Deutschlands große Pleitewelle

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Deutschlands große Pleitewelle

 
23.04.02 17:53
ROUNDUP: Deutschland steht vor größter Pleitewelle der Nachkriegsgeschichte
HANNOVER (dpa-AFX) - Deutschland steht vor der größten Pleitewelle der Nachkriegsgeschichte. Der Bundesverband Deutscher Inkasso- Unternehmen (BDIU) rechnet mit 37.200 Firmenzusammenbrüchen in diesem Jahr und einem dramatischen Anstieg der Verbraucherkonkurse. "Der Pleitegeier kreist vor allem über dem Mittelstand, dem Motor und Herz der Wirtschaft", sagte BDIU-Präsident Ulf Giebel am Dienstag in Hannover. Gründe seien Konjunkturkrise und schlechte Zahlungsmoral. Gleichzeitig wandere Überschuldung "zunehmend in die Mitte unserer Gesellschaft", wofür vor allem Arbeitslosigkeit verantwortlich sei.

Nach Angaben Giebels hat sich im ersten Quartal 2002 die Zahl der reinen Unternehmensinsolvenzen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 15 Prozent erhöht. Besonders betroffen sei das Baugewerbe, in dem mit 10.500 Pleiten gerechnet werde. Giebel sieht Gefahren für insgesamt 550.000 und 600.000 Arbeitsplätze, darunter nur ein kleiner Teil durch spektakuläre Zusammenbrüche wie bei Herlitz oder Kirch. Er schätzt den volkswirtschaftlichen Schaden auf 40 Mrd. Euro.

VERSPÄTETE KUNDENZAHLUNGEN ALS URSACHE FÜR BAU- UND HANDWERKERPLEITEN

Nach einer aktuellen Umfrage des Verbandes bei seinen 472 Mitgliedsunternehmen haben 78 Prozent der Inkasso-Branche verspätete Kundenzahlungen als Ursache für Bau- und Handwerkerpleiten genannt. Bei der gleichermaßen schlechten Zahlungsmoral in West- wie Ostdeutschland sei die "deutsche Einheit inzwischen verwirklicht", meinte Giebel. Neben der Konjunkturkrise sei die immer restriktivere Kreditvergabe von Banken und Sparkassen weit im Vorfeld der neuen Vergabe-Richtlinie Basel II für Pleiten verantwortlich.

Bei privaten Haushalten ist nach den Erfahrungen der Inkasso-Profis eine bereits bestehende Überschuldung der Hauptgrund für ausbleibende Zahlungen. Immer mehr seien es unvorhergesehene Ereignisse, die Menschen in das finanzielle Abseits drängten. "73 Prozent der Inkasso-Unternehmen nennen Arbeitslosigkeit als Grund, warum ein privater Schuldner nicht zahlt", sagte Giebel. Nach 13.300 Verbraucherinsolvenzverfahren 2001 erwartet er in diesem Jahr 30.000 Fälle. Alleine im ersten Quartal habe es einen Zuwachs von 38 Prozent gegeben. Und dies sei bei 2,6 Mio. überschuldeten Personen und fast einer Mio. Offenbarungseiden im Jahr 2001 nur die Spitze des Eisberges, meinte BDIU-Vorstandssprecherin Gerti Hönings.

Eine gewisse Rolle spiele bei finanziellen Problemen von Privathaushalten auch die Euroeinführung. Während sich manche Verbraucher derzeit bewusst zurück hielten, ließen sich andere durch den psychologischen Effekt der scheinbar niedrigeren Preise zu unbedachten Kaufentscheidungen verleiten: "Bei manchen Käufern sitzt der Euro genauso locker in der Tasche wie zuvor die D-Mark, und die fragen sich dann am 15. des Monats, wo das Geld geblieben ist."/ek/DP/av

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