Deutschland am Rande der Deflation

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Deutschland am Rande der Deflation

 
19.05.03 18:40
Währungsfonds wähnt Deutschland am Rande der Deflation

19. Mai 2003 Deutschland steht am Rande eines die Wirtschaft lähmenden Rückgangs des allgemeinen Preisniveaus, der sogenannten Deflation. Davor hat der Internationale Währungsfonds (IWF) am Wochenende gewarnt. In einer Studie zu den Risiken einer Deflation kommen die IWF-Ökonomen zu dem Schluß, daß angesichts des schwachen Wirtschaftswachstums in Deutschland, in Verbindung mit der hohen Arbeitslosigkeit und den Schwierigkeiten des Bankenwesens, die Gefahren eines Rückgangs des Preisniveaus beträchtlich seien.

Eine Deflation gilt als besonders gefährlich für die Wirtschaft, weil fallende Preise bei Verbrauchern und Unternehmen dazu führen, daß Investitionen und größere Anschaffungen aufgeschoben werden, und sich der Abschwung auf diese Weise verstärkt. Der IWF ruft die Europäische Zentralbank (EZB) auf, den Deflationsgefahren in Deutschland durch eine entschlossene Lockerung der Geldpolitik zu begegnen.

Fiskalpolitik in Deutschland ohne Spielräume

Nach Einschätzung des IWF stehen die Chancen auf eine Belebung des Wachstums in den kommenden Monaten in Deutschland schlechter als "in anderen entwickelten Volkswirtschaften". Auf das Jahr gerechnet, erwartet der IWF ein Wachstum von nur 0,5 Prozent. Im Gegensatz zu anderen Ländern verfüge die Fiskalpolitik in Deutschland über keine Spielräume, um der Konjunktur neuen Schwung zu verleihen, weil die öffentlichen Haushalte wegen der Verpflichtungen des europäischen Stabilitätspaktes konsolidiert werden müßten.

Der IWF äußert gleichwohl die Hoffnung, daß es nur zu einer "milden" Deflation kommen werde, die nicht in einer Abwärtsspirale von Preisen und Wachstum münde. Der Preisrückgang werde nämlich die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte verbessern. Derzeit liegt die Inflationsrate bei 1,0 Prozent.

Deflationsrisiko in den Vereinigten Staaten gering

Als relativ gering erachtet der IWF das Risiko einer Deflation in den Vereinigten Staaten. Zwar drückten die Folgen "des Platzens der Blase an den Aktienmärkten" weiterhin auf die Wirtschaft, die Chancen für ein beschleunigtes Wachstum seien aber wegen der lockeren Geldpolitik und der geplanten Steuersenkungen recht gut.

Darüber hinaus wirke der schwächere Dollar über steigende Importpreise eher preistreibend. Anfang des Monats hatte die amerikanische Notenbank Befürchtungen über eine bevorstehende Deflation geschürt, indem sie in ihrer Begründung zur Zinsentscheidung auf die Möglichkeit eines "weiteren, unerwünschten Rückgangs" der Inflationsrate hingewiesen hatte.


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Analystenmeinung

 
19.05.03 18:43
Analysten - Deutschland noch nicht auf dem Weg in die Deflation


- Von Sven-Markus Egenter -

Berlin, 19. Mai (Reuters) - Deutschland befindet sich nach Einschätzung von Volkswirten noch nicht auf dem Weg in eine Deflation. Allerdings sehen die Experten wie der Internationale Währungsfonds (IWF) ohne ein Gegensteuern der Wirtschaftspolitik durchaus die Gefahr einer Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen, zurückgehender Nachfrage und abnehmender Wirtschaftsleistung.

"Wir sehen nicht, dass Deutschland in eine Deflation wandert", sagte Ulrich Kater von der DekaBank. Wie Stephan Rieke von der ING BHF-Bank geht Kater davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) das Problem im Blick hat. Die EZB habe deutlich gemacht, dass sie positive Inflationsraten anstrebe. Die Analysten betonten aber, dass der Schlüssel in Deutschland selbst liegt: "Das Beste, um die Deflationsdiskussion abzuwürgen, wäre ein Konjunkturaufschwung", sagte Kater.

ZEITWEISER RÜCKGANG DER PREISE NOCH KEINE DEFLATION

Der IWF hatte in einem am Wochenende veröffentlichten Bericht das Risiko eines anhaltenden Preisverfalls auf breiter Front in Deutschland angesichts der Wachstumsschwäche als hoch bewertet. In den vergangenen Jahren hatte das Thema Deflation in den USA und Europa praktisch keine Rolle gespielt. Japan dagegen steckt seit Jahren in einer Deflation. Der Preisverfall schlägt sich nicht nur unmittelbar in fallenden Einnahmen der Unternehmen nieder, sondern führt indirekt auch zu einer sinkenden Nachfrage. Verbraucher verschieben ihre Einkäufe und Firmen ihre Investitionen in der Hoffnung auf einen weiteren Preisrückgang.

Stephan Rieke von der ING BHF-Bank hält die Argumente des IWF durchaus für stichhaltig: "Ich kann das Risiko nachvollziehen: Eine sehr niedrige Wachstumsrate, eine schwache Binnennachfrage verbunden mit sehr niedrigen Preissteigerungsraten." Dabei sei die Handlungsfähigkeit der Fiskalpolitik durch den europäischen Stabilitätspakt eingeschränkt. "Zudem schaut die EZB immer nur mit einem Auge auf Deutschland", sagte Rieke. Die Aufwertung des Euro könnte die Inflationsrate in Deutschland möglicherweise schon im Mai unter ein Prozent drücken.

Die Volkswirte betonten aber, dass selbst eine negative Inflationsrate nicht automatisch eine Deflation signalisiere. Das gesamtwirtschaftliche Preisniveau müsse dauerhaft und auf breiter Front zusammen mit der Nachfrage zurückgehen, erläuterte Julian von Landesberger von der HypoVereinsbank. Dafür müssten aber die üblichen Mechanismen einer Erholung - ein Anziehen der Nachfrage bei sinkenden Preisen - durch eine Reihe von Schocks außer Kraft gesetzt werden. Preisrückgänge einzelner Posten - wie beispielsweise beim Öl - könnten zu einem Rückgang des Verbraucherpreisindex führen ohne eine Deflation anzuzeigen.


POLITIK MUSS MIT REFORMEN PESSIMISMUS-SPIRALE DURCHBRECHEN

Die Volkswirte gehen zwar davon aus, dass die Zentralbank Deutschland nicht in eine Deflation rutschen lassen würde, warnen aber davor, der Geldpolitik die alleinige Verantwortung für Deflationsrisiken zuzuschieben. "Die Arbeit an der Konjunkturbaustelle ist vordringlich: Alles was Wachstum fördert, verhindert Deflation", sagte Kater. Dabei betonten die Experten erneut die Bedeutung von Strukturreformen. "Wir können nicht immer darauf waren, dass uns die Außenwelt rettet", sagte Rieke. Von Landesberger verwies auf den psychologischen Effekt glaubhafter Reformen: "Die Pessimismus-Spirale zu brechen, ist eine ganz wichtige Aufgabe der Wirtschaftspolitik."

Allerdings drängt die Zeit nach Ansicht der Volkswirte auch mit Blick auf die Gefahr einer Deflation. "Es ist noch nicht zu spät, aber auch nicht die Zeit, sich zurückzulehnen", sagte von Landesberger. "Wenn wir weiter so schwaches Wachstum haben werden, kann fairerweise keiner sagen, wie es laufen wird." Allein das Risiko einer Deflation ist Rieke zufolge Grund zum Handeln: "Wenn sich der Prozess erst einmal verselbstständigt hat, wird es schwierig, wieder heraus zu kommen."



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