayer Leverkusen und beim Internationalen Galopprennen in Baden-Baden im Frühjahr. Englers Leute hatten großzügig Werbeflächen angemietet – der Slogan: „US-Land-Banking. Verdoppeln Sie Ihr Kapital in vier Jahren.“ „So etwas wie US-Land-Banking gibt es überhaupt nicht. Da haben wohl ein paar Fußball- und Pferderennfans zugeschaut, die dem Quatsch nachgegangen sind“, sagt Winheller.

Daraufhin wurden im August das Landeskriminalamt Baden-Württemberg und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) aktiv. Die BaFin ordnete die sofortige Rückabwicklung der Engler-Geschäfte an. Allerdings kann keine der Behörden in den Vereinigten Staaten etwas ausrichten. Schon machen Gerüchte die Runde, dass besonders verärgerte Anleger Kopfgeldjäger auf Engler ansetzen wollen.

Quelle: heutige FTD

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Gruß Pichel



Pichel:

Betrüger an den Börsen

 
17.10.07 17:09
Insidergeschäfte sind keine Kavaliersdelikte, dennoch bleiben sie oft ungestraft. Im Interesse der Anleger müssen Aufseher und Staatsanwälte kriminelle Manager härter verfolgen als bishervon Ute Göggelmann

K aum etwas sorgt bei Managern für solche Gefühlswallungen wie der Verwurf des Insidergeschäfts. „Rufschädigung!“, empörten sich jüngst die EADS-Topleute, die in den Ruch des Insiderhandels geraten waren. Bei dem Konzern wird untersucht, ob Manager ihr Wissen über Verzögerungen beim Airbus A380 benutzt haben, um eigene Aktien vor Kursverlusten zu verkaufen.

„Absurd!“, lautete die Reaktion bei Air Berlin, nachdem die Staatsanwaltschaft im Juni bei der Airline eine Razzia wegen des Verdachts auf illegale Aktiengeschäfte angeordnet hatte. Und „vom Einklang mit geltenden Regeln“ sprach die Deutschen Börse, als sich Fragen zu Aktienkäufen ihres Finanzvorstands häuften, die er eine Woche vor Veröffentlichung einer Pflichtmitteilung tätigte.

Die Aufregung über den Besuch von Ermittlern in Firmenbüros und Schreiben der Finanzaufsicht BaFin ist fehl am Platz. Vorstände, Aufsichtsräte und andere Topführungskräfte sind in der Tat Insider. Es wäre geradezu schädlich für einen Finanzplatz, wenn Aufsichtsbehörden sich nicht anschauen würden, welche Geschäfte diese Insider im Vorfeld von Zahlenveröffentlichungen, Ad-hoc-Mitteilungen und Fusionen machen – abgesehen davon, dass dies die Pflicht der Finanzaufseher ist. Und: Es wäre im Interesse von Privatanlegern und institutionellen Investoren, wenn die Gesetzeshüter noch mehr gegen Insiderdelikte tun würden.

Die Gesetze sind da

Noch werden zu wenige der typischen Manager-Straftaten geahndet, verlaufen zu viele Ermittlungen im Sand. Das Thema Insiderhandel muss sich in der öffentlichen Wahrnehmung noch vom Kavaliersdelikt, vom Geschäft mit „Geschmäckle“, zu einer ernsten Straftat wandeln. Nur dort, wo Gesetze nachgehalten werden, investieren Geldgeber. Aktionärsschutz ist Finanzplatzschutz.

An den deutschen Gesetzen selbst ist nicht viel auszusetzen. Das Verbot des Insiderhandels wurde 2004 verschärft. Seitdem steht schon der Versuch des Insidergeschäfts unter Strafe. Es drohen fünf Jahre Freiheitsentzug. Dennoch sind die Erfolge bisher dürftig: 2006 leitete die BaFin 51 neue Insiderverfahren ein, 24 Vorgänge mit 106 Verdächtigen wurden bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Diese stellte dann 42 Verfahren ein, 17 Fälle wurden gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. In sechs Fällen reichte es nur zu einem Strafbefehl, in fünf Fällen kam es zur Verurteilung. Ein Angeklagter kam frei.

Ein Grund für die magere Ausbeute ist die schwierige Beweisführung. Vor allem dann, wenn der Insider ein sogenannter Dritter ist – etwa ein Angehöriger eines Vorstands, ein Investmentbanker oder ein Mitarbeiter, der einen Deal nur mitbekommen hat. Zwar kann die Finanzaufsicht mithilfe von Handelsdaten auffällige Aktienkäufe und Verkäufe im Vorfeld von kursrelevanten Ereignissen herausfiltern. Sie findet auch den Auftraggeber des Geschäfts. Wenn aber die Staatsanwaltschaft wiederum keine schriftlichen Beweise findet, dass es im Zusammenhang mit Insiderwissen steht, läuft der Vorstoß ins Leere.

Oft jedoch ermitteln die Staatsanwälte gar nicht erst, selbst wenn sie Verdachtsmomente plus Unterlagen von der BaFin übermittelt bekommen. Dabei haben sie viel weiter gehende Möglichkeiten als die BaFin. Doch fehlende Kenntnisse der Kapitalmärkte und Personalmangel halten viele Staatsanwälte davon ab, sich in die langwierigen und umfangreichen Insiderverfahren zu stürzen.

Eine Möglichkeit, diese inakzeptablen Zustände zu korrigieren, könnte sein, Prävention durch Abschreckung zu betreiben. Dafür braucht es nicht Verhaftungen straffälliger Insider vor laufender Kamera wie etwa in den USA. Es würde genügen, wenn Richter das volle Strafmaß ausnutzen würden. Nötig sind sehr hohe Geldbußen, die gut verdienenden Managern wirklich wehtun. Auch die Veröffentlichung aller anhängigen Untersuchungen zum Insiderverdacht, die Fortschritte dieser Untersuchungen – und fairerweise auch die Einstellung von Ermittlungen – hätte präventiven Charakter. Ein solches Verzeichnis könnte auf den Internetseiten der BaFin stehen. Dadurch bekämen Aktionäre und deren Anwälte den Überblick, wo eine Zivilklage lohnt. Sollte die in den USA eingereicht werden, dürfte ein drohender Schadensersatz doppelt abschrecken.

Verantwortung der Unternehmen


Die börsennotierten Unternehmen haben aber auch noch viele Möglichkeiten, sich selbst bessere Regeln zu geben. Dazu gehört eine mehrjährige Haltepflicht für Aktien oder ein unzweideutiges Verbot von Käufen und Verkäufen im Vorfeld von Firmenübernahmen oder Abtrennungen von Unternehmensteilen. Zumindest wenn ein Deal konkret wird, sollte das Handelsfenster zugehen.

Die deutschen Börsenunternehmen sollten handeln, bevor andere handeln. Es gibt klare Anzeichen, dass die Aufseher in Zukunft genauer hinsehen. Erst kürzlich haben sich Polizisten, Staatsanwälte, Richter und Aufseher in Frankfurt getroffen, um anhand von Praxisfällen auszuloten, wie Insiderdelikte besser verfolgt werden können. BaFin-Chef Jochen Sanio mahnte, den Finanzplatz Deutschland nicht „cleveren Abzockern“ zu überlassen. In der Tat: Verbrechen darf sich nicht lohnen. Um nichts anderes geht es.

Quelle: heutige FTD


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Gruß Pichel



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